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Yoga Artikel | Yoga Vidya Journal  | Nr. 13 Frühjahr 2005

       

 

Yoga Vidya Journal Nr. 13, Frühjahr 2005

Der Nasenzyklus - Atmen für das Gehirn

Versuchen Sie es doch einmal mit dem folgenden Experiment: Atmen Sie durch Ihre Nase ein - aus - ein - aus - und halten Sie einen Spiegel vor Ihre Nase. Sie werden feststellen, dass die Höfe des kondensierten Atems der beiden Nasenlöcher sich in ihrer Größe unterscheiden. Aber selbst wenn sie gerade keinen Spiegel zur Hand haben, sondern nur abwechselnd die beiden Nasenlöcher zuhalten, wie bei der Wechselatmung beim Pranayama, und auf die Durchgängigkeit Ihrer beiden Nasenlöcher achten, werden Sie feststellen, dass der Atem durch ein Nasenloch leichter fließt, als durch das andere. Erstaunlich, nicht wahr? In jedem Augenblick sehen Sie mit beiden Augen, hören mit beiden Ohren und atmen doch hauptsächlich mit einem Nasenloch.
Im Allgemeinen hält diese Dominanz eines Nasenloches zwischen einer bis zu mehr als 3 Stunden an, und kehrt sich dann innerhalb von Minuten um. Diese Erscheinung wird als „Nasenzyklus“ bezeichnet und ist nur einer von vielen so genannten „ultradianen“ Rhythmen in unserem Körper. Diese kurzen Zyklen mit einer Dauer von einer bis zu drei Stunden findet man in vielen Stoffwechselfunktionen und perzeptiven Fähigkeiten. Die Yogis des alten Indien entdeckten den subtilen Rhythmus des Nasenzyklus und seine mentalen Auswirkungen bereits vor Tausenden von Jahren. In der yogischen Wissenschaft des Pranayama stellt die manuelle Beeinflussung des Nasenzyklus eine der am besten dokumentierten Techniken der Bewusstseinsveränderung dar. Hinweise darauf sind in vielen klassischen Yogaschriften enthalten, dazu gehören die Hatha Yoga Pradipika (II, 6-9,19-20), Siva Samhita (III, 24,25), Gheranda Samhita (V, 49-52), und die Yoga Chudamani Upanishaden (V, 98- 100) [1]. Seit frühester Zeit betrachteten die Yogis die Steuerung des Atems durch die Nasenlöcher als eine Methode, die Muster der „Gedankenwellen“ zu verändern. Die Nasenöffnungen wurden bestimmten Energiebahnen – so genannten Nadis - zugeordnet. Dem Ida-Nadi entsprach dabei das linke Nasenloch, Pingala dem rechten. Den yogischen Überlieferungen zufolge, tritt der Tiefschlaf leichter ein bei der Atmung durch das Ida-Nasenloch, unterstützt durch ein Liegen auf der rechten Seite. Appetit und Verdauungsaktivität sind besonders hoch bei der Dominanz des Pingala-Nasenlochs und die sexuelle Vereinigung wird demzufolge am intensivsten erlebt, wenn der Mann durch das rechte Nasenloch und die Frau durch das linke Nasenloch atmeten. [2] Die Yogis beobachteten auch, dass viele Krankheiten mit Störungen im Nasalzyklus einhergehen und entstehen, wenn Menschen zulange durch ein Nasenloch atmen.
Eine Atmung überwiegend durch das linke Nasenloch kann über den Verlauf von Jahren zu Asthma führen. Man behandelte dieses Asthma erfolgreich durch forciertes Atmen durch das rechte Nasenloch bis eine Heilung eintrat. Diabetes dagegen wird in Zusammenhang mit vorwiegender Atmung durch das rechte Nasenloch gesehen. Das heißt, den alten Yogis zufolge spiegeln sich Krankheiten und seelische Störungen im Nasenzyklus wieder und können durch forciertes Atmen durch das undurchlässigere Nasenloch günstig beeinflusst werden [3]. Im Westen dauerte es bis ins späte 19. Jahrhundert, ehe dieser „nasale Zyklus“ entdeckt und von einem deutschen Mediziner namens Kayser erstmals in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wurde [3,4].

