Berichte von Teilnehmern/Teilnehmerinnen
an der vom Haus Yoga Vidya organisierten Gruppenreise in den Sivananda-Ashram in Rishikesh
1.
Bericht: von Anni und Siegfried Attner: Eindrücke und Gedanken einer
spirituellen Indienreise
2.
Bericht: von Maria Lüdke: Auf den Spuren von Sivananda
3.
Bericht: von Susanne Bednarz, Mönchengladbach
4.
Bilder der Reise von Claudia Kullmann
1.
von Anni und Siegfried Attner, Frankfurt
Eindrücke
und Gedanken einer spirituellen Indien-Reise
Das
Abenteuer beginnt ...
Von
Delhi nach Rishikesh
Im
Sivananda Ashram am Fuß des Himalaya
Intensives
Sadhana (spirituelle Praxis)
Haridwar,
die heilige Stadt
Zurück
nach Delhi
Das
Taj Mahal – eines der „Weltwunder“
Letzte
Einkäufe
Erklärung
der Sanskrit-Ausdrücke
Das
Abenteuer beginnt ...
Am
Morgen des 20. November 2000 traf sich unsere Gruppe von 24 Teilnehmern
vor dem Abfertigungsschalter der Kuwait Airlines in Frankfurt, um gemeinsam
eine vom Haus Yoga Vidya e.V. veranstaltete spirituelle Reise nach Rishikesh
– dem „Ort der Rishis (Seher)“ – zu unternehmen. Nach der Gepäckabfertigung,
den Sicherheits- und Paßkontrollen waren unsere Begleiter Sukadev,
Shivakami, Suguna und Keshawa und auch wir selbst sichtlich erleichtert,
als wir alle im Flugzeug unsere Plätze eingenommen hatten und um 12.00
Uhr starteten.
Nach
5 ½ Stunden Flugzeit landeten wir in Kuwait, wo wir vier Stunden
Aufenthalt hatten. Nach weiteren 4 ½ Flugstunden mit Kuwait Air
landeten wir schließlich um 5 Uhr morgens Ortszeit am 21. November
in New Delhi. Der Zeitunterschied betrug ebenfalls 4 ½ Stunden.
Wir waren alle sehr froh, endlich dazusein.
Verglichen
mit europäischen Flughäfen machte die Ankunftshalle von New Delhi
einen eher ärmlichen und verwahrlosten Eindruck. Trotzdem klappte
die Gepäckausgabe und auch unseren Bus, der uns nach Rishikesh bringen
sollte, fanden wir schließlich. Nach dem Verladen des Gepäcks
im Businneren kletterten wir über Koffer und Taschen, um schließlich
recht und schlecht einen Sitzplatz für die vor uns liegende sechsstündige
Busfahrt zu finden. Dann fuhren wir los über holprige Straßen
und mit lautem Hupen. Das Hupen ist hier üblich und soll unter anderem
die Überholabsicht signalisieren. Unsere Ohren mußten sich an
diese Praxis erst einmal gewöhnen. Aber es ist durchaus eine sinnvolle
Maßnahme, um Unfälle zu vermeiden!
Von
Delhi nach Rishikesh
Trotz
der morgendlichen Dunkelheit konnte ich entlang der Straße die ärmlichen
Behausungen sehen, die nicht gerade einen einladenden Eindruck machten.
Da dies meine erste Indienreise war, war ich über diesen Anblick schon
ziemlich schockiert. Meilenweit, wohin ich auch schaute, das gleiche Bild:
windschiefe, ärmlich anmutende Bretterbuden mit Rolläden, die
zu dieser frühen Tageszeit noch heruntergelassen waren. Später
konnte ich feststellen, daß es sich um Ladenfronten oder auch Werkstätten
für Autoreparaturen, Schreinereien oder andere Handwerksbetriebe handelte.
Daneben oder auch dahinter lagen wohl auch Wohnstätten der Ladenbesitzer.
Zwischen den Ladenzeilen gab es dann auch zeltartige Gebilde aus Strohmatten
oder Wellblechhütten, die ebenfalls als Unterkünfte dienten.
Dazwischen liefen Kühe, Ochsen und Schweine herum. Mir bot sich ein
Bild, wie es vielleicht bis vor einigen hundert Jahren auch bei uns üblich
gewesen sein mag. Fließendes Wasser war – wohl kostenlos für
jedermann – an Zapfstellen entlang der Straße zu haben. Hier im Freien
wird die morgendliche Toilette bewerkstelligt, bevor der Arbeitsalltag
beginnt. Dazwischen gibt es Brachland oder Zuckerrohrfelder. WCs in den
Wohnungen scheinen aber nicht üblich zu sein, so daß dazu nur
die freie Natur verbleibt. In Indien spielt sich überhaupt das Leben
weitgehend auf der Straße ab.
