Der Aufstieg des Geistes

 
 
   18 Die individuelle Natur

Das Individuum ist auf Grund seiner Lage innerhalb der Schöpfung in jeglicher Hinsicht unzulänglich. Seine Reaktionen können einen gewissen Grad an Fehlerhaftigkeit nicht unterschreiten. Jede individuelle Erfahrung ist zu einem gewissen Prozentsatz fehlerhaft, auch wenn der einzelne Fehler im Absoluten zu einem Element der Vollkommenheit wird. Das Lebensziel des Individuums besteht darin, den Drang zu überwinden, organisch auf die äußerlich wahrnehmbaren Objekte zu reagieren, und sich selbst im allumfassenden Absoluten zu transzendieren, der essentiellen Wirklichkeit aller Individuen. Diese Reaktionen zwischen den Individuen finden entweder bewußt oder unbewußt statt. Die unbewußten Triebe werden Instinkte genannt; als bewußte Triebe gelten jene, die rationale Prozesse im Individuum bilden. Jenseits dieser beiden Reaktionsmöglichkeiten befindet sich das höchste integrierende Prinzip, nämlich die Intuition und die direkte Verwirklichung der höchsten Essenz der Erfahrung.

        Die instinktiven Triebe sind mächtig, und da sie in die Konstitution des Individuums verwoben sind, wehren sie sich energisch dagegen, unterworfen zu werden. Die mächtigsten jener unfreiwilligen und unbewußten Triebe sind die der Selbsterhaltung und der Fortpflanzung. Der Selbsterhaltungstrieb wird manchmal fälschlicherweise als “Nahrungssuche-Instinkt” bezeichnet. Nahrung ist jedoch nicht das vom Individuum angestrebte Ziel, sondern nur ein Mittel dazu, um den Lebenswillen oder die Liebe zum Leben zu befriedigen, die einem jeden angeboren sind und die das wahre Ziel darstellen. Man begehrt eine Mahlzeit nicht um ihrer selbst willen. Der wahre Zweck von Speise und Trank liegt darin, mit ihrer Hilfe als individuelle und körperliche Persönlichkeit überleben zu können. Dieser Trieb liegt außerhalb der Kontrolle des Wachbewußtseins und übertrifft die anderen Triebe in der Intensität seines Ausdrucks. Er offenbart sich in verschiedenen Formen und hat mehrere Unterarten, die mit ihm primär und sekundär in Verbindung stehen. Er bindet das Individuum an das körperliche Leben und vereitelt alle gewöhnlichen Versuche, ihm kein Gehör schenken zu wollen. Dieser Instinkt, dieses Verlangen zu leben, diese Liebe zur individuellen Persönlichkeit, kann nur durch ein höheres Verständnis und Empfinden überwunden werden, das aus einer tiefgreifenden Erfahrung entspringt, die die grobe Körperlichkeit und die gestörte psychische Persönlichkeit überschreitet. Wenn man die tiefere Bedeutung dieses Triebs nicht richtig versteht, kann jeder unüberlegte Eingriff in ihn dazu führen, daß er Amok läuft und das Individuum dabei ruiniert, das ihn zu kontrollieren versucht. Bevor man irgendeine Methode zur Überwindung der Instinkte aufgreifen darf, sollte man auch die Natur des Fortpflanzungstriebs analysieren, der sehr eng mit dem Selbsterhaltungstrieb verbunden ist.

        Der Fortpflanzungstrieb wird oft fälschlich als “Geschlechtstrieb” bezeichnet. Dieser Trieb hat in Wahrheit jedoch nur wenig mit der geschlechtlichen Persönlichkeit als solcher zu tun. Die geschlechtliche Persönlichkeit ist nur ein Mittel zur Verbreitung der Gattung, und es ist genau dieser Drang zur Zeugung eines neuen Individuums der eigenen Gattung, der die Geschlechtlichkeit als Werkzeug benutzt. Was zum Objekt der Begierde wird, ist nicht das Geschlecht, sondern der Genuß, der durch die Befreiung von der Anspannung verursacht wird, die ihrerseits von dem Drang hervorgerufen wird, ein Instrument für die Zeugung eines neuen Individuums zu sein. Homosexueller Verkehr und eine Fixierung auf Objekte, die der tatsächlichen Vermehrung der eigenen Gattung nicht dienlich sind, sind nichts anderes als widernatürliche Neigungen oder Rückentwicklungen dieses ursprünglichen Triebes, was entweder auf einen Defekt in der Gestaltung der Geschlechtsdrüsen zurückzuführen ist oder aber auf Frustration und Nichterfüllung. Das Ziel des Fortpflanzungstriebes ist es, die eigene Gattung zu erhalten, und nicht, dem Individuum Vergnügen zu bereiten.

