Shakti-Shiva Pilgerreise durch Südindien
22.01.-09.02.2004
Ein Reisebericht von Manamohini Simone Hug
Angekommen am Flughafen in Madras (tamilischer Name Chennai), begrüssten
uns die beiden Swamis Saradananda und Siva Sankari, eine indische Yogalehrerin,
mit einer Blumengirlande und einer Süßigkeit. Wir stiegen
in einen Reisebus, der uns ab jetzt überallhin bringen sollte und
fuhren durch Chennai. Unterwegs tat sich eine neue Welt, Indien, auf:
vierspuriger Linksverkehr, lautes Gehupe, freilaufende Kühe auf
den Strassen und Ochsengespanne mit schweren Lasten, Frauen zu Fuß
in bunten Saris, mit Säcken beladene Fahrräder, LKWs mit Lakshmi-
oder Krishna-Aufdruck, Kinoposter mit Shivabildern, Häuser mit
aus Stroh geflochtenen Dächern, Schulen bewacht von Götterstatuen
am Eingang. Dazu eine trockene Hitze.
Palmenblattteller, Devi Homa und die Hindernisse auf Pilgerreise
Angekommen im Kshetropasna Ashram, der sowohl eine ayurvedische Klinik
als auch ein Altenheim betreibt, wurden wir mit südindischem Essen
empfangen. In einem Speiseraum bedienten uns Frauen und Männer,
legten vor alle ein Palmenblatt und nachdem das Blatt mit Wasser besprenkelt
und abgewischt war, wurde darauf eine Portion Reis, scharfe Soße,
Gemüse und Chapatis gelegt. Die rechten Hand als Eßwerkzeug
benutzend, aßen und tranken wir das scharfe, aber köstliche
Mahl und die danach gereichte Gemüsebrühe und die Buttermilch.
Diese Art des Essens sollte uns während unseres Aufenthaltes ständig
begleiten.
Am Nachmittag wurde im Ashram eine Devi Homa durchgeführt, ein
schöner Anfang unserer Shakti-Pilgerreise: 108 Frauen führten
ein Feuerritual für die Göttin aus, junge und alte Frauen,
alle in rotorangenen Saris gekleidet saßen in Reihen. Mit einem
großen Abendessen für die Frauen, ihre Familien und uns endete
das Ritual.
Zum Satsang trafen wir uns als Gruppe, rezitierten die Durgamantren,
und Swami Saradananda begrüßte uns alle mit einem Vortrag
über Pilgerreisen und die Hindernisse, die dabei auftreten können.
Mit einer Pilgerreise, so Saradananda, verpflanzen wir uns von einem
Ort zu einem anderen, und durch diese veränderten Lebensumstände
können Unreinheiten hochkommen, die sich sonst hinter dem normalen
Alltagsleben verstecken. Durch das Verrücken von Deutschland nach
Indien kommt innerer Schmutz an die Oberfläche. Wie jemand, der
immer nur halbherzig seine Zimmer putzt und dann bei einem Großputz
erschrocken über den Dreck ist, der sich unter den Möbeln
angesammelt hat, so reagieren viele Pilgerreisende auf dieses „Verrücken“
mit geistigen Unreinheiten wie Angst, Sorgen und Wut, da der menschliche
Geist es schwer findet, mit den Hindernissen, die Indien mit sich bringt,
umzugehen. Dies zeigte sich beim weiteren Verlauf der Reise, wir hatten
wohl alle mit dem „inneren Hausputz“ emotional gut zu tun.
Chandika-Homa und Seidenweberei
Für den folgenden Tag wurde nach dem Satsang und der Yogastunde
eine Chandika Homa mit fünf Brahmanenpriestern durchgeführt.