Nach
der halben Fahrzeit gab es für uns eine kurze Pause in einem Rasthaus
mit wunderschön gepflegten Gärten, wohl für die etwas wohlhabenderen
Schichten. Hier bekamen wir auch unser erstes indisches Frühstück.
Wir
fuhren weiter, immer bergauf, passierten Haridwar und den Ort Rishikesh
und auch hier immer das gleiche Bild: ein buntes Treiben, Geschäftigkeit,
Chaos, Schmutz, Armut und trotzdem lächelnde, froh gestimmte Menschen,
die das Leben so anzunehmen scheinen, wie es eben ist. Zu unserem Ziel,
dem Wallfahrtsort Muni-ki-reti bei Rishikesh am Fuß des Himalaya
war es jetzt nicht mehr weit. Es ging nochmals steil bergauf und dann waren
wir endlich gegen Mittag im Sivananda Ashram angekommen.
Im
Sivananda Ashram am Fuß des Himalaya
Nach
einer herzlichen Begrüßung durch Shri Karthikeyan, der für
unsere Gruppe alles vorbildlich organisiert hatte, und nach dem Abladen
unseres Gepäcks bekamen wir unsere Zimmer zugewiesen, die alle im
gleichen Haus, dem Ishwari Bhawan, lagen. Der Eingang des vierstöckigen
Flachbaus war mit einem Scherengitter gegen die auf dem Ashramgelände
lebenden Affenfamilien gesichert und seine Fenster mit Fliegengittern versehen.
Unser geräumiges Zimmer war mit zwei Betten, zwei Stühlen, einem
Tisch und einem in die Wand eingebauten Regal ausgestattet. Ein Vorraum
mit Spülbecken, der wohl als Küche dienen könnte, gehörte
ebenso zu unserer Unterkunft wie ein Bad mit Waschbecken, Toilette und
zwei großen Eimern und zwei Plastikbechern. Letztere waren die Utensilien,
die aus Wasserspargründen als Dusche dienten. Nach ein bißchen
Üben gewöhnten wir uns daran. Für die nächsten zwei
Wochen waren wir hier gut untergebracht. Nun mußten noch einige Formalitäten
bei der Ashram-Rezeption erledigt werden.
De
Sivananda Ashram, einer der größten in Indien, ist auf hügeligem
Gelände oberhalb der heiligen Ganga angelegt und umfaßt zahlreiche
Tempel, Yoga- und Meditationshallen sowie Nebengebäude, die Yoga Vedanta
Forest Academy, eine eigene Druckerei, eine Bibliothek, ein Krankenhaus
und Unterkünfte für die Swamis (Mönche), Mitarbeiter und
Gäste. Unter den 120 Swamis, die hier leben, befinden sich auch noch
einstige Schüler Sivanandas, die eine hohe Bewußtseinsebene
erreicht haben.
Von
der Anhöhe bietet sich ein malerischer Blick auf den Ganges, die Hängebrücke
und die auf dem gegenüberliegenden Ufer gelegenen zahlreichen anderen
Ashrams.
Das
ganze Gelände ist gepflastert bzw. asphaltiert und macht einen sehr
sauberen und gepflegten Eindruck. Die Atmosphäre hier ist sehr friedlich
und getragen und die positive Energie ist überall zu spüren.
Die Swamis in orangefarbene Tücher gehüllt, die Brahmacharis
in weiß und alle anderen Menschen, denen man hier begegnet, strahlen
viel Ruhe und Gelassenheit aus. Der hier übliche Gruß „Hari
Om“ wird von den meisten mit einem freundlichen Lächeln erwidert.
An
unserem Ankunftstag bekamen wir dann noch ein Abendessen in einem speziell
für uns zur Verfügung gestellten Speisesaal, mit Tischen und
Stühlen ausgestattet. Alle anderen Bewohner und Gäste bekamen
ihre Mahlzeiten in einem großen Eßsaal auf dem Boden sitzend
serviert. Das Essen für uns war einfach aber sehr schmackhaft, nur
mild gewürzt und sehr bekömmlich. Es wurde von liebenswürdigen
jungen Brahmacharis und Helfern gekocht und serviert. Unser erster Tag
klang dann mit dem Abendsatsang aus und nach 36 Stunden ohne Schlaf fielen
wir todmüde ins Bett.
