Yoga Vidya Journal Nr. 14, Herbst 2005
RISHIKESH - Die Quelle des Yoga
Reise mit Yoga Vidya zum Sivananda Ashram Vom 27.10.2004 bis 14.11.2004
Aus meinem Reisetagebuch:
Früher Morgen, warten, Kontrollen,
Schlange stehen und warten. Draußen
steht ein Kleinbus bereit, für uns,
die Yoga-Vidya-Gruppe. Stundenlang
durch Delhi und durch Vororte, geradeaus,
geradeaus. Langsam wird
die Gegend ländlicher, und die Sonne
durchbricht die Dunstglocke. Irgendwann
Mittagspause in einem
freundlichen Gartenlokal. Am frühen
Nachmittag sehen wir die Vorberge
des Himalaya und endlich Rishikesh.
Hoch über dem Ganges finden
wir unseren Ashram.
Ursula, meine Reisegefährtin, und
ich beziehen unser Zimmer im zweiten
Stock. Es ist karg, klösterlich und
sauber. Die Decken sind warm und ausreichend, der mitgenommene Schlafsack ist überflüssig.
Dusche, d.h. Wasserhähne und mehrere Wassereimer mit Schöpfkellen, sowie
WC sind im Flur. In unserem Stockwerk herrscht ein Erzengel, Gabriel, ein Deutscher,
der wahrscheinlich für immer hier lebt. Er wacht über Türen und Schlösser, Lichtschalter,
Dusch- und Putzeimer. Manchmal stellt er sein Flammenschwert zur Seite und breitet
lächelnd seine Fittiche über uns aus, und wir sind zufrieden.
Suguna unsere Yoga-Vidya-Reiseleiterin führt die Gruppe durch den Ashram. Treppen
hinauf und hinunter. Wir sehen die Tempel, die Wohngebäude und Säle, Mönche in
Orange, Schüler in Gelb, indische und europäische Touristen, z.T. weiß gekleidet. Nettes
Abendessen, ein Raum für uns. Swamis und Schüler bedienen uns lächelnd. Es gibt
Reis, Linsen, Gemüse und Obst.
Der nächste Tag beginnt mit dem Frühstück um halb acht mit Tee, Butter, Toast und
Marmelade. Anschließend gibt es einen Vortrag in der Yoga-Hall. Suguna sitzt dem
Swami anmutig zu Füßen und übersetzt uns das oft schwer verständliche Englisch.
Andächtig hören wir Botschaften wie:
- Gegenstand und jedes Wesen ist jenseits von Liebe und Hass.
- Entsagung ist nicht Unterdrückung, sondern Transzendierung.
- Freude ist ein natürlicher Zustand.
- Jenseits des Raums ist das reine Bewusstsein.
- Nur der Mensch kann Atman verstehen. Der Mensch ist ein Glücksbegünstigter.
- Wer in Rishikesh sein darf, hat schon eine Gnade.
- Nur durch Yoga kann das volle Glück erlebt werden.
- Es ist unsere Pflicht, unseren Körper gesund zu erhalten.
Und vieles, vieles mehr.
Nach der Belehrung genießen wir auf der Terrasse die Morgensonne, blicken hinunter
auf den leuchtenden Fluss. Zu Hause sind die Tage novemberdunkel. Dann die tägliche
Yogastunde. Leider nicht, wie eigentlich von mir erwartet, von einem indischen Yogi
gehalten, sondern im Wechsel von den Yogalehrern/Yogalehrerinnen der Gruppe, also
westerwälderische und meinbergische Yogastunden, wie gewohnt.
Mittagessen in unserem Speiseraum. Reis, Gemüse, Hülsenfrüchte, Äpfel und köstliche,
reif geerntete Bananen mit Tischgebet, om Shanti und Jay. In unserer Gruppe ist auch
ein ganz kleines Mädchen, 2 Jahre vielleicht. Zur Freude aller jauchzt sie das Jaya immer
an der richtigen Stelle. Unsere Gastgeber sind zwar daran gewöhnt, dass Essenszeit
für uns Westler auch Redezeit ist, dennoch belehrt uns ein Swami es sei besser,
beim Essen nicht zu reden, durch das Tischgebet werde das Essen zu Prasat und damit
geheiligt.
