Swami Sivananda

Praktische Anweisungen im Yoga

Beherrsche die Sinne. Beruhige den Geist. Stille die blubbernden Gedanken. Halte den Geist im Herzlotus fest. Konzentriere dich. Meditiere. Verwirkliche Ihn intuitiv jetzt in dieser Sekunde und genieße die Wonne des Selbst.
Habe festen und unerschütterlichen Glauben an die Existenz Gottes, des höchsten, unsterblichen und intelligenten Prinzips, die Essenz, die Substanz, die in den drei Zeitenphasen - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existiert. Er hat weder Anfang, noch Mitte noch Ende. Er ist Sat-Chit-Ananda (absolutes Sein, absolutes Wissen, absolute Wonne).
Oh, unwissender Mensch! Warum suchst du vergeblich nach Glück in den vergänglichen äußeren Dingen der Welt, die Zeit, Raum und Ursächlichkeit unterworfen sind? Du hast keinen Frieden im Geist. Deine Wünsche werden nie ganz erfüllt. Vielleicht häufst du unermeßlichen Reichtum an, hast wunderbare Kinder, erwirbst Titel, Ruhm, Ehre, Ansehen, Macht, Bekanntheit und alles, was du willst, und doch ist dein Geist ruhelos. Du hast kein echtes dauerhaftes Glück. Es bleibt das Gefühl, als fehle noch etwas. Du hast kein Gefühl der Erfüllung. Vergiß deshalb von diesem Moment an niemals, daß dieses Gefühl der Erfüllung oder ewigen Befriedigung nur in Gott erlangt werden kann, wenn Er durch ständige Praxis von Selbstbeherrschung, Reinheit, Konzentration, Meditation und Yogapraxis verwirklicht wird.
Überall herrscht Ruhelosigkeit. Selbstsucht, Habgier, Eifersucht und Lust richten in jedem Herzen unvorstellbaren Schaden an. Kämpfe, Scharmützel und Streitereien verschmutzen die Atmosphäre der Welt und schaffen Zwietracht, Disharmonie und Unruhe. Es wird ins Horn gestoßen, und die Armeen marschieren auf das Schlachtfeld, um die Feinde zu zerstören. Eine Nation führt Krieg gegen eine andere Nation, um mehr Einflußbereiche und Macht zu erlangen. Neben diesen blutigen Kriegen arbeitet auch die Friedensbewegung für die Errichtung von Harmonie und Frieden, um die fürchterliche Unwissenheit zu beseitigen, die Grundursache allen menschlichen Leidens, und für die Verbreitung göttlichen Wissens.
Die Welt braucht heute am dringendsten die Botschaft der Liebe. Entzünde zuerst in deinem Herzen das Licht der Liebe. Liebe alle. Schließe alle Geschöpfe in die warme Umarmung deiner Liebe ein. Nationen können nur durch reine Liebe vereint werden. Weltkriege können nur durch reine Liebe beendet werden. Die Vereinten Nationen können nicht viel ausrichten. Liebe ist ein geheimnisvoller göttlicher Klebstoff, der die Herzen aller verbindet. Sie ist ein magischer Heilbalsam von sehr hoher Potenz. Erfülle jede Handlung mit reiner Liebe. Töte Gerissenheit, Habgier, Schurkerei und Selbstsucht. Es ist überaus grausam, andere durch Einsatz von Giftgas zu töten. Das ist ein Kapitalverbrechen. Der Wissenschafter, der das Gas in seinem Labor herstellt, kann der Strafe Gottes für dieses Verbrechen nicht entkommen. Vergiß nicht den Tag des Gerichts. Was werdet ihr dem Herrn sagen, Oh Sterbliche, die ihr hinter Macht, Einfluß und Reichtum herlauft? Habt ein reines Gewissen und reine Liebe. Dann werdet ihr wahrlich in das Königreich Gottes eingehen.
