Tägliche
Inspiration aus der Feder Swami Sivanandas für den 11. Juni
SELBSTLOSE GEBETE
Gemäß
Ghazali, dem Muslim, haben Gebete drei Stufen : verbal, mental und das
Verschmelzen mit
dem Willen Gottes. Auf der ersten Stufe besingt der devotee
(Anhänger,
Verehrer) die Herrlichkeit Gottes, chantet (rezitiert) Hymnen und
schüttet die
Qual seines Herzens in melodische Loblieder. Auf der zweiten
Stufe, nachdem der
Geist ruhig geworden ist, die nach außen gehenden Sinne
gezügelt wurden
und der Geist nicht mehr so leicht durch schlechte Einflüsse
berührt werden
kann, werden Gebete mental. Dann ist kein physischer Aufwand
mehr nötig.
Auf der dritten Stufe, nachdem der Geist sich auf das Göttliche
konzentriert hat,
nachdem äußere Objekte ihre Anziehung verloren haben und
der Geist gelassen
und frei von Wünschen und Begierden wurde, werden Gebete
automatisch, natürlich
und zur Gewohnheit.
Das ist die höchste
Stufe - der Wille des Herrn wurde sein eigener Wille,
weil Gott, der durch
die Gebete angerufen wurde, mit seinem Geist und seinem
Willen verschmilzt.
Der devotee hat dann kein Selbstbewusstsein mehr - er
verweilt im Herrn
- sein Geist durchtränkt von Gott. Er nimmt nichts Äußeres
und nichts Inneres
mehr wahr. Er vergisst sogar, dass er zum Herrn betet oder
dass er im Willen
Gottes absorbiert ist. Es gibt hier noch ein vages Gefühl
der Dualität,
aber er hat nur noch eine Erfahrung und die ist sein Eins-sein
mit dem Herrn.
Gebete sind voller
Emotionen: tiefe, heitere Gefühle, gefüllt mit
Aufrichtigkeit.
Aber wenn es zu viele Emotionen gibt und nicht so viel
natürliche
Aufrichtigkeit, werden Gebete eher nüchtern, trocken und damit
unwirksam. Dann
werden wir keine direkte Antwort von Gott empfangen. Gebete
haben ihre Konsequenzen.
Die Natur der Antwort auf sie hängt von der inneren
Natur desjenigen
ab, der betet - seinem Temperament, seiner Sichtweise,
seinen Bedürfnissen,
seinem Glauben und seiner Aufrichtigkeit.
WOLLT IHR GOTT ?
Wollt ihr Gott wirklich?
Dürstet ihr wirklich nach seiner Vision (darshan)?
Habt ihr echten
spirituellen Hunger? Ihr mögt ergreifende Vorträge über
bhakti (Hingabe)
geben können, ihr mögt mehrere Bände über bhakti schreiben
-
und doch kein bißchen
wahre Hingabe besitzen. Der, der nach dem darshan
Gottes dürstet,
wird bhakti entwickeln. Wenn es ein aufrichtiges Begehren
nach Gott gibt,
wird Er kommen müssen. Mögt ihr durch regelmäßiges
sadhana
(Praxis) Frieden,
Glückseligkeit, Wissen, Vollkommenheit und
Gott-verwirklichung
erzielen.