Der Weg des Friedens

Das ist der Weg des Friedens: Überwinde Böses mit Gutem, Falschheit mit Wahrheit und Haß mit Liebe.
Die Menschen verstehen nur schwer, daß jeder Krieg schlecht und selbstzerstörerisch ist. Sie versuchen in ihrer Unreife, das Böse mit noch mehr Bösem zu überwinden, und so wird das Böse vervielfacht. Nur das Gute kann das Böse überwinden.
Meine Botschaft des Friedens ist so einfach: der Weg des Friedens ist der Weg der Liebe. Liebe ist die größte Macht auf Erden. Sie vermag alles. Jemand, der mit Gottes Gesetzen der Liebe in Einklang lebt, ist stärker als jede Armee, denn er braucht keinen Gegner zu bezwingen; der Gegner wird verwandelt.
Eines Tages, als ich auf der Landstraße ging, begann ich Worte des Friedens nach einer bekannten Melodie zu singen; ich glaube, sie geben ein gutes Bild von der Lage unserer Welt heute:

Die Welt beschäftigt sich fieberhaft mit der Herstellung von Waffen.

Die Welt bereitet sich auf eine nie dagewesene Zerstörung vor.

Ich höre, wie man Feinde verflucht und die Zwietracht wächst.

Aber, oh, die Welt verlangt sehnsüchtig nach Frieden. Sie betet um Frieden – um Frieden!

Die Atombombe sagt uns: „Schließt Frieden oder geht zugrunde!“ Wir erkennen, daß wir nicht länger in Kategorien des militärischen Sieges denken können, und daß ein Atomkrieg gegenseitige Vernichtung bedeuten würde. Viele begegnen dieser kritischen Situation mit Gleichgültigkeit, einige mit Frustration, aber nur wenige begegnen ihr konstruktiv.
Es besteht ein sehr großer Bedarf an fruchtbaren Friedensaktivitäten. Wir befinden uns in einer Zeit der Krise der Menschheit und jene unter uns, die heute leben, stehen vor einer sehr bedeutsamen Entscheidung: Sie müssen wählen zwischen einem alles zerstörenden Atomkrieg und einem Goldenen Zeitalter des Friedens. Alle, die heute leben, werden bei dieser Wahl mitentscheiden, denn der Strom der Weltereignisse treibt in Richtung Krieg und Zerstörung. So entscheiden sich alle, die in dieser Krisensituation nichts tun, diesen Strom weitertreiben zu lassen. Jene, die sich für den Frieden entscheiden, müssen sich wirkungsvoll dafür einsetzen. Sie müssen Teil des Aufrüttelns, des Erwachens werden, das schon begonnen hat und immer stärker wird. Dabei zu helfen reicht aus, um der Flut Einhalt zu gebieten. In dieser Krisensituation geht Frieden sicherlich jeden an! Die Zeit der Arbeit für den Frieden ist jetzt.

Der endgültige Frieden beginnt in uns; wenn wir den Frieden in uns finden, so gibt es keinen Streit mehr, keinen Anlaß für einen Krieg. Wenn du diesen Frieden suchst, so reinige deinen Körper durch vernünftige Lebensgewohnheiten, reinige den Geist, indem du alle negativen Gedanken verjagst, reinige deine Motive, indem du jeglichen Gedanken der Gier oder der Selbstsucht aufgibst und deinen Mitmenschen zu helfen suchst, reinige deine Begierden, indem du allem Streben nach materiellem Besitz oder Selbstverherrlichung entsagst und indem du Gottes Willen für dich zu erfahren suchst. Begeistere andere, es dir gleichzutun.
Andere arbeiten lieber an einer Vorstufe des Friedens – dem Einrichten von Mechanismen zur Konfliktlösung in einer Welt, in der es immer noch Konflikte gibt – damit es, trotz der immer noch möglichen psychologischen Gewalt, keine physische Gewalt mehr gibt. Wenn ihr diesen Frieden sucht, dann bemüht euch weltweit um Abrüstung und Wiederaufbau, um eine Weltregierung, die alle Menschen einbezieht, um globales Denken: daß das Wohlergehen der gesamten Menschheit Vorrang hat gegenüber dem Wohlergehen einzelner Nationen. Strebt auf nationaler Ebene die Umfunktionierung des sogenannten Verteidigungsministeriums an, von Zerstörungspolitik zu Aufbaupolitik. Es ist so viel Aufbauarbeit nötig unter den weniger begünstigten Völkern dieser Erde und für die Ausrichtung unserer Wirtschaft auf eine Friedenszeit. Es gibt so viele Probleme zu lösen. Bringt andere dazu, mit euch zu arbeiten.