Ach wie geheimnisvoll ist das Universum. Wie geheimnisvoll das stille Wirken der unsichtbaren Kraft, die einerseits leidenschaftliche Menschen dazu treibt, Kriege zu führen, und andererseits Fromme dazu, der gesamten leidenden Menschheit Frieden und Glück zu bringen!
Wie du denkst, so wirst du. Denke, du bist ein Höchstrichter, und du wirst ein Höchstrichter werden. Denke, du beherrschst die ganze Welt, Herrscher über die ganze Welt wirst du werden. Denke, du bist ein großartiger Lehrer, du wirst ein Lehrer werden. Denke, du bist arm und schwach, arm und schwach wirst du werden. Denke, du bist ein Multimillionär, ein Multimillionär wirst du werden. Denke, du bist ein Heiliger mit untadeligem Charakter, ein Heiliger mit untadeligem Charakter wirst du werden. Denke, du bist Gott oder Atman oder Brahman, Gott oder Atman oder Brahman wirst du werden. Das ganze Universum wird durch dieses wundervolle Naturgesetz gelenkt.
Denke immer richtig und handle richtig. Versuche nie, dich des Besitzes anderer zu bemächtigen. Beneide niemals die Nachbarn. Pflege edle und erhabene Gedanken. Habe höchstes Selbstvertrauen und Mut. Tue alles, was du tust, mit dem Willen zum Erfolg. Du wirst in jedem Falle Erfolg in deinen Bemühungen haben. Der Erfolg ist dein. Fehlschläge werden dir unbekannt sein. Das ist das allerhöchste Geheimnis. Meditiere täglich morgens einige Zeit über dieses Geheimnis und genieße die Wonne des Selbst.
Das Vishnupurana sagt: „Wenn der getäuschte Tor den Körper liebt, eine bloße Ansammlung von Fleisch, Blut, Eiter, Fäkalien, Urin, Muskeln, Fett und Knochen, liebt er in der Tat die Hölle selbst! Wer nicht Abscheu empfindet vor dem ekelhaften Geruch, der aus seinem Körper kommt, welches Argument für die Verhaftungslosigkeit muß noch gebracht werden?“
Es ist eine bekannte Tatsache, daß Genuß Wünsche nicht befriedigen kann. Im Gegenteil, er verstärkt den Wunsch und macht den Menschen noch ruheloser. Die Grundursache allen menschlichen Leidens und Unglücks ist das Sehnen nach Freuden der Welt. Je mehr man sich nach diesen Sinnenfreuden sehnt, desto unglücklicher wird man. Auch die Wünsche wachsen, wenn sie nicht erfüllt werden. Man kann niemals glücklich werden, solange Sehnsucht nach Genuß besteht.
Es ist schmerzhaft, Geld zu verdienen. Schmerzhafter ist es, das verdiente Geld zu behalten. Es ist noch schmerzhafter, wenn das Geld weniger wird. Und es ist überaus schmerzhaft, das Geld zu verlieren. Geld ist die Stätte aller möglichen Schmerzen. Deshalb besitzt in Indien ein Sadhu oder Sannyasin nichts. In seiner großen Sicht besitzt er nicht einmal seinen Körper. Er stellt immer wieder fest: „Der Körper gehört nicht mir; ich bin nicht der Körper.“ Ein wirklicher Sannyasin ist jemand, der fühlt: „Ich bin körperlos“. Diese Sannyasins leben ein Leben vollkommener Leidenschaftslosigkeit und unbarmherziger Entsagung. Entsagung zieht allerhöchsten Frieden nach sich.
Es ist sehr schwierig, absolut wunschlos zu werden. Nur ein befreiter Heiliger oder vollerblühter Yogi ist vollkommen frei vom Makel des Wunsches, denn er hat seinen Geist vollständig ausgelöscht und genießt die höchste Wonne des Selbst im Inneren. Wie kann in ihm ein Wunsch entstehen, da er in den Ozean göttlicher Wonne eingetaucht ist?
