Vers 23

Adiyaik Kuriyaadhu Ariyaamaiyinaal
Mudiyak Kedavoo Muraiyoo Muraiyoo
Vadivikkrama Vel Magipaa Kuramin
Kodiyaip Punarum Guna Bhoodharane


Nicht über Deine Lotus-Füße zu meditieren, aus Unwissenheit,
Und dadurch vollständig verderben zu müssen, ist das gerecht, ist das richtig?
O Herr mit dem Vel, scharf und tapfer! O Umarmer der Jägerin,
Die strahlende Kriechpflanze! O Berg himmlischer Tugenden!


„O Gott mit dem scharfen und tapferen Vel; O Berg (Verkörperung) von Tugenden, der die einer strahlenden Kriechpflanze gleichende Valli Devi aus der
Jäger-Kaste umarmte (heiratete)! Wenn ich nicht über Deine Füße meditiere,
muss ich dann aus Unwissenheit vollständig untergehen? Ist das gerecht, o
Herr, ist das richtig?“

Erklärung:

Der Vel ist scharf und tapfer. Er ist sicher in seinem Ziel. Er durchbohrte den Krauncha Berg (den Dämonen) und tötete Surapadma und seine Brüder. Der Vel repräsentiert Jnana, Wissen, das alleine Unwissenheit zerstören kann. Unwissenheit ist das Fehlen von Wissen oder Verstehen. Die Dinge der Welt für wirklich zu halten und die Allgegenwart Gottes zu vergessen und dadurch zu leiden, ist Unwissenheit. Gott ist eine Verkörperung von Tugenden. Wenn wir über Ihn meditieren, nehmen wir alle tugendhaften Eigenschaften von Ihm auf und unsere Unwissenheit vergeht.

Gott umarmte Valli. Valli war von göttlicher Herkunft, wurde aber von Jägern aufgezogen – Waldbewohnern aus einer niedrigen Gesellschaftsschicht. Auch der Jiva ist von göttlichem Ursprung, aber im Körper-Geist-Netz von Prakriti (der Urnatur, der Schöpfung) gefangen. Dass Gott Valli umarmt, bedeutet, er nimmt die Jivas an, die über Ihn meditieren und Zuflucht bei Ihm suchen. Und dann wird Valli Devi mit einer Kriechpflanze verglichen und Gott mit einem Berg –ein schönes Gleichnis. Kriechpflanzen breiten sich aus und verbreiten sich über den Berghang, so dass dieser sie trägt. Genauso gibt Gott seine Hilfe und Gnade den Jivas, die bei Ihm Zuflucht nehmen oder sich auf Ihn verlassen.

„O Gott, aus Unwissenheit denke ich nicht an Deine Lotus-Füße. Ich meditiere nicht über Dich. Aber soll ich deswegen vergehen, soll mir Deine Gnade verweigert werden? Ist dies Deiner Göttlichen Natur gerecht, Deine Gnade mir vorzuenthalten? (Nein.) Hast Du Dich nicht auf die Suche nach Valli Devi gemacht, sie umarmt und sie geheiratet? Was war ihr Wert, außer dass sie Dich in ihrem Herzen geliebt hat? Also warum segnest Du nicht auch mich, der Dir Gebete darbringt? Und nicht nur das; Du bist eine Verkörperung von Tugenden und darum kannst Du nicht sagen: ‚Ich werde Dich nicht segnen. Du sollst leiden, weil Du nicht an mich gedacht hast.’ Wo ist dann Deine Tugend, Deine Göttliche Natur? Wenn das Geschenk Deiner Gnade von meiner Befähigung abhängt, wo ist dann die Frage von Gnade? Wie kannst Du dann ein Berg von Tugenden genannt werden? O Gott, Du hast kein Recht, mir Deine Segnungen zu verweigern“, so bittet Arunagiri um die Gnade Gottes und Gott hat keine Argumente oder Gründe, Seine Gnade zurückzuhalten. So pathetisch fleht der Heilige Gott an.

In diesem und ähnlichen anderen Versen ruft Arunagiri die Gnade Gottes an und klagt über seinen bedauernswerten Zustand. Er versetzt sich dabei in den Zustand, in dem wir unwissenden Menschen sind, ohne irgendein Sadhana- Sampatti, den Wohlstand spiritueller Praxis. Er möchte zeigen, dass wir uns durch die Praxis von Sadhana qualifizieren müssen, die uns fehlt, weshalb wir leiden und weshalb auch die Gnade Gottes nicht zu uns kommt. Er versucht indirekt über solche Verse in uns das Bedürfnis nach rechtem Sadhana zu wecken, wenn wir die Gnade Gottes anziehen wollen.