        Jene Charakteristika der geschlechtlichen Persönlichkeit, die für das andere Geschlecht zur Quelle der Anziehung werden, sind nur äußere Anzeiger für die Entwicklung geschlechtsspezifischer Hormone, die mit diesen äußeren Anzeichen ihre Reife und Bereitschaft für den Zeugungsakt eines neuen Individuums kundtun. Diese Anziehung ist nicht am Vergnügen der Individuen interessiert, sondern stellt nur den Prozeß der Veräußerlichung zellulärer und nervlicher Vibrationen dar, die den Verkehr mit dem konstitutionellen Gegenstück des angezogenen Individuums suchen. Es ist nicht das äußere Geschlechtsmerkmal oder die Form des anderen Geschlechts, das die Quelle der Anziehung bildet, sondern vielmehr die Bedeutung, die man  in sie hinein liest. Dadurch, daß das Individuum dieser Bedeutung einen besonderen Wert beimißt, wird es dazu gezwungen, sich von diesem Wert  anziehen zu lassen. Es ist die Suggestivkraft und Ausdruckskraft der Form, die die Stimulation und die Vibration der gesamten Konstitution in ihrem Gegenstück auslöst. Mit zunehmender Bedeutung vergrößert sich der Wert einer Sache und um so stärker ist auch das eigene Interesse daran. Dem anderen Geschlecht eine Bedeutung beizumessen ist kein bewußter Akt des Individuums, sondern die Auswirkung eines allgemeinen Drucks der Spezies, der sich im Individuum als unfreiwilliger Instinkt materialisiert.

        Alle Reize versetzen den Organismus in Schwingung und stören sein Gleichgewicht. Dabei kommt es zu einer Freisetzung von nervlicher Energie, die nicht nur den Körper beeinflußt, sondern in großem Maß auch das Denken. Der Genuß, den man in dem Moment erfährt, in dem man von einem begehrten äußeren Objekt angeregt wird, ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Wärme und Zuneigung, die man erfährt, wenn man einem inneren Befehl der körperlichen Natur nachgibt, wobei im Organismus motorische sowie magnetische Reaktionen stattfinden. Was die Persönlichkeit verzückt und sie zum Zeitpunkt einer wünschenswerten und objektbezogenen Reaktion in der physischen Welt in Ekstase versetzt, ist die vorausgehende Störung des seelischen Gleichgewichts und der Friede, der als Konsequenz auf die Beendigung dieser Störung folgt, nachdem der Zweck dieser Reaktion erfüllt ist. Die Harmonie, der Frieden und das Glück, das man während des Auslebens seiner Instinkte erfährt, ist letztlich nichts anderes als die Beseitigung von nervlichen und psychischen Spannungen, die durch das Wirken des Instinkts verursacht wurden und die sich lösen, sobald man die Absichten des Instinkts erfüllt. Das Objekt ist hierbei nur ein Mittel zum Zweck.