Dies ist eine sehr mächtige Feuerzeremonie für die Göttin
Durga (sie nimmt alle Negativität hinweg), die in einer Freilufthalle
zelebriert wurde. Die Ritualgaben an Durga waren all das, was Frauen
mögen: Kokosnüsse, Blumen, Spielzeug, Granatäpfel, Bananen,
gekochter süßer Reis und Saristoffe wurden um eine Feuerstelle
herum aufgebaut, eine Pyramide aus Blumen stand neben der Feuerstelle
und die Zeremonie, die wir die ganze Zeit verfolgten, begann. Ein Ehepaar
war Teil der Zeremonie (Symbol für Gott und Göttin) und die
Frau gab als erste offene Kokosnüsse ins Feuer.
Danach begannen die Priester mit der Rezitation der 13 Verse, wobei
alle unterschiedliche Aufgaben übernahmen.
Die Nahrungsmittel und alles andere sind Geschenke an die Göttin,
die durch das Verbrennen im Feuer für die Göttin zugänglich
werden. Am Ende der Zeremonie wurden ein Sari geopfert, und dazugekommene
Ehepaare, auch die spirituelle Führerin und Ashramleiterin, Professorin
Prema Panduranji kam, um diesem Abschlussritual beizuwohnen. Nancy,
eine ältere Amerikanerin und Pilgerreisemitglied unserer Gruppe
und Savita, unsere Reiseführerin für die anstehenden zwei
Tage kamen während des Rituals dazu. Es war ein sehr starkes eindrucksvolles
Ritual und versorgte uns als Pilgerreisende mit der mächtigen Kraft
der Göttin.
Am Nachmittag fuhren wir nach Kanchipuram, die Stadt in der die besten
Seidenstoffe der Welt hergestellt werden.
Hier besuchten wir eine der vielen kleinen Webereien, in denen Seidensaris
von Hand an Webstühlen gewebt werden und ein Mitarbeiter erläuterte
die einzelnen, sehr komplexen Handgriffe. Danach ermöglichte uns
Savita in einem Geschäft Saris aus Seide zu kaufen und uns auch
von einem anwesenden Schneider mit den gekauften Seidenstoffen Sarioberteile
oder Punjabis auf den Leib schneidern lassen, was auch viele von uns
gerne nutzten. Die geschneiderten Teile erreichten uns am nächsten
Morgen, die angemessene Kleidung für unseren Aufenthalt in den
Tempeln, in denen wir nur bekleidet mit Sari oder Punjabi zum Hauptschrein
vorgelassen wurden. Nach den Einkauf besuchten wir noch den Shivatempel
in Kanchipuram, an dessen Eingang uns ein Tempelelefant begrüßte
und ließen den Abend im Ashram mit klassischer indischer Musik,
„karnatische Musik“ genannt, die von Seeta Narayan mit Erklärungen
erläutert wurde, ausklingen.
Tempeltag in Mylapore, Chennai und eine Einführung in den Bharata
Natyam Tanz
Frühmorgens fuhren wir mit Savita in die Altstadt von Chennai,
namens Mylapore, und besuchten zuerst mit der kundigen Führung
eines Historikers eine christliche Kirche, „Kirche des Lichts“
genannt, die portugiesische Seefahrer aus Dank für das Überleben
nach einem Schiffbruch vor der Küste dort gebaut hatten. Dann ging
es weiter mit Fahrradrikschas zum Shivatempel, in dem Shiva als bettelnder
Mönch mit einer Bettelschale aus einem Schädel (deshalb Kapalheshwaratempel
genannt) dargestellt ist. Im Hauptaltar wird Shiva in Form eines großen
Shivalingam verehrt und Parvati als Pfauenhenne, in die Shiva sie verwandelt
hatte, weil sie, statt ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken, einen tanzenden
Pfau bewundert hatte. Nach intensivem Sadhana in Mylapore wurde sie
zurückverwandelt. Wir umrundeten den Haupttempel dreimal (Parikrama)
aufrecht und langsam und konnten dann im Haupttempel dem Arati beiwohnen.
Der Priester gab uns die heiligen Aschen Shivas, womit wir uns drei
Streifen auf die Stirn und an die Kehle machten und das Kumkumpulver der Devi, welches wir als Punkt auf das dritte Auge auftrugen.