Ein Anfänger auf dem spirituellen Pfad pflege edle Wünsche. Er muß tugendhaft handeln. Er muß das intensive Verlangen nach Befreiung entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, muß er regelmäßig und systematisch in den heiligen Schriften lesen. Er muß sich in die Gegenwart von Weisen begeben. Er muß richtiges Verhalten, richtiges Denken, richtiges Sprechen und richtiges Handeln praktizieren. Er muß regelmäßig meditieren. Nach und nach werden alle alten lasterhaften Wünsche, Sinnesbegehren und üblen Neigungen verschwinden. Hey Saumya! Führe ein Leben vollendeter Zufriedenheit. Zufriedenheit ist die Wonne des Lebens. Die kühlen nektargleichen Wasser der Zufriedenheit werden rasch das Feuer der Wünsche löschen. Zufriedenheit ist der Hauptwächter, der das Reich des Friedens, das Königreich Gottes, bewacht.
Die alten bereits unterworfenen Wünsche tauchen wieder auf, bleiben und leisten Widerstand. Sie sagen: „Oh undankbarer Mensch! Du hast mir die ganze Zeit in deinem Geist Zuflucht gewährt. Nur durch mich hast du Objekte der Welt genossen. Wenn kein Wunsch nach Essen und Trinken vorhanden ist, wie kannst du dann Essen und Trinken genießen? Warum bist du jetzt so grausam zu mir? Ich habe jedes Recht, mich in dieser Stätte deines Geistes aufzuhalten. Mach, was du willst.“ Lasse dich jedoch von solchen Drohungen nicht im mindesten entmutigen. Alle Wünsche werden allmählich durch Yoga und Meditation geschwächt. Schließlich werden sie vollständig verschwinden und nicht mehr wiedererstehen.
Ein starker Geist hat Einfluß auf einen schwachen Geist. Der Geist hat Einfluß auf den physischen Körper. Der Geist wirkt auf die Materie. Der Geist bringt Begrenzung. Der Geist gibt Befreiung. Der Geist ist der Teufel. Der Geist ist dein bester Freund. Der Geist ist der Guru (spirituelle Lehrer). Du mußt den Geist zähmen. Du mußt den Geist disziplinieren. Du mußt den Geist beherrschen. Das ist alles, was du tun mußt.
Prüfe deine Gefühle und Emotionen. Analysiere sie. Nimm sie auseinander. Identifiziere dich nicht mit diesen Gefühlen und Emotionen. Trenne dich von diesen Gefühlen und Emotionen. Sei stiller Beobachter. Identifikation mit diesen Gefühlen und Emotionen ist die Ursache für Bindung und Leid.
Zorn ist eine Erscheinungsform des Wunsches im Geist. Es gibt keine Erscheinungsform im Selbst, dem wahren „Ich“ oder Atman. Ein weltlicher Mensch identifiziert sich mit Zorn und leidet daher. Das ist nichts anderes als Unwissenheit. Körper und Geist sind die Instrumente für Wachstum und Entwicklung. Identifiziere dich mit dem großen unendlichen „Ich“, wenn du diese beiden Instrumente benutzt, und werde zum Herrn über Geist und Körper. Du bist der Lenker dieses Vehikels - Körper und Geist. Beanspruche dein Geburtsrecht und werde frei, mein Kind. Durchschaue den Trick dieses durchtriebenen Geistes. Er hat lange genug mit dir gespielt. Erreiche vollkommene Herrschaft über ihn. Es gelingt dir leicht durch die Praxis von Yoga.
