Swami Sivananda

Neun Formen von Bhakti Yoga Sadhana

Im Srimad Bhagavata und dem Vishnu Purana heißt es, die neun Formen von Bhakti sind Sravana (das Hören von Gottes Lilas und Geschichten), Kirtana (das Singen Seiner Herrlichkeit), Smarana (das Denken an Seinen Namen und Seine Gegenwart), Padasevana (Dienen zu Seinen Füßen), Archana (Anbetung Gottes), Vandana (Verbeugung vor dem Herrn), Dasya (Pflege des Bhava, ein Diener Gottes zu sein), Sakhya (Pflege des Bhavas des Freundes), Atmanivedana (völlige Hingabe seiner selbst).
Ein Gläubiger kann die Bhaktimethode praktizieren, die ihm am meisten liegt. Dadurch wird er göttliche Erleuchtung erlangen.
 

1. Sravana

Sravana ist das Hören von Gottes Lilas. Sravana umfaßt das Hören von Gottes Tugenden, Herrlichkeiten, Spielen und Geschichten in Verbindung mit Seinem göttlichen Namen und Seiner göttlichen Gestalt. Der Gläubige geht im Hören der göttlichen Erzählungen auf, und sein Geist löst sich auf im Gedanken an Göttlichkeit, er ist unfähig, an Ungöttliches zu denken. Der Geist verliert sozusagen den Zauber an der Welt. Der Gläubige denkt an nichts anderes als an Gott.
Sri Sankaracharya sagt:

„Die Gesellschaft von Weisen, auch nur für einen Moment, wird zum Boot, um den Ozean von Samsara zu überqueren.“ Ohne Satsang wird das Sadhana nicht vollkommen und stark. Die Feste des Sadhana muß auf den Fundamenten von Satsang errichtet werden. Bloße Askesen sind nicht das Ziel des Sadhana. Satsang erleuchtet den Gläubigen und beseitigt seine Unreinheiten. Nur dann können die subtilen Wahrheiten vom Gläubigen richtig begriffen werden. Sri Krishna sagt zu Uddhava, daß nichts anderes als Satsang allen weltlichen Verhaftungen ein Ende bereiten kann. Im Bhagavata Mahatmya heißt es, daß es das beste Dharma in dieser Welt ist, die Herrlichkeit des Herrn zu hören. Denn dadurch gelangt man zum göttlichen Ort.

2. Kirtana

Kirtana ist das Singen der Herrlichkeiten des Herrn. Der Gläubige erschaudert in göttlicher Emotion. Er verliert sich in der Liebe zu Gott. Seine Haare sträuben sich vor höchster Liebe zu Gott. Er weint, wenn er an die Herrlichkeit Gottes denkt. Seine Stimme versagt, und er fliegt in einen Zustand göttlichen Bhavas. Der Gläubige ist ständig mit Japa über den Namen des Herrn beschäftigt und beschreibt jedem Seine Herrlichkeiten. Überall, wo er geht, beginnt er, Gottes Lob zu singen. Er fordert jeden auf, an seinem Kirtan teilzunehmen. Er singt und tanzt in Ekstase. Er bringt so auch andere zum Tanzen.
Solche Übungen müssen Ergebnis eines reines Herzens sein, und nicht nur Show. Gott kennt das innerste Geheimnis eines jeden, und niemand kann ihn betrügen. Es muß vollkommene Aufrichtigkeit herrschen, und alle Handlungen müssen der natürliche Ausdruck des Herzens sein. Dies ist der allereinfachste Weg, um zu Gott zu kommen. Im Kali Yuga, dem eisernen Zeitalter, ist Kirtan allein der beste Yoga - ›Kalau Kesavakirtanam.‹ Dies ist die für dieses Zeitalter vorgeschriebene Methode der Hingabe. Der Geist ist immer mit dem Singen des Namens des Herrn und seiner Herrlichkeit beschäftigt und hat keine Gelegenheit, sich für die Dinge der Welt zu interessieren. Tag und Nacht fühlt der Gläubige die Gegenwart Gottes und schwächt sein Ego. Er wird sattvig und rein im Herzen.

