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Das Mädchen aus der goldenen Lotusblume
 

Einst lebt im fernen Indien der weise und guetige Koenig Vrishabhanu mit seiner keuschen Koenigin Kirtika.  Das Koenigspaar fuehrte ein glaeubiges und religioeses Leben und bei allem, was sie taten, stand Gott im Mittelpunkt. Ihr sehnlichster Wunsch war, dass die Gluecksgoettin Lakmidevi als Tochter
zu ihnen kaeme und dies war auch der Inhalt ihrer taeglichen Gebete.  Schon in frueheren Leben haten Vrishabanu und Kirtida dieses Wunsches wegen grosse Entsagungen auf sich genommen.

Der Koenigspalast stand in Raval nahe dem heiligen Fluss Yamuna und jeden Morgen gingen sie hinunter zum Strand, um in den klaren Wellen ihr reinigendes Bad zu nehmen. Die Wasser der Yamuna reinigen den Menschen nicht nur von irdischem Staub, sondern waschen auch sein Herz rein, damit darin
die Liebe zu Gott mehr und mehr wachsen kann.

So begab es sich eines Tages, als  Koenig Vrishabhanu gerade in der Yamuna badete, dass er in der Mitte des Flusses ein ueberirdisches Strahlen bemerkte.   Er watete tiefer ins Wasser hinein, um zu ergruenden, woher dieser wunderbare Glanz kaeme. Schon von weitem sah er, dass das Strahlen
von einer goldenen Lotusbluete ausging, die sanft auf den Wellen des Flusses schaukelte. Je naeher er der Bluete kam, desto mehr steigerten sich auch seine Erwartung und seine Ehrfurcht. Als er an der goldenen Bluete angelangt war, das Wasser reichte ihm inzwischen bis zu den Achselhoehlen, reckte er sich auf die Zehenspitzen, um ueber den Rand dieser   wundersamen Wasserrose zu spaehen. Was er sah, ueberwaeltigte ihn. Ein wunderschoenes, zartes kleines Maedchen lag schlafend auf dem Bluetenbett. Sein Herz schlug hoeher beim Anblick ihrer Lieblichkeit und er faltete unwillkuerlich die Haende.

Da erschien Brahma, der maechtige Schoepfer unseres Universums und Vater aller Lebewesen und sprach: "Vrishabhanu, von Gott unserem Herrn gesegnet und geliebt. Dein Wunsch wurde erhoeht und Kirtida und du, ihr sollt dieses Maedchen, welches Laksmidevi selbst ist, als euer Kind zu euch nehmen. Ihr
Name ist Radha, diejenige die Gott in vollkommener Weise dienen kann, Radharani, die Koenigin aller Diener Gottes. Sie wird euch Segen und Glueck bringen." Mit diesen Worten uebergab Brahma dem Koenig das kleine Maedchen und entschwand.

Mit Traenen des Gluecks in den Augen nahm Vrishabhanu das liebliche Kind auf seine starken Arme. Am Ufer huellte er sie in seinen koeniglichen Umhang und eilte zu seiner Frau, um mit ihr die Freude ueber dieses wundersame Geschenk Gottes zu teilen. Als nun der glueckliche Vrishabhanu und die selige Kirtida
sich die Freudentraenen aus den Augen wischten, und das Kindchen naeher betrachteten, wurden sie gewahr, dass es die Augen ueberhaupt nicht aufschlug. Da ergriff beide grosse Traurigkeit. Ihre geliebte Tochter war
blind, was mochte das bedeuten?  Eilig schickten sie nach dem Priester Narada Muni, ihn wollten sie um Rat bitten. Narada Muni schaute die kleine Prinzessin lange an, dann wandte er sich an den Koenig und sagte: "Ihr solltet ein grosses Fest zu ihrer Ankunft feiern. Ladet alle Kuhhirten und ihre Familien aus der ganzen Umgebung ein und bewirtet alle koeniglich." 

Koenig und Koenigin wunderten sich ueber diesen Ratschlag, doch mit den Vorbereitungen wurde sogleich begonnen. Boten mit Einladungen wurden in alle Richtungen entsandt und im Palast wurde eifrig gekocht und alles zur Bequemlichkeit der Gaeste bereitet.

Als nun der grosse Tag herangekommen war, stroemten alle Geladenen dem Palaste  Koenig Vrishabhanus entgegen. AUs Vraja war der Hirtenkoenig Nana Maharaj mit seinem ganzen Gefolge gekommen. Yasoda und Rohini begleiteten ihn und auch alle Kinder waren nach Mukheravali mitgekommen. Unter den Kinder
befanden sich auch Nanda Maharajas Sohn Krsna und dessen Bruder Balarama.

Jeder wollte die kleine  Prinzessin Radharani sehen, wie sie in ihrem mit Seide ausgeschlagenen Koerbchen lag, und allen staunten und waren von ihrem Liebreiz entzueckt. Die Eltern freuten sich ueber die zahlreichen Gaeste und ueber die guten Wuensche, die alle aussprachen, und doch war ihre Freude wegen der Blindheit des Kindes getruebt.

Krsna war zu dieser Zeit noch ein Krabbelkind und Yasoda  hatte ihn im Hof bei den anderen Kindern abgesetzt, bevor sie ins Haus ging, die kleine Radha anzuschauen. Da kam ploetzlich der kleine Krsna angekrabbelt, zog sich am Koerbchen der Prinzessin hoch und Seine kleine Nase schaute kaum ueber den
Rand des Bettchens.  Da hob Yasoda ihren kleinen Liebling hoch, damit er besser sehen koenne und sagte: " Schau, ist sie nicht huebsch? So ein sanftes, liebliches Wesen und ihre Haut schimmert wie geschmolzenes Gold." Da klatsche Krsna in die Haende und lachte. Und die kleine Radharani roch Seine Sandelholzpaste und den Geruch  Seines Koerpers. Als er sein Gesicht ueber sie beugte, oeffnete si ihre Augen zum ersten Mal.

Anmerkung:
In den heiligen Schriften wird beschrieben, dass Radharani die Gestalt gewordenen innere Freudenenergie Gottes, Krsnas ist. Sie ist die Koenigin der Bhakti, der dienenden, hingebungsvollen Liebe zu Gott.  Sie gilt als die Urgestalt aller Liebe.  Sie personifiziert die reine, selbstlose, bedingungslose Hingabe und Liebe zu Gott, die Verkoerperung aller Prema.
 

Krsna spricht:
"Durch sie vollbringe ich die Schoepfung,
durch sie erschaffe ich die devas,
durch sie erschaffe ich das Weltall,
ohne sie waere die Welt nicht.
Sie ist das Brennen im Feuer,
der Glanz in der Sonne,
das Leuchten im Mond.
das Kuehle im Wasser,
die Kraft, die das Korn hervorbringt,
Sie ist die Hingabe und Liebe.
 

Alle Lebewesen in Vrindavan, einem der heiligsten Plaetze dieser Erde preisen
staendig ihren Namen. Was gibt es zu sagen ueber die Tiere und Menschen, wenn schon jeder Zweig und die Blaetter der Baeume unentwegt : "Radhe, Radhe" singen.

Quellen:
zusammengestellt:
Mit Kindern durch das Vaisnava Jahr
Raja- vilasa stava
Vrindavan Dhama ki jaya
 
 
 
 
 

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