Beobachte und durchtrenne und zerschneide die Gedanken, sobald sie aus dem Geist aufsteigen. Töte sie auf der Stelle. Wenn dir dies schwierig erscheint, werde ihnen gegenüber gleichgültig. Stoße dich nicht an ihnen. Erlaube ihnen, ihre Form anzunehmen. Sie werden bald von selbst absterben. Oder du kannst die Gedanken manchmal zertrennen, und wenn du dessen müde bist, wende die Methode des Gleichgültigbleibens an. Die zweite Methode ist einfacher. Wenn man einen Affen an einen Pfahl bindet, wird er noch wilder; wenn man ihm gestattet, sich nach Lust und Laune zu bewegen, ist er nicht gar so wild. Genauso, wenn man versucht, den Geist auf einen Punkt zu heften, wird er noch ungestümer. So kommen Anfängern die verschiedensten schlechten Gedanken in den Geist, wenn sie sich konzentrieren. Sie brauchen deswegen aber nicht unnötig alarmiert zu sein. Wenn es dir schwerfällt, den Geist in einen Punkt zu fixieren, erlaube ihm, eine Zeitlang wie ein Affe herumzuspringen. Ringe nicht mit dem Geist. Bald ist er erschöpft und wartet dann darauf, deinen Befehlen zu gehorchen. Jetzt kannst du leicht mit ihm fertig werden.
Befreie dich aus der Tyrannei des Geistes. Er hat dich so lange erbarmungslos gequält. Du hast ihm erlaubt, sich in Sinnenfreuden zu ergehen und seinen Willen zu haben. Nun ist es an der Zeit, ihn zu zügeln, so wie ein wildes Pferd gezügelt würde. Sei geduldig und ausdauernd. Praktiziere täglich Gedankenleere oder Hemmen der Gedanken. Zu Beginn ist es vielleicht schwierig. Tatsächlich wird es abstoßend und anstrengend sein, aber der Lohn ist groß. Der Ertrag ist Unsterblichkeit, höchste Freude, ewiger Frieden und unendliche Wonne. Deshalb übe fleißig mit rechtem Ernst. Es ist der Mühe wert. Sei wachsam. Wenn der Wunsch aufrichtig und der Entschluß fest ist, gibt es nichts unter der Sonne, das unmöglich wäre. Nichts kann dir im Wege stehen. Wenn der Versuch scheitert, sei nicht entmutigt. Denke an die faszinierende Geschichte vom furchtbaren Kampf zwischen Herkules und dem gewaltigen Riesen. Auf seiner Reise auf der Suche nach Abenteuern begegnete Herkules einem Monster, das von der Natur so wunderbar ersonnen war, daß es jedesmal wenn es die Erde berührte, zehnmal stärker wurde als es vorher war! Wenn du an diese Geschichte denkst, wirst du innere Kraft und Mut entwickeln. Du wirst auf jeden Fall erfolgreich sein.
Erkenne, daß du weder Körper noch Geist bist, daß du nie geboren wurdest und nie sterben wirst, daß du unbesiegbar bist, daß nichts auf dieser Welt dich verletzen kann, daß du die Sonne bist, um die das ganze Universum kreist. Das gesamte Wissen ist im Innersten deines Herzens angehäuft. Nimm den Schlüssel und öffne die Tore der Erkenntnis. Yoga ist der Schlüssel. Du wirst ungetrübten Frieden, wunderbare Selbstkontrolle und ungeheure Willenskraft erlangen.
Siehe! Dort an den Ufern des heiligen Ganges in Rishikesh, Himalayas, sitzt ein Weiser, ein Paramahamsa Sannyasin, der achtzig Lenze zählt, mit leuchtenden Augen, heiterem Gesicht, magnetischer Ausstrahlung und strahlender Gesichtsfarbe, nur mit einem Leinentuch bekleidet. Neben ihm ist eine kleine Grashütte unter einem Baum. In der Hütte sind eine kleine Holzschale (Kamandalu) für Wasser und ein gewöhnlicher Stock. Das ist sein ganzer persönlicher Besitz. Er sitzt immer da in meditativer Stimmung. Niemals spricht er und lacht auch nicht, aber gelegentlich nickt er mit seinem runden Kopf und lächelt sanft. Er rührt sich niemals vom Fleck. Er ist unberührt von der Hitze der Sommersonne und der beißende Kälte des Winters. Er nimmt niemals Decken, nein, nicht einmal im Winter. Welch wunderbare Duldungskraft! Er lebt nur von ein wenig Milch und Früchten. Sein Herz ist erfüllt von Reinheit, Barmherzigkeit, Mitgefühl, Sympathie und Liebe!
