Swami Sivananda

Sadhana zur Beherrschung des Geistes

Man achtet sehr auf den Körper. Man möchte ihn sauber, gesund, schön und stark haben. Man badet mit duftender Seife und heißem Wasser. Man gibt ihm regelmäßig nahrhafte Speisen. Beim kleinsten Schmerz oder einer Krankheit wird Medizin verabreicht. Man geht zum Arzt. Aber kein Gedanke wird auf das viel wichtigere verschwendet - den Geist. Der Körper ist nur die äußere Erscheinung, eine Projektion des Geistes. Der Geist arbeitet durch Sinne und Sinnesorgane. Wenn es dem Geist gut geht, geht es dem Körper gut. Wenn der Geist kränkelt, wird der Körper krank. Der Geist ist alles. Er kontrolliert das ganze Leben. Von ihm hängen Glück und Kummer, Erfolg und Niederlage ab. ›Mana eva Manusyanam Karanam Bandha Mokshayoh‹, sagen die Upanishaden. Und weiter: ›Yena Mano jitam Jagat Jitam Tena.‹ Das ist die große Wahrheit. Wie du denkst, so wirst du. Verstehst du nun, wie überaus wichtig es ist, den Geist zu kontrollieren, zu trainieren und schließlich zu überwinden? So lange hast du dich nicht um die Pflege des Geistes gekümmert. Kümmere dich von nun an um dieses lebenswichtige Thema. Beherrschung des Geistes bedeutet Erfolg in allen Lebensbereichen. Um diese Herrschaft zu erlangen, muß der Geist erforscht werden. Seine Natur, seine Gewohnheiten, seine Tricks und die wirksamen Methoden, um ihn zu zügeln, müssen verstanden werden.
Der Geist ist ein Bündel von Wünschen, Gedanken, Gefühlen und Emotionen. Er ist nichts als eine Ansammlung von Samskaras, von Wünschen, die durch den Kontakt der Sinnesorgane mit verschiedenen Objekten entstehen, von Gefühlen, die durch weltliche Belästigungen geweckt werden, und von Ideen, die aus den verschiedensten Objekten zusammengesammelt sind. Diese Wünsche, Gefühle und Ideen sind nicht von Bestand, sie verändern sich dauernd. Die einen gehen plötzlich unter, und andere nehmen ihren Platz ein wie die Wellen im Meer. Alte verlassen den Speicher, den Geist, und neue ersetzen sie sofort. Er ist auch ein Bündel von Gewohnheiten. Die schlechten Gewohnheiten und Vorurteile, obwohl sie durch die eigene Natur verdeckt sind, steigen hoch und nehmen die Oberfläche des Geistes ein, sobald sich die Möglichkeit bietet.
Das philosophische System der Vedanta sagt, der Geist ist mittelgroß (so groß wie der Körper), er ist atomar (Anu), sagt die Nyaya Schule, und Patanjali Maharishi sagt im Raja Yoga, daß er Vibhu (alldurchdringend) ist. Die meisten westlichen Ärzte, die immer noch in tiefster Dunkelheit tappen, sagen, er sei eine Absonderung des Gehirns, wie Gallenflüssigkeit von der Leber.
Sri Krishna sagt: „Die Sinne, deren sechster der Geist ist, (Manah shashtanindriyani).“ - Gita, Kap. XV.7. Hier sind die fünf Sinne die fünf Jnana Indriyas, nämlich: Ohr, Haut, Zunge, Nase, Auge; und der Geist wird als sechster bezeichnet. Der Geist ist der gemeinsame Sinn und eine Summe der fünf Sinne. Da alle fünf Sinne mit ihm verbunden sind, kann der Geist sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen, unabhängig von den Sinnen.
Der Geist nimmt sofort die Form jeden Objekts an, an das er denkt. Wenn er an eine Mango denkt, nimmt er die Form einer Mango auf. Er entwickelt Verhaftung an die Mango. Nun entsteht im Geist das Verlangen, sie zu kosten. Dann faßt der Geist den festen Entschluß, diese Mango zu essen und sich zufriedenzustellen. Ein Gedanke folgt dem anderen. Der Gedanke an die Mango bringt sofort den Gedanken an den Mangoverkäufer mit sich, an den Baum, den Garten, in dem der Baum steht. Und so weiter und so fort. Das ist die Ausweitung der Gedanken, Sankalpas. Die ganze Welt ist nichts anderes als eine Ausweitung von Sankalpas. Diese Ausweitung von Sankalpas des Geistes zu den verschiedenen Objekten hin, nennt man BINDUNG. Die Menschen heutzutage haben kein richtiges Verstehen, können nicht unterscheiden zwischen dem Unwahren und dem Wahren. Sie sind vollständig von Maya verblendet. Sie sind in den starken Fängen, im Krokodilsmaul von Maya. Sie sind weltlichen Wünschen und Vergnügungen zum Opfer gefallen. Deshalb sind sie Opfer dieser Bindung und vergessen vollkommen ihr göttliches Geburtsrecht - Befreiung von der schrecklichen Krankheit von Geburt und Tod und das Erlangen von Unsterblichkeit, das ewige Leben und die letztendliche Glückseligkeit!
Der Geist jedoch ist ein Affe, der von einem Ort zum anderen springt. Er ist wie die Luft, die sich stets bewegt (Chanchala). Wie das Quecksilber verstreut er seine Strahlen über verschiedene Objekte. Wegen seines leidenschaftlichen Ungestüms kann er auch mit einem wilden Elefanten verglichen werden. Wie der Fisch auf dem Trockenen dürstet er immer danach, seinen schlechten Gewohnheiten nachzugehen und schlechte verderbliche Gedanken zu hegen. Man nennt ihn auch „Großer Vogel“, weil er von einem Objekt zum anderen fliegt, so wie ein Vogel von einem Baum zum anderen wandert, von einem Platz zum  anderen,  von einem Zweig zum anderen, von einem Ort zum anderen.
