Swami Sivananda

Spiritualisieren der menschlichen Natur

Der kleinliche, starrsinnige Egoismus, der die menschliche Persönlichkeit antreibt, ist ein ernsthaftes Hindernis in der Meditation oder bei der Selbstverwirklichung. Dieses kleine sich selbst behauptende Prinzip trägt die Oberflächengedanken und beherrscht die gewohnte Art von Gefühlen, Charakter und Handlung. Das ist rajasiger und tamasiger Egoismus, der die höhere göttliche sattvige Natur verhüllt und überdeckt. Er verhüllt die aus sich selbst strahlende Seele, den Atman.
Vielleicht strebt man nach der Wahrheit. Vielleicht hat man Hingabe. Vielleicht hat man den Willen, die Hindernisse und feindlichen Kräfte zu überwinden. Wenn das kleine Ego sich behauptet und beharrt, und wenn die äußere Persönlichkeit dem Wechsel oder der Veränderung nicht zugestimmt hat, kann kein rascher Fortschritte auf dem spirituellen Weg gemacht werden. Es hat seine eigenen Wege und Neigungen.
Das niedrige Wesen muß gänzlich erneuert werden. Die gewohnte niedrige Persönlichkeit des Sadhak muß vollständig verändert werden. Wenn das nicht geschieht, ist jede spirituelle Erfahrung oder Kraft wertlos. Wenn dieses kleine Ego, die menschliche Persönlichkeit, darauf besteht, sein kleinliches, beschränktes, selbstsüchtiges, gemeines, falsches und törichtes menschliches Bewußtsein beizubehalten, wird jede noch so große Menge von Tapas oder Sadhana fruchtlos sein. Das heißt, man dürstet nicht wirklich nach Gottverwirklichung. Es ist nichts anderes als eitle Neugier. Der Schüler sagt zum Lehrer: „Ich möchte Yoga praktizieren. Ich möchte Nirvikalpa Samadhi erreichen. Ich möchte zu deinen Füßen sitzen.“ Aber er möchte sein niedriges Selbst und seine alten Gewohnheiten nicht ändern. Er möchte seine eigenen Methoden und alten Gewohnheiten, seinen alten Charakter, sein Verhalten und sein Betragen beibehalten.
Wenn der Suchende oder Yoga Schüler es ablehnt, seine kleinliche, niedrige Wesensart zu ändern, oder wenn er sich sogar weigert, die Notwendigkeit einer Veränderung in seiner niedrigen, gewohnten Persönlichkeit einzugestehen, kann er niemals auch nur den geringsten wirklichen geistigen Fortschritt verzeichnen. Jedes teilweise oder zeitweilige sich Erhebung, jede leichte gelegentliche Inspiration während mancher ekstatischer Momente, jede momentane innere geistige Öffnung, ohne wahre Aufrichtigkeit oder grundsätzliche Umwandlung des niedrigen Wesens oder der gewohnten kleinen Persönlichkeit, hat keinen praktischen Wert.
Diese Veränderung der niederen Natur ist nicht leicht. Die Macht der Gewohnheit ist immer stark und tief verwurzelt. Es verlangt große Willenskraft. Der Suchende fühlt sich oft hilflos gegenüber der Macht alter Gewohnheiten. Er muß sein Sattva und seinen Willen durch regelmäßiges Japa, Kirtan, Meditation, unermüdliches, selbstloses Dienen und Satsang in beachtlichem Maß entwickeln. Er muß nach innen schauen und seine Fehler und Schwächen herausfinden. Er muß unter der Führung seines Gurus leben. Der Guru findet seine Fehler heraus und zeigt entsprechende Wege, um sie auszumerzen. Wenn die niedere Natur oder die alte Persönlichkeit störrisch, selbstanmaßend oder aggressiv wird, und wenn sie vom niederen Geist und Willen unterstützt und gerechtfertigt wird, wird die Sache sehr ernst. Er wird unverbesserlich, unruhig, unbändig, arrogant und frech. Er bricht alle Regeln und jede Disziplin.
Ein solcher Schüler hält an seinem alten Selbst fest. Er hat sich weder Gott noch einem persönlichen Guru hingegeben. Er ist stets bereit, wegen Kleinigkeiten gegen jedermann zu revoltieren. Er will niemals gehorchen. Er ist nicht bereit, spirituelle Instruktion zu empfangen. Er ist eigenwillig, selbstzufrieden und hochmütig. Er ist nicht bereit, seine Schwächen und Fehler anzuerkennen. Er denkt, er sei ein fehlerloser Mensch, der Großartiges leistet. Er führt ein unbekümmertes Leben.