Menschen aus allen Landesteilen strömen zu Hunderten und Tausenden in jeder Jahreszeit zu ihm mit Blumen und Früchten in Händen, verbeugen sich zu seinen heiligen Füßen, erweisen ihm Ehre mit ihren Opfergaben und verlassen den Ort, nachdem er sie bereitwillig gesegnet hat. Er spricht niemals, doch in seiner bloßen Gegenwart klären sich alle Zweifel. Die Menschen vergessen die Welt, ihre Familien, ihre Kinder. Sie baden in seiner magnetischen Aura. Das ist der segensreiche Einfluß eines befreiten Heiligen, der wahrlich ein Leuchtfeuer für die gesamten Welt ist.
Nun haben wir hier einen Menschen, der im betriebsamsten Teil einer Großstadt lebt. Er hat ein fettes Gehalt. Er gibt die Hälfte davon für Trinken und Spiele aus. Die andere Hälfte für Kino und Freudenmädchen. Er ißt Fisch, Fleisch und raucht viel. Er verschuldet sich jeden Monat und hat Probleme, über die Runden zu kommen. Er verabscheut Weise und Heilige. Er glaubt nicht an Gott und die Schriften. Er ist sehr hartherzig. Er besucht Bälle und Theater, geht um 2.00 zu Bett und steht um 9.00 auf. Sein Gesicht ist gramerfüllt, obwohl er teure feine Seidengewänder trägt. Er ist immer betrübt und deprimiert. Sein Herz ist voller Lust, Zorn, Habgier, Eitelkeit, Heuchelei und Egoismus. Vergleiche für einen Augenblick das Leben dieses Menschen mit jenem hochherzigen Weisen aus dem Himalaya! Sie sind zwei entgegengesetzte Pole. Der eine ist ein Gottmensch, der andere ein Tiermensch. Wenn aber der Tiermensch die Gesellschaft des Gottmenschen sucht, wird er sicherlich seine alten schmutzigen Gewohnheiten aufgeben. So wie durch Berührung mit dem Stein des Weisen Eisen in Gold verwandelt wird, wird auch der Tiermensch radikal in einen wirklichen Heiligen verändert durch ständigen Kontakt mit einem fortgeschrittenen Yogi.
Lieber Freund! Erschlage gnadenlos diese Schlange der Unwissenheit. Erlange Selbsterkenntnis. Das wird dir Freiheit, Befreiung bringen. Unwissenheit ist dein tödlichster Feind. Er hat das Juwel der Weisheit ganze Zeitalter lang gestohlen. Erhebe dich über Versuchungen dieser kleinen Welt. Diese Welt ist die Fünf-Minuten-Show, inszeniert vom Gaukler Maya, dem Geist. Vorsicht. Geh nicht in die Falle. Geld, Frauen, Macht, Ruhm und Ehre - dies sind die fünf verführerischen Köder von Maya. Wer diesen täuschenden Ködern nicht zum Opfer gefallen ist, wird sicherlich an das jenseitige Ufer von Unsterblichkeit und Furchtlosigkeit gelangen, das Ufer jenseits von Dunkelheit, wo immerwährende Freude und ewiger Sonnenschein herrschen. Erreiche diese Ufer durch unermüdlichen Kampf, feste Disziplin und strenge Yogapraxis.