Intensives
Sadhana (spirituelle Praxis)
Da
es sich, wie uns schon vorher bekannt gewesen war, um eine spirituelle
„Pilgerreise“ handelte und wir hier waren, um intensives Sadhana (spirituelle
Praxis) zu üben, uns von der starken Schwingung im Sivananda Ashram
inspirieren zu lassen, die Wirkungsstätte von Swami Sivananda kennenzulernen,
Swami Sivanandas Gegenwart und Nähe zu erfahren und schließlich
am Fuß des Himalaya, an den Ufern des heiligen Ganges zum eigenen
Selbst zu kommen, gestaltete sich unser Tagesablauf wie folgt:
5.00-6.00
Uhr einleitende Mantras mit anschließender 30minütiger stiller
Meditation und kurzem Vortrag in englischer Sprache im Samadhi Shrine
6.00-7.00
Uhr Kirtan, Shiva
Puja, Arati im Vishvanath-Tempel
7.30h
Uhr Frühstück
8.30
Uhr Asanas
10.00-11.30h
Vortrag verschiedener Swamis, speziell für unsere Gruppe Yoga Vedanta
Forest AcademyNachmittag zur freien Verfügung alternativ:
14.30
Uhr Tee bei Swami Hamsananda neben Post Office anschließend Sanskrit-Unterricht
bei Swami Hamsananda
17.30-18.15h
Bhajan, Kirtan und Ganga Arati im Sivananda Kutir
18.40h
Abendessen
19.30-ca.
22.00Abend-Satsang mit Kirtan, Rezitation der Bhagavad Gita und Vortrag
im Samadhi Shrine
Wer
noch mehr Spiritualität praktizieren wollte, war auch jederzeit beim
Maha Mantra Kirtan (Singen von „Hare Rama
Hare Krishna“) willkommen, das
Tag und Nacht in der Bhajan Hall rezitiert wurde. Daneben gab es die Bibliothek
mit einem Nachmittags-Satsang nur für Frauen sowie die Möglichkeit,
für sich selbst im Haus von Swami Sivananda zu meditieren.
Wie
man sieht, war unser Tag mit spirituellen Praktiken und Ritualen ausgefüllt,
wie sie uns ja auch schon vom Haus Yoga Vidya her bekannt sind. Dies alles
am Wirkungsort von Sivananda zu zelebrieren war für uns alle ein einmaliges
Erlebnis, obwohl vieles auch eher befremdend wirkte, zum Beispiel die ohrenbetäubende
mechanische Trommel während des Arati am Ende der Shiva
Puja.
Bei
vielen Ritualen konnte ich immer wieder Parallelen zu unseren christlichen
Riten feststellen und ich lese auch immer wieder in allen Büchern
der indischen Meister – und auch Swami Sivananda bringt es immer wieder
zum Ausdruck -, daß wir unsere eigene Religion pflegen sollten.
Hier
noch einige Anmerkungen zu den einzelnen Tempeln:
Beim
Samadhi Shrine handelt es sich um eine riesige Halle, in der sich an einem
Ende das Grabmal Sivanandas befindet und es sind auch viele überlebensgroße
Bilder von Sivananda aufgestellt. Seine Energie ist allgegenwärtig
und spürbar.
Auch
der Vishvanath-Tempel ist ein monumentales Bauwerk mit einem offenen Innentempel,
in dem täglich mehrmals eine Shiva
Puja zur Verehrung des Lingam als
Symbol Shivas, durchgeführt wird – ein sehr erhebendes Ritual. Einmal
durfte unsere Gruppe an diesem Ritual mitwirken, was eine große Ehre
für uns war. Das ununterbrochene Rezitieren durch den Priester von
Mantras während der Zeremonie hat uns die göttliche Energie spüren
lassen.
Im
Samadhi Shrine wurde an einem Donnerstag abend speziell für uns von
Shri Karthikeyan eine Paduka Puja arrangiert, die an diesem heiligen Ort
ganz besonders erhebend auf uns wirkte. Auch der abendliche Kirtan im Samadhi
Shrine, angeleitet von einer Gruppe junger Brahmacharis, wohl der Musikergruppe
des Ashrams, die mit viel Rhythmus und Begeisterung musizierten, war ein
Erlebnis und eine erfreuliche Erfahrung für uns. An zwei Abenden durfte
unsere Gruppe ebenfalls den Satsang musikalisch gestalten, was einen Begeisterungssturm
auslöste. Im Verlauf des Abend-Satsangs gab es auch immer interessante
Vorträge, die von Sukadev übersetzt oder später erklärt
wurden.