Wir können gleichzeitig für inneren Frieden und für den Weltfrieden arbeiten. Einerseits haben Menschen ihren inneren Frieden gefunden, indem sie sich einer Sache hingaben, die wichtiger war als ihr eigenes Selbst, wie z.B. die Sache des Weltfriedens, denn wenn man inneren Frieden findet, so bedeutet das, das egozentrische Leben aufzugeben und sich einem auf das Wohl der Gesamtheit konzentrierten Leben hinzuwenden. Andererseits besteht einer der Wege zum Weltfrieden gerade darin, sich um mehr inneren Frieden zu mühen, denn der Weltfrieden wird nicht beständig sein können, solange nicht genügend Menschen inneren Frieden gefunden haben, um ihn zu festigen.
Mein innerer Friede trotzt allen Äußerlichkeiten. Nur wenn ich in Harmonie lebe, kann ich andere zu Harmonie führen, und die Welt braucht noch soviel Harmonie, bevor sie zum Frieden finden kann. Das heißt nicht, daß ich mich nicht um das Weltgeschehen kümmere. Eine Zeit wie diese verlangt nach Gebeten und Bemühungen um den Frieden. Jede rechte Arbeit und jedes aufrichtige Gebet hat seine Wirkung, jede rechte Anstrengung bringt ihre Frucht, ob wir das Ergebnis nun sehen oder nicht. Trotz der Dunkelheit in der sich unsere Welt gegenwärtig befindet, bin ich nicht entmutigt. Ich weiß, daß eine Gesellschaft auf der Suche nach Frieden genauso ihre Höhen und Tiefen durchlebt wie ein Mensch, der durch eine ganze Reihe von Gipfeln und Abgründen der Harmonie zustrebt.

In den Herzen der Menschen steckt ein tiefer Wunsch nach Frieden auf Erden, und sie würden sich für den Frieden aussprechen, wenn sie nicht durch Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Angst gebunden wären. Es ist die Aufgabe der Friedensstifter, sie aus ihrer Gleichgültigkeit zu reißen, ihre Unwissenheit durch Wissen zu ersetzen, ihre Angst zu stillen durch das Vertrauen, daß Gottes Gesetze wirksam sind, – und für das Gute zu arbeiten.
In dem Bewußtsein, daß alles, was im Widerspruch zu Gottes Gesetzen steht, vergänglich ist, laßt uns nicht verzweifeln, sondern Hoffnung auf eine Welt ohne Krieg ausstrahlen. Frieden ist möglich, denn Gedanken haben eine gewaltige Kraft.
Ein paar wirklich hingebungsvolle Menschen können die schlimmen Auswirkungen der Massen aus der Harmonie geratener Menschen ausgleichen. Deshalb dürfen wir, die wir für den Frieden arbeiten, nicht schwach werden. Wir müssen fortfahren, für den Frieden zu beten und in jeder uns möglichen Weise für den Frieden zu handeln, wir müssen fortfahren, unsere Stimme für den Frieden zu erheben und den Friedensweg zu leben; um andere zu inspirieren, müssen wir weiterhin an den Frieden denken und wissen, daß er möglich ist. Was wir in unserem Herzen bewegen, dem helfen wir, sich zu manifestieren. Eine geringe Person, die ihr ganzes Leben dem Frieden widmet, macht Schlagzeilen. Viele Menschen, die einen Teil ihrer Zeit opfern, können Geschichte schreiben.

