Swami Sivananda

Dhyana Yoga Sadhana

Voraussetzungen zur Praxis von Dhyana

Bevor der Geist mit Gedanken über Brahman gesättigt wird, müssen zuerst die göttlichen Gedanken assimiliert werden. Zuerst Assimilierung und dann Sättigung. Dann tritt Verwirklichung sofort ein, ohne einen Augenblick Verzögerung. Erinnere dich dieser Dreiheit: ASSIMILIERUNG - SÄTTIGUNG - VERWIRKLICHUNG.
Der Wille muß stärker, reiner und unwiderstehlicher gemacht werden durch mehr Atma Chintana, Ausrotten von Vasanas, Kontrolle der Sinne und mehr inneres Leben. Jede Sekunde an Sonn- und Feiertagen muß bestens zum spirituellen Vorteil genützt werden.
Wenn man einen Monat lang Rasagulla - eine bengalische Süßspeise - gegessen hat, entsteht geistige Bindung an Rasagulla im Geist. In Gesellschaft von Sannyasins oder durch die Lektüre von Büchern über Yoga, Vedanta, usw. findet im Geist eine ähnliche Bindung zur Erlangung von Gottverwirklichung und Gottesbewußtsein statt. Rein geistige Bindung hilft jedoch nicht viel. Brennende Vairagya und brennendes Mumukshutwa, die Fähigkeit zu spirituellem Sadhana, intensives und ständiges Bemühen und Nididhyasan (Meditation) sind notwendig. Nur dann ist Selbsterkenntnis möglich.
Ein tugendhaftes Leben zu führen ist alleine nicht ausreichend zur Gottverwirklichung. Ständige Meditation ist unbedingt notwendig. Ein gutes, tugendhaftes Leben bereitet den Geist nur darauf vor, ein geeignetes Instrument für Konzentration und Meditation zu sein. Konzentration und Meditation führen schließlich zu Gottverwirklichung.
Diese Begriffe sind häufig in der Gita zu finden, „Manmanah Matparah“. Diese Begriffe bedeuten, daß der ganze Geist ungeteilt zu 100 Prozent an Gott gegeben werden muß. Nur dann hat man Selbstverwirklichung. Wenn auch nur ein einziger Strahl des Geistes nach außen läuft, ist es unmöglich, Gottesbewußtsein zu erlangen.
So wie trübes Wasser durch Beigabe von Klärnuß (Strychnos potatorum) gereinigt wird, so muß auch der trübe Geist, der mit Vasanas und falschen Sankalpas gefüllt ist, durch Brahmachintana (Nachsinnen und Reflexion über das Absolute) geläutert werden. Erst dann gibt es wahre Erleuchtung.
Sehne dich nicht voreilig sofort nach den Früchten, wenn du mit Meditation beginnst. Eine junge Frau ging 108mal um einen Aswatthabaum (Fileus Religiosa) herum, um ein Kind bekommen, und befühlte dann sofort ihren Bauch, um zu sehen, ob dort ein Kind war oder nicht. Das ist schlichte Dummheit! Sie muß einige Monate warten. Genauso, wenn du einige Zeit regelmäßig meditierst, reift der Geist, und schließlich erlangst du Atma-Sakshathara (Selbsterkenntnis). Eile schadet.
Es ist sehr richtig für fortgeschrittene Grihasta Yogaschüler (Personen im Ehestand), alle weltlichen Aktivitäten beenden zu müssen, wenn sie Fortschritte in der Meditation machen und sich weiterentwickeln wollen. Sie werden gezwungen sein, alle Arbeit aufzugeben, wenn sie wirklich ernsthaft sind. Arbeit ist ein Hindernis in der Meditation für fortgeschrittene Schüler. Darum sagt Sri Krishna in der Gita: „Für einen Weisen, der Yoga sucht, ist Handlung der Weg; für denselben Weisen, der sich auf dem Thron des Yoga befindet (Zustand von Yogarudha), gilt Gelassenheit (Shama) als der Weg.“ Dann werden Arbeit und Meditation unvereinbar wie Säure und Base, Feuer und Wasser oder Licht und Dunkelheit.
Leidenschaftslosigkeit,  Meditation und sattvige Tugenden, wie Geduld, Ausdauer, Barmherzigkeit, Liebe, Vergebung, Reinheit, usw. müssen täglich gesteigert werden. Vairagya und gute Eigenschaften sind hilfreich für die Meditation. Meditation steigert die sattvigen Eigenschaften.
Habe das eine alldurchdringende Brahma Bhavana (Gefühl). Verneine den endlichen Körper als bloßen Schein. Versuche dieses Gefühl immer aufrecht zu erhalten.
Warum in der Meditation die Augen schließen? Öffne die Augen und meditiere. Das geistige Gleichgewicht muß auch im geschäftigen Treiben einer Stadt aufrecht erhalten werden. Erst dann ist man vollkommen. Zu Beginn, als Anfänger, kann man die Augen schließen, um Ablenkungen des Geistes zu verhindern, da man sehr schwach ist. Später jedoch muß man mit offenen Augen meditieren, sogar im Gehen. Denke fest, daß die Welt unwirklich ist, daß es keine Welt gibt, daß es nur Atman gibt. Wenn man auch mit offenen Augen über Atman meditieren kann, ist man ein starker Mensch. Man kann nicht leicht gestört werden. Du kannst nur meditieren, wenn der Geist jenseits aller Sorgen und Ängste ist.

