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Zen-Sesshin in Dietfurt
- Ein Stimmungs- und Erlebnisbericht -

von Hanspeter Sperzel, Frankfurt 13.09.1999


 
 
Fahrt
Es ist Montag abend, 17.30 Uhr. Nach 250km Autobahn und 25 km Landstraße habe ich gerade die Ortseinfahrt von Dietfurt passiert. Durch enge Straßen einem alten Mühlengraben entlang gelange ich zur Toreinfahrt des Franziskanerklosters aus dem 17. Jahrhundert. Hier liegt mein Ziel, und wenn die Toreinfahrt gleich hinter mir liegt, werde ich 5 ganze Tage hinter diesen Mauern verbringen, werde nicht lesen, nicht telefonieren, nicht radiohören und nicht fernsehen, werde nicht sprechen und nicht angesprochen werden, werde ganz bei mir und mit mir allein sein: Ich bin eingeschrieben zu einer Zen-Sesshin des Meditationshauses ”St. Franziskus”.

Ankommen

Dies ist mein vierter Aufenthalt hier. Neben einem Meditationseinführungskurs und einem Einführungskurs in Tai-Chi habe ich bereits eine Sesshin absolviert. Mit dem Gebäude, den Einrichtungen und Regel des Hauses bestens vertraut, erledige ich Anmeldung und Bezahlung und bin kurz darauf auf dem Wege zum Gruppenschlafraum. Neben diesem, der nur für Männer zugänglich ist (es gibt nur einen Gruppenraum im Hause), wohnen die anderen TeilnehmerInnen in Zweibettzimmern. Dusche und WC’s sind teilweise auf dem Zimmer oder nebenan auf den Flur eingerichtet. Nach einem kurzen Aufenthalt im Zen-Dom, wo ich meinen Meditationsplatz mit meinem Namensschild versehe und ein paar Augenblicke der Ruhe genieße sowie einem längeren Blick auf den Zen-Garten werfe, erreichen ich den Gruppenraum im zweiten Stock. Matrazen, fertig bezogen, liegen hier in Reih‘ und Glied auf dem Boden und auf einem Stuhl daneben liegen zwei Handtücher und der Tagesplan. Hier werde ich die nächsten Tage verbringen: schlafen, essen, meditieren, im Garten spazierengehen, sonst nichts. Zwei Teilnehmer sind bereits da und man begrüßt sich kurz: ”Hallo, mein Name ist Hanspeter”. Dies ist kein Ort der vielen Worte!

Der Tagesplan

06.00 Wecken
06.30 Meditaion  2x 25min mit Gehen Za-Zen; Kinhin
07.40 Frühstück
08.50 Meditation 1x 25min Za-Zen
09.15 Vortrag  Teisho
10.15 Meditation 3x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Dokusan
12.00 Mittagessen
13.30 Kaffee/Tee
14.14 Meditation 3x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Dokusan
16.20 Meditation 2x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Dokusan
17.30 Messe Freigestellt (evtl.1x 25min Sitzen) Eucharistifeier
18.15 Meditation 2x 25min mit Gehen  Za-Zen; Kinhin
21.00 Nachtruhe

Einweisung

Mit dem Gebet des Abendessens, daß überwiegend schweigsam eingenommen wurde, beginnt die Übung. Es gibt Brot, Käse, Quark und einen Salat. Am Ende des Essens werden die notwendigen Absprachen vorgenommen:

Wer trinkt was zu welchem Essen?
Wer möchte Fleisch zu den Mahlzeiten?

Die Regeln am Tisch werden erläutert:
- Das Frühstück beginnt mit einem Gebet und ist sonst frei.
- Das Mittagessen beginnt mit einem Gebet, die Suppe wird gemeinsam eingenommen, der Hauptgang wird gemeinsam eingenommen, der Nachtisch wird gemeinsam eingenommen, jedes Essen beginnt, wenn alle bereit sind, mit einem Gruß, das Essen wird mit einem Gebet beendet.
- Das Kaffeetrinken ist frei
- Das Abendessen beginnt mit einem Gebet und endet mit einem Gebet.
- Das Abräumen und Aufdecken wird von einem Tischdienst übernommen, zu dem sich jeder in eine Liste eintragen sollte.