Heute weiß man, dass die sich rhythmisch ändernde Durchlässigkeit der beiden Nasengänge durch unterschiedliche Schwellungszustände der Nasenschleimhaut zustande kommt. Die Nasenschleimhäute sind stark innerviert, sowohl von sympathischen als auch von parasympathischen Nerven, den beiden Gegenspielern unseres Autonomen Nervensystems. Dieser unbewusste Teil des Nervensystems ist verantwortlich für die Steuerung der Lebensvorgänge im Körper, wie Körpertemperatur, Herzschlag, etc.. Eine Dominanz des Sympathikus in der einen Nasenhälfte führt zur Verengung der Blutgefäße („Vasokonstriktion“) und damit zur Abschwellung der Nasenschleimhaut in der entsprechenden Nasenhälfte - die Nase ist frei und durchlässig für den Strom des Atems. Simultan dazu führt die parasympathische Dominanz in der anderen Nasenhälfte über eine Gefäßerweiterung („Vasodilatation“) zu einem Anschwellen der Nasenschleimhaut und damit zu einem reduzierten Luftstrom in diesem Nasenloch.

Für die Regulation dieses Zyklus scheint der Hypothalamus verantwortlich zu sein. Welcher biologische Sinn jedoch diesem Rhythmus zugrunde liegt, ist bislang noch ungeklärt. Denkbar wäre, dass es sich um einen evolutionären Mechanismus handelt, der den Geruchssinneszellen Erholungsphasen erlaubt.
Bis in die 80er Jahre hinein beschränkte sich die naturwissenschaftliche Forschung über die Nasendurchlässigkeit vor allem auf Wirksamkeitstests verschiedener pharmakologischer Stoffe auf die Nasenschleimhäute, um geeignete abschwellende Substanzen bei Erkältungskrankheiten zu finden.
Erst die Fortschritte in der Gehirnforschung und die Entwicklung bahnbrechender neuer Methoden in der Medizin, wie der funktionellen Kernspintomographie, der Positronenemissionstomographie (PET), sowie verfeinerter EEG-Verfahren führte zu ganz neuen Ansätzen. Die außerordentlich interessanten Ergebnisse dieser Untersuchungen legen, den Schluss nahe, dass es sich bei der Nasenatmung in der Tat um ein Fenster zu unserem Gehirn handelt.

Zahlreiche EEG-Studien ergaben beispielsweise, dass auch die Aktivitätsmuster der beiden Hälften unseres Gehirns ultradianen Rhythmen folgen. Im Durchschnitt etwa 10 mal in 24 Stunden verschiebt sich unsere dominierende Art zu denken von der linken zur rechten Gehirnhälfte und wieder zurück [7]. Interessanterweise scheint dabei ein Zusammenhang zu existieren zwischen der Aktivität der Gehirnhälften und der Durchlässigkeit der Nasengänge: Ist das rechten Nasenloch durchlässiger, geht dies einher mit größeren EEG-Amplituden in der linken Gehirnhälfte, dominiert hingegen das linke Nasenloch ist die Aktivität in der der rechten Gehirnhälfte höher. Aber mehr noch, erzwingt man einen Wechsel im Atem, indem man nur durch das schwächere Nasenloch atmet, lässt sich tatsächlich die weniger aktive Hemisphäre stimulieren [8].

Es ist somit möglich anhand der Durchlässigkeit der Nasengänge zu einem beliebigen Zeitpunkt festzustellen, welche Gehirnhälfte gerade dominiert. Durch verschiedene Experimente konnte man feststellen, dass die beiden Gehirnhemisphären, zwei Arten von Intelligenz beherbergen. Bei mehr linearen Aktivitäten, wie Berechnungen und Sprachaufgaben, wurden bessere Ergebnisse erzielt, bei einer höheren Aktivität der linken Gehirnhälfte. Die rechte Gehirnhemisphäre scheint dagegen vor allem mit ästhetischen und räumlichen Fähigkeiten zusammen zu hängen [7, 9].