Die alte Persönlichkeit behauptet sich mit den früheren Formen der niederen Natur. Er behauptet seine rohen und selbstsüchtigen Ideen, Wünsche, Vorstellungen, Impulse und Vorteile und folgt ihnen. Er beansprucht das Recht, seiner unmenschlichen, unverbesserten, asurischen oder teuflischen Natur mit all ihrer Falschheit, Unwissenheit, Selbstsucht und Grobheit zu folgen und alles Unreine in Wort, Tat und Benehmen auszudrücken.
Er argumentiert heftig, verteidigt sich auf verschiedene Weise und malt in schillernden Farben. Er versucht, seine frühere gewohnte Art zu denken, zu reden und zu fühlen fortzusetzen.
Er bekennt sich zu einer Sache und praktiziert eine andere. Er versucht, seine falschen Sichtweisen und Meinungen anderen aufzudrängen. Wenn andere seine falschen Ansichten nicht akzeptieren wollen, ist er bereit, mit ihnen zu kämpfen. Sofort erhebt er sich im Aufruhr. Er behauptet, daß nur seine Ansichten richtig sind und daß diejenigen, die versuchen, seinen Ansichten zu widersprechen, ungerecht, unvernünftig und ungebildet sind. Er versucht, andere davon zu überzeugen und sie zu überreden, daß seine Ansichten sehr vernünftig sind, daß seine Vorgangsweise für alle die richtige Vorgangsweise ist, und daß seine Methoden und Ansichten mit der Wissenschaft des Yoga völlig übereinstimmen. Welch wundervolle Menschen!
Wenn er sich selbst gegenüber wirklich ehrlich und seinem Guru gegenüber aufrichtig ist, wenn er sich wirklich verbessern möchte, wird er beginnen,  seine Torheit und seine Fehler zu erkennen und die Quellen und die Natur des Widerstandes wahrzunehmen. Er wird schnell auf dem direkten Weg sein, um sich zu korrigieren und zu ändern. Aber er verbirgt lieber seine alte asurische Natur, seine alten teuflischen Gedanken, mit einer Rechtfertigung, einer Entschuldigung oder anderen Ausflüchten.
Der selbstbewußte, überhebliche Sadhak versucht, in der Gesellschaft etwas darzustellen. Er möchte Position und Prestige in der Gesellschaft bewahren. Er gibt sich als großer Yogi, der verschiedene yogische Kräfte besitzt. Er beansprucht die Rolle eines vorzüglichen Sadhaks oder fortgeschrittenen Yogis mit größerem Wissen und der Erfahrung von Nirvikalpa Samadhi. Diese Fehler von Eitelkeit und Arroganz von rajasiger Natur sind bei den meisten Menschen in geringerem Maße vorhanden.
Er ist nicht gewillt, den Anordnungen seines Gurus zu folgen und Ältere und Vorgesetze zu respektieren. Er ist immer bereit, die Disziplin zu brechen. Er hat seine Ideen und Impulse. Die Gewohnheit von Ungehorsam und Mißachtung der Disziplin ist in ihm verwurzelt. Manchmal verspricht er, seinem Guru und den Älteren zu gehorchen, was er tut, ist aber häufig das genaue Gegenteil seines Versprechens. Die Nichtbeachtung der Disziplin ist in der Tat ein ernsthaftes Hindernis für Sadhana. Er gibt den anderen das allerschlechteste Beispiel.
Wer ungehorsam ist, die Disziplin bricht, zu seinem Guru nicht ehrlich ist und sein Herz seinem Lehrer oder geistigen Führer nicht öffnen kann, kann von der Hilfe des Gurus nicht profitieren. Er bleibt in seinem selbstgeschaffenen Sumpf oder Schlamm stecken und kann auf dem göttlichen Weg nicht vorankommen. Wie schade! Sein Los ist in der Tat höchst bedauernswert!
Er übt Verstellung. Er spielt den Heuchler. Er spiegelt falsche Tatsachen vor. Er übertreibt. Er macht falschen Gebrauch von seiner Phantasie. Er verdreht und verzerrt Tatsachen. Er verheimlicht seine Gedanken und Tatsachen. Er leugnet mit Bestimmtheit gewisse Fakten. Er erzählt bewußt fürchterliche Lügen. Er tut das, um seinen Ungehorsam oder seine falschen Handlungsweisen zu verdecken, seine Position aufrechtzuerhalten, um seine eigenen Methoden beizubehalten und seinen alten Gewohnheiten und Wünschen zu frönen.