        Der Fortpflanzungstrieb kann über den Selbsterhaltungstrieb erklärt werden, da es der gattungsbezogene Lebenswille des Individuums ist, im physischen Universum manifestiert zu sein, der sich im sogenannten “Fortpflanzungstrieb” ausdrückt. Die Eltern werden dabei zum Medium für die Manifestation eines neuen Individuums, was ja der Zweck ihrer körperlichen Natur ist. Das einzelne Individuum hat keine Kontrolle über diesen Trieb, der ja nichts anderes ist, als die Absicht der Gattung, die die natürlichen Kräfte des Individuums bei weitem überschreitet. Der Wille, sich fortzupflanzen, ist nichts anderes als der Lebenswille des zukünftigen Mitglieds des physischen Universums. Die Erfüllung dieses Lebenswillens ist weder zum Wohle noch für den Genuß irgendeines Individuums da. Vielmehr ist sie die Absicht der Gattung, die umfangreicher ist als jedes Individuum. Der “Wille” der Gattung oder der Art übertrifft jeden individuellen Willen an Stärke und zwingt letzteren sogar unter seine Herrschaft. Geschlechtliche Liebe und Schönheit hängt somit von einer Notwendigkeit ab, die über das Individuum hinaus reicht, und ist deshalb auch stärker als jede andere auf Erden bekannte Form der Liebe. Wenn man jedoch begreifen würde, daß die Bedeutung des Fortpflanzungstriebs nicht im eigenen Wohl oder Genuß liegt, sondern lediglich ein Dienst ist, den man für eine mächtigere Natur leistet, die das Individuum als Sklaven benutzt, dann würde niemand mehr in der Erfüllung dieses Triebes schwelgen. Um dies jedoch zu vermeiden, vernebelt die Natur das Bewußtsein des Individuums und versetzt es in den Glauben, daß der Zweck des Triebes im Vergnügen des Individuums zu finden sei, indem der Verstand daran gehindert wird, während der Trieberfüllung regulierend zu funktionieren. Diese Illusion wird als “Geschlechtstrieb” bezeichnet.

        Diese sich in den Individuen ausdrückenden Energien haben eine gemeinsame Quelle, eine ursprüngliche Form und ihre Summe ist zu allen Zeiten gleich. Sie wächst oder schrumpft niemals; sie wird nur manchmal aufgrund einer Störung des Gleichgewichts im Bewußtsein in ungleichen Proportionen verteilt. Diese Gesamtsumme an objektivierter Energie ist der Nährboden für alle irrationalen und rationalen Triebe. Und da sie direkt im Prinzip der psychischen Individualität verwurzelt sind, werden diese nach außen orientierten Triebe oder Tendenzen nicht einmal vom Tod des physischen Körpers ausgelöscht. Sie verebben erst dann, wenn sie vom universellen Bewußtsein aufgesaugt werden, indem man über die essentielle Selbstheit aller in ihm befindlichen Individuen meditiert.

        Es gibt noch verschiedene schwächer wirkende Instinkte, die weniger kraftvoll sind als jene der Selbsterhaltung und der Fortpflanzung, aber dennoch einen starken Einfluß auf die Persönlichkeit ausüben und diese zu unfreiwilligen Handlungen zwingen. Der Selbstbehauptungstrieb ist einer von ihnen. Dieser Instinkt wirkt entweder als Ausgleich für die eigenen Minderwertigkeitsgefühle oder, um die eigene, von anderen vereitelte Macht, Wichtigkeit und Besonderheit (die oft nur eingebildet ist) zu erhalten, sowie, um das eigene Ego auszudehnen, indem man sich von außen her (künstliche) Qualifikationen aneignet. Dieser Instinkt stellt die angeborene Tendenz dar, den Komplex des eigenen psycho-physischen Organismus zu erhalten. Der “Herdentrieb” ist ein anderer Drang, wo man sich mit einer Gruppe identifiziert. Metaphysisch betrachtet scheint dies ein unbewußter Ausdruck der Liebe zum eigenen größeren sozialen Selbst zu sein, das alle Individuen in sich umfaßt. Diese Liebe ist jedoch keine Tugend, wenn man sich der Existenz eines solchen größeren Selbst nicht bewußt ist und man die Gesellschaft ohne dieses Verständnis liebt. Der “Beschützerinstinkt” oder “Elterninstinkt” drückt sich in der biologischen Anziehung des physischen Organismus (der natürlich auch das Denken beeinflußt) zu seinem “Alterego” aus. Elterliche Liebe ist eine der Manifestationen der biologischen Natur des Individuums, die zum Zweck der Ausbreitung der Individuen einer Gattung aufgegriffen wird.

        Letztendlich sind alle Triebe Symptome für den Ruf des Geistes nach dem Geist, verborgen in der äußeren Bindung an Formen, Objekte, Gedanken und Handlungen.