3. Smarana

Smarana bedeutet, zu jeder Zeit an den Herrn zu denken. Es ist das ununterbrochene Denken an Name und Form des Herrn. Der Geist denkt an kein Objekt der Welt, sondern ist immer davon in Anspruch genommen, allein des glorreichen Herrn zu gedenken. Der Geist meditiert über das, was er über die Herrlichkeit Gottes, Seine Tugenden, den Namen, etc. gehört hat, vergißt sogar den Körper und ist zufrieden im Gedenken an Gott wie Dhruva oder Prahlada. Auch Japa ist nichts anderes als Denken an Gott und fällt unter diese Kategorie von Bhakti. Daran denken schließt auch ein, zu jeder Zeit Geschichten über Gott zu hören, über Gott zu sprechen, anderen über Gott zu lehren, Meditation über die Eigenschaften Gottes, etc. Daran denken hat keine bestimmte Zeit. Zu jeder Zeit muß an Gott gedacht werden, ohne Unterbrechung, solange das Bewußtsein funktioniert. Gleich vom Aufstehen am Morgen an, solange bis er nachts vom Schlaf völlig überwältigt wird, denke der Mensch an Gott. Es gibt keine andere Pflicht auf der Welt als das Denken an Gott. Schon alleine das Denken an Gott kann alle weltlichen Samskaras vernichten. Bereits das Denken an Gott allein kann den Geist von den Sinnesobjekten wegführen. Normalerweise strebt der Geist nach außen. Aber das Denken an Gott wendet ihn nach innen und erlaubt ihm nicht, zu bestimmten Objekten der Welt zu wandern. Denken an Gott ist eine sehr schwierige Sadhanamethode. Es ist nicht möglich, immer und allezeit an Gott zu denken. Der Geist wird den Menschen betrügen. Er denkt vielleicht, er meditiert über Gott, tatsächlich aber träumt er von einem Objekt der Welt oder von etwas, das mit Ruhm und Ehre verbunden ist. Gedenken ist gleichbedeutend mit Konzentration oder Meditation. Alle Eigenschaften, die ein Raja Yogi für die Praxis der Meditaton vorschreibt, muß sich der Bhakta, der Smarana Bhakti praktizieren will, aneignen. Smarana bedeutet, gegen den machtvollen Strom des Flußes der Maya anzuschwimmen. Smarana führt zu ausschließlicher Meditation über Gott, so wie es im Raja Yoga geschieht.

4. Padasevana

Padasevana ist Dienen zu Füßen des Herrn. Tatsächlich kann dies nur von Lakshmi oder Parvati getan werden. Kein sterbliches Wesen hat das Glück, diese Art von Bhakti zu üben, da der Herr für die physischen Augen unsichtbar ist. Aber es ist möglich, dem Bild Gottes in Bildern zu dienen, oder besser noch, in der ganzen Menschheit Gott zu sehen. Das ist Padasevana. Padasevana ist Dienst an Kranken. Padasevana ist Dienst an Armen. Padasevana ist Dienst an der ganzen Menschheit überhaupt. Das ganze Universum ist nichts anderes als Virat Swaroopa. Dienst an der Welt ist Dienst an Gott.
Dienst zu den Füßen des Herrn kann durch formale Verehrung von Murtis oder Darstellungen in Tempeln oder eines geistigen Bildes von Gott geschehen.