Durch das Menschengewimmel von Mylapore ging die Reise weiter zum Vishnutempel,
ein V aus Asche auf der Stirn mit einer roten Flamme darin war das Zeichen
der dortigen Priester und der Vishnuanhänger.
Anschließend frühstückten wir in einem idyllischen Hinterhof,
sahen eine typische Wohnung im Madrasstil, die für Filmzwecke oft
vermietet wurde und besuchten einen Parvatitempel, in dem nicht wie
sonst üblich Brahmanenpriestern die Rituale ausführten, sondern
anderen Kastenangehörigen, die für ihre Rituale auch Tamil
und nicht Sanskrit benutzten, dies erinnerte mich an die Reformationsbewegung
mit Luther, der auch die Bibel auf Deutsch übersetzte, um sie dem
Volk zugänglich zu machen. Parvati wurde hier vor allem verehrt,
um Krankheiten zu heilen und die Fruchtbarkeit der Frauen zu fördern.
Dazu gaben die Menschen als Opfer Eier und Milch auf einen Baum, in
dem die Schlange als Symbol der Göttin wohnen sollte. Bei der großen
St. Thomas Kathedrale, unter der die Gebeine des Apostels Thomas liegen
sollen, der nach Indien gereist war, um die Lehre Christis dort zu verbreiten,
endete die Rikshaführung durch den alten Stadtkern von Chennai.
Der Math (Ashram) von Ramakrishna war unser nächstes Ziel. Der
Hauptpriester des Tempels stellte sich zur Verfügung, um uns Fragen
über Ramakrishna, seiner Frau Saradadevi und seinem Schüler
Vivekananda zu beantworten. Für eine kurze Zeit meditierten wir
im Tempel und machten uns dann auf mit Savita Souvenirs und indische
Kleidung zu kaufen.
Ein Essen besonderer Art erwartete uns danach in einem luxuriösen
Restaurant, das ein Schüler von Swami Sivananda zu karitativen
Zwecken führt und in dem alle Bediensteten Karma Yogis sind. Die
Einrichtung war sehr geschmackvoll, und das Essen mit mehreren Gängen
nährte und entspannte uns auf allen Ebenen. Wieder unterwegs, hielten
wir bei einer Priesterin, die in ihrem kleinen Tempel lebte und jeder
von uns eine Weissagung machte.
Erfüllt von diesem Erlebnis kamen wir an dem küstennah gelegenen
Tempel an und besuchten dort die Tempel der acht Aspekte der Lakshmi:
der Göttin des Wohlstandes, die der Menschheit dient, Nahrung schafft,
Kraft und Stärke erzeugt, die Tochter des Ozeans ist, die für
gesunde Kinder sorgt, die sich für den Sieg im Inneren und Äußeren
einsetzt , die wohltätig ist, die Erziehung und Bildung schafft.
Letztendlich ist es die eine Kraft Adishakti, die unveränderliche,
immer bestehende ewige Wahrheit, die wir in verschiedenen Formen verehrten.
Weiter gings in die Tanzschule der Bharatanatyam- und Kuchipudi-Tänzerin
Sailaya, die uns mit ihrer Schülerin den klassischen indische Tanz
zeigten. Der in Südindien beheimatete Bharatanatyam mit seinen
unzähligen Hand- und Fußgesten ist, so Sailaya, der Ursprung
aller anderen Tanzformen Indiens. Er ist ein Ausdruck tiefen Gefühls,
eine Medium der Gottverehrung und dient der Erhebung der Seele. Jede
Geste, jede Bewegung , jede Blickbewegung der Tänzerin hat eine
Bedeutung und so erzählt der Tanz eine Geschichte.
Tiruvanamalai, Arunanchala und Ramana Maharishi
Nach Tiruvanamalai gings dann am nächsten Morgen. In diesem heiligen
Ort lebte und meditierte Yogi Ramana Maharishi sowohl im Tempel als
auch in Höhlen auf dem Arunanchala, hier erreichte er die Erleuchtung.