Mit dem Gebet zum Abschluß des Essens beginnt die Sesshin, beginnt die Stille. Schweigend gehen die Teilnehmer, die Augen gesenkt und die Hände vor dem Körper gefaltet, in den Vortragsraum, nehmen sich einen Platz und warten, denn jede Übung beginnt erst mit dem Eintreffen des letzten Teilnehmers. Der Zen-Meister erscheint, alle erheben sich, verbeugen sich zum Gruß, man setzt sich wieder und lauscht dem Teisho (siehe unten). Dann geht es zum Zen-Dom zur ersten gemeinsamen Meditation. Zunächst ein Gruß am Eingang, dann zum Sitzplatz, dann zu den Teilnehmern, dann sich setzen und sich einrichten zur Meditation. Man sitzt im Kreis auf einer Tatami-Matte mit Kissen oder Bänkchen und mit dem Gesicht zur Wand (1m-Abstand). Der Boden ist geflochtenes Bambus, die Wände sind Holz, alles weitere entschwindet aus dem Gesichtskreis. Drei Gongschläge ertönen, die Meditation beginnt. Nach 25 Minuten beendet ein Gongschlag die Sitzung. Wir wenden uns um zur Abendzeremonie. Danach Verbeugung, noch ein paar Runden im Garten und dann ist Nachtruhe. Es ist 21.00 Uhr.

Und so wie der erste Tag vergehen die nächsten Tage und, rein äußerlich betrachtet, geschieht nichts, was nicht auch auf dem Tagesplan zu lesen wäre.

Erläuterungen

Teisho (Darlegung, Vortrag):
 Der Vortrag des Meditationsmeisters behandelt meist neben der Begleitung des Sesshins ein Koan oder andere Zengeschichten, die vom Inhalt her den Übenden in ihrem Fortschreiten begleiten und helfen soll. Zenmeister sprechen sehr sehr lebendig und lebhaft.

Dokusan (Einzelgespräch):
 Zum Dokusan, dem Einzelgespräch mit dem Zenmeister verläßt der Übende während der Meditation nach Aufforderung den Zen-Dom. In einem kleinen, gut abgeschirmten Raum (2 Türen) trifft er den Zenmeister, um Probleme und Schwierigkeit innerhalb der Meditation zu besprechen. Das Dokusan ist ein Gespräch, das ganz aktuell geführt wird. Hier gibt es keine Erläuterungen oder theoretische Anweisungen.

Koan (Verwirrendes Paradoxon):
 Das Koan ist in der Regel eine kurze Zengeschichte, deren Gehalt vom Übenden während der Meditation bearbeitet wird. Meist stellt es eine Frage über ein Paradoxon dar, wobei der Versuch zu einer Antwort an die Grenzen des Denkens führt und so den Übenden öffnet für die intuitive Erfassung des Gehaltes des Koans.
 Beispiel:
 Ein Schüler fragt den Meister: ”Hat ein Hund die Buddha-Natur?”, worauf der Meister ungehalten antwortet ”MU”, was soviel bedeutet wie ”nicht haben”. Die Bedeutung dieses ”Mu” stellt die Aufgabe für den Schüler dar.

Kinhin (Meditatives Gehen):
 Bei mehreren Sitzungen hintereinander wird nach jeweils 25min ”Sitzen” eine Runde Kinhin gegangen. Diese Form der Meditation ist langsames und bewußtes Gehen ohne bestimmte Technik. Die Übenden gehen in einer Reihe und im Kreis meist einmal um den Zen-Dom herum. Beim Gehen werden die Hände vor der Brust gefaltet.

Gassho (Verbeugungen):
 Wie bei allen aus Japan stammenden Künsten beginnen und enden viele Handlungen mit einer Verbeugung  Sich begrüßen, sich zum Essen niederlassen, eine neue Meditation beginnen, zum Dokusan aufgefordert werden, um Aufmerksamkeit bitten und vieles andere wird von dieser Höflichkeitsgeste umrahmt.

Eucharastiefeier:
 Diese Feier ist eine Messe im christlich-katholischem Sinn und beinhaltet ein Abendmahl

 Abendzeremonie:
 Die Abendzeremonie im Zen-Dom besteht aus dem Schlagen der Stundentrommen, diversen Gongschlägen, dem Schlagen des Holzhahnes (Wurzelbrett) sowie dem einmaligen Rezitieren des nachfolgenden Textes. Die Zeremonie wird mit Gassho eingeleitet und auch beendet.

 "Eines möchte ich euch vor Augen führen:
 Schwerwiegend ist die Frage nach Leben und Tod.
 Die vergänglichen Dinge schwinden rasch dahin.
 Deshalb sei stets wachsam.
 Deshalb sei stets achtsam."

