Yoga Vidya Journal Nr. 8, Herbst 2003
MEDITATION
von Cornelia Knoesel
- YOGA ist das ZUR-RUHE-KOMMEN der Gedanken und Gefühle (PATANJALI)
1) -
Meditation (7. Stufe = Dhyana) ist im klassischen Yoga eine sehr hohe
Stufe und setzt die Fähigkeit voraus, die Gedanken zu kontrollieren
und - ohne abgelenkt zu werden - sie auf einen Punkt zu halten. In diesem
Zustand wird über eine gewisse Zeit ein ununterbrochener Strom
der Aufmerksamkeit zu dem Meditationsobjekt hin aufgebaut der eine Weile
bestehen bleibt und durch keine Gedanken abgelenkt wird. Dieser Zustand
ist vergleichbar mit einem Ölstrom, der entsteht, wenn Öl
aus einem Krug in einen anderen Behälter gegossen wird.
Die folgende Geschichte habe ich in Indien gehört, als ein Yoga
Meister über das Wesen der Meditation sprach. Wir alle haben herzlich
gelacht. Sehr anschaulich und humorvoll wird beschrieben, was mit Dhyana,
der 7. Stufe des Yogaweges nach PATANJALI gemeint ist. Hier versenkt
sich der Meditierende in das Meditationsobjekt und wird eins mit ihm.
Ein Junge kam zu einem Lehrer und wollte meditieren. Der Lehrer sagte:
„Meditiere über Gott.“ Der Junge ging nach Hause und
übte. Am anderen Tag kam er zurück: „Dies kann ich nicht;
Gott ist für mich nicht vorstellbar.“ Der Lehrer antwortete:
„Dann konzentriere dich auf den Strom deines Atems. Beobachte,
wie der Atem in dich einströmt und wieder aus dir ausströmt.“
Wieder ging der Junge dankbar und folgsam nach Hause und übte.
Aber auch hier brach er ab und kam resignierend zum Lehrer zurück.
Der fragte ihn schließlich: „ Was liebst du eigentlich am
meisten?“ Der
Junge schlägt die Augen nieder und sagte: „Mein junges Büffelkälbchen.“
Der Lehrer hieß ihn daraufhin über das Büffelkälbchen
meditieren. Als der Junge daraufhin mehrere Tage ausblieb, machte sich
der Lehrer Sorgen und schickte zwei andere Schüler los, die nach
ihm sehen sollten. Vor der Hütte des Jungen angekommen, riefen
sie nach ihm. Keine Antwort. Erst nach mehreren Versuchen ertönte
aus dem Inneren der Hütte ein Muhen, wie von einem jungen Büffelkalb.
Erstaunt öffneten die Schüler die Tür und schauten nach.
Sie sahen den Jungen auf dem Boden sitzen. Sie riefen ihm zu: „Komm
heraus.“ Der Junge antwortete: „ Ich komme nicht durch die
Tür, meine Hörner sind zu breit!“
Meditation beginnt, wenn der Geist wach bleibt und zugleich zur tiefen
Stille gelangt. Normalerweise strömen jede Sekunde neue Gedanken
durch unseren Kopf. Wie Affen, die von einem Ast zum anderen toben oder
wie Vögel flattern sie aufgeregt hin und her. Ist unser Geist unruhig,
ist es uns nicht möglich in die Stille einzukehren.
1) Verfasser der Yoga Sutras. (Aphorismen) Hier werden Übungen
für Konzentration u. Meditation dargestellt, die zur Vereinigung
mit dem Geistigen Selbst führen sollen. Vermutlich lebte PATANJALI
im 2. Jh. v. Chr.
