Yoga Artikel

Swami Sivananda

Geduld im Sadhana

Der Grundstein von Yoga, die erste Sprosse auf der spirituellen Leiter, ist ethische Vollkommenheit. Deshalb versuche, alle negativen Eigenschaften zu beseitigen. Schaue nach innen und analysiere den Geist. Wenn die eine schlechte Eigenschaft beseitigt ist, taucht vielleicht eine andere auf. Habe Geduld und packe eine negative Eigenschaft nach der anderen an. Der Erfolg ist sicher, wenn man geduldig ist. Wir verbringen viel Zeit mit Zeitunglesen. Natürlich kann man Zeitungen lesen, um zu wissen, was in der Welt vorgeht, aber die Absicht beim Lesen der Zeitungen darf nicht sein, Emotionen zu erwecken. Wirklicher Friede kann sich nur ergeben, wenn die niederen Emotionen kontrolliert werden. Nur dann ist spirituelles Leben möglich.
Der Geist ist ungeschult, und das ist der Grund, warum man leidet. Man kann nicht denken oder Vichar ausführen, woraus wirkliche Wonne abgeleitet werden kann. Du fragst nicht: „Welche guten Taten habe ich auf dieser Erde getan?“ Wir erinnern uns nicht an das feste Versprechen, das wir Gott gegeben haben, als wir Ihn verlassen und den Mutterschoß betreten haben. Wir erinnern uns nicht an die Ideale. Versuche, ein gutes tugendhaftes Leben zu führen und unterlasse sinnlose Diskussionen, wie zum Beispiel ob es Gott gibt oder nicht. All das sind nutzlose Diskussionen. Wütend zu werden ist furchtbar schlecht. Versuche, die Wut zu beherrschen. Wenn jemand etwas Unangenehmes sagt, beginnst du sofort, Vergeltung zu üben. Wir haben nicht die Kraft und Stärke, um geduldig zu ertragen. Wir sind schwach. Ein Mann kann ein muskulöser Sandow sein. Er hat vielleicht 6 bis 12 Stunden pro Tag dem Aufbau seiner Muskeln gewidmet. Vielleicht ist er imstande, einen großen Stein zu zerbrechen, aber er hat vielleicht nicht genug Kraft, um ein hartes Wort zu ertragen. Er ist geistig schwach. Es gilt also, geistige Kraft zu entwickeln und Tugenden zu pflegen. Aber, wie schade? Bald vergessen wir es. Wir denken nicht an das Ideal oder die Ziele, die vor uns liegen. Wir machen hier und da ein bißchen Japa und erwarten sofort Siddhis. Das ist nicht genug. Man muß intensiv arbeiten.
Wähle einen eigenen Raum in deinem Haus. Das ist notwendig. Regelmäßiges Aufstehen um vier Uhr ist notwendig. Menschen praktizieren einige Zeit, geben dann die Praxis auf und beginnen sie dann wieder. Diese Gewohnheit muß vollständig aufhören. Wenn man zu Brahmamuharta praktiziert, kann der Geist leicht in der Meditation fest werden. Es wird vieles erleichtern, wenn man absolut regelmäßig in der Meditation sein kann. Dann, durch die Übung, kommt die Meditation zur rechten Zeit von selbst. Auch wenn man krank ist, wird der Geist zur gewohnten Meditationszeit am aufnahmefähigsten sein. Wenn du dich schläfrig fühlst, singe laut philosophische Lieder, wie Chidananda, Chidananda, und du wirst dich erfrischt fühlen. Immer wieder behämmere den Geist mit Chidananda, Chidananda Hum, ich bin der unsterbliche Atman. Singe dieses Lied. Mache einen kleinen Spaziergang. Alle Krankheiten werden geheilt werden. Fühle die göttliche Gegenwart in dir. Jeder Name ist erfüllt mit göttlicher Kraft, und das Aussprechen von göttlichen Namen erhebt dich zu prächtigen Höhen. Das allein beweist klar, daß es Gott gibt.