Samstag Abend: Abschlußbesprechung
 Nach dem Abendesses wird das Schweigen aufgehoben und manche Teilnehmer, nicht alle, begrüßen sich und beginnen leise zu plaudern. Es werden Tische gerückt und Getränke besorgt und es bleiben ein paar Minuten für den Garten. Dann versammeln sie die Teilnehmer, und einer nach dem anderen sagt ein paar Worte:

- Was gefallen hat und was nicht.
- Ein paar Erfahrungen, meist allgemein gehalten.
- Kritik oder Feedback für die Leitung des Kurses sowie des Hauses.
- Dankesworte.

Der Grundton ist positiv und die meisten werden wiederkommen. Und auch die Leitung ist mit der Woche zufrieden. Die Stimmung war dicht und gepackt und der Gruppe wird ein hohes Maß an Disziplin und Stimmigkeit bescheinigt. Man plaudert noch ein wenig, dann ist Nachtruhe. Am Sonntagmorgen dann ist noch eine Meditation und eine Eucharestiefeier, dann schon geht es wieder zurück nach Hause.

Methode
Die Meditation im Zen ist sitzen, vorzugsweise in kreuzbeiniger Haltung (Lotus), halbgeöffneten Augen und Gewahrsein, was soviel bedeutet wie das Beobachten, was ”jetzt und hier” ist, sowohl auf körperlicher, geistiger als auch emotionaler Ebene. Als Technik stehen das Zählen des Atems, das Gewahrseins des Atems oder auch ”nur sitzen” zur Wahl. Das Ziel der Meditation ist immer das Realisieren der einzigen Wahrheit. Dies geschieht intuitiv und wird Erleuchtung (Satori) genannt.

Erfahrungen

Erster Tag:
Der erste Tag ist erfüllt von Mitgebrachtem und auch viele Eindrücke der neuen Umgebung nehmen die Gedankenwelt auf dem Kissen in Anspruch. Die Stimmung im Zen-Dom ist noch ungesättigt und unruhig. Viele in der Gruppe nehmen nahezu jede Pause wahr, um zu ruhen.

Zweiter Tag:
Die Übung ”verselbstständigt” sich zunehmend. Die Pausen zwischen den Gedankenketten werden länger und auch die Meditationszeit von 25 min verfliegt zunehmend. Der Dom füllt sich, lädt sich auf. Auch ändert sich der Gedankeninhalt. Aktuelles findet sich nahezu nicht mehr und diese Lücke wird aufgefüllt mit Eindrücken, die weiter zurückliegen oder Gedanken, die in die Zukunft gehen.

Dritter Tag:
Das Teisho am Morgen füllt zwei Meditationszyklen. ”Jeder Tag ein guter Tag” war die Kernaussage des Koans. Ständig kreisen die Gedanken um diesen Satz und ich entschließe mich, mit Atemzählen diese Kette zu unterbrechen. Es gelingt. Pausen stellen sich ein und ich fühle mich in der Sitzhaltung zunehmend getragen und gelöst. Bisher traten keine körperlichen Störungen auf.

Vierter Tag:
Dies ist der stärkste Tag in jedem Sesshin. Und obwohl sich jeder Übende der Erwartungen enthalten sollte, verspüre ich doch so etwas wie Lampenfieber. Doch der Tag vergeht ohne Besonderheiten. Viele nutzen den Abend dieses Tages, um noch lange in die Nacht hinein zu sitzen. Ich entschließe mich aber, dies nicht zu tun. Ich bin ein wenig müde und gehe früh schlafen. Ich schlafe gut, fest und traumlos.

Fünfter Tag:
Auch dieser Tag vergeht ohne Besonderheiten, und schon beim Abendessen freue ich mich auf das Aufheben des Schweigens. Viele meiner Mitstreiter sind mir mittlerweile vertraut und ich bin gespannt, was so zu sagen sein wird.

Fazit:
Es war ein starkes Sesshin, und für mich mit tiefen Erfahrungen verbunden. Diese sind aber nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. Sie klar zu formulieren, erfordert eine andere Form der Kommunikation. Hier wäre ein Dialog, ein Gespräch von Mensch zu Mensch nötig und ich bin gerne bereit, ein solches Gespräch zu führen.

JournalYoga_Vidya_Journal_Nr_3_April2000

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