Wir besuchten seinen Ashram, wo wir bei einem Chant das von ihm überlieferte
Lied Arunanchala Shiva hören und auch einer Lesung aus der Bhagavadgita
beiwohnen konnten. Der Berg Arunachala, der hoch über den Dächern
von Tiruvanamalai ragt, wird als eine Form des Shiva verehrt. So wie
der Berg, symbolisiert auch der Shivalingam durch seine Form die Formlosigkeit
Shivas.
Früh am Morgen trafen wir uns mit einem indischen Sivananda-Yogalehrer
auf einem Flachdach, praktizierten dort begleitet vom Sonnenaufgang
Yoga und gingen dann schweigend in einer Gehmeditation um den Arunanchala.
Der Besuch des großen Shivatempelkomplexes mit hohen Gopurams
(Tempeltore zu jeder Himmelsrichtung zeigend) am Abend ließ uns
den Linga von Shiva in Form des Feuerelements verehren; der Ort, an
dem Ramana Maharishi eine Zeit land meditierte, wurde zu unserem Meditationsort.
Den Morgen darauf bestiegen wir den Arunanchala, massierten die Form
Gott Shivas mit unseren Füßen, und meditierten in den Höhlen,
die Ramana Maharishi bewohnt hatte. Beim Abstieg wurde ein diebischer
Affe von Natalja gerade noch davon abgehalten unsere Obstvorräte
zu vertilgen, er hatte ihr die Obsttüte entrissen und trollte sich
nach etwas Hin- und Hergezerre, mit einer Papaya auf einen Baum.
Nataraja Tempel in Chidambaram und Tanjore
Der Sabhanayaka-Nataraja-Tempel, in dem Shiva als der tanzende Nataraja
verehrt wird, war unser nächstes Reiseziel, hier kamen wir abends
an. In Chidambaram (Chid = menschliches Bewusstsein und Denken und ambaram
= Weite des Himmels, das sich ausdehnende Bewusstsein) wird sowohl die
Darstellung des tanzenden Shivas (ein Bein in der Luft und vier Arme)
und der Shivalingam des Äthers als Zeichen des Shivas verehrt,
wie uns ein Natarajaverehrer, ein Architekt aus Australien erklärte,
der jedes Jahr nach Chidambaram fuhr, um sein Sadhana zu absolvieren.
Während des Aratis wurden von den Priestern, die einen Haarknoten
auf den Vorderkopf tragen und Dikshitars genannt werden, und den Umstehenden,
mit Zimbeln und Trommeln das Ritual begleitet. Es war ein beeindruckendes
Erlebnis.
Ein Dikshitar lud unsere Gruppe ein, dem Geburtstagsfest seines Vaters,
eines Vedenlehrers, der 60 wurde, beizuwohnen. Viele seiner ehemaligen
Schüler saßen in vier verschiedenen Gruppen zusammen und
rezitierten verschiedene Teile der Veden. Wir verfolgten diese ungewöhnliche
Art einer Geburtstagsfeier eine Zeit lang und wurden schließlich
in einen Raum über dem Wohnzimmer geführt, wo wir ein gutes
Abendessen, namens Pongal, serviert bekamen.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach Tanjore, eine sehr alte Stadt,
die Hauptstadt der Choladynastie war und vom 9. bis zum 13. Jahrhundert
einen Großteil Südindiens und Sri Lankas kontrollierte.
Am Nachmittag besuchten wir die Kunstschule der Tanjore-Malerei , deren
Kunstform schon sehr alt ist und deren Hauptmotive hinduistische Göttinnen
und Götter sind. Wir konnten zusehen, wie die Bilder hergestellt
wurden. Eine sehr meditative Art und Weise, mit Pflanzenfarben die Motive
zu gestalten und dann mit Halbedelsteinen und Blattgold zu verzieren.
Nach einer Yogastunde im Hotel besuchten wir am Abend den über
1000 Jahre alten Brihadeeswara-Tempel, dessen Turm über dem Altar
sehr viel höher ist als die Gopurams an den Eingängen, da
der darin verehrte Mahalinga 3,5m hoch und damit der höchste Tempel
in Südindien ist.