Eine regelmäßige Gewohnheit des Dienstes für den Nächsten muß gepflegt werden. Es muß spontan werden. Vielleicht geben wir in unserer Freigebigkeit unseren Schwestern und Brüdern etwas Geld, nicht aber Fremden. Freigebigkeit muß auf alle ausgedehnt werden. Wir erkennen nicht, daß die ganze Welt aus Ishvara entstanden ist. Es gibt so viel Leid, und man muß spüren, daß der eigene Körper betroffen ist. Nur dann erfährt man die Gnade Gottes des Herrn. Alle Siddhis und Riddhis werden dir zu Füßen liegen. Aber unglücklicherweise ist dein Herz so eng, ein sehr kleines Herz. Vielleicht verfügst du über einen guten Intellekt. Du bist vielleicht Doktor der Philosophie, aber dein Herz ist klein. Der Geist der Selbstopferung fehlt vollständig. Warum? Weil wir nicht die Bedingungen praktizieren, die in der Gita vorgeschrieben sind. Der Mensch ist der größte Yogi, der Selbstopferung übt und alles als Manifestation des Herrn erkennt. Dienst am Nächsten muß zu deiner zweiten Natur werden. Habe etwas Kleingeld in der Tasche, wo immer du hingehst. Überall, wo immer Not ist, teile was du hast, und lindere menschliches Leid, wo es geht. Dadurch wirst du fähig sein, das Ziel zu erreichen für das du geboren bist, für das Gott dir diesen menschlichen Körper gegeben hat. Viele hatten den direkten Darshan des Herrn, durch selbstloses Dienen, und du kannst dieses Ziel ebenso erreichen.
Mache Japa und bete. Habe gute Gedanken über Gott. Denke an bestimmte Slokas über die Übel, die durch das Trachten nach Sinnenfreuden entstehen. Immer und immer wieder hämmere in den Geist, daß die Übel durch das Streben nach Sinnenfreuden entstehen. Es erfordert ständiges Üben. Habe diese guten Gedanken, bevor du zu Bett gehst, und erinnere dich daran. Der Geist muß allmählich geschult werden. Daneben ist auch das Studium religiöser Bücher sehr wichtig. Studiere die Upanishaden. Studiere die Yoga Sutras von Patanjali über Raja Yoga. Dann kannst du ein theoretisches Verständnis bekommen. Bücher sind notwendig. Sie helfen, die Hindernisse auf dem Weg zu bewältigen.
Wieviele von euch können jetzt das fünfzehnte Kapitel der Gita auswendig vor dem Essen sagen? Sehr wenige. Der Mensch besteht aus Nahrung, die Nahrung wird gereinigt, und man wird stark, wenn man diese Slokas sagt. Verschiedene Arten von Nahrung erzeugen verschiedene Samskaras, und verschiedene Charaktere tauchen auf. Sattvige Nahrung entwickelt Konzentration des Geistes. Wenn die Nahrung Gott geweiht wird, wird es zu einem Akt der Selbstopferung. Wenn du also an bestimmte Slokas denkst, wird das nützlich sein. So müssen wir wissen, wie wir unser Leben ordnen.
Schlagen wir ein neues Blatt auf, ein neues Kapitel in unserem Leben. Bereits ein wenig Japa, ein wenig Kirtan setzen ungeheure Kraft frei. Seien wir also ehrlicher in unserer Liebe zu Gott und halten wir das Ideal vor uns. Lies die Gita. Die Zeit rast. Wenn du zornig wirst, denke an den Avanti Brahmin. Inmitten aller Prüfungen und allen Kummers denke an den Herrn. Du mußt süße Worte sagen können. Werde jeden Tag stärker. Habe ein festes Programm im Leben. Es ist schwierig, die menschliche Geburt zu erhalten. Vergeuden wir nicht das wertvolle Leben. Denke an die großen Heiligen unseres Landes - Ramdas, Shams Tabriz, Sri Ramakrishna Paramahamsa. Sie hatten direkte Verwirklichung. Streben wir danach, jetzt, in diesem Leben, Jivanmuktas zu werden. Höre die Geschichte vom Brahmanen Sadasiva.
