Swami Sivananda

Notwendigkeit der sitzenden Stellung in der Meditation

Meditation muß im Sitzen geübt werden, es ist nicht möglich, im Stehen oder im Liegen zu meditieren. Das Sitzen in der Meditation ist notwendig, denn Dhyana ist die Stetigkeit des geistigen Zustandes, und eine solch Stetigkeit gibt es nicht, wenn man geht oder läuft, denn der Geist bleibt beim Körper und kann sich nicht konzentrieren, oder wenn man liegt, denn dann wird er rasch vom Schlaf übermannt.
Upasana, dessen Wesen in der Hauptsache Konzentration ist, muß in sitzender Stellung geübt werden, die der Konzentration förderlich ist. Da Konzentration ein unausgesetzter und ungestörter Strom von Gedanken ist, der auf ein spezielles Objekt gelenkt wird, ist die sitzende Stellung unerläßlich.
In Upasana muß der Geist auf ein einziges Objekt konzentriert werden. Das ist nicht möglich, wenn man steht oder liegt. Der Geist eines stehenden Menschen ist darauf gerichtet, den Körper im Gleichgewicht oder in einer aufrechten Position zu halten, und daher ungeeignet zur Reflexion über Subtiles. Ein Mensch, der sitzt, kann diese ungünstigen Vorkommnisse leicht vermeiden, und ist daher in einer Position, um die Meditation fortzusetzen. Die sitzende Stellung bringt die Sammlung des Geistes mit sich, die das sine qua non der Meditation ist. Meditation ist nur in sitzender Stellung zu üben. Nur so ist wirkliche Meditation möglich. Außerdem kann ein solches Fließen der Gedanken, d.h. Dhyana, nur entstehen, wenn die Glieder nicht aktiv sind und der Geist ruhig ist.
Das Wort Upasana bedeutet auch genau dasselbe wie Meditation, nämlich Konzentration auf ein einziges Objekt mit festem Blick, wobei kein Körperteil bewegt wird. Das ist nur in einer sitzenden Position möglich.
Bei Karmanga Upasanas stellt sich nicht die Frage, ob sie sitzend oder stehend auszuführen sind, da sie vom jeweiligen Karma abhängen. In reiner Verwirklichung oder vollkommener Intuition kann es eine solche Frage nicht geben, da es vom Objekt einer solchen Verwirklichung abhängig ist. In anderen Upasanas ist Sitzen notwendig für die Meditation. Man könnte einwenden, daß, da Meditation etwas Geistiges ist, es keine Einschränkungen bezüglich der Körperhaltung geben kann. Aber die genannten Argumente zeigen klar die Nichtigkeit des Einwandes.
Ständiges Denken an den Herrn oder Brahman kann immer praktiziert werden. Es kann auch ohne die sitzende Stellung praktiziert werden. Aber tiefe Meditation ist nur in sitzender Stellung möglich. Sie ist nur möglich für den Menschen, der wach und aufrecht sitzt, nicht für den, der im Bett liegt; vom Schlaf überwältigt oder im Stehen oder Gehen; für sie würde notwendigerweise Ablenkung eintreten. Meditation ist bloßem Nachdenken weit überlegen. Darüber besteht kein Zweifel. So ist die Notwendigkeit der sitzenden Stellung in der Meditation bewiesen.
Meditation bedeutet ein länger dauerndes Fortführen desselben Gedankenflusses. Von einem Menschen, dessen Geist auf ein und dasselbe Objekt konzentriert ist, während sein Blick fest ist und seine Glieder sich nicht bewegen, sagt man, er sei nachdenklich. Man sagt, Ramakrishna ist nachdenklich. Eine solche Nachdenklichkeit ist einfach für jemanden, der sitzt. Die Frau sitzt und ist tief in Gedanken versunken über ihren Mann, der eine weite Reise angetreten hat. Daraus wird also geschlossen, daß Meditation die Beschäftigung einer sitzenden Person ist.
Dhyana oder Meditation ist das fortlaufende Denken an einen einzigen Gegenstand, ohne Einfließen von Gedanken, die mit dem Gegenstand der Meditation nichts zu tun haben. Eine solche Meditation ist nur in sitzender Stellung möglich und nicht im Liegen, Stehen, usw., denn die Ablenkung des Geistes ist am geringsten, wenn man im Sitzen meditiert. Deshalb wähle man sowohl zum Gebet als auch zur Meditation eine sitzende Stellung.
Der Erde wird Nachdenklichkeit zugeschrieben, aufgrund ihrer Unbeweglichkeit oder Beständigkeit. Das hilft uns auch zu folgern, daß Meditation für jemanden möglich ist, wenn er sitzt, und nicht im Stehen oder Gehen. Beständigkeit geht mit Meditation einher. Festigkeit von Körper und Geist ist nur möglich im Sitzen und nicht im Stehen oder Gehen.
Bezüglich der Unbeweglichkeit der Erde meint die Schrift, daß die Erde mit Konzentration beschäftigt ist, als stünde sie fest im Raum in frommer Meditation. Das legt nahe, daß solch eine feste Aufmerksamkeit des Geistes nur durch Meditation in sitzender Stellung erreicht werden kann.
Aus demselben Grund lehrt das Yoga Shastra verschiedene Sitzhaltungen, nämlich Padmasana, Siddhasana, Sukhasana, usw. für die Meditation.

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