Er weiß selbst nicht, was er genau tut, da sein Verstand von Unreinheit umwölkt ist. Er weiß nicht, was er meint, und meint nicht, was er sagt.
Er gesteht niemals seine Fehler und Mängel ein. Auch wenn ihn jemand auf seine Mängel hinweist, um ihn zu korrigieren, fühlt er sich außerordentlich verärgert. Er führt Krieg mit ihm. Er ist innerlich roher.
Er hat die überaus gefährliche Gewohnheit der Selbstrechtfertigung. Er versucht immer, sich zu rechtfertigen, an seinen Ideen festzuhalten oder seine Position oder Handlungsweise beizubehalten, und bringt dabei alle möglichen dummen, inkonsequenten Argumente, schlaue Tricks oder Lügen vor. Er mißbraucht seinen Verstand, um seine törichten Handlungen zu verteidigen. Diese Fehler sind häufig, bei einem im geringeren beim anderen in hohem Maße.
Wenn er nur ein wenig Gefühl für seinen gegenwärtigen beklagenswerten Zustand hat, wenn er versucht, nur eine geringe Besserung zu zeigen, wenn nur eine etwas empfängliche Haltung da ist, kann er korrigiert werden. Er kann auf dem Yoga Pfad Fortschritte machen. Wenn er widerspenstig und dickköpfig ist, wenn er absolut eigenwillig ist, wenn er vorsätzlich seine Augen schließt oder sein Herz gegenüber der Wahrheit oder dem göttlichen Licht verhärtet, kann ihm niemand helfen.
Der Schüler muß mit seinem ganzen Wesen (Sarva Bhava) seine volle Zustimmung geben, um seine niedere Natur in göttliche Natur zu verändern. Er muß sich Gott oder dem Guru vollständig, vorbehaltlos und bereitwillig hingeben. Er muß den richtigen Geist und die richtige ausdauernde Haltung haben. Er muß sich richtig und mit Beständigkeit bemühen. Nur dann wird die wirkliche Veränderung eintreten. Bloßes Nicken mit dem Kopf, bloßes Beteuern oder nur ›Ja‹ Sagen hat keinen Sinn. Es macht nicht zum Supermann oder Yogi.
Yoga kann nur von Menschen praktiziert werden, die sehr ernsthaft darin sind und bereit, ihr kleines Ego und seine Forderungen zu vernichten. Es gibt keine Halbheiten auf dem geistigen Pfad. Strenge Disziplin von Gefühlen und Geist, rigoroses Tapas und fortgesetzte Meditation sind notwendig, um Gottverwirklichung zu erreichen. Die feindlichen Kräfte sind immer bereit, dich zu überwältigen, wenn du nicht wachsam bist, wenn du ihnen die geringste Erlaubnis oder die kleinste Öffnung gewährst. Yoga kann nicht praktiziert werden, wenn man an seinem alten, kleinen Ich hängt, an den alten Gewohnheiten, der alten unverbesserten sich selbst behauptenden niederen Natur.
Man kann nicht gleichzeitig ein Doppelleben führen. Ein reines göttliches Leben, ein yogisches Leben, kann nicht neben einem weltlichen Leben voll Leidenschaft und Unwissenheit bestehen. Göttliches Leben kann nicht an den eigenen kleinen Maßstab angepaßt werden. Man muß sich über das kleinliche, menschliche Niveau erheben. Man muß sich zu einem höheren Niveau göttlichen Bewußtseins erheben. Man kann nicht Freiheit für den kleinlichen Verstand und das kleine Ego beanspruchen, wenn man ein Yogi werden will. Man darf nicht die eigenen Gedanken, Urteile, Wünsche und Impulse bestätigen. Die niedrige Natur mit ihrem Gefolge von Arroganz, Ignoranz und Ungestüm steht der Herabkunft des göttlichen Lichtes im Wege.
Werde ein wahrer, ernsthafter Schüler auf dem Yoga Pfad. Töte diese niedere Natur durch Entwicklung der höheren göttlichen Natur. Schwinge dich hoch empor. Bereite dich auf die Herabkunft des göttlichen Lichtes vor. Reinige dich und werde ein dynamischer Yogi.

 

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