Aus dem Zustand des Geistes und aus Gefühlen und Verhalten kann die Natur von Handlungen in früheren Leben verstanden werden, und es ist möglich, die Auswirkungen schlechter Handlungen durch gute Handlungen, Tapas, Disziplin und Meditation aufzuheben oder ihnen entgegenzuwirken. Versuche, verhaftungslos zu leben. Schule den Geist sorgfältig. Niemand ist frei von Schmerzen, Krankheiten, Sorgen und Schwierigkeiten. Es gilt, in der göttlichen Natur zu ruhen. Nur dann wirst du die Kraft schöpfen, den Schwierigkeiten des Lebens zu begegnen. Nur dann wird der Geist ausgeglichen sein. Nur dann wirst du nicht von äußeren morbiden Einflüssen und unharmonischen Schwingungen berührt sein. Regelmäßige Meditation am Morgen gibt neue Kraft und ein inneres Leben von Freude und Wonne. Praktiziere Meditation. Fühle diese Freude und Wonne trotz stürmischer Umstände und widriger Bedingungen. Allmählich wächst du spirituell. Du wirst Selbstverwirklichung erlangen.
Beende diese Taktik von Essen, Trinken und Vergnügen. Siehe immer nach oben und nach vorne. Habe ein Ideal vor Augen. Werde ihm um jeden Preis gerecht. Du kannst so groß werden wie jeder andere. Gib diesen Minderwertigkeitskomplex auf. Gib auch den Überheblichkeitskomplex auf. Der Gedanke von Unterlegenheit und Überlegenheit entsteht aus Unwissenheit. Der Minderwertigkeitskomplex verursacht Sorge. Der Überheblichkeitskomplex verursacht Stolz und Eitelkeit. Schalte das ewige Licht im Innersten des Herzens an. Lasse die göttliche Flamme stetig brennen. Speise sie regelmäßig. Lege dein ganzes Herz und deine ganze Seele in spirituelle Praktiken. Verschwende keine einzige Minute. Sei hartnäckig und systematisch in deinem Sadhana. Sammle all deine Kräfte ordentlich und machtvoll, so wie ein Generalleutnant die Armeen auf dem Schlachtfeld sammelt. Alles Leid wird bald dahinschmelzen. Du wirst als glorreicher Jivanmukta mit höchster Verwirklichung erstrahlen. Jedes Gefühl von Getrenntsein, Unterscheidung, Dualität und Unterschied wird aus deinem Blick verschwinden. Du wirst überall Einheit und Einssein fühlen. Du wirst spüren, es gibt nichts außer Brahman oder Gott. Mit welch großartiger Vision bist du gesegnet! Welch erhabener Zustand, welch großartige, ergreifende und erstaunliche Erfahrung wirst du machen! Du wirst sprachlos sein. Dieser Zustand ist unbeschreiblich. Er muß durch direkte intuitive Wahrnehmung erfahren werden.
Halte jeden Morgen Innenschau und prüfe die verschiedenen Winkel und Ecken deines Herzens. Der Geist ist sehr diplomatisch und gerissen. Das Ego behält sich einige Wünsche zurück, um sie heimlich zu befriedigen. Viele Wünsche lauern in deinem Geist. Es ist sehr schwierig, sie aufzustöbern. Suchende, die von ihrer Gelehrtheit und einigen Siddhis aufgeblasen sind, können solch unterschwelligen Wünschen in ihrem Geist nicht auf die Spur kommen. Sie geben sich als große Yogis aus, halten in verschiedenen Teilen der Welt Vorträge, bauen Ashrams und gewinnen Schülerinnen. Nichtsdestoweniger muß jedoch gesagt sein, daß ihre Reden keinen nachhaltigen Eindruck im Geist ihrer Zuhörer hinterlassen. Diese Reden sind wie leere Patronen. Die geheimen Wünsche attackieren den Yogaschüler erbarmungslos, immer wenn sich eine passende Gelegenheit bietet, und zerstören all seine edlen Eigenschaften und erhabenen Gedanken. Sie prallen voll Rache und mit doppelter Kraft auf den Yogaschüler zurück und führen zu einem hoffnungslosen und beispiellosen Rückschlag. Menschen mit reinem und feinstofflichem Intellekt, die stets an Gott denken, die nach Vereinigung mit Ihm dürsten und täglich Innenschau, Selbstanalyse und Meditation praktizieren, werden solch lauernde Wünsche aufstöbern können, niemand sonst. Wer alle Wünsche aufgegeben hat und frei ist von jedem Verlangen, erlangt immerwährenden Frieden. Er genießt das höchste Glück. Je weniger Wünsche vorhanden sind, desto größer das Glück. Dieser wunschlose Yogi, der nur mit einem Leinentuch und einer Decke durch die Welt zieht, ist der glücklichste Mensch in allen drei Welten.