Wenn Arunagiri sagt: „Soll ich vergehen, weil ich nicht an Deine Füße gedacht habe?“, meint er damit, dass wir leiden, weil wir nicht über Gott nachdenken, und damit möchte er in unserem Geist das Bedürfnis erzeugen, über Gott zu meditieren um erlöst zu werden.

Warum sollten wir leiden, wenn wir nicht an Gott denken? Es ist die Natur des Geistes, immer an etwas zu denken. Wenn er nicht an Gott denkt, muss er natürlicherweise an Dinge denken, die genau die Ursache unseres Leidens sind. Aus Unwissenheit über die wirkliche Natur der Dinge denkt der Geist, dass er Glück von ihnen bekommt und versucht, sie zu fassen, sie zu besitzen und sie zu genießen. Maßlosigkeit den Dingen gegenüber bringt Leiden unter schiedlicher Arten mit sich, wie Krankheit, Sorge usw., weil sie naturgemäß vergänglich sind, die Sinne ermüden und den Wunsch nach ihnen verstärken. Um das Leiden zu vermeiden, das durch den Kontakt mit Objekten entsteht, müssen wir aufhören, an sie zu denken, weil es das Denken ist, das den Wunsch nach ihnen erzeugt. Um aufzuhören, an die Objekte zu denken, müssen wir an die Lotus-Füße Gottes denken. Vishaya-Chintana, das Denken an Objekte muss durch Bhagavat-Chintana, das Denken an Gott, überwunden werden. Deshalb sagt Arunagiri in einfachen Worten: „Denke an Gott, gib Unwissenheit (dass Objekte Glück schenken können) auf, sei vom Leiden befreit und genieße die Gnade Gottes.“

Wir leiden, weil wir Seine Gnade nicht erlangt haben, was daran liegt, dass wir nicht an Ihn denken. Dies ist so aufgrund unserer Unwissenheit, die die Dinge der Welt für wirklich hält. Indem wir Unwissenheit aufgeben, d.h. uns von den Objekten abwenden, über Gott meditieren, d.h. unsere Aufmerksamkeit nach innen lenken, Seine Gnade erlangen, d.h. in Weisheit gefestigt sind; werden wir vom Leid von Geburt und Tod gerettet. Das ist der Rat des Heiligen.

*

Obwohl der Aspirant anfangs in seiner Meditation erfolgreich zu sein schien, hat es nicht lange gedauert. Manchmal kann man sich trotz größter Anstrengungen nicht konzentrieren, weil Avidya, die Unwissenheit, aktiv ins Spiel kommt. Diesen Zustand schildert dieser Vers. Anfangs konnte der Sucher sich zu den Füßen Gottes verneigen, an ihn denken und auch die Universale Wirklichkeit fühlen (Vers 22); aber jetzt ist er nicht in der Lage, an Seine Füße zu denken, weil Avidya eine innere Unruhe hervorruft. Dieser innere Tumult quält seinen Geist, aber er kennt das Heilmittel dafür, nämlich Zuflucht bei Gott zu suchen. Darum sein verzweifelter Ausruf in diesem Vers. Was mit dem Begriff „Midi“ in Vers 19 angedeutet wurde, wird jetzt explizit als „ Ariyaamai“ (Unwissenheit, Avidya) bezeichnet. Wenn der Sadhaka voranschreitet, werden die Dinge klarer. Es ist nicht leicht mit Avidya fertig zu werden; schon sich ihrer Existenz bewusst zu werden und wie sie ins Spiel kommt, ist schwierig genug.

Die unbewusste Ebene unseres Wesens, wo die Samskaras und Vasanas, die Eindrücke und subtilen Wünsche aus früheren Leben gespeichert sind, ist der Sitz von Avidya. Durch lange und tiefe Meditation stößt man bis zu dieser Ebene vor. Dann erwachen sie (die Samskaras und Vasanas) und stören die vorher so schöne Meditation. (siehe Vers 22). Das ist der Grund, warum der Sadhaka dann nicht an die Füße Gottes denken kann. Sie bleiben jedoch immer noch auf der unbewussten Ebene. Wenn sie so aufgeweckt worden sind, drängen sie auf die unterbewusste und bewusste Ebene des Geistes, wo sie noch größeres Unheil anrichten, was im folgenden Vers dargestellt wird.