Im
Sivananda Kutir am Ufer des Ganges, wo Sivananda viel seiner Zeit in Zurückgezogenheit
und Gebet zugebracht und auch seinen Körper verlassen hat, war viel
Energie und Kraft zu spüren. Dort verneigen sich seine Verehrer und
knien andächtig vor seinem Bett nieder, um Kraft zu schöpfen.
Das abendliche Arati zur Verehrung der heiligen Ganga (Ganges) war eine
feierliche Handlung, die mich tief beeindruckt hat. Blüten, Licht
und Prasad wurden symbolisch dem lebensspendenden Fluß geopfert.
Am
Nachmittag bot sich Gelegenheit, Swami Hamsananda, einen überaus liebenswerten
direkten Schüler von Swami Krishnananda, der schon seit den 1960er-Jahren
im Ashram lebt, zum Tee zu besuchen. Dabei konnte man ihm alle möglichen
Fragen stellen und auch Sanskrit bei ihm lernen, wovon einige aus unserer
Gruppe Gebrauch machten.
Obwohl
die Vedanta Forest Academy, die Yoga-Universität des Ashrams, während
der Wintermonate geschlossen ist, wurden speziell für unsere Gruppe
Vorträge arrangiert, die alle sehr interessant waren. Ganz besonders
aber haben die Vorträge von Swami Padmanabhananda, einem ehemaligen
Ingenieur aus der gehobenen indischen Bevölkerungsschicht, einen unvergeßlichen
Eindruck auf uns alle gemacht, was wohl auch an seiner liebevollen und
überzeugenden Persönlichkeit und Ausstrahlung lag. Es war erhebend
und belebend, ihm zuzuhören, wenn er aus der Bhagavatam (indische
Schrift) zitierte. Auch alle anderen Referenten gaben uns tiefe Einblicke
in die Yoga- und Vedanta-Lehre.
Ein
Havan (Feuerzeremonie), die speziell für unsere Gruppe zelebriert
wurde, wird für alle ein unvergeßliches Erlebnis bleiben.
Dieser
Ashram ist wahrlich ein sehr spiritueller Ort und wir sind sehr dankbar,
daß wir die spirituelle Schwingung erleben durften.
Haridwar,
die heilige Stadt
Auf
unserem Programm standen auch einige Ausflüge. So fuhren wir an einem
Nachmittag nach Haridwar, einem der heiligsten Pilgerorte Indiens, wo sich
alle sieben Jahre Millionen Pilger zu spirituellen Feiern und Gottesverehrung
treffen. Zuerst besuchten wir einige Tempel, unter anderem auch den Samadhi-Schrein
von Anandamayi Ma, von dem eine wunderbare Energie ausstrahlte. Am Ufer
des Ganges angekommen, ließen wir erst unser Blumenschiffchen mit
Kerze den Fluß hinuntergleiten und setzten uns ans Flußufer,
denn es schien, daß jetzt nach Einbruch der Dunkelheit die Zeremonie
bald beginnen würde. Einige der Pilger waren noch dabei, ihr rituelles
Bad in der eisigen Ganga zu nehmen. Ehe es uns bewußt wurde, machte
uns ein junges Mädchen einen roten Punkt aufs Ajna Chakra (Energiepunkt
zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn bzw. Mitte des Kopfes) – gegen
Bezahlung versteht sich. Dann begann das Schwenken der Lichter für
das Arati (Lichtzeremonie) am gegenüberliegenden Flußufer. Über
dieses Ritual war man in unserer Gruppe geteilter Meinung, wohl auch wegen
der eher kommerziellen Seite des Geschehens. Die noch verbleibende Zeit
nutzten wir im nahegelegenen Basar, um uns umzuschauen oder Einkäufe
zu tätigen. Es war schwierig, sich der zahlreichen Bettler zu erwehren.
Bald waren wir wieder alle vereint und waren froh, die Rückfahrt nach
Rishikesh antreten zu können.
Swami
Hamsananda begleitete uns an einem anderen Nachmittag, um den Kunjar Puri
Devi-Tempel zu besuchen, der hoch oben in den Himalaya-Ausläufern
liegt. Auf der Fahrt dorthin konnten wir die atemberaubende Schönheit
dieser Landschaft bewundern. Aber auch hier die armseligen Hütten
der Mittellosen. Der Aufstieg zum Tempel über viele Stufen lohnte
sich und wir wurden mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Ein roter Punkt
auf das dritte Auge und eine Meditation auf einer Plattform mit Bick auf
die großartige Bergkulisse schlossen unseren Besuch ab.
Ein
weiterer Ausflug führte uns in die Vashishta-Höhle, in der der
Weise Vashishta vor vielen, vielen Jahren gelebt und meditiert hat. Die
Höhle liegt am Ufer des Ganges in einer ebenfalls sehr schönen
Umgebung.