Auch steht hier der zweitgrößte Nandi (Reitbulle des Shiva,
der aus einem Stein gehauen 25 Tonnen wiegt.
Ein Abendessen in einem indischen Restaurant beschloss den Abend. Der
nächste Morgen begann mit einem Satsang, darauf folgte eine Yogastunde
mit Swami Siva Shankari und danach ein Besuch im Palast von Tanjore,
der jetzt als Museum genutzt wird. Ein freier Nachmittag ließ
Zeit, einzukaufen oder sich auszuruhen. In einem wunderschönen
Restaurant, begleitet von einem Sitarkonzert, ließen wir den Abend
mit einem köstlichen indischen Büffet, einer großen
Auswahl südindischer Gerichte, ausklingen.
Rameshwaram: die Reinigung von allen Sünden
Zu einem der vier heiligsten Orte Indiens führte uns die Reise
am nächsten Tag: Rameshwaram, der Ort, an dem Rama Buße dafür
tat, dass er den Dämon Ravana bei der Befreiung seiner Frau Sita
aus Sri Lanka getötet hatte. Nach unserer Ankunft in einem idyllischen
Hotel direkt am Meer praktizierten wir Yoga, aßen zu Abend und
meditierten dann am Strand. Frühmorgens, kurz vor Sonnenaufgang,
kehrten wir an den Strand zurück, alle in Saris und Punjabis gekleidet
und bereiteten uns bei einem von einem Brahmanen geleiteten Ritual am
Strand auf die heiligen Waschungen vor, die im Tempel auf uns warteten.
Das Meer ist hier ein heiliger Badeort, von dem geglaubt wird, er wasche
alle Sünden hinweg. Wir tauchten während des Rituals entweder
unsere Hände ins Wasser und gaben Wasser auf unseren Kopf oder
aber manche von uns stiegen auch vollständig bekleidet ins Meer,
wie uns dies die indischen Pilger vormachten. Der Priester sagte, wir
sollten innerlich beschließen, all unsere Sünden abzugeben.
Dann wanderten wir zum Ramanathaswami-Tempel, der umgeben war von einem
Korridor aus Brunnen und Becken, vor denen wir uns jeweils mit anderen
indischen PilgerInnen in Schlangen aufstellten und uns jeweils mit einem
Eimer Wasser aus den 22 Quellen, mit salzigem und süßem,
kaltem und warmem Wasser übergießen ließen. Die Brunnen
hatten Namen wie: Mahalakshmi, Savitri, Gayatri, Saraswati etc.. Nachdem
wir uns etwas getrocknet hatten, betraten wir den Haupttempel und sahen
die beiden Shivalingas, den einen den Sita aus Sand gebaut hatte, um
Rama bei der Buße zu helfen und der Linga, den Hanuman vom Kailash
hierher geholt hatte. Wir frühstückten so gereinigt von allen
Sünden und nachdem wir uns umgezogen und gepackt hatten, fuhren
wir mit Ponywagen zum Gandhamadhana Parvatham, einem Tempel der auf
einem kleinen Hügel liegt und der nach der Überlieferung der
Ausgangspunkt war, von dem aus Rama seinen Feldzug gegen Ravana geplant
hat und Hanuman den Sprung nach Sri Lanka tat.
Madurai: Besuch bei der „Fischäugigen“
Am Nachmittag fuhren wir zurück ins Landesinnere nach Madurai,
der zweitgrößten Stadt Tamil Nadus. In einem schönen
Hotel in der Stadt wohnten wir und aßen in einem schönen
Dachlokal zu Abend. Hier trafen wir Ruth, eine fröhliche Frau,
die eine ehemalige Mithelferin aus dem Haus Yoga Vidya im Westerwald
war und die in Madurai lebt. Abends gingen wir zum wunderschönen
Tempel der Göttin Meenakshi, der Fischäugigen. Sie wird so
genannt, weil sie wie die Fischmutter nur auf ihren Laich sehen muss,
um ihn zu beleben und nur ihre Augen auf ihre VerehrerInnen zu werfen
braucht, um ihr spirituelles Leben lebendig zu machen. Meenakshi, die
einen Papagei und einen Blumenstrauß in Händen hält,
ist die Schwester von Vishnu und die Braut von Lord Sundeswara, der
eine Inkarnation Shivas ist. Im Tempel befindet sich ein großer
Seerosenteich, eine Halle mit ca. 1000 Säulen und die große
Hochzeitshalle, in der jährlich die Hochzeit von Meenakshi und
Lord Sundeswara gefeiert wird.