Der Brahmane Sadasiva war ein Yogi in Karur und lebte vor 150 Jahren. Sein Samadhi ist auch heute noch dort. Er hat wunderschöne Bücher geschrieben und einen Kommentar der Brahma Sutras. Er war ein Gelehrter und unterzog sich gerade der Schulung durch seinen Guru, als er ein Telegramm erhielt, daß seine Frau die Geschlechtsreife erreicht hatte. Nach dem Studium kehrte er von seinem Lehrer zurück. Seine Mutter war erfreut, als sie die Nachricht hörte, daß ihr Sohn nach Hause zurückkehre. An diesem Tag bereitete sie einige „Payasam“ zu und diverse andere Gerichte. So mußte er bis 3.00 Uhr auf sein Essen warten. Er war ein Mensch mit Unterscheidungskraft. Er war ein Yogabhrashta. Er erinnerte sich an seine frühere Geburt und wurde sich des Elends bewußt, das ihn erwartete, wenn er einen Hausstand gründete. Er sagte sich: „Jetzt bekam ich die Mahlzeit um 3.00 Uhr. Wenn ich voll im Grihasthashram bin, weiß ich nicht, wann ich die Mahlzeit bekommen werde. Was nützt Grihasthashram.“ Er entsagte sofort der Welt, und er war nicht gebunden. Er hatte seine Pflichten gegenüber seiner Frau und seiner Mutter nicht erfüllt. Trotzdem war er nicht gebunden.
Achte nicht zu sehr darauf, wenn gesagt wird: „Du hast keine Nachkommen, um die Familie zu erhalten, und so wirst du den Fluch deiner Vorfahren auf dich laden, und so weiter.“ Sadasiva Brahman war nicht gebunden. Er wurde der größte Yogi, auch obwohl er seine Pflichten gegenüber seiner Frau und seiner Mutter nicht erfüllt hatte. Nachher, als er in Samadhi war, wurde er begraben. Einige Bauern kamen, und beim Graben stießen sie versehentlich auf seinen Kopf. Etwas blutete. Sie gruben sofort die Stelle aus und fanden ihn. Er war kein bißchen in Mitleidenschaft gezogen. Dann kam er aus dem Samadhi zurück. Er vollbrachte verschiedene weitere Wunder.
Daraus wird klar, daß die Heirat eine gesellschaftliche Einrichtung ist, weil viele Menschen mit großer Leidenschaft und lustvollen Samskaras geboren werden, und diese Samskaras müssen ein wenig gelindert werden, so daß der Mensch Erfahrung machen und unterscheiden lernen kann, wieviel Glück ihm diese Welt bringen kann. Er bekommt Schläge von den Leuten. Er bekommt Fußtritte. Seine Frau und seine Kinder hören auf, ihm das zu geben, wonach seine Seele verlangt. Er wird unzufrieden mit der Welt und wendet sich der Religion zu. Um diese Erfahrung zu machen, begibt man sich in das Grihastha Leben. Wer aber mit spirituellen Samskaras geboren wurde, erlangt sehr bald Vairagya, sogar ohne die Erfahrung eines Grihasthi durchzumachen. Es gibt viele andere Beispiele auch von spirituellen Menschen, die der Welt entsagt haben, ohne den Grihastashram zu betreten.
