Buchbesprechung
Yoga kennt
kein Alter
gesund
und selbstbewußt in der zweiten Lebenshälfte / von Suza Francina.
Aus dem Amerikan. übertr. von Peter Wild. - Zürich ; Düsseldorf
: Walter, 1998. - 335 S. : Ill. - 24 x 18 cm. - DM 44.00
‘Yoga
kennt kein Alter’ zu lesen und die Fotos anzuschauen heißt, mit 335
Seiten Ermutigung und Lebensfreude konfrontiert zu sein. Die in Kalifornien
lebende Autorin Suza Francina führt in ihrem Buch sehr plausibel vor,
daß nur eine ganzheitliche Vorgehensweise den Menschen gesund erhalten
kann. Der Yoga mit seinen Körper-, Atem- und Entspannungsübungen,
seiner von keiner Dogmatik getrübten Vorstellung des Göttlichen
im Menschen, bietet für alle Bedürfnisse ausgezeichnete Möglichkeiten
der Verwirklichung. ‘Keine Bevölkerungsgruppe profitiert mehr vom
Yoga als Menschen über 50. Die zeitlose Weisheit des Yoga, das Wissen
um die großen Perspektiven für Körper, Geist und Seele
gehen mit der zunehmenden Erfahrung und Reife des Menschen einher.’
Suzan
Francina unterrichtet seit über 20 Jahren vorwiegend ältere Menschen
in der Tradition des großen Yogalehrers B.K.S. Iyengar. In bewußten,
behutsamen und dennoch fordernden Bewegungen führt sie den vielleicht
schon erkrankten Menschen zu Übungen hin, die ihn wieder aufrichten,
bewegungsfähig und schmerzfrei machen. Viele ihrer Yogaschüler(innen)
kamen erst mit 60 oder 70 Jahren zum Unterricht, Suza Francina ermutigt
sie dazu, sich auf die Übungen einzulassen und eigene Grenzen zu überschreiten.
Wer regelmäßig Yoga praktiziert, stärkt den physischen
Körper, atmet tiefer und entspannt bewußt. Vitalität und
Lebensfreude erhöhen sich ganz von selbst. Davon berichtet dieses
Buch. Die Autorin setzt sich vehement ein gegen den Automatismus von Alter
- Krankheit - Verfall. In Interviews und vielen autobiographischen Beiträgen
von Frauen und Männern jenseits der 60 werden erstaunliche und anrührende
Schicksale vorgestellt, Schicksale, die durch eigenes Tätigwerden
gemeistert wurden. Die (schwarz-weißen) Fotografien zeigen, daß
es wirklich möglich ist. - Alle Yogaübungen werden beschrieben
in der Ausführung und in ihrer Wirkung, der Einsatz von Hilfsmitteln
ist auf den Fotos gut dargestellt. Warnende Hinweise bei bestehenden Erkrankungen
sind umfassend vorhanden, es wird jedoch von der Autorin und in den biographischen
Beiträgen ausdrücklich dazu ermutigt, in mehr fordernde Stellungen
weiterzugehen, nachdem das Gespür für die eigenen Grenzen und
Fähigkeiten entwickelt wurde. Einzelne Kapitel befassen sich - u.a.
- mit den Füßen und Knien, den Rückwärtsbeugen, mit
Yogaübungen bei Osteoporose und Arthritis, auch als Prophylaxe, mit
Yoga
in der Menopause und bei Herzerkrankungen. Das berühmte Ornish-Programm
zur Heilung von Herzkrankheiten wird vorgestellt: Es geht davon aus, daß
die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems alle Aspekte des Menschen umfaßt,
die körperlichen, emotionalen und geistigen. Zum Programm gehören
eine fettarme vegetarische Ernährung, die Raucherentwöhnung,
Körpertraining, der Umgang mit Streß durch Yoga, Atemübungen,
Meditation sowie die Bildung von Unterstützungsgruppen. Bereits nach
einem Jahr zeigten die untersuchten Patienten deutlich die Verbesserung
ihrer Symptome. - Sehr schöne Texte stehen im Kapitel zur tiefen Entspannung.
Es macht das strahlend optimistische, lebensbejahende Buch noch sympathischer,
daß es das Thema Sterben auf eine sanfte Art und Weise in diesen
Übungsabschnitt mit einfließen läßt. ‘Randbemerkungen’
gehen auf die Spiritualität des Yoga ein, bemerkenswerte Aussagen
von Ärzten, Philosophen und anderen klugen Leuten werden zitiert.
Das Buch endet mit wichtigen Hinweisen für Yogalehrer und Übende
und einem zweiseitigen Textteil zum Verständnis der Wirbelsäule.
Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die nicht nur - aber auch
- auf der körperlichen Ebene mit älteren Menschen arbeiten möchten.
Es ist auch für Alleinübende geeignet, allerdings empfiehlt es
sich, besonders zu Beginn der eigenen Praxis, eine(n) gute(n) Lehrer(in)
an der Seite zu haben. Eine Gruppe hat noch mehr Vorteile: sie gibt oftmals
das - vielleicht lange entbehrte - Gefühl von Geborgenheit und Angenommensein,
eine Berührung kann blockierte Energien lösen, eine Hilfestellung
setzt die eigene Kreativität für individuelle Lösungsmöglichkeiten
frei. Zudem ermuntert die Gruppe zu Freundschaft mit Gleichgesinnten über
die Unterrichtsstunden hinaus. Auch davon erzählt dieses Buch.
Christine
Endris
Bund
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