Am anschließenden freien Nachmittag konnten wir die wunderbaren
Einkaufsmöglichkeiten um den Tempel herum nutzen: Dort kann man
sowohl Seidenstoffe als auch andere Handarbeitsläden finden, um
dort Souvenirs zu erstehen. Am Abend konnten wir unter der Führung
einer indischen Architektin den Tempel von Subramanya, dem Sohn von
Shiva und Parvati und Bruder von Ganesha besuchen, anschließend
wurden wir noch auf einen Chai von der indischen Führerin nach
Hause eingeladen, wo sie uns ihre Familie vorstellte. Ein Essen in einem
Straßenlokal beendete das Tagesprogramm.
Am frühen Morgen spazierten wir zum Ramana Maharshi Geburtshaus
und meditierten dort. Außerhalb Madurais besuchten wir dann die
Sivananda Hatha-Yogaschule von Yogi Rama Linga, der gerade seine siebentägige
Meditation für den Weltfrieden abgeschlossen hatte, und uns voller
Lebensfreude empfing. Während seine Kinder uns fortgeschrittenen
Asanas vorführten, sprach er über die Wichtigkeit von Asanas
und Meditation und die Freude, die dadurch entsteht. Nach einem Satsang
ging unsere Fahrt weiter.
Srivilliputur: Andal und Uma
Mittags erreichten wir Srivilliputur, eine ruhige Stadt mit bunt angestrichenen
Häusern: grün, rosa, blau und gelb.
Am Hotel angekommen wurden wir gleich von Uma, einer strahlenden jungen
Frau empfangen, die uns am Abend ein Konzert mit den Liedern von Andal
singen sollte. Vorher aber lud sie uns zu sich nach Hause zum Essen
ein, dort setzten wir uns in Reihen an die Wand und bekamen sehr gut
und reichlich zu essen.
Danach setzten wir uns mit Uma in einen kleinen Straßentempel,
den die Nachbarschaft gebaut hatte und in der alle Wände mit Götter-
und Göttinnenbildern geschmückt waren. Wir chanteten einige
Bhajans mit Uma, was uns freute und die Nachbarn von Uma erstaunte.
Nach dem Essen ruhten wir uns im Hotel aus und machten uns dann auf
den Weg zum Sri Andal Tempel, der neben dem großen Vatapatrasayee
Temple, einem Vishnutempel, liegt. Wir betraten den Sri Andal Tempel
und trafen dort eine Bekannte von Uma, die uns durch den Tempel führte.
Andal war wie ihr Vater Vishnuchittar eine heilige Poetin der tamilischen
Tradition. Ihre Liebe zu Krishna ließ sie 15 Lieder komponieren,
und schließlich wurde sie mit Krishna eins. Andal wird auch Godadevi
genannt und als Inkarnation von Lakshmi, der Göttin des Glücks
und des Wohlstandes betrachtet, sie wird auch als Bhoodevi, die Göttin
der Erde angesehen. Der Gopuram von Sri Andals Tempel ist 60 Meter hoch,
sehr bunt bemalt und der zweithöchste in Tamil Nadu.
Nach dem Tempelbesuch gingen wir in eine Halle vor dem Tempel, in der
uns Uma mit ihren Musikern bereits erwartete. Ein stimmungsvoller Abend
begann, indem sie für uns und andere Besucher Andals Lieder sang.