Eine Frau sagte einmal zu mir: „Peace, ich bete mit dir für den Frieden, aber ich glaube natürlich nicht, daß er möglich ist.“ Ich fragte sie: „Glaubst du nicht, daß der Frieden Gottes Wille ist?“ „Oh, ja“, sagte sie, „das schon.“ Ich fuhr fort: „Wie kannst du dann sagen, daß das, was Gottes Wille ist, unmöglich sei? Es ist nicht nur möglich, es ist unvermeidlich; nur wie bald, das hängt von uns ab.“
Unterschätze niemals die Kraft einer locker verbundenen Gruppe, die für eine gute Sache arbeitet. Alle, die wir für Frieden arbeiten, alle, die wir für Frieden beten, sind eine kleine Minderheit, aber eine mächtige spirituelle Gemeinschaft. Unsere Macht liegt nicht in unserer Zahl.
Jene, die zu scheitern scheinen, ebnen den Weg und leisten oft einen größeren Beitrag als die, die schließlich Erfolg haben. Ich kann nicht anders, als Dankbarkeit zu fühlen für die Friedenspioniere, die für den Frieden arbeiteten, als die Zeiten härter waren und keine Ergebnisse abzusehen waren.
Eine der Fragen, die mir am häufigsten gestellt wurden, ist folgende: „Haben Sie mit ihrer Pilgerreise irgendwelche Ergebnisse erzielt?“ Die Antwort lautet: ich habe nie nach Ergebnissen gefragt – ich lege das in Gottes Hand. Sie müssen sich auch nicht zu meinen Lebzeiten zeigen, aber schließlich werden sie sich zeigen. Und, ob ihr es glaubt oder nicht, ich habe Ergebnisse gesehen: Viele Briefe von Menschen, die erzählen, daß sie sich angeregt fühlen, auf ihre Weise etwas für den Frieden beizutragen – ob sie nun Briefe an den Kongreß schreiben oder sich mit einem Freund oder Verwandten aussöhnen. Dies alles summiert sich.

Nun, da ich auf die gesamten Bemühungen aller Friedensstifter zurückblicke, kann ich die Ergebnisse sehen. Als ich meine Pilgerreise begann, nahmen die Menschen den Krieg als einen notwendigen Teil des Lebens hin. Heute sind die Friedensstifter populär! Als ich meinen Weg begann, interessierte man sich sehr wenig für die innere Suche. Tatsächlich konnte ich an einem staatlichen College eine Umfrage durchführen, und feststellen, daß zwei Drittel bis drei Viertel der Studenten sich zu jener Zeit als Agnostiker oder sogar als Atheisten betrachteten. Heute finde ich kaum noch einen Studenten oder eine Person, die nicht an einer ganz vertieften Suche interessiert wäre. Für mich ist das überhaupt das hoffnungsvollste Zeichen von allen.
Einerseits kann man sagen: Wie schlimm, daß unser materieller Fortschritt unserem spirituellen Fortschritt so weit vorausgeeilt ist, daß wir uns am Rande der Zerstörung alles irdischen Lebens befinden. Andererseits kann man aber auch sagen: Wie gut, daß wir endlich die Unmöglichkeit eines militärischen Sieges erkennen, so daß unreife und sogar nicht-gutwillige Menschen nun einen Anreiz haben, ihre Waffen niederzulegen. Beide Aussagen sind richtig.   