Selbstsucht ist ein negatives Attribut des niedrigen Geistes. Sie ist eine Erscheinungsform von Wünschen, die in einem mit Leidenschaft erfüllten Geist entstehen. Sie ist das erstgeborene Kind von Unwissenheit und Nichtunterscheidung. Sie ist das größte Hindernis für die Yogapraxis. Sie zieht das Herz ad infinitum zusammen und intensiviert die Vorstellung des Getrenntseins von anderen. Selbstsucht geht einher mit Egoismus, Heuchelei, Eitelkeit, Geiz, Gerissenheit, Unehrlichkeit und Stolz.
Wie kann diese Selbstsucht ausgerottet werden? Die Antwort ist einfach genug. Selbstloses Dienen, in der einen oder der anderen Form, die Pflege der entgegengesetzten tugendhaften Eigenschaften, nämlich Edelmut, Großherzigkeit, Uneigennützigkeit, Integrität, Großzügigkeit, ein barmherziges Wesen, Erbarmen und universelle Liebe - all dies wird den Weg ebnen für die Ausrottung dieser schrecklichen Krankheit, des tödlichen Feindes von Frieden und Yoga. Das Positive besiegt das Negative. Das ist ein unfehlbarer Richtspruch im Yoga.
Um die grundlegenden Bestandteile der Yogapraxis zusammenzufassen: Sei absolut furchtlos, achte jedes atmende Geschöpf, respektiere die Wahrheit, sei enthaltsam, nicht habgierig, lebe ein Leben in Zufriedenheit, übe Askese und sei frei von Zorn und Heuchelei. Moralische Vortrefflichkeit ist nicht das letzte Ziel des Lebens, sondern sie ist nur das Mittel zu diesem Zweck. Wenn der Yogi in diesen Tugenden fest verankert ist, erlangt er gewisse Kräfte, wie Wirksamkeit der Sprache, Erhalt von Reichtum, ohne etwas dazu zu tun, Kraft von Körper und Geist, klares und exaktes Verstehen von Lebensvorgängen, Klarheit der Gedanken, stetige Achtsamkeit, Beherrschung der Sinne und unglaubliche Freude und Intuition.
Geliebtes unsterbliches Selbst! Halte das Schweigegelübde. Halte den Geist voll beschäftigt. Sitze in deiner Lieblingsasana und meditiere regelmäßig. Singe den Namen des Herrn. Rolle die Perlen. Studiere die Schriften. Praktiziere Zölibat. Iß jeden Morgen Mandeln mit Kandiszucker1. Konsultiere keine Ärzte. Denke nicht an deine Krankheit. Wende den Geist vom Körper ab. Sei immer fröhlich. Lächle, pfeife, lache und tanze in Freude und Ekstase. Denke an Gott und meditiere über Ihn mit wahrer Hingabe und Gefühl und gehe in Ihm auf. Das ist das Ziel des Lebens. Du hast es erreicht, nach mehreren Jahren langen und fortgesetzten Kampfes, den du mit Eifer und Enthusiasmus geführt hast. Nun bist du ein Jivanmukta geworden (eine zu Lebzeiten befreite Seele). Ich grüße dich, ich grüße dich, tausendmal grüße ich dich, mein Kind!

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