Swami Sivananda

Wichtiges Sadhana im Bhakti Yoga

Selbsthingabe bedeutet vollkommene Hingabe von sich selbst an Gott. Die Selbsthingabe läßt den Gläubigen die Realität der göttlichen Gnade und die Bereitschaft Gottes spüren, ihm jederzeit zu Hilfe zu kommen. Der göttliche Einfluß strömt in sein Wesen und formt es, um es zu einem tauglichen Mittel für göttliche Verwirklichung und göttliches Wirken zu machen.
Hingabe und göttliche Gnade bedingen einander. Hingabe zieht die Gnade an, und die Gnade vollendet die Hingabe. Hingabe beginnt die Reinigung des Herzens. Die Gnade vollendet sie. Ohne Gnade ist die völlige Vereinigung nicht möglich. Gnade vergöttlicht das Wesen, damit das ständige Einfließen und die Inspiration empfangen und bewahrt werden können. Nur durch die göttliche Gnade wird das gesamte Wesen in Schwingung gebracht, verjüngt.
Das Absolute oder Unpersönliche kann durch Hingabe an das Göttliche verwirklicht werden. Hingabe geschieht nicht in einer Woche oder einem Monat. Hingabe kann nicht sofort zu Beginn des Sadhana erfolgen.
Das sich selbst behauptende kleine Ego überdauert und widersteht immer wieder. Es klammert sich wie eine Klette an seine alten Gewohnheiten, Sehnsüchte und Leidenschaften. Es führt einen Guerillakrieg. Es kapituliert nicht. Es verlangt gewisse Dinge zu seiner geheimen Befriedigung. Das ganze Wesen muß hingegeben werden. Deshalb sagt Sri Krishna: „Tameva Saranam Gaccha Sarvabhavena Bharata“ - Nimm zu Ihm Zuflucht mit deinem ganzen Wesen, Oh Bharata. Das Chitta, das Ego, der Geist, der Verstand und die Seele müssen dem Herrn zu Füßen gelegt werden. Mira tat dies und erlangte so die Gnade Sri Krishnas und wurde eins mit Ihm.
Das gewöhnliche, hartnäckige, starrsinnige Ego ist härter als Diamant, verstärkter Beton oder Stahl. Es ist schwierig, es zu schmelzen. Ständige Wachsamkeit und unaufhörliche Bemühung sind notwendig, um diesen gräßlichen Feind von Frieden und Weisheit zu vernichten. Er hält zu seinem insgeheimen Vergnügen an subtilen Wünschen fest. Gehe nach innen und finde die subtilen Leidenschaften, die in den Winkeln des Herzens lauern, mit dem Suchscheinwerfer von Konzentration und Unterscheidung und töte sie gnadenlos durch regelmäßige stille Meditation.
Beschäftige dich nicht mit der Sorge um den Körper. Gott wird ihn retten, wenn er ihn zu weiterem Dienen braucht. Lege ihn Ihm zu Füßen und ruhe in Frieden. Er wird sich darum kümmern. Ein wirklich Gläubiger sagt: „Möge ich Millionen von Geburten annehmen. Es ist egal. Aber möge ich mit den Lotusfüßen von Gott Hari verbunden bleiben. Möge ich spontane Hingabe an den Herrn haben. Möge ich Reinheit, spirituelle Kraft, den Geist selbstlosen Dienens und göttliche Tugenden besitzen.“
Wenn du einfach nur sagst, ohne wirkliches inneres Gefühl: „Ich bin Dein Oh Herr.“, ist das keine wirklich umfassende Selbsthingabe. Es muß aus dem Grunde des Herzens kommen. Du mußt auf einen radikalen Wandel vorbereitet sein. Du darfst nicht an alten Gewohnheiten, Methoden und Motiven festhalten. Du darfst nicht erwarten, daß alles so geschieht, wie du es wünschst. Du mußt leben, um die göttliche Absicht zu erfüllen. Du darfst nicht an jene Ambitionen denken, denen der Geist gerne nachgibt. Du darfst nicht einmal daran denken, die göttliche Gnade oder die göttliche Kraft für deine eigenen Absichten zu gebrauchen. Das nicht zu unterdrückende Ego wird sich auf verschiedene Arten durchsetzen und sich weigern, seine alten Gewohnheiten und Methoden aufzugeben. Es wird versuchen, alles vom Göttlichen zu bekommen. Es wird es total ablehnen, sich dem Göttlichen zu überlassen. Das ist der Grund, warum Suchende keine wesentlichen Fortschritte auf dem spirituellen Weg machen, auch nicht nach Jahren der Sadhanapraxis.