5. Archana

Archana ist Verehrung des Herrn. „Wer in dieser Welt Gottesdienst für Vishnu ausführt, erlangt den unsterblichen und wonnevollen Zustand von Moksha.“ So sagt das Vishnu Rahasya. Gottesdienst kann entweder mit einer Darstellung oder einem Bild erfolgen oder sogar in geistiger Form. Das Bild muß für den Geist des Verehrenden angenehm sein.
Gottesdienst kann entweder mit äußeren Materialien oder nur durch ein inneres Bhava oder starkes Gefühl getan werden. Letzteres ist eine fortgeschrittene Form von Gottesdienst, die nur Menschen mit gereinigtem Verstand vollziehen können. Der Gottesdienst muß nach den Regeln erfolgen, die im Varnashrama Dharma festgelegt sind, oder im Falle fortgeschrittener Gläubiger kann sie in jeder Weise beliebig getan werden. Die Absicht des Gottesdienstes ist es, dem Herrn zu gefallen und das Herz durch Hingabe des Egos und Liebe zu Gott zu reinigen.
Armen zu dienen und Heilige zu verehren ist ebenfalls Verehrung des Virat Swarupa des Herrn. Der Herr erscheint in allen Formen. Er ist alles. Die Schriften sagen, daß nichts anderes als der Herr als empfindende und nicht empfindende Wesen erscheint. Der Gläubige muß Narayana Bhava oder Ishvara Bhava allen Wesen gegenüber haben. Er muß alle Geschöpfe, auch den Wurm, als nichts anderes sehen als Gott. Das ist die höchste Form der Verehrung.

6. Vandana

Vandana ist Gebet und Verbeugung. Demütige Niederwerfung vor einer Darstellung Gottes, wobei die Erde mit den acht Gliedern des Körpers (Sashtanga Namaskara) berührt wird, mit Glauben und Ehrfurcht, oder die Verbeugung vor allen Wesen im Wissen, daß sie Formen des einen Gottes sind, wobei man in der göttlichen Liebe zum Herrn aufgeht, das wird als Verbeugung vor Gott bezeichnet. Das Bhagavata sagt: „Himmel, Luft, Feuer, Wasser, Erde, Sterne, Planeten, Kardinalpunkte (Himmelsrichtungen), Bäume, Flüsse, Ozeane und alle Lebewesen bilden den Körper von Sri Hari. Der Gläubige verbeuge sich vor allem mit absoluter Hingabe im Bewußtsein, er verbeugt sich vor Gott Selbst.“ Sri Krishna sagt zu Uddhava: „Ohne auf Spötter zu achten, den Körper vergessend und ohne Scham, verbeuge man sich vor allen Wesen, selbst vor dem Hund, dem Esel, dem Chandala und der Kuh. All das bin Ich, und es gibt nichts außer Mir Selbst.“
Das Ego oder Ahankara wird durch frommes Gebet und Verbeugung vor Gott vollständig ausgelöscht. Die göttliche Gnade senkt sich auf den Gläubigen herab, und der Mensch wird Gott.

7. Dasya

Dasya Bhakti ist die Liebe zu Gott durch das Gefühl, Diener zu sein. Gott zu dienen und Seine Wünsche zu erfüllen, Seine Tugenden, Seine Natur, Sein Geheimnis und Seine Herrlichkeit zu verwirklichen, indem man sich selbst als Gottes, des höchsten Meisters, Sklaven sieht, ist Dasya Bhakti.
Den Murtis in den Tempeln zu dienen und sie zu verehren, Tempel zu fegen, über Gott zu meditieren und geistig ihm wie ein Sklave zu dienen, Heiligen und Weisen zu dienen, denen zu dienen, die an Gott glauben, den Armen und Kranken zu dienen, die Formen Gottes sind, auch das ist in Dasya Bhakti beinhaltet.
Den Worten der Schriften zu folgen, gemäß den Anweisungen der Veden zu handeln, sie als die direkten Worte Gottes zu sehen, ist Dasya Bhakti. Gemeinschaft mit und Dienst an liebestrunkenen Gläubigen und Dienst für diejenigen, die Wissen über Gott besitzen, ist Dasya Bhakti. Die Absicht, die hinter Dasya Bhakti steht, ist, immer mit Gott zu sein, um ihm Dienste anzubieten, Seine göttliche Gnade zu gewinnen und dadurch Unsterblichkeit zu erlangen.