Die Nachmittage sind frei, die angebotenen Unternehmungen freiwillig.
Heute sitzen wir bei Swami Hamsananda, dem „kleinen Swami von der Post“ beim Tee.
Er zeigt uns Fotos von seiner Europareise 1993, überwiegend von heiligen Stätten wie
von Lourdes oder vom Kölner Dom.
Über die eindrucksvolle Hängebrücke überqueren wir den Fluss und erreichen die kleine
Stadt. Aus den Shops klingt „om Tryambakam“ und die Bettelmönche bitten mit „om“ und danken mit „om“ zwischen übriggebliebenen Hippis aus den europäischen
68ern. Rishikesh schein ein Schonraum zu sein, eine kleine Insel der Seligen. Der Sivananda-
Ashram speist täglich die Armen, im dazugehörigen Krankenhaus werden die
Kranken gepflegt.
Jeden Abend ist Satsang und es wird ein Kapitel aus der Bhagavad-Gita rezitiert.
Erläuterungen und Belehrungen folgen.
Danach Kirtan singen. Auch nach dem
längsten Abendsatsang klingelt in
unserem Zimmer der Wecker um 4.20
Uhr. Dunkelheit und Sternenhimmel, ein
kühler Wind von den Bergen, Morgensatsang.Mantras und Kirtans, genau wie
in Deutschland bei Yoga-Vidya. Wir können
mühelos mitsingen. Im Wechsel sind
dann je zwei der Gruppe zur Shiva-Puja
geladen. Auch eine Homa wird für uns
zelebriert. Eine Homa erfüllt Wünsche
und hilft loszulassen. Zum Ende gibt's
leckeres Prasat im Geschenkkarton,
Bananen und Blumenketten. In unserem
Zimmer bekränzen wir die Bilder von
Krishna und Christus. Ob er wohl in
Indien war?
Manchmal gehen Ursula und ich zum
Meditieren in den Krishna-Tempel. Seit
50 Jahren wird dort ununterbrochen für
den Weltfrieden gesungen. Ein junger
Swami sitzt tief versunken, faltet kleine
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rote Papiertütchen und singt „Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna Hare Hare“.
Ich gehe am Morgen langsam durch den Tempel und singe leise mit:
„Hare Krishna...“.
Zweimal, ich gestehe es, haben die Ursula und ich den frühen Satsang ausfallen lassen,
einfach ausgeschlafen bis um 6 Uhr und sind dann in der Morgendämmerung zum Ganges
hinab gestiegen. Die Pilger dort schälen sich gerade aus ihren Schlafdecken. Schön
ist dieser Morgen, ein Gefühl wie Schuleschwänzen. Zum Arati sind wir im Tempel zurück.
Das Arati mit Muschelhorn und großer Trommel ist immer ein kraftvoller Abschluss.
Ein junger Yogi trägt den großen Leuchter durch den Tempel. Ein alter Mönch
mit schlumpfiger Wollmütze fungiert als Linienrichter. Unnachsichtig treibt er die vordrängenden
Männer und Frauen auf die vorgesehene Grenze zurück.
Einer unserer Ausflüge geht in die Berge, z.B. zu einem Tempel, den Swami Vishnu Devananda
auf eine heilige Höhle bauen ließ. Der „kleine Swami“ begleitet uns und erzählt
Göttergeschichten, wahrhaft göttlich: Eine Göttin soll sich aus Ärger über einen
Gott verbrannt haben. Ihre Körperteile seien an vielen Orten vom Himmel gefallen,
und hier sei ihr Busen hernieder gekommen - Kuncha-Puri-Tempel - das Busenheiligtum.
Die leider verschwundene Höhle sei älter als das Kali-Yuga. Wir meditieren
hoch über dem Gangestal unter den weißen Gipfeln des Himalaya.
Ein weiterer Ausflug führt nach Haridwar zu einem Tempel hoch hinauf mit einer Seilbahn.
Ein weiterer Blick über den vielarmigen Ganges. Der Tempel ist Baustelle, Jahrmarkt,
Volksfeststätte und Heiligtum. Am Abend unten in Haridwar an einem halbtrockenen
Flussarm trotz des lauten, bunten
Treibens für wenige Minuten ein festliches
Arati.