Der letzte Gedanke bestimmt die nächste Geburt. „Wer am Ende den Körper verläßt und an irgendein Wesen denkt, geht zu diesem Wesen, Oh Kaunteya! wegen des ständigen Gedankens an dieses Wesen.“ Gita, Kap.VIII.6. Der Gedanke, den du beim letzten Atemzug hegst, bestimmt deine nächste Geburt. Dieser Gedanke hängt vollständig von den ständigen Wünschen und Ideen ab, die du dein ganzes Leben lang hattest.
Jeder Mensch hat einen bestimmten Standpunkt zum Leben; durch die Kraft des Geistes hat er ein bestimmtes  Denken, eine bestimmte Sehnsucht und Hoffnung und einen bestimmten Charakter, ein Temperament, einen Geschmack, eine Haltung. Um den Geist zufriedenzustellen werden diese Wünsche, Sehnsüchte, usw. immer wieder wiederholt, und das hinterläßt bestimmte Eindrücke im Unterbewußtsein. Diese Eindrücke nehmen eindeutige Formen im Unterbewußtsein an.
In der Stunde des Todes wird der ganze Speicher, das Unterbewußtsein, der gefüllt ist mit verschiedenen Gedanken, Gefühlen, Ideen, usw. umgewühlt, und der stärkste und am meisten gehegte Wunsch kommt an die Oberfläche des Unterbewußtseins, in den Bereich der geistigen Bewußtheit. Diese aufgeschlagene Butter oder Sahne (der Herzenswunsch) hält die Aufmerksamkeit fest, damit er sofort befriedigt werde. Nur an diesen Wunsch wirst du in der Stunde des Todes denken. Wenn du sehr an dein Hündchen verhaftet bist, wird der Gedanke an einen Hund zur Stunde des Todes kommen, und du wirst im nächsten Leben die Form eines Hundes annehmen. Wenn du immer an den Körper denkst und dich mit dem vergänglichen Körper identifizierst, wirst du wiedergeboren. Wenn du zu Lebzeiten immer an das Unsterbliche Selbst denkst, wirst du in der Stunde des Todes nur den Gedanken an den Atman haben und mit Sicherheit Freiheit von Tod und Geburt, Unsterblichkeit und immerwährende Wonne erlangen! Dazu bedarf es eines wohlgeordneten, vollendet disziplinierten, korrekt geformten, gut kontrollierten, reinen und auch hingebungsvollen Geistes. Besonders zu beachten! die Wichtigkeit von Sadhana, besonders der Geisteskontrolle, das zentrale Ziel von Sadhana!
Der Geist ist wie ein Spiegel. Wenn der Spiegel verstaubt und voller Schmutz ist, kannst du dein Gesicht nicht klar sehen. Und auch wenn der Geist schmutzig, voll Unreinheiten und im Netzwerk von Wünschen gefangen ist, kann der Atman, die Wahrheit nicht gefunden werden. So wie ein Ekzem am Bein oder Krätze an der Hand ständig juckt, juckt auch der Geist ständig von Lust. Reinige und kontrolliere den juckenden Geist durch die ununterbrochene, furchtlose und regelmäßige Praxis von Sadhana, Meditation, Hingabe, selbstlose Arbeit, durch Weisheit, Vichara, leichte sattvige Nahrung, Japa, das Studium der Gita, Satsang und Asanas.
Der Geist der meisten Menschen durfte wild umherziehen und seinem süßen Wollen und seinen Begierden folgen. Er ist wie ein verwöhntes Kind, mit dem die Eltern zu nachsichtig waren, oder wie ein schlecht dressiertes Tier. Die Geiste der meisten von uns sind wie eine Menagerie wilder Tiere, jedes folgt dem Hang seiner Natur und geht seinen eigenen Weg. Wie die leichte Feder im Wind und ein Schiff im schweren Sturm wird der Geist zwischen Objekten von Liebe und Haß herumgeschleudert. Er wirbelt weit und breit umher, wie ein streunender Straßenköter, sinnlos zwischen den Sinnesobjekten.
Er rast beim bloßen Anblick des mit Fleisch bedeckten und modisch mit bunten Seidenkleidern umhüllten Skeletts. Er ist berauscht von Reichtum. Er huscht in einem einzigen Augenblick geschwinder als Luft von Kalkutta nach New York. In einer Sekunde ist er in Paris und denkt an die neueste Mode. Kurz, er schwankt, ist aufgeregt und verwirrt. Er huscht von Objekt zu Objekt, ist ewig unzufrieden und nie befriedigt. Er genießt vergebens. Er weint vor Reue. Einen Augenblick lang ist er beschämt. Und dann wieder ist er stolzgebläht und gefüllt mit Ahamkara.