Es gibt kein größeres Hindernis für den Weltfrieden oder den inneren Frieden als Angst. Sie führte uns zur Herstellung von Massenvernichtungswerkzeugen. Auf das, was wir fürchten, entwickeln wir oft einen unvernünftigen Haß – so hassen und fürchten wir. Das verletzt uns nicht nur psychisch und verschlimmert die Spannungen in der Welt, sondern durch solche negativen Konzentrationen werden wir zum Anziehungspunkt für die Dinge, die wir fürchten. Wenn wir nichts fürchten und Liebe ausstrahlen, können wir Gutes erwarten. Wie sehr braucht diese Welt die Botschaft und das Beispiel der Liebe und des Vertrauens!
Friede und Freiheit! Sie werden kommen! Wie bald das sein wird    – ob jetzt oder erst nach einer großen Zerstörung und einem Neubeginn und Äonen von Zeit – das liegt an uns!
Forschung und Experimente zu friedlichen Methoden der Konfliktlösung sind in großem Umfang notwendig. Wir können als
Gruppe oder als einzelner genau da, wo wir sind, arbeiten, indem wir bestimmte Friedensprojekte durchführen, das Gute hervorheben und stärken, wo immer wir es finden.

Ihr könnt nur eine Nation zu verändern hoffen – eure eigene. Wenn diese sich geändert hat, kann das Beispiel andere Nationen anregen, sich ebenfalls zu verändern. Wenn nur irgendeine einflußreiche Nation die große spirituelle Stärke zeigte, ihre Waffen niederzulegen und mit reinen Händen vor die Welt zu treten, dann würde die Welt verändert. Ich sehe kein Anzeichen dafür, daß irgendeine einflußreiche Nation eine so große spirituelle Stärke und Mut besitzt. Deshalb wird die Abrüstung ein langsamer Prozeß werden, motiviert durch den Wunsch zu überleben.
Die Dunkelheit in unserer heutigen Welt hat ihre Ursache in der Zerstörung von Dingen, die aus dem Einklang mit Gottes Gesetzen geraten sind. Der Grundkonflikt spielt sich nicht zwischen Nationen ab, er spielt sich zwischen zwei sich widersprechenden Überzeugungen ab. Die erste lautet, daß das Böse durch mehr Böses überwunden werden kann, und das Ziel die Mittel heiligt. Diese Überzeugung ist heute sehr verbreitet. Dies ist der Weg des Krieges. Es ist die offizielle Position einer jeden größeren Nation.
Dann gibt es den Weg, der vor zweitausend Jahren gelehrt wurde – Böses mit Gutem zu überwinden, was mein Weg ist, der Weg, den Jesus gelehrt hat. Verliere nie den Glauben: Gottes Weg muß am Ende siegen.

Wenn die Welt friedvoller werden soll, dann müssen die Menschen friedvoller werden. Unter reifen Menschen wäre Krieg kein Problem – er wäre unmöglich. In ihrer Unreife verlangen die Menschen gleichzeitig nach Frieden und nach Dingen, die den Krieg verur-sachen. Jedoch, Menschen können reifer werden – genauso wie Kinder erwachsen werden. Ja, unsere Institutionen und unsere Führer spiegeln unsere Unreife wider, aber in dem Maße, wie wir reifer werden, werden wir uns bessere Führer wählen und bessere Institutionen aufbauen. Es führt alles immer wieder zu dem Punkt zurück, den viele von uns vermeiden wollen: Arbeit an uns selbst.
Das Heiligtum des Friedens wohnt in uns. Sucht es und alles andere wird euch zukommen. Wir kommen der Zeit immer näher, in der genug von uns inneren Frieden gefunden haben, um unsere Institutionen zum Besseren zu verändern. Sobald das geschieht, werden die Institutionen wiederum, durch ihr Beispiel, diejenigen zum Besseren verändern, die noch unreif sind.

Friede wird wahrscheinlich in der gleichen Weise über die Welt kommen, wie es in unserem Land der Fall war. Aus dem Chaos des Bürgerkriegs, Indianerkriegen und den Auseinandersetzungen vor hunderten von Jahren, entwickelte sich eine Ordnung. Es wurden Mechanismen zur Verhinderung physischer Gewalt aufgebaut, während psychische Gewalt immer noch besteht. Die kleineren Einheiten, die Staaten, haben das Recht der Kriegsführung an die größere Einheit, die Vereinigten Staaten, abgetreten. So meine ich, daß die Zeit kommen wird, wenn die kleineren Einheiten, die Nationen, ein einziges Recht an die größere Einheit, die Vereinten Nationen, abtreten werden: das Recht Kriege zu führen.
Ich glaube nicht, daß die Nationen andere Rechte aufgeben würden oder sollten. Die Menschen können ihre Angelegenheiten am besten an der Basis regeln. Alles, was gerecht und wirkungsvoll an der Basis erledigt werden kann, soll da erledigt werden und nur dann an eine höhere Autorität weitergeleitet werden, wenn es notwendig ist.