Freie Nachmittage dazwischen mit
Einkaufsbummel und Spaziergängen am
Ganges, ein Stück Strand für uns,
schützende Felsen ringsum, Glitzerstrand.
Wir baden und tauchen ein ins
heilige Wasser. Ich schwimme in Hose
und Bluse, wie sich gehört hier, ein Stück
mit der Strömung und zurück. Das
Wasser ist bergbach-kalt, aber die Sonne
hernach wärmt sommerlich.
Fast jeder Weg führt über die
Hängebrücke. Unten der Fluss mit
zahlreichen Fischschwärmen. An den Geländern
und überall turnen Affen, tragen
und liebkosen ihre Jungen, auf
Straße und Pfaden gehen Kühe mit ihren
Kälbern und in den Bäumen flattern
bunte Vögel. Ich werden sie vermissen,
all die Tiere, die hier einfach so
mitleben.
Der Uferweg ist ein Teil des Pilgerweges
hinein in die Berge des Himalaya zur
Quelle des Ganges. Ursula und ich wollen wiederkommen und diesen Pilgerweg gehen,
wenigstens ein Stück weit auf dem Weg zur Quelle.
Am letzten Abend Satsang im Sivananda-Haus unten am Ganges und das „om
Tryambakam“ auch für das kranke Baby-Enkelkind von Ursula. (Der Kleine ist inzwischen
fast genesen.) Ein letztes Arati am Fluss. Ich bade meine Füße, benetze mein
Gesicht und trinke einen Abschiedsschluck.
Zwei Tage Delhi liegen noch vor uns, vor allem das Divalifest dort. Saradananda erwartet
uns, sie soll eine Divali-Überraschung für uns vorbereitet haben. Wir wohnen in einem
angenehmen, christlichen Hotel. Am Tag von Divali ausgedehnte Sight-Seeing-
Tour: Tempel, Altertümer, Freitagsmoschee. Auch die Moslems bereiten ihr großes Fest
vor, denn ausnahmsweise fallen Divali und Aid (Ende des Ramadan) zusammen. Dann
der Tempel aller Religionen, Kirche-Tempel, beides oder keines von beidem? Immerhin
ein stiller, schöner Ort.
Die aparteste Verbindung zweier Weltreligionen vollbrachte Suguna beim Satsang in
dem verstaubten Gebetsraum unseres christlichen Hotels. Während wir ungewohnt auf
hölzernen Kirchenbänken sitzen, zelebriert sie mit professioneller Sicherheit das Arati
mit einem Kerzenleuchter vom Altar, die große Kirchenbibel dient als Unterlage.
Die Divali-Überraschung ist ein Fest bei Freunden von Swami Saradananda in einem
schönen Garten um deren privates, kleines Theater. Angenehme, lockere Atmosphäre,
nette Menschen. Bei Einbruch der Dunkelheit werden tausend Kerzen angezündet, der
Garten leuchtet, Delhi brodelt, Raketen und Feuerwerk färben den Stadthimmel, der
Lärm ist stundenlang ohrenbetäubend. Noch am Abflug am nächsten Tag ist die Dunstglocke über Delhi grau und schwer.
Die aparteste Verbindung zweier Weltreligionen vollbrachte Suguna beim Satsang in
dem verstaubten Gebetsraum unseres christlichen Hotels. Während wir ungewohnt auf
hölzernen Kirchenbänken sitzen, zelebriert sie mit professioneller Sicherheit das Arati
mit einem Kerzenleuchter vom Altar, die große Kirchenbibel dient als Unterlage.
Die Divali-Überraschung ist ein Fest bei Freunden von Swami Saradananda in einem
schönen Garten um deren privates, kleines Theater. Angenehme, lockere Atmosphäre,
nette Menschen. Bei Einbruch der Dunkelheit werden tausend Kerzen angezündet, der
Garten leuchtet, Delhi brodelt, Raketen und Feuerwerk färben den Stadthimmel, der
Lärm ist stundenlang ohrenbetäubend. Noch am Abflug am nächsten Tag ist die Dunstglocke über Delhi grau und schwer.
Eingereicht von Dipl.-Ing. Dorothea Steinmann, Yogalehrerin, Moserstraße 7, 70182 Stuttgart
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