In Selbsthingabe liegt kein Verlust. Du bekommst vom Herrn alles. Du genießt alles göttliche Aisvarya des Herrn. Der ganze Reichtum des Herrn gehört dir. Siddhis und Riddhis fallen dir zu Füße. Du wirst eins mit dem Herrn. Du wirst von allen Wünschen, Leidenschaften und Sehnsüchten befreit. Der spirituell hungrige und wirklich dürstende Suchende, der sich nach der Schau des Herrn sehnt, wendet sich dem Göttlichen zu und ist völlig dazu bereit, begierig und glücklich darüber, seinen Körper, sein Leben, seinen Geist und seine Seele dem Herrn zu Füßen zu legen.
Die erste Phase zur Selbsthingabe ist nur ein fester Entschluß, sich Gott oder dem Lehrer zu überlassen. Ein Sadhak, der sein Leben dem Dienst für seinen Lehrer, dem Dienst an der Menschheit oder der Erlangung von Selbstverwirklichung geweiht hat, ist als Folge seiner Selbsthingabe von den Handlungen, die er ausführt, nicht im Geringsten gebunden. Selbsthingabe wird erst nach Gottverwirklichung vollkommen.
Verzicht auf Familienleben ist der Anfang der Selbsthingabe. Wer brennendes Vairagya und Unterscheidung besitzt, und wem es mit seiner spirituellen Erneuerung wirklich ernst ist, kann ebenfalls völlige Selbsthingabe üben, obwohl er in der Welt ist. In und durch die Welt verwirklicht er den Herrn durch vollkommene Hingabe seines gesamten Wesens an Ihn. Aber es gibt nur sehr wenige, die in der Lage sind, dies zu tun. Denn das weltliche Leben ist gespickt mit zahllosen Hindernissen und Versuchungen, und für den Suchenden ist es sehr schwierig, vollständige Leidenschaftslosigkeit inmitten so vieler Zerstreuungen und Ablenkungen zu erlangen. Deshalb macht der Verzicht auf das Familienleben seinen Weg einfacher und glatter. Der Same ist nun gesät. Dann begibt sich der Suchende zu seinem Lehrer und wirft sich ihm zu Füßen. Jetzt keimt die Saat. Er beginnt, seinem Guru zu dienen. In dem Maß, in dem er in seiner Hingabe und in seinem aufrichtigen Dienen fortschreitet, wird seine Selbsthingabe vollkommener und vollständiger. Sein Herz wird reiner und reiner, und allmählich dämmert in ihm das Licht der Erkenntnis, und er nimmt den höchsten Atman wahr, der in allem und überall ist.
Die Handlungen, die der Sadhaka ausführt, nachdem er entsagt hat, binden ihn nicht, denn er gibt all seine Handlungen als Opfer an seinen Lehrer oder den Herrn hin. Er tut keine Handlung, die als selbsüchtig angesehen werden könnte. So wird sein Herz durch den höchst einsatzfreudigen Dienst für den Lehrer gereinigt, und letztlich wird der Herr selbst sein Lehrer. Nun hat er sich vollständig dem Herrn überlassen und erlangt die höchste Intuition.
Am Anfang ist das individuelle Bemühen höchst notwendig. Wenn die Selbsthingabe vollständig geworden ist, dämmert die göttliche Gnade in ihm, und die göttliche Kraft selbst leistet für den Sadhak das Sadhana. Das Herabsteigen göttlicher Gnade und Kraft nimmt vollständig Besitz von seinem seinem Geist, seinem Willen, seinem Leben und seinem Körper. Das Sadhana schreitet mit enormer Geschwindigkeit voran.
Durch Selbsthingabe wird der Gläubige eins mit dem persönlichen Gott, Saguna Brahman, so wie durch Selbstverleugnung der Vedanta Schüler oder der Sucher auf dem Pfad von Jnana Yoga eins wird mit dem unpersönlichen Absoluten. Die göttliche Gnade vernichtet den Satan und sein Reich.
Der Suchende darf nichts tun, worüber er sich schämen würde, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen. Tut er etwas Derartiges, verzögert das seinen spirituellen Fortschritt. Dieser physische Körper und der Geist werden auf dem Altar des Dienens für den Herrn geopfert, der die manifeste Form in jedem Wesen ist. Letztlich geht sein Geist in der Seele im Inneren auf. Der Sadhak wird ein Jivanmukta, ein befreiter Heiliger.
Kühner Sadhaka! Der Herr liebt dich, auch wenn du dich von Ihm abwendest. Um wieviel mehr wird er dich lieben, wenn du dich Ihm aufrichtig und mit Glauben und Hingabe zuwendest! Übergroß ist Seine Liebe, größer als die größten Berge; unendlich tief ist seine Zuneigung, tiefer als die unergründliche Tiefe des Ozeans!

 

 

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