In Meditation und Konzentration muß der Geist in mannigfaltiger Weise geschult werden. Nur dann wird der grobe Geist fein (Sukshma).
Alle Vrittis wie Zorn, Eifersucht, Haß, usw. nehmen durch regelmäßige Praxis von Japa und Meditation feinere Formen an. Sie werden ausgedünnt. Durch Samadhi werden sie ganz vernichtet. Dann erst ist man sicher. Verborgene Vrittis warten auf Gelegenheiten, um eine schwerwiegende und große Form anzunehmen. Man muß stets vorsichtig und wachsam sein.
Widerstehe dem verhängnisvollen Zug nach unten, den die dunklen feindlichen Kräfte verursachen, durch regelmäßige Meditation. Hemme das ziellose Herumziehen des Geistes durch klares und ordentliches Denken. Höre nicht auf die falschen Einflüsterungen des niederen Geistes. Richte den inneren Blick auf das göttliche Zentrum. Habe keine Angst vor den schlimmen Rückschlägen, denen du auf deiner Reise begegnen wirst. Schreite kühn weiter, bis du schließlich in deinem Zentrum immerwährender Wonne Ruhe findest.
In einer großen Stadt herrscht um 8.00 abends viel Geschäftigkeit und Lärm. Um 9.00 ist nicht mehr so viel geschäftiges Treiben und Lärm. Um 10.00 ist es noch geringer, und um 11.00 ist es noch ruhiger. Um 1.00 morgens herrscht überall Frieden. Genauso sind zu Beginn der Yoga Praxis unzählige Vrittis im Geist. Der Geist ist sehr bewegt und geschüttelt. Nach und nach vergehen die Gedankenwellen. Am Ende sind alle geistigen Erscheinungsformen beherrscht. Der Yogi genießt vollkommenen Frieden.
  Wenn man durch den Markt einer großen Stadt geht, kann man leise Geräusche nicht hören, wenn man aber morgens zur gemeinsamen Meditation mit Freunden in einem stillen Raum sitzt, kann man sogar ein kleines Niesen oder Husten wahrnehmen. Ebenso kann man die schlechten Gedanken nicht erkennen, wenn man durch die eine oder andere Arbeit in Anspruch genommen ist, man kann sie aber erkennen, wenn man sich zur Meditation setzt. Fürchte dich nicht, wenn schlechte Gedanken durch den Geist ziehen, wenn du in der Meditation sitzt. Übe intensiv Japa und Meditation. Sie werden bald vergehen.
Der Yoga Schüler besitze nicht viel Reichtum, da dieser ihn zu weltlichen Versuchungen ziehen würde. Er kann eine kleine Summe haben, um die körperlichen Bedürfnisse zu decken. Wirtschaftliche Unabhängigkeit erleichtert den Geist von Befürchtungen und versetzt ihn in die Lage, sein Sadhana ungebrochen fortzusetzen.

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