Das heißt, ihr werdet mehr Glück dabei haben, euer Konto zu bilanzieren, während einer Phase der Dominanz der linken Gehirnhälfte - und umgekehrt die Künste mehr genießen, wenn eure rechte Gehirnhälfte „angeschaltet“ ist. Aber nicht nur in den kognitiven Fähigkeiten zeigen sich Unterschiede in den Gehirnhälften. Sehr viel ausgeprägter scheint diese Lateralität sogar bei den Emotionen zu sein. Mit Hilfe der immer mehr verfeinerten Verfahren der Computertomographie und PET konnte man in Experimenten mit Versuchspersonen genau nachweisen, welche Gehirnareale bei bestimmten emotionalen Zuständen aktiv sind. Bei negativen Gefühlen und Eindrücken konnte man eine höhere Aktivität im rechten vorderen Stirnlappen nachweisen, in frohen Augenblicken mehr Aktivität in der linke Seite des Stirnhirns. Es scheint, als hätten wir eine Hirnhälfte für das Glück und eine für das Unglück [10]

Dies legt die Frage nahe, ob Atem- und Yogaübungen sich günstig bei depressiven Verstimmungen auswirken könnten. Auch hier gibt es erste Studien und Ergebnisse, die in diese Richtung deuten. Bei einer skandinavischen Studie konnte man nach Yogastunden eine Zunahme der Gehirnaktivität im linken vorderen Schläfenlappen feststellen. Aber nicht nur bei der Gehirnaktivität konnten positive Veränderungen beobachtet werden, es trat auch eine Zunahme der Konzentration von für Wohlgefühl verantwortlichen neurophysiologischen Elementen, wie Endorphinen, Enkephalinen und Serotonin ein. Gleichzeitig beobachtet man auch eine signifikante Abnahme des Stresshormons Cortisol im Körper. Atem- und Yogaübungen begünstigen Neutrotransmitterprofile im Körper, die dem Wohlgefühl und der Heilung förderlich sind [3,11].

Mehr und mehr scheint sich also das alte Wissen der Yogis über Ida und Pingala durch neueste naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu bestätigen. Leider kann dieser Artikel euch nur einen ganz kleinen Überblick geben über die Komplexität und Vielfalt dieses Themas. Vielleicht kann er euch ein bisschen als Motivationshilfe für die täglichen Pranayama und Anuloma Viloma Übungen dienen.

Nicht jeder hat zuhause neben seinem Bett einen Computertomographen stehen, oder ist mit einem Arzt bzw. einer Ärztin verheiratet, um mal schnell nach dem Yoga ein EEG zu machen. Und doch lassen sich mit aufmerksamer Beobachtung der eigenen Körperund Atemrhythmen interessante Erkenntnisse gewinnen. Auf diese Weise gewannen auch die alten Yogis ihr Wissen über Ida und Pingala. Yoga ist als Erfahrungswissenschaft jedem Menschen zugänglich .

Sinn des Artikels ist es deshalb, zu eigenen Beobachtungen, aber auch zur Diskussion anzuregen. Über Kritiken, Kommentare, Anregungen und eigene Erfahrungen zum Nasenzyklus würde ich mich deshalb sehr freuen.

Stefan Burger, Dipl. Biologe und Yogalehrer (BYV), München . Kontakt: yogamail@web.de

Literatur:
[1] “Handbook of States of Consciousness”, Benjamin B. Wolman, Montague Ullman, eds., New York: Van Nostrand
Reinhold, 1986, pp. 113-14.
[2] “Breathing fort he brain“, http://www.healingchannel.org/breathforyoga.html
[3] “Qigomg and Taiji - The Nervous System“, R. Jahnke, 1996, healthworld-online.com
[4] “Alternate Nostril Breathing Technique (Anuloma Viloma) “, http://www.abc-of-yoga.com/pranayama/basic/viloma.
asp
[5] “Uber den Weg der Athmungsluft durch die Nase”, R. Kayser, Zeitschrift für Ohrenheilkunde (1889) 20, 96-106,
[6] “Die exacta Messung der Luftdurchgängigkeit der Nase”, R. Kayser, Archiv für Laryngologie und Rhinologie (1895)
3, 101-120
[7] “Alternating Cerebral Hemispheric Activity“. Werntz, Bickford, Bloom, Shannahoff-Khalsa; Human Neurobiology
(1983) 2:39-43
[8] “Selective Hemispheric Stimulation by Unilaterial Forced Nostril Breathing“;Werntz, Bickford, Shannahoff-Khalsa;
Human Neurobiology (1987) 6:165-171.
[9] “Nasal Airflow Assymmetries and Human Performance”. Klein, Pilon, Prosser, Shannahoff-Khalsa; Biological
Psychology 23 (1986)
[10] “Die Glücksformel oder wie die guten Gefühle entstehen.“ Klein S., Rowohlt Hamburg, 2002. S. 54 ff
11] “Antidepressiva“,Yoga aktuell. 5, 2003, S. 10

 

 

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