Die Hauptaufgabe der Vereinten Nationen bestünde aus der Erhaltung einer friedlichen Weltlage. Solange wir noch unreif sind, bräuchten die Vereinten Nationen eine Polizeigewalt, um Angriffe einzelner auf den Weltfrieden abzuwehren, in dem sie diese entfernt – bis zu ihrer Wiedereingliederung, wie ich hoffe. Ebenso sollten sie eine unbewaffnete Friedensarmee haben, die sich mit der Ver-hütung von Kriegen befaßt. Während unsere Nation mit Problemen wie z. B. unzureichender Nahrungsmittelversorgung fertig werden kann, müßten die Vereinten Nationen sich mit Problemen, wie dem Freiheitsstreben eines Landes befassen – denn das Verlangen nach Freiheit ist nun in allen Herzen.
Einmal sagte ich zu einer Frau, die an Krieg und an christliche Werte glaubte: „Einerseits sprechen Sie über christliche Werte, anderer seits sagen Sie: Ist nicht Stärke die einzige Abschreckung, die sie respektieren?“. Darin liegt all die Jahrhunderte lang schon das Problem – unser Reden von christlichen Werten war nur ein Lippenbekenntnis, gelebt aber haben wir nach den Dschungelgesetzen von Töten und Getötet werden. Wir haben nachgesprochen: 'Laßt euch nicht vom Bösen überwältigen, sondern überwindet das Böse mit Gutem', und dann haben wir versucht, das Böse mit noch mehr Bösem zu überwinden, und so das Böse vervielfacht. Wir verehren Gott, aber wir glauben nicht, daß Gottes Gesetze der Liebe wirken. Die Welt wartet darauf, daß wir die Gesetze der Liebe leben, wodurch das Göttliche in allen Menschen erreicht wird und sie verändert werden.

Der Pfarrer einer großen kanadischen Gemeinde, der kürzlich von einem Besuch im Orient zurückgekehrt war, erzählte mir, daß die Buddhisten zweitausend Missionare aussenden, um die Christen zum weg der Gewaltlosigkeit zu bekehren!
Während des Zweiten Weltkriegs hatte ein amerikanischer Sonntagsschullehrer im Pazifik einen japanischen Soldaten gefangen genommen. Auf dem Weg zum Lager merkte der Amerikaner, daß dieser Gefangene englisch sprach. „Weißt du,“ sagte der japanische Soldat, „ich war früher einmal ein Christ.“ Der Amerikaner überlegte einen Moment und sagte dann: „Warum bist du vom Christentum wieder abgekommen?“ Der japanische Soldat schaute überrascht und fragte etwas verwirrt. „Wie kann ich Soldat sein und gleichzeitig Christ?“
Die Menschen erkennen nicht, daß Gewaltlosigkeit in allen Situationen möglich ist, auch im Zweiten Weltkrieg. Ich traf vier von den Dänen, die im Zweiten Weltkrieg den Weg der Gewaltlosigkeit und der Liebe gingen. Es war eine wunderbare Geschichte.