Der Geist richtet durch die Vorstellungskraft Schaden an. Eingebildete Ängste der unterschiedlichsten Art, Übertreibung, Erfindung, geistiges Dramatisieren oder Luftschlösserbauen, all das geschieht durch die Kraft der Vorstellung. Sogar ein vollkommen gesunder Mensch hat die eine oder andere Krankheit, hervorgerufen durch die Vorstellungskraft. Viel Energie geht durch eingebildete Ängste verloren. Der Geist schwindelt und spielt. Er will immer dieses oder jenes tun, und wenn er von etwas gefesselt ist, hängt er daran, fühlt sich unterhalten und glücklich. Ein Kartenspiel zum Beispiel hat nichts an sich, aber die Verhaftung und die Aufmerksamkeit geben das Vergnügen. Ohne zu wissen, daß diese augenblicklichen Freuden in Leid enden werden, erfreuen sich die Menschen daran und wiederholen dieselbe Handlung immer wieder. Diese üblen Handlungen werden im Lauf der Zeit zu schlechten Gewohnheiten. Dann wird es sehr schwierig, den Geist von solchen schlechten Gewohnheiten, die seit der Kindheit gepflegt wurden, abzubringen.
Durch Reinigung von Haital (gelbes Arsenopimentoxid) Bhasma zu machen, dauert sehr lange. Das Harital muß sieben Tage lang in Kuhurin eingeweicht werden, zehn Tage in Zitronenwasser und sieben Tage in Milch. Dann muß es hundertachtmal ausgebrannt werden, um es zu Bhasma (Asche) zu machen. Es dauert auch lange, den Geist zu reinigen und den Zustand von Glückseligkeit zu erreichen, aber der Erfolg ist bei diesem ernsten Unternehmen sicher und gewiß.
Strebe voller Eifer. Sei wachsam. Sei auf der Hut. Beobachte den Geist immer sehr sorgfältig. Kontrolliere die sich erhebenden Gefühle und blubbernden Gedanken. Gestatte den Wellen von Reizbarkeit, Eifersucht, Zorn, Lust und Haß nicht, sich im Geist zu erheben. Erlaube dem Strom von schlechten Gedanken, üblen Vorstellungen und lasterhaften Gedanken nicht, durch deinen Geist zu ziehen.
Der Geist wird gewöhnlich von strahlendem Licht, Schönheit, Intelligenz, mannigfaltigen Farben und angenehmen Tönen angezogen. Lasse dich nicht von diesen belanglosen Dingen verführen. Frage dich: „Was ist das Adhishthana, die Grundlage all dieser Dinge? Was ist der Hintergrund all dieser Dinge?“ Dann wirst du feststellen, daß tatsächlich eine Essenz hinter diesen Namen und Formen steckt - jenseits der Objekte dieses scheinbaren Universums der Sinne. Diese wahre Essenz ist der allerfüllende, allselige, alldurchdringende Atman, der allen Wesen innewohnt. Identifiziere dich mit diesem Atman, und du wirst das Höchste erreichen!
Das Positive siegt immer über das Negative - das ist ein Naturgesetz. Wenn die Sonne aufgeht, verschwindet der Nebel - das geschieht täglich. Wenn in einem dunklen Raum Licht gemacht wird, ist die Dunkelheit verschwunden - das ist etwas ganz Normales. Wenn du göttliche, tugendhafte Qualitäten aufbaust, werden die schlimmen Eigenschaften verschwinden. Wenn du neue erhabene Gedanken pflegst, werden die alten, lasterhaften Gedanken von selbst verschwinden. Mut bezwingt Furcht. Geduld bezwingt Zorn und Reizbarkeit. Liebe besiegt Haß. Reinheit besiegt Lust. Wende dieses Pratipaksha Bhavana an (die Methode der Meditation über das Gegenteil). Früh am Morgen, zur wertvollen Brahmamuhurta Zeit, meditiere über eine tugendhafte Eigenschaft. Denke an ihre einzelnen Merkmale, ihre Vorteile und einige moralische Geschichten, die von dieser Tugend handeln. Fühle Tag für Tag, daß du diese Tugend besitzt. Allmählich wird diese Tugend entwickelt. Das Laster wird zerstört. Die schlimmen Eigenschaften werden eine nach der anderen den Halt verlieren. Du kannst jetzt eine nach der anderen mit doppelter Kraft zügeln. Die üblen Gewohnheiten, die einst, seit undenklichen Zeiten bis jetzt, willkommen geheißen, gepflegt und genährt wurden, werden davonfliegen. Du wirst eine wunderbare Veränderung feststellen. Der Geist wird sich wohl fühlen. Er wird einpünktig.
Denke an den verborgenen Innewohnenden. Denke in jedem Augenblick nur an Seine Lilas. Unterscheide zwischen dem Wahren und Unwahren. Beschließe, Brahma Chintan zu machen. So wie Wasser mit Salz oder Zucker angereichert wird, so muß der Geist mit Gedanken an Gott oder Brahman angereichert werden, mit göttlicher Herrlichkeit, göttlicher Gegenwart und mit erhabenen, herzergreifenden und spirituell erweckenden Gedanken. Erst dann wird der einpünktige Geist immer im göttlichen Bewußtsein verankert sein.
Die Sinne durch Versenkung kontrollieren, Vairagya entwickeln, um die Sinne zu zügeln, Aufgeben der Objekte, die ein bestimmtes Indriya zu ergreifen versucht, das Dürsten nach Objekten und Sinnesvergnügen zerstören, Brahmacharya halten und den Geist allmählich auf den Ishta Devata heften - das ist höchste Gnade. Das muß Ziel des Lebens sein.
Nicht mehr an Gelagen teilnehmen und vulgäre Musik hören oder ins Kino gehen, nicht mehr begehrlich nach Frauen schauen, kein Parfüm mehr benutzen, um jeden Preis die Wahrheit sprechen, von einfacher, sattviger Nahrung leben, an Ekadasi Tagen fasten, wenig sprechen und Mauna halten - das ist übergroße Gnade. Mache das zur Praxis deines Alltags.