Langsam
ging unsere Zeit im Sivananda Ashram zu Ende. Sie wird uns unvergeßlich
bleiben. Unser Dank gilt allen, die uns mit so viel Liebe während
dieser Zeit ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Zurück
nach Delhi
Die
letzte Etappe unserer Reise, drei Tage in der 16-Millionen-Stadt Delhi,
stand uns noch bevor. Nach unserem letzten Frühstück im Ashram
und dem Verladen des Gepäcks – dieses mal auf das Dach des Busses
– fuhren wir am 3. Dezember los. Wieder lag eine sechsstündige Busreise
vor uns, die durch einen kurzen Aufenthalt an dem uns schon bekannten Rastplatz
unterbrochen wurde. Am späten Nachmittag erreichten wir endlich unsere
Bleibe für die nächsten Tage, das White Castle Hotel.
Der
Sivananda Vidya Bhawan – eine großartige Einrichtung
Swami
Nityananda wartete schon im Hotel auf uns und begrüßte uns mit
Blumengirlanden und einer herzlichen Umarmung. Nachdem wir unsere Zimmer
bezogen und uns auf die Gegebenheiten des Hotels eingestellt hatten, gab
es Abendessen und das weitere Programm wurde besprochen.
Gleich
am nächsten Morgen begrüßte Swamiji jeden von uns, indem
er uns eine rote Rose überreichte. Der Besuch der von ihm gegründeten
und auf Spendenbasis geführten Schule, Sivananda Vidya Bhawan genannt,
für über tausend Kinder aus armen Familien stand auf dem Programm.
Auf dem Weg dorthin besuchten wir die Gandhi-Gedenkstätte, an der
sehr viel Energie zu spüren war. Wir besuchten auch eine Moschee,
in der gerade ein Gottesdienst stattfand. Desweiteren wurde uns ein Einblick
gewährt, wie die Menschen in einem Armenviertel leben. Für uns,
an Wohlstand gewöhnt, ist es schwer vorstellbar, daß man so
leben kann.
Als
wir in der Schule von Swamiji ankamen, wurden wir mit einer Homa (Feuerzeremonie)
begrüßt, die sehr feierlich auf mich wirkte. Danach wurden wir
von den Schülern in ihren Uniformen begrüßt. Zu unserer
Erbauung führten acht junge Mädchen ein buntes Programm von Volksliedern
und traditionellen Tänzen auf. Es war schön, den anmutigen Bewegungen
zuzuschauen. Als Dank verteilten einige aus unserem Teilnehmerkreis Bonbons
an die zahlreichen Schüler. Sie freuten sich sichtlich, mit strahlendem
Lächeln, über unseren Besuch. Anschließend wurden wir dann
von Swamiji noch fürstlich bewirtet.
Das
Taj Mahal – eines der „Weltwunder“
Am
nächsten Tag stand Agra mit der Besichtigung des Taj Mahal auf unserem
Plan, dem Grabmal, das der Mogulherrscher Shah Jahan für seine geliebte
Gattin erbauen ließ, die bei der Geburt ihres 14. Kindes gestorben
war. Nach einigen Komplikationen wegen des Eintrittsgeldes, das teils in
US-Dollar und teils in Rupien zu entrichten war und umgerechnet schließlich
rund 45,-- DM betrug und nach zweimaliger Sicherheitskontrolle durften
wir das tor passieren. Es eröffnete sich uns ein Anblick unbeschreiblicher
Schönheit. 18 Jahre soll an diesem „Traum aus Marmor“ gebaut worden
sein und es markiert den Höhepunkt der Mogul-Architektur. Ich war
schon dankbar, daß ich dieses Kleinod der Baukunst bewundern durfte,
aber ob es die lange Fahrzeit dorthin von sechs Stunden rechtfertigt, wurde
später innerhalb der Gruppe und für zukünftige Reisen verneint.
Auf
der Rückfahrt machten wir noch einen Abstecher nach Madhura, einem
wichtigen Wallfahrtsort der Hindus, der als Geburtsort Krishnas gilt. Wir
kamen gerade rechtzeitig zum Beginn des Arati, bei dem das Licht unter
ohrenbetäubenden Gongschlägen geschwenkt wurde. Einige der anwesenden
Inder gerieten wegen dieses Lärms in Panik und drängten zum Ausgang.
Wir ertrugen es, ohne zu verstehen, wofür dieser Lärm gut sein
sollte. Sollte er uns vielleicht aus unserem bequemen Schlaf der Trägheit
wachrütteln und uns für die Stimme Gottes empfänglich machen?