Als die Deutschen Frankreich besetzten, töteten die Franzosen oft deutsche Patrouillen, worauf die Deutschen einen ganzen Häuserblock als Vergeltungsaktion auslöschten. Als die Deutschen in Dänemark einmarschierten, begannen diese ein Programm der Nicht-Koope-ration. Man sagt, der Weg zum Herzen des Menschen geht durch den Magen – viele Dänen haben das ausgenutzt. Sie sagten zu den deutschen Patrouillen: „Als Vertreter der Nazi-Regierung habt ihr genausowenig das Recht, bei uns zu sein, wie wir das Recht hätten, in eurem Land zu sein. Aber andererseits seid ihr junge Männer, fern eurer Heimat. Vielleicht habt ihr Heimweh, und wenn ihr als Mitmenschen euren Patronengürtel abschnallen und hereinkommen wollt, um mit uns zu Abend zu essen, so seid ihr willkommen.“ Gewöhnlich war nicht mehr als ein Versuch nötig. Daraufhin begann der deutsche Soldat nachzudenken: „Mann, sind das nette Leute. Was tun wir eigentlich hier?“
Die Dänen setzten auch gewaltlose Methoden ein, um die jüdische Bevölkerung in Dänemark zu beschützen.

Ich traf eine jüdische Frau, die verheiratet war und mit ihren Eltern in Deutschland unter Hitler zur Zeit des zweiten Weltkrieges lebte. Sie hatte mit sechzehn Jahren geheiratet. Mit siebzehn gebar sie ihr erstes Kind, mit achtzehn das zweite. Als sie neunzehn war, passierten drei Dinge. Zuerst zerstörte eine englische Bombe ihr Zuhause und tötete ihre Eltern. Ich nehme an, das war zu ihrer Befreiung gedacht. Dann wurde ihr Mann von den Nazis abgeholt, und sie wähnte ihn tot, weil sie nie mehr von ihm hörte. Schließlich wurde sie bei einem amerikanischen Bombenangriff verletzt und ihre zwei kleinen Kinder getötet. Als ich sie traf, wirkten die Verletzungen immer noch nach. Auch dies war wieder unsere 'Befreiung'.
Mit ihrer Verletzung wanderte sie mit den Flüchtlingen umher. Manchmal verhelfen schwächende Umstände zu einem spirituellen
Sprung. Sie fing an, nachzudenken: Sie haben unsere Körper verletzt und sogar zerstört, aber sie haben dabei ihre eigenen Seelen verletzt, und das ist schlimmer. Sie war in der Lage, Mitleid zu empfinden und für alle Betroffenen zu beten, für die Getöteten und für die Mörder. Sie konnte eine so gute Einstellung beibehalten, so daß Deutsche sich um sie kümmerten und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten, um sie nach England zu bringen, wo sich Engländer ihrer annahmen, die schließlich ihre Ausreise in die Vereinigten Staaten bewerkstelligten.

Das verdeutlicht den höchst erstaunlichen Sieg des Geistes unter den schwierigsten Umständen, die man sich überhaupt vorstellen kann. Es zeigt aber noch etwas! Wer oder was war der Feind dieser Frau? Waren es die Engländer, die ihr Zuhause zerstörten und ihre Eltern töteten? Waren es die Deutschen, die ihren Mann töteten? Oder waren es die Amerikaner, die sie verletzten und ihre zwei kleinen Kinder töteten? Die Antwort ist offensichtlich: Der Krieg war ihr eigentlicher Feind. Es war die falsche Überzeugung, daß Gewalt irgend etwas erreichen kann, daß Böses durch mehr Böses überwunden werden kann. Das war ihr eigentlicher Feind, und das ist der eigentliche Feind der gesamten Menschheit.
Genauso wie eine Menschenseele, die großen Schwierigkeiten ausgesetzt ist, dadurch auch große Gelegenheiten zu spirituellem Wachstum erhält, so steht die menschliche Gemeinschaft dem Problem der totalen Zerstörung gegenüber und bekommt damit die Gelegenheit, in eine Zeit der Erneuerung einzutreten. Ich glaube, wenn kein Unfall geschieht, wird der Wunsch zu überleben uns vor dem Atomkrieg bewahren. Ich glaube auch, daß sich beide Seiten verändern. Wir werden uns auf mehr wirtschaftliche und soziale Demokratie zu bewegen, und auf der Gegenseite werden sie mehr politische und individuelle Demokratie anstreben. Die ideale Gesellschaft muß erst noch geschaffen werden – eine, die gemeinschaftliches und individuelles Wohlergehen gut in der Waage hält.