Am Ende lud uns Uma noch einmal zu sich nach Hause ein, wo wir ein zweites
Mal an diesem Tag wunderbares Essen serviert bekamen und uns noch lange
mit den Kindern und Frauen aus der Nachbarschaft unterhielten. Am Morgen
darauf besuchten einige nochmals die Morgenzeremonie im Andaltempel
und im Vishnutempel, dessen Statue so groß ist, dass man sie nur
von drei Türen aus vollständig betrachten kann.
Kanya Kumari
Zum südlichsten Teil von Indien, Kanya Kumari, setzten wir unsere
Fahrt fort. Er wird als heiliger Badeort betrachtet. Am Vivekananda
Ashram kamen wir am Nachmittag an und fuhren weiter an den Strand, wo
wir mit einer Fähre zum Vivekananda Memorial übersetzten,
das auf einer Insel vor Kanya Kumari liegt. Hier erreichte Swami Vivekananda
1892 seine Erleuchtung. Vorher war er als Vorbereitung auf seinen Auftritt
beim Weltparlament der Religionen 1893 durch das von Haien belagerte
Wasser zu dieser Insel geschwommen, bevor er dann mit den ungewöhnlichen
Worten: „Meine lieben Brüder und Schwestern ...“ als
hinduistischer Vertreter in dieser Versammlung für Begeisterung
sorgte. Hier sind auch die die Fußabdrücke von Kanya Devi
zu sehen, die als Inkarnation von Parvati hier Buße leistete um
Shiva als ihren Ehemann zurück zu bekommen. Wieder zurück
an Land betraten wir den Tempel der Göttin Kanya, deren Nasenring
die Seeleute so ablenkt, dass eine bestimmte Tempeltür, die zum
Meer hinaus öffnet, immer verschlossen gehalten wird, da ein Sonnenstrahl
reflektiert von dem Nasenring viele Seeleute zum Kentern bringen würde.
Das Gandhi-Memorial liegt wie der Tempel am Strand von Kanya Kumari,
hier wurde ein Teil der Asche von Mahatma Gandhi im Meer versenkt. Am
Abend meditierten wir zum Sonnenuntergang am Strand und konnten gleichzeitig
den den Mondaufgang beobachten, ein sehr beeindruckendes Schauspiel.
Auch morgens konnten wir bei der Strandmeditation den Sonnenaufgang
miterleben und übten dann mit Narayan, einem Sivananda Yogalehrer
und Schüler Swami Vishnu Devanandas am Strand Hatha Yoga. Nach
dem Frühstück in der Kantine des Ashrams besuchten wir eine
Brahmanenschule, in der ein alter grauhaariger Brahmane viele Jungen
im Alter von ca. 12 Jahren unterrichtete. Es wurde deutlich, wie vielfältig
diese Jungen ihre Erinnerungsfähigkeit ausbauten, da sie alles
auswendig rezitierten und der Lehrer nur bei Lücken weiterhalf.
Den Suchindram Tempel (Suci heißt gereinigt und indram bedeutet
Indra, der Ort also an dem Indra gereinigt wurde) besuchten wir als
nächstes. Im Inneren des Tempels soll Indra jede Nacht seine Buße
ableisten, weil er sich der Frau von Gautama Muni gegenüber als
ihr Gatte ausgegeben hatte und mit ihr schlief. Als der Weise dies herausfand,
verfluchte er Indra, der nun ab Einsetzen der Nacht bis zum nächsten
Morgen für seine Tat büßen musste.
Am Eingang des Tempels steht ein ca. 2000 Jahre alter Lorbeerbaum ,
dessen Stamm ausgehöhlt ist. Darin befindet sich ein Lingam, der
Sthanmalaya Swami heißt und der die Trinität Brahma, Vishnu
und Shiva repräsentiert, das Trimurti.
Auch erzählen viele Säulen des Tempels Geschichten aus der
Ramayana und der Mahabharata. Andere Säulen klingen, wie ein Priester
uns demonstrierte, wie Musik-, oder andere Instrumente. Eine riesige,
5,5 Meter hohe Hanumanstatue, wird ebenfalls im Tempel verehrt.