Auf dem Weg zurück zum bus klammerte sich ein etwa zehnjähriges
schmutziges und zerlumptes Mädchen mit einem nackten Säugling
auf dem Arm an mich. Dieses Ereignis wird mich lange nicht loslassen. Wir
sollten uns bewußt werden, wie gut es uns in unserer Wohlstandsgesellschaft
doch geht.
In
Vrindavan (auch Brindavan) sollte ein weiterer Krishna-Tempel besichtigt
werden. Da es aber schon spät war und wir noch eine mehrstündige
Busfahrt vor uns hatten, verzichteten wir mehrheitlich darauf. Nach einem
späten Abendessen sanken wir todmüde ins Bett.
Letzte
Einkäufe
Am
letzten Tag war Einkaufen angesagt. Nachdem der Geldumtausch am Connaught
Place mit seinen großen und kleinen Geschäften, Hotels und Restaurants
bewerkstelligt war und Sami Nityananda den draußen wartenden Teilnehmern
ein Eis spendiert hatte, brachte uns der Bus zuerst zu einem Geschäft,
wo Harmonien zu kaufen waren und anschließend zu den Geschäften
mit Marmorstatuen. Diejenigen, die nichts kaufen wollten, führten
sich inzwischen das bunte Treiben und vor allem den lärmenden Verkehr
zu Gemüte. Das also ist Indien: faszinierend, aber doch sehr fremd.
Man muß es erlebt haben, um es sich vorstellen zu können – einfach
eine andere Welt. Jetzt bleiben noch zwei Stunden für die restlichen
Einkäufe in einem Stadtbasar. Verglichen mit unseren Preisen ist ein
günstiger Einkauf schon möglich und in den meisten Geschäften
konnte man auch handeln, aber die Qualität und Verarbeitung lassen
oft sehr zu wünschen übrig.
Am
7. Dezember, glich nach dem Frühstück und Verladen unseres Gepäcks
fuhren wir Richtung Flugplatz. Swami Nityananda ließ es sich nicht
nehmen, uns zu begleiten.
Das
Einchecken funktionierte reibungslos, das Übergepäck wurde sogar
ohne Aufpreis akzeptiert und auch die Harmonien gingen als Handgepäck
durch ... Wir flogen wieder über Kuwait, wo wir dieses Mal nur einen
kurzen Aufenthalt hatten, der zum Rückblick und zur Meinungsbildung
genutzt wurde.
Die
Teilnehmer äußerten sich ausnahmslos positiv über die Reise
und betonten, daß sie ihnen noch lange in Erinnerung bleiben werde,
besonders der Aufenthalt im Sivananda Ashram. Auch mir wird diese Reise
unvergeßlich bleiben, einerseits wegen der strahlenden Menschen,
der Gelassenheit gegenüber den Zuständen, der Religiosität,
die wohl der Grund für diese Zufriedenheit und Geduld sein könnte,
und andererseits wegen der unvorstellbaren Armut, die zu Herzen ging. Was
ist der Grund hierfür? Unwissenheit, ein falsch verstandener Karmagedanke,
das vielleicht trotz offizieller Abschaffung doch noch bestehende Kastensystem,
die Mentalität? Ich habe keine Antwort gefunden.
Sicherlich
hat dieser nur kleine Einblick in eine andere Kultur bei jedem von uns
wohl andere Eindrücke hinterlassen. Vielleicht hat uns diese Reise
zu einem gewissen Teil auch verwandelt, dankbarer gemacht unserem Schicksal
und unserer Welt gegenüber.
Zum
Schluß gilt unser Dank unseren Reisebegleitern, besonders Sukadev
und Suguna, die sich viel Mühe gemacht haben, um die Reise zu ermöglichen.
Gedankt sei allen Mitreisenden für das liebevolle Miteinander und
disziplinierte Verhalten. Vielleicht treffen wir uns ja einmal wieder in
Indien!
Erklärung
der Sanskrit-Ausdrücke:
Arati Schwenken des Lichts; symbolisch Vernichtung aller Wünsche, die
den Menschen hindern, zu Gott zu kommen. Symbol auch dafür, daß
wir Licht und Liebe in unser eigenes Leben bringen wollen.