Yoga Vidya | Presse | | Impressum | Datenschutz

Valid XHTML 1.0 Strict Valid CSS 1

Error 404

Seite leider nicht gefunden

Entschuldige, diese Seite ist nicht mehr verfügbar. Möglicherweise hast du einen veralteten Link bzw. ein altes Lesezeichen verwendet.
Damit du trotzdem findest, was du suchst, kannst du eine neue Suche starten oder die Übersicht der wichtigsten Yoga Vidya-Seiten verwenden:

Yoga Vidya - Startseite

Vollständige Seminar-Übersicht

Ausführliches Aus-  und Weiterbildungsprogamm

Alle Yoga Vidya Center

Yoga Asanas mit Fotos und Beschreibungen - Yoga Übungspläne

Leichter Einstieg in das Yoga - Yoga für Anfänger

Einführung und Dokumentationen zum Thema Yoga  - Yoga Artikel

Error 404

Seite leider nicht gefunden

Entschuldige, diese Seite ist nicht mehr verfügbar. Möglicherweise hast du einen veralteten Link bzw. ein altes Lesezeichen verwendet.
Damit du trotzdem findest, was du suchst, kannst du eine neue Suche starten oder die Übersicht der wichtigsten Yoga Vidya-Seiten verwenden:

Yoga Vidya - Startseite

Vollständige Seminar-Übersicht

Ausführliches Aus-  und Weiterbildungsprogamm

Alle Yoga Vidya Center

Yoga Asanas mit Fotos und Beschreibungen - Yoga Übungspläne

Leichter Einstieg in das Yoga - Yoga für Anfänger

Einführung und Dokumentationen zum Thema Yoga  - Yoga Artikel