Aufenthalt im Paradies: Kovalam Beach
Am Nachmittag erreichten wir Kovalam, einen Strandort, an dem wir ausruhen
und uns auf den Aufenthalt in Amirtapuri vorbereiten konnten. Ein wunderschöner
weißer Sandstrand lud zum Sonnenbaden und zum Wasserplanschen
ein. Mit noch zwei weiteren Sivananda Yogalehrern meditierten wir am
Strand und machten dort Satsang.
Am nächsten Morgen meditierten wir in einer Yogaschule der Sivananda-Traditon
und bekamen eine Hatha Yogastunde von Swami Saradananda. Bis Abends
hatten wir dann frei, manche gingen zur Ayurveda-Massage, manche an
den Strand, wieder andere kurierten ihre Erkrankung aus. Abends ging
es dann nach Trivandrum zu einer Vollmondpuja in den Pazchanchira Devi
Tempel.
Dann fuhren wir weiter zur Einweihung von Sashis Reisebüro, wo
wir reichlich und gut essen konnten. Der nächste Tag begann mit
einem Satsang in der Yogaschule und danach fuhren wir weiter nach Amritapuri.
Backwaterüberfahrt nach Amritapuri
Zu einem Bootsanleger wurden wir mit dem Bus gebracht und stiegen dann
um in ein Boot, um durch die Backwaters zu Ammas Ashram zu reisen. Die
Backwaters ist ein Gewässer, das wie ein großer See oder
Fluss parallel zum Meer verläuft. Hier leben viele Fischer, auch
wachsen am Ufer Cashewnußbäume und Kokospalmen in Hülle
und Fülle. Es war eine sehr ruhige Fahrt durch saftiggrüne
Palmenhaine, wie sich das gehört in Kerala, dem Land der Kokosnusspalmen.
Im Ashram angekommen brachten wir unsere Sachen ins Zimmer und konnten
dann direkt zum Darshan, einer liebevollen Umarmung, von Amma Amritananda
Mayi, die als eine Heilige und Inkarnation der Göttin verehrt wird.
Sie hat zahlreiche karitative Projekte von Waisenhäusern über
Altenheime bis hin zu hochmodernen Krankenhäusern gegründet,
in denen die Armen umsonst mit allem versorgt werden, was sie für
ihr Überleben benötigen. Da sie viel durch die Welt reist,
begeistert sie auch andere Menschen außerhalb Indiens, deswegen
sind ein großer Teil von Ammas Anhänger/innen junge und ältere
Europäer/innen oder Amerikaner/innen.
In der großen Halle wurden nach dem Darshan gesungen, dann aßen
wir etwas und gingen ins Bett. Am nächsten Morgen wurden im Tempel
die 108 Namen der Mutter gesungen, ein schönes Ritual, bei dem
nur Frauen im Tempel waren. Danach trafen wir uns bei Sonnenaufgang
mit der Pilgerreisegruppe auf dem Dach unserer Wohnräume, um dort
zu meditieren und die Abschlussrunde zu machen. Das Feedback war durchweg
positiv, sowohl die Reiseleiterinnen wie auch die Teilnehmerinnen waren
sehr bewegt und zufrieden mit dem Verlauf, der innere Hausputz hatte
nicht zu großen emotionalen Streitereien geführt, die eine
oder andere Meinungsverschiedenheit hatte sich aufgrund der gelungenen
Reise in Luft aufgelöst. An diesem Tag konnten wir noch einmal
indische Andenken kaufen, und manche von uns hatten das Glück noch
einen Darshan bei Amma bekommen zu können. Am Nachmittag meditierten
wir am Strand, aßen etwas und gingen früh zu Bett, da wir
sehr früh mit dem Bus zum Flughafen fahren mussten. Um vier Uhr
morgens verließen wir deshalb den Ashram, kauften unterwegs noch
Süßigkeiten und beendeten unsere Reise mit unserer Ankunft
am Flughafen Cochin.