        Das Verlangen nach Wissen und Erkenntnis ist ein rationaler Trieb. Er nimmt verschiedene Formen an, die über unterschiedliche Kanäle wirken und auf die Erfüllung des Wunsches nach Erkenntnis hinzielen. Manchmal ist es nur reine Neugier, zu anderen Zeiten wiederum eine aus Lebensproblemen erwachsene Notwendigkeit, die im Individuum das Verlangen erweckt, zu verstehen. Am Anfang ist das begehrte Wissen nur ein Mittel für größere und höhere Errungenschaften, doch später ist sie ein Ziel in sich selbst. Außer der Sehnsucht nach höherem Wissen, das selbstexistent ist, und dem Selbsterhaltungstrieb (solange er die Grenzen des tatsächlich Notwendigen nicht überschreitet), sind alle Instinkte unnötige Ventile für die Veräußerlichung von Energie hin zu Objekten, die das Individuum für seine Entwicklung nicht benötigt.  Das Verlangen nach Wissen sollte jedoch als übernatürlicher Drang bezeichnet werden, auch wenn es erst zum Schluß hin wirklich übernatürlich wird und in den Anfangsstadien einige Mühe und Energie kostet. Das Verlangen nach höchstem selbstexistentem Wissen ist kein wirklicher Drang, sondern das Ziel des geringeren Wissens, wobei nur dieses letztere unter die Triebe eingeordnet werden kann.

        Das Wirken des Wissensdurstes weist jedoch das spezielle Merkmal auf, daß sich sein Wert nur auf die Ebene der Dualität beschränkt, so daß dabei immer etwas Energie in Richtung eines außerhalb des Bewußtseins befindlichen Objekts abfließt. Aus diesem Grund kann der Wissensdurst unter die verschiedenen, im Individuum wirkenden Triebe eingeordnet werden, auch wenn das Streben nach höherem Wissen, das kein Mittel zum Zweck, sondern ein Ziel in sich selbst ist, nicht als individueller Drang bezeichnet werden kann. Das höhere Wissen bezieht sich nicht auf ein außerhalb seiner selbst befindliches Etwas, sondern existiert ausschließlich in sich selbst. Was mit dem rationalen Trieb gemeint ist, ist deshalb nicht das Streben nach selbstexistentem, unabhängigem und absolutem Wissen, sondern das Streben nach Erkenntnis, das Verlangen nach Verständnis und der Drang, über beschränktes Wissen hinaus zu wachsen.

        Außer dem Verlangen nach Wissen sollten alle Triebe und Instinkte kontrolliert und in die vereinigende Energie des höheren Bewußtseins transformiert werden, da diese natürlichen Triebe der körperlichen Natur nicht mit dem höheren Streben nach der Einheit des Bewußtseins im universellen Sein vereinbar sind. Die Kunst, diese der spirituellen Suche entgegenstehenden Instinkte zu überwinden, besteht letztlich aus bestimmten Prozessen, die mit der essentiellen Natur des Bewußtseins verbunden sind. Da das Ziel die Erfahrung der höchsten Einheit ist, muß auch der Weg, der zu dieser führt, in inniger Beziehung zu ihr stehen.

        Für die Erfahrung des Absoluten ist die Umwandlung der individuellen Konstitution notwendig. Wie auf den letzten Seiten bereits ausführlich geschildert wurde, kann diese Umwandlung erreicht werden, indem man die wahre Natur der Beziehung zwischen dem Individuum und dem Absoluten begreift. Alle Formen der Veräußerlichung von Energie, die man als Triebe, Instinkte und dergleichen bezeichnet, sind Bewegungen des Bewußtseins in Richtung eines “Nicht-Selbst”. Sobald das Bewußtsein damit aufhört, auf diese Weise zu arbeiten, kann es keinen individuellen Drang mehr geben. Folglich besteht der Weg der Selbstkontrolle aus dem Rückzug der Funktionen des objektivierten,  sich nach außen richtenden Bewußtseins in ihren Ursprung, wobei diese Funktionen allmählich zusammenlaufen und mit dem Absoluten verschmelzen. Nur eine bewußte Bemühung des Individuums, über sich selbst hinaus zu wachsen und sich über die Beschäftigung mit ablenkenden Einzelheiten zu erheben, kann diese großartige Errungenschaft und tatsächliche Erfahrung herbeiführen. Hierfür sind ein klarer Verstand, leidenschaftsloses Empfinden, Sehnsucht nach Freiheit und außerordentliche Beharrlichkeit notwendig.