Asanas
Yoga-Körperstellungen
Ashram Kloster; Zentrum für religiöse Studien und Meditation; Ort,
wo Yoga gelebt und gelehrt wird
Bhagavad
Gita „Gesang des Erhabenen“, wichtigste indische heilige Schrift
Bhajan
Lobgesang
Brahmachari
ein junger spiritueller Anwärter
Havan,
Homa Feuerritual
Kirtan
gemeinsames Mantrasingen
Kutir
Hütte eines Mönchs/Einsiedlers
Lingam
Symbol der göttlichen schöpferischen Kraft; Symbol Shivas
Maha
Mantra „großes Mantra“ (Hare Rama, Hare Krishna), das als besonders
segensreich im jetzigen Zeitalter gilt
Mantra
Sanskrit-Wort oder –Silbe mit besonderer Kraft; Gebetsformel
Paduka
Puja Ritual zur Verehrung der Füße bzw. Sandalen des Meisters,
da man davon ausgeht, daß die göttliche Kraft und Energie durch
den Meister hindurchfließt und über die Füße weitergegeben
wird
Prasad
Opfergabe
Puja Verehrungsritual
Rishi Seher
Sadhana
spirituelle Praxis
Samadhi
Shrine Grabmal eines spirituell hoch entwickelten
Meisters, der freiwillig und bei vollem Bewußtsein seinen Körper
verlassen hat
Satsang
Gemeinschaft mit Weisen, Zusammensein mit Gleichgesinnten
Sanskrit
gilt als eine der ältesten Sprachen der Welt; spirituelle Sprache
Shiva
eine der drei Hauptgottheiten im Hinduismus
Sri/Shri
respektvolle Anrede
Swami
Mönch/Nonne
Vedanta
Wissen; eines der ind. Philosophiesysteme
Bericht von Radha und Shankara (Anni und Siegfried Attner)
Informationen: Haus
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Online-Artikel
2.
von Maria Lüdke, Bispingen
Auf
den Spuren von Sivananda
Delhi
– Begegnung mit einer anderen Welt
In
der Energie Sivanandas
Swami
Nityananda – ein anderes Delhi
Erklärung
der Sanskrit-Ausdrücke
Nach
langem Beten und Überlegen entschloß ich mich, die Reise nach
Indien mitzumachen.
Diese
Reise begann für mich bereits am 19.11. am späten Abend. Ich
fuhr mit dem Zug in die Nacht: Lüneburg – Hamburg – Köln – Frankfurt.
Es war eine gute Anreise, mit freundlichen, hilfsbereiten Mitmenschen.
Frankfurt
am Morgen. Menschen wie Ameisen. Eine davon bin ich. Nun suche ich unseren
vereinbarten Treffpunkt auf - welch ein Glück, eine Sitzgelegenheit
ist in der Nähe! – und harre der Dinge, die da kommen. Und beobachte
das Leben dieses internationalen Flughafens: verschiedenste Sprachen, verschiedene
Hautfarben. Die Zeit verflog und schon sah ich Leute mit Yogamatten und
Rucksäcken. Unsere Gruppe fand sich allmählich ein und das Einchecken
begann.
Alles
lief wie geplant. Viele Menschen, viele Handgriffe, bis wir endlich im
Flieger saßen. Ich fand mich inmitten lauter indischer Passagiere
wieder; trotzdem kam eine Kommunikation zustande. Mit ein wenig Englisch,
mit Händen und Füßen sowie gebrochenem Deutsch verging
die Zeit im wahrsten Sinn des Wortes wie im Flug. Am nächsten Tag
(21.11.) landeten wir morgens um etwa 4.30 Uhr in Delhi.
Delhi
– Begegnung mit einer anderen Welt
Bettelnde
Augen, greifende Hände, ein Stimmenwirrwarr. Für mich ein Augenblick
des Sortierens und Mich-Sammelns. Gott sei gedankt, alles war organisiert!
Ein
Bus wartete auf uns. Koffer auf dem Dach, zwischen den Sitzen und im Kofferraum
– es sah aus wie auf einer Flucht! Die Sitze waren bis auf den letzten
Platz belegt. Im Halbdunkeln spürte man die Gedanken und Fragen: „Wie
geht es jetzt weiter?“. Schon bei der Anfahrt konnte man es ahnen: Es war
wie beim Sandbahnrennen. Büsche, Äste, Schlaglöcher – alles
mußte umfahren, durchfahren und erfahren werden. Die Fenster öffneten
sich automatisch. Der Morgenwind brachte Frische und Klarheit in den Bus.
Plötzlich zwei Hörner und zwei Kuhaugen vor dem Bus. Die Kuh
stand wie angewurzelt, da nutzte kein Hupen und kein Anfahren. Der Bus
mußte ausweichen.
Mit
einem tiefen „Om“ begann eine fröhliche, erwartungsvolle Weiterfahrt,
begleitet von Mantragesängen. Die Sonne begleitete uns, rundherum
lief alles gelassen und zuversichtlich. Endlich am Nachmittag das Schild:
„Rishikesh“. Wir waren hochbeglückt – nun ist es nicht mehr weit.