8. Sakhya

Sakhya Bhava ist die Pflege des Gefühls der Freundschaft mit Gott. Die Familienmitglieder von Nanda Gopa pflegten diese Bhakti. Arjuna pflegte diese Art von Bhakti. Das Bhagavata sagt: „Oh wie wundervoll ist das Geschick der Menschen von Vraja des Kuhhirten Nanda, deren lieber Freund das vollkommene, ewige Brahman absoluter Wonne ist!“
Immer mit dem Herrn zu sein, Ihn als lieben Verwandten oder Freund zu behandeln, der zur Familie gehört, jederzeit in seiner Gesellschaft zu sein, Ihn als das eigene Selbst zu lieben, ist Sakhya Bhava des Bhakti Marga. Der Gläubige mit Sakhya Bhava beginnt eifrig jede Arbeit des Herrn, und er läßt auch die wichtigste, unaufschiebbarste und dringlichste Arbeit liegen, wobei er eine Haltung annimmt, die ihn persönliche Arbeit vernachlässigen läßt, um sich völlig mit der Liebe zum Herrn zu befassen. Auf welche Weise lieben Freunde, wirkliche Freunde, in dieser Welt? Welches Maß an Liebe haben sie zueinander? Eine solche Liebe wird anstatt zu einem Menschen zu Gott entwickelt. Körperliche Liebe wird in spirituelle Liebe verwandelt. Das Weltliche wird in das Ewige verwandelt.

9. Atma Nivedana

Atma Nivedana ist Selbsthingabe. Im Vishnu Sahasranama heißt es: „Das Herz eines Menschen, der Zuflucht bei Vasudeva gesucht hat und Vasudeva ganz ergeben ist, wird völlig gereinigt, und er erlangt Brahman, das Ewige.“
Der Gläubige opfert alles Gott, einschließlich seines Körpers, seines Geistes und seiner Seele. Er behält nichts für sich selbst. Er verliert sich sogar selbst. Er hat kein persönliches unabhängiges Sein. Er hat sich selbst Gott gegeben. Er ist zu einem Teil von Gott geworden. Gott sorgt für ihn, und Gott behandelt ihn als Sein Selbst. Kummer und Sorge, Freude und Schmerz, der Gläubige sieht sie als von Gott gesandte Gaben und hängt nicht an  ihnen. Er sieht sich als eine Marionette Gottes und als ein Werkzeug in den Händen Gottes. Er fühlt nicht egoistisch, denn er hat kein Ego. Sein Ego ist auf Gott übergegangen. Es ist nicht seine Pflicht, sich um Frau, Kinder, etc. zu kümmern, denn er hat kein von Gott getrenntes unabhängiges Sein. Gott kümmert sich um alles. Er weiß, wie die Welt auf den richtigen Pfad zu führen ist. Man braucht nicht meinen, man sei geboren worden, um die Welt zu führen. Gott ist da, der nach all dem sieht, wovon der Mensch nicht einmal träumen kann. Er hat keine sinnlichen Begierden, denn er hat keinen Körper, da er ihn Gott überlassen hat. Er bewundert oder liebt seinen Körper nicht, denn es ist Gottes Angelegenheit, danach zu sehen. Er fühlt allein die Gegenwart Gottes und nichts sonst. Er ist furchtlos, denn Gott hilft ihm jederzeit. Er hat keinen Feind, denn er hat sich Gott hingegeben, der keine Feinde oder Freunde hat. Er kennt keine Sorge, denn er hat alles erlangt, da er die Gnade Gottes erlangt hat. Er hat nicht einmal den Gedanken an Befreiung; ja er wünscht nicht einmal Befreiung; er will nur Gott und nichts anderes als Gott. Er ist zufrieden mit der Liebe zu Gott, denn dadurch gibt es nichts, was er nicht schon erreicht hätte. Was gäbe es noch zu erlangen, wenn Gott Seine Gnade über den Gläubigen ergossen hat? Der Gläubige will nicht Zucker werden, sondern Zucker schmecken. Der Genuß besteht darin, Zucker zu schmecken, nicht Zucker zu werden. So spürt der Gläubige, daß höchste Freude eher darin besteht, Gott zu lieben als Gott zu werden. Gott wird sich voll und ganz um den Gläubigen kümmern. „Ich bin Dein.“ sagt der Gläubig

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