Konzentration
Der 1. Schritt zur Meditation heißt daher Konzentration (Dharana,
6. Stufe nach Patanjali). Anhaltende Konzentration führt zur Meditation.
Gemeint ist kein gewaltsames Konzentrieren, sondern eher ein sanftes
Fokussieren des Geistes auf einen bestimmten Punkt. Dies kann ein Klang
(Mantra) sein, ein Bild, ein Leitgedanke; es kann auch ein bestimmter
Punkt
des Körpers sein, eine Kraft, Licht oder ein höheres Wesen
(z.B. Gott, Höheres Selbst). So kann jeder Mensch ein Motiv wählen,
dass ihn leitet und in die Meditation führt. Konzentration bedeutet
unabgelenkte, einpünktige Sammlung der Aufmerksamkeit über
längere Zeit auf ein Objekt. Konzentrationsobjekte können
sein:
Sinnliche Objekte:
• Der Atem • Kerzenflamme • Bild • Mandala •
Symbol (Yantra), z.B. Dreieck • Klang (Mantra), z.B. OM •
Gegenstände aus der Natur • Licht • Farben •
Das Ertasten von Gegenständen • Mentale Objekte:
• Ein Gedanke, Gefühl (Liebe, Frieden) • Ein kurzes
Gebet • Geschichten • Affirmation, z.B. ”Ich bin geborgen”
• Höheres Wesen •
Leitgedankenkonzentration
Ein Gedanke: FRIEDEN
1. Vorbereitung
Sitze entspannt aufrecht, schließe dabei die Augen. Mit geschlossenen
Augen lenke die Achtsamkeit auf Deine Stirnmitte und nimm den Raum hinter
der Stirn wahr. Schaue in Deinen Innenraum des Erlebens. Beobachte in
Ruhe vorbeiziehende Bilder, Gedanken und Gefühle oder Ideen, wie
sie kommen und gehen; statt sie zu bewerten schaue wach und neugierig
zu...
Nimm Deinen Atem wahr, wie er kommt und geht - durch Nase, Mund und
Rachenraum, wie er in die Lungen fließt …
Wie die Atmung bewirkt, dass sich einatmend der Bauch hebt und ausatmend
wieder senkt …
Lasse nun mit der Atmung alle Gedankeninhalte los. Beim Einatmen „los“,
beim Ausatmen „lassen“ bis immer weniger Gedanken in Dein
Bewusstsein kommen...
2. Lenke die Aufmerksamkeit auf das Hören.
Zum Beispiel, in dem Du oder jemand anders die folgende Geschichte vorliest
oder erzählt, oder Du dir die Geschichte auf Cassette sprichst
und abspielst:
Ein Bild vom Frieden
Es war einmal ein König, der schrieb einen Preis im ganzen Land
aus: Er lud alle Künstler ein, den Frieden zu malen und das beste
Bild sollte eine hohe Belohnung bekommen. Die Künstler im Land
machten sich eifrig an die Arbeit und brachten dem König ihre Bilder.
Aber von allen Bildern, die gemalt wurden, gefielen dem König nur
zwei. Zwischen denen musste er sich nun entscheiden. Das erste war ein
perfektes Abbild eines ruhigen Sees. In dem
See spiegelten sich die malerischen Berge, die den See umrandeten und
man konnte jede kleine Wolke im Wasser
wiederfinden. Jeder, der das Bild sah, dachte sofort an den Frieden.
Das zweite Bild war ganz anders. Auch hier waren Berge zu sehen, aber
diese waren zerklüftet, rau und kahl. Über den Bergen jagten
sich am grauen Himmel wütende Wolkenberge und man konnte den Regen
fallen sehen, den Blitz aufzucken und fast auch den Donner krachen hören.
An dem einen Berg stürzte ein tosender Wasserfall in die Tiefe.
Keiner, der das Bild sah, kam auf die Idee, dass es hier um den Frieden
ging. Aber der König sah hinter dem Wasserfall einen winzigen Busch,
der auf der zerklüfteten Felswand wuchs. In diesem kleinen Busch
hatte ein Vogel sein Nest gebaut. Dort in dem wütenden Unwetter
an diesem unwirtlichen Ort saß der Muttervogel auf seinem Nest
- in perfektem Frieden. Welches Bild gewann den Preis?
Der König wählte das zweite Bild und begründete das so:
"Lasst Euch nicht von schönen Bildern in die Irre führen:
Frieden braucht es nicht dort, wo es keine Probleme und keine Kämpfe
gibt. Wirklicher Frieden bringt Hoffnung und heißt vor allem,
auch unter schwierigsten Umständen und größten Herausforderungen,
ruhig und friedlich im eigenen Herzen zu bleiben."
(Verfasser unbekannt)
3. Konzentriere Dich immer wieder bewusst auf das Wort Frieden. Frieden
ist eine Wesenskraft. Konzentriere Dich einpünktig, d. h. frei
von allen Vorstellungen und Assoziationen, auf diese Kraft… Wird
Dir etwas von dieser Kraft bewusst?…
Jetzt oder gleich? ... Entspanne Dich dabei immer tiefer... Gib in Deinem
Denken keinen anderen Gedanken Raum…
“Ich atme Frieden ein und verteile mit dem Ausatmen den Frieden
in meinen Gedanken, in meinem Körper und meinen Gefühlen…
Ich lasse mich von der Kraft durchdringen“… Zum Schluss
strahle diese Kraft nach außen aus - nach rechts, links nach oben
und nach unten … Erst dann beende die Übung …
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