Dann, ein paar Kilometer weiter, eine Ansammlung von Häusern am Fuße
des Himalaya: der Sivananda-Ashram.
In
der Energie Sivanandas
Die
Zimmerbelegung verlief reibungslos, überhaupt war alles harmonisch
und rücksichtsvoll.
Der
Tagesablauf wurde festgelegt und so kam auch bald ein fester Rhythmus ins
Tagesgeschehen.
Große
Erlebnisse bei den verschiedenen Ritualen (Arati in verschiedensten Ausführungen,
Pujas, Feuerzeremonie), kam doch die Energie aller Anwesenden gemeinsam
zum Tragen. Die Schwingung dieser Gemeinsamkeit begleitete uns bei allen
Erlebnissen und Unternehmungen.
Die
Meditation in den Räumen von Sivananda, mitten unter der Fröhlichkeit
der Blumen, reflektierte die Lebendigkeit seines Lebens und seiner Anwesenheit.
Die Musik und das Mantrasingen brachte für die Gruppe ein erlösendes
und befreiendes Erleben.
Die
Yogastunden rundeten diese Erfahrung ab. Durch das Üben wurden Körper
und Seele von Blockaden befreit und das eine und andere zurechtgerückt.
Wir machten unsere Asanas auf dem Flachdach unseres Wohnblocks. Der Wind,
die Sonne, die umgebende Bergkulisse und der Blick auf den Ganges ließen
uns an die Realität glauben: Wir sind tatsächlich in Indien.
Die
letzten Tage in Delhi waren ein pures Erwachen. Die Geborgenheit des Ashrams
war nicht mehr präsent. Delhi war reiner indischer Alltag, Not, Elend,
Lärm, eine geballte Ladung Leben. Dankbarkeit empfand ich im Inneren
meines Herzens für das Geordnete in meiner Welt.
Swami
Nityananda – ein anderes Delhi
Nun
aber das Unvorstellbare – der Besuch bei Swami Nityananda in seiner Schule
für Kinder aus den Slums. Ein wunderbarer Empfang mit einem Feuerritual
und anschließendem wunderbarem Essen. Alle waren dazu eingeladen.
Der Gesang der Kinder und ihre Tänze aus verschiedenen Regionen Indiens,
die bunten Trachten sowie die Blumenkränze um unseren Hals ließen
uns das vorher Gesehene vergessen. Die vielen Schulkinder in den Reihen
strahlten wie die Sonne am Himmel. Und so war der innere Frieden bei mir.
Es waren die Kinder, die eine große Hoffnung in mein Herz legten,
daß es für Indien eine neue Bewegung, eine neue Zukunft gibt.
Maria
Lüdke
Informationen: Haus
Yoga Vidya (Seminar-Kalender)
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Online-Artikel
3.
von Susanne Bednarz, Mönchengladbach
Endlich
ist es soweit, Sukadev reist mit einer Gruppe nach Rishikesh. Mein Wunsch
wird erfüllt, den ich seit der Yogalehrerin-Ausbildung habe. Ich verspreche
mir viel von dieser Reise.
Das
Ankommen in Indien ist immer wieder gewöhnungsbedürftig, abstoßend
und anziehend zugleich. Doch es bleibt keine Zeit zum Nachsinnen, ich bin
mittendrin.
Rishikesh
ist leuchtend orange, verwaschen rosa, türkisgrün, himmelblau,
sattgrün, sand und grau. Jeder Tag ist ereignisreich und anstrengend.
Es gibt liebgewonnene Plätze und großartige Erlebnisse: vor
Sivanandas Bett meditieren, in der Mittagssonne am Ganges sitzen und „Om
tryambakam“ singend in den Ganges eintauchen, ganz untertauchen. Das Arati
mit Pauke, Gong, Glocke, Muschelhorn geht mir unter die Haut, rüttelt
jede Zelle wach. Da fließen schon mal Tränen, bei mir, bei anderen.
Beim
Satsang erlebe ich den Enthusiasmus der Brahmacharis, er ist ansteckend,
für Momente ist nur Freude da. Täglich können wir den Swamis
zuhören, ihren Weisheiten Glauben schenken, ihre Ausstrahlung, Klarheit,
Fröhlichkeit und Besonnenheit genießen. Vielleicht färbt
etwas ab, schon jetzt oder ein wenig später. Eins steht fest, die
Reise wirkt nach, etwas so Intensives kann nicht spurlos verloren gehen.
Hari
Om.
Susanne
Bednarz