Yoga Vidya Journal Nr. 14, Herbst 2005
Editorial
Hare Krishna
Liebe Yogis und Yoginis,
liebe Leserinnen und Leser,
die vorliegende Ausgabe ist eine persönliche Ausgabe, nicht meine persönliche Ausgabe,
sondern persönlich in dem Sinn, dass wir alle eigene, persönliche Erfahrungen
machen, ob es sich um einen Erfahrungsbericht einer Indienreise handelt, ob es um
eigene Erfahrungen auf dem Yogaweg geht, oder ob es um die persönliche Lebensgeschichte
von Rabindranath Tagore, dem großen indischen Dichter geht.
Alle persönlichen Erfahrungen halten Chancen und Erkenntnisse bereit, Chancen zum
Wachsen und Entwickeln. Chancen bieten sich uns nicht immer in der Form, in der wir
sie erwarten. Meistens bekommen wir eine neue Chance, wenn wir schon mutlos
geworden oder ganz verzweifelt sind und denken, dass nichts mehr weitergeht. Und
dann, in dem Moment wenn wir glauben, dass alles am Ende ist, wenn wir verzweifelt
sind und erkannt haben, dass wir von unserer Seite alles gegeben haben, dann klopft
eine neue Chance an unsere Tür und wenn wir sie hereinlassen und sie willkommen
heißen, dann sehen wir auf einmal wieder Licht in unserem Leben.
Lasst uns alle weiter unsere eigenen persönlichen Erfahrungen in allen Bereichen des
Lebens machen und dabei achtsam und voller Vertrauen sein, lasst uns alles bewusst
aufnehmen und lieben was unser eigner Lebensweg ist, lasst uns offen sein für Neues
und lasst uns auch mutig Risiken eingehen, damit wir unsere Chancen schnell erkennen
und sie mit offenen Armen annehmen können, damit wir die Macht der Liebe erkennen
können, die tief in unserem Herzen wie ein Strom fließt...
Vielen Dank an alle Autoren und Autorinnen, die dieses Journal so lebhaft mitgestaltet
haben. Und ganz besonderen Dank an Sacinandana Swami, der trotz seines vollen
Terminkalenders ein paar inspirierende Worte für uns hatte.
Euch allen viel Spaß beim Lesen und eine gesegnete Zeit.
Liebe Yogafreundin, lieber Yogafreund
Wirbelstürme wie Kathrina und Rita, Feuer in Portugal, Überschwemmungen auch in
Rumänien…
Die Welt bleibt ein unsicherer Ort.
Der große Yogameister Shankaracharya (ca. 788-820 n.Chr.) nennt drei große Schätze:
Manushyatwa (menschliche Geburt bzw. menschwürdiges Leben), Mumukshutwa (Sehnsucht
nach Befreiung), Mahapurusha Samshraya (liebevolle Fürsorge durch einen Meister).
Manushyatwa kann man übersetzen als „menschliche Geburt“, „menschenwürdiges
Leben“. Wir sind als Mensch geboren mit der Fähigkeit, Unterscheidungskraft zu üben, einen freien Willen zu entwickeln.
Zurzeit haben alle, die dies lesen, den ersten Schatz „Manushyatwa“ im Sinne von „menschliche Geburt“, und die meisten im Sinne von „menschenwürdiges Leben“: zu
essen, ein Dach über dem Kopf, Freiheit von schwerer Krankheit, Leben in Gegend, in
der es keinen Krieg gibt und momentan keine größeren Naturkatastrophen. Wir sehen
das als selbstverständlich an. Shankaracharya nennt es einen „seltenen Schatz“. Wir
wissen nicht, wie lange es anhält. Auch in unsere Gegend können Naturkatastrophen
und Terrorismus kommen, und, vielleicht nahe liegender, wir können von schwerer
Krankheit und Unfällen heimgesucht werden. Wir sollten diesen ersten Schatz wertschätzen,
dankbar sein und denen helfen, die ihn nicht besitzen. Und wir sollten uns
im Klaren sein: Es ist ein Schatz, der uns geliehen wurde und jederzeit von uns genommen
werden kann. Eine Lebensplanung sollte immer auch in Betracht ziehen, dass „Manushyatwa“ nur temporär mit uns ist, und wir das wirklich Wichtige in unserem
Leben nicht zu sehr in die Zukunft verschieben sollten.
Mein Meister, Swami Vishnu-devananda, hat mal gesagt: „Lebe so, dass du in Betracht
ziehst, dass du heute noch sterben kannst und dass du Hundert Jahre alt werden
kannst. Wenn du dein Leben so lebst, dass du ohne Bedauern jederzeit sterben kannst
und im Alter von Hundert Jahren ohne Bedauern auf dein Leben zurückblicken kannst,
hast du dein Leben recht gelebt“.
Der zweite Schatz ist „Mumukshutwa“, Wunsch, Sehnsucht nach Befreiung, nach Einheit,
nach Erleuchtung, nach Unsterblichkeit. Es ist etwas Wertvolles, diesen Wunsch zu
haben. Er lässt uns nach dem streben, was unvergänglich ist. Wir können nicht darauf
bauen, dass wir diesen Schatz auf ewig besitzen. Diesen Schatz sollten wir sogar verteidigen.
Wie leicht wird unser Geist auf Abwege geführt, und plötzlich lassen die
Kleinigkeiten des Alltags oder egoistische Ambitionen unsere spirituellen Vorsätze in
die Versenkung verschwinden. Und wenn wir in der Übung von Meditation und anderen
Yoga Praktiken nachlassen, sinkt oft das energetische Schwingungniveau und
damit auch Mumukshutwa. Daher ist es Aufgabe jedes Aspiranten, regelmäßig zu prüfen:
„Wie stark ist mein Mumukshutwa? Wie kann ich es stärken?“ Denn der Mensch
ist seinen Wünschen nicht hilflos ausgeliefert. Er hat Unterscheidungskraft. Er kann
den einen Wunsch wachsen lassen, und den anderen schwächer werden lassen. Er kann
den einen Wunsch nähren, den anderen austrocknen lassen.
Der dritte Schatz ist „ Mahapurusha Samshraya“, liebevolle Fürsorge durch eine „große“ (Maha) „Seele“ (purusha). Dieser Schatz ist paradoxerweise der einfachste
und der schwerste. Auf der einen Seite: Die großen Meister sind nur zu gern willig, uns
zu führen, zu inspirieren. Ein Meister braucht dazu noch nicht mal in einem Körper zu sein. Menschen auf der ganzen Welt machen die Erfahrung, dass „verstorbene“ Yogameister
ihnen erscheinen, sie inspirieren und führen. Ich persönlich fühle mich von der
Gegenwart und der Führung von Swami Sivananda (1887-1963) und Swami (1927-1963) getragen. Auf der anderen Seite: Viele Aspiranten sind noch nicht in der Lage, sich für
einen Meister, eine spirituelle Richtung zu entscheiden. Ihnen fehlt also der dritte
Schatz. Dieser kommt jedoch irgendwann von selbst. Denn es heißt: „Ist der Schüler
bereit, ist der Meister nicht weit“.
Wenn man alle 3, oder doch wenigsten 2 der drei Schätze besitzt, sollte man den spirituellen
Weg mit Enthusiasmus (Satkara) gehen. Er gibt uns etwas, was dauerhaft ist.
Etwas was auch dann Bestand hat, wenn kleinere und größere Katastrophen in unser
Leben kommen. Und was uns das wertvollste überhaupt schenken kann:
Die Erfahrung
der Einheit, die Erfahrung reiner Liebe, die Erfahrung der Gegenwart des Göttlichen.
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