Halte strikt die Regeln von Brahmacharya. Wir sind bereits erfolglos durch hunderte Leben gegangen, da wir die Regeln von Brahmacharya nicht befolgt haben. Die Vasanas sind sehr stark. Bedenke, daß, wenn ein Kind geboren wird, die Frau zur Mutter wird. Beobachte die Tiere, wie sie die Gesetze der Natur befolgen. Es ist allein der Mensch, der sich nicht an diese Naturgesetze hält, und nur der Mensch verfügt über Vernunft. Er allein hat die Kraft der Unterscheidung. Diese Fähigkeit, diese Kraft der Unterscheidung, hat allein der Mensch. Um Gottverwirklichung zu erreichen, ist Brahmacharya daher von grundlegender Bedeutung. Die ganze Energie muß in Ojas Shakti umgewandelt werden. Dann wird sie sich als sehr wertvoll für den Menschen erweisen, um den Lebenskampf aufzunehmen. Wer seine Energie bewahrt hat, kann mehr substantielle Arbeit in der Welt leisten und mehr verdienen. Noch wichtiger ist dies für den spirituellen Sucher, weil er anders keinen Fortschritt machen kann. Lasse mich wiederholen, daß es wichtig ist, um vier Uhr aufzustehen. Aber die Menschen tun es nicht. Sie stehen nicht vor 7.00 auf. Die Welt bewegt sich mit erschreckender Geschwindigkeit, und jeder Moment ist wertvoll. Wie lange wirst du weiterdebattieren, ob es Gott gibt oder nicht? Versuche, so viel Japa wie möglich zu machen.
Durch beständiges Dienen, Nächstenliebe und spontane und uneingeschränkte Großzügigkeit sind Unreinheiten zu beseitigen. Menschen, die eine Million Rupis haben, können hunderttausend dem Kriegsfond spenden. Darin liegt nicht viel Großmut. Aber wenn ein armer und frommer Mensch, der zwei Rupis besitzt, eine für einen wohltätigen Zweck gibt, ist das ruhmvoll. So sagen die Upanishaden, daß du nicht einmal ein ganz kleines Vermögen horten kannst. Es muß aufgeteilt werden. Es gibt Leute, die viel verdienen und das Geld wieder ausgeben in öffentlicher Wohltätigkeit und für Institutionen. Das ist ohne Zweifel eine große Hilfe. Aber man kann kein Geld verdienen, ohne zu sündigen. Wer das Wenige, das er hat, mit anderen zu teilen vermag, ist der wahrhaftigste Yogi, nicht der Mensch, der viele Millionen verdient und 200000 spendet. Der Mensch der 8 Annas verdient, sie aber mit jemand zu teilen vermag, wird von Gott mehr geliebt.
Die Geschichte vom armen Brahmanen und seiner Familie ist bekannt. Diese Familie hatte nur noch ein paar Körner Reis übrig, und als sie gerade essen wollten, erschien Gott Narayana als ein Atithi, um die Nächstenliebe des frommen Mannes zu testen. Der Brahmane und seine Frau und Kinder boten dem Atithi zu essen an und hungerten selbst. Das ist wirkliche Barmherzigkeit. So muß Nächstenliebe spontan, uneingeschränkt und großzügig sein. Sie muß Bestandteil des alltäglichen Verhaltens sein. Das Leben kann in jedem Moment vorbei sein, und es ist sinnlos, sich weiter an seinen Reichtum zu klammern.
Ein Beispiel. Im Svarga Ashram baute ein reicher Mann einen Tempel. Er hatte eine große Akkordarbeit und verdiente dementsprechend gut. Dem Herrn gefiel sein Werk. Er baute eine Zuckerfabrik und verdiente eine Million Rupis. Allmählich dämmerte in ihm ein wenig Spiritualität. Er begann sein Sadhana, jedoch ohne großen Erfolg. Plötzlich zeigten sich Krankheitssymptome, und er starb eines schönen Morgens. Er war nur begierig nach Geld gewesen. Er besaß eine Million Rupis. Zweifellos hatte er einige Hospitäler und einige andere gute Dinge finanziert, aber er war nicht weise. Ein Weiser ist der, der alles für andere gibt und Leid lindert. Im Moment hast du von Gott eine Lebensgarantie, lasse diesen Moment nicht vergehen, ohne anderen ein Höchstmaß an Gutem angedeihen zu lassen. Es ist etwas Gutes, Krankenhäuser zu bauen, usw. All das ist nötig, um dein Herz zu öffnen. Wenn aber ein Armer Barmherzigkeit üben kann, ist er dem Herrn lieb, denn er kann sein Herz geben. Wer Geld hat, muß es ausgeben. Im Morgen ist keine Sicherheit. Gott gibt dir Geld, damit du Gutes tust. Du mußt Geld als Treuhänder gut nutzen.

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