        Studium, Reflexion und Meditation sind die methodischen Prozesse der Selbsttranszendenz. Um über die spirituelle Wirklichkeit meditieren zu können, sind eine sorgfältige Analyse und das Studium der Natur von Wahrnehmung und Erfahrung unter der Führung eines fähigen spirituellen Lehrers unentbehrlich. Um die eigene Anhänglichkeit an äußere Formen der Erfahrung zu lösen und um alle Energien auf das höchste Selbstbewußtsein konzentrieren zu können, muß man erkennen, welche Probleme in die relative Erfahrung verwickelt sind, und auch, daß alle relativen Erfahrungen letztendlich in der Wirklichkeit des Absoluten zentriert sind und auf sie reduziert werden können. Bevor irgendeine Bemühung um Kontrolle instinktiver Reaktionen und blinder Triebe unternommen werden darf, muß man deren Natur und Wesen klar verstehen. Keine Übung kann von dauerhaftem Wert sein, wenn ihr nicht eine korrekte Kenntnis der inneren Anatomie, der Bedeutung und Methode dieser Übung vorausgeht. Man darf nur handeln, wenn man weiß, wie man zu handeln hat, warum man überhaupt handelt und was die Handlung wirklich bedeutet. Handlung muß somit auf Verständnis basieren. Dieses Verständnis, auf dem alle spirituellen Praktiken basieren, ist der Vorläufer von Leidenschaftslosigkeit gegenüber jeglicher Veräußerlichung in Richtung von Dingen und Objekten. Wahre Entsagung ist nicht der Verzicht auf irgendein “Ding”, sondern das Loslassen der “Dinghaftigkeit” in den Dingen, der “Objektheit” in den Objekten, der “Äußerlichkeit” in Erfahrungen und der “Projiziertheit” im Bewußtsein. Diese Entsagung ist der Zustand der höchsten Erfüllung im Absoluten. Ohne die totale Hingabe der Persönlichkeit und all ihrer Begleiterscheinungen an dieses eine Ziel kann es keine Hoffnung auf diese ultimative Erfahrung geben. Im selben Moment, in dem diese Hingabe stattfindet, verschwinden die Anhänglichkeiten, der Geist entspannt sich, die Sinne werden von den Formen zurückgezogen, Leidenschaften erlöschen, das Bewußtsein wird konzentriert, Freude kommt auf und man empfindet eine gewaltige Kraft in sich selbst. All dies sind Folgen, die sich ergeben, wenn sich Individuum und Wirklichkeit in Harmonie befinden, wenn sich alle Kräfte mit der Wirklichkeit vereinen und alle Unterschiede und Objektivität in ihr auflösen. Durch diese Handlung zieht das Individuum vom universellen Zentrum Unterstützung an und wird eins mit ihm. Eine tatsächliche Erfahrung dessen ist durch intensive Meditation über dieses universelle Zentrum möglich.

        Jede Handlung des eigenen Lebens sollte zu einem Ausdruck der bewußten Kontemplation über das Absolute werden. Bevor nicht alle Handlungen auf diesem Bewußtsein basieren, kann nicht der geringste Wert in ihnen enthalten sein. Das Absolute ist das Lebensprinzip aller Dinge, Handlungen und Gedanken, so daß in dessen Abwesenheit alles leblos und bedeutungslos ist. Spiritualität ist ein Bewußtseinszustand und besteht nicht nur aus bestimmten Handlungsformen. Wird das Bewußtsein dahingehend trainiert, in dieser Harmonie zu existieren, dann werden alle Handlungen zu universellen Prozessen und hören auf, individuelle Bemühungen zu sein, die in Richtung eines außen liegenden Zieles ausgerichtet sind. Es ist eines jeden Pflicht, sich in all seinen bewußten Zuständen um eine Vereinigung mit dem Absoluten zu bemühen und den eigenen Verpflichtungen mit dem Bewußtsein dieser Einheit nachzugehen. Ein Individuum, dem dies gelingt, ist ein Heiliger, ja ein aufs höchste Gesegneter. Die bloße Gegenwart eines solchen Wesens übt auf die gesamte Umgebung einen magnetischen spirituellen Einfluß aus. “Dieses Universum ist sein, und wahrlich, er ist das Universum selbst”, sagt die Upanishad. Dies ist die glorreiche Vollendung des Lebens.