Vers 16

Peeraasai Enum Piniyil Pinipattu
Oraa Vinaiyeen Uzhalath Thagumoo
Veeraa Mudhusoor PadaVel Eriyum
Sooraa Suralooga Thurandharane


Befallen von der tödlichen Krankheit unstillbarer Wünsche,
Ist es gerecht, dass ich wegen übler Handlungen und mangelnder
Unterscheidungskraft leide?
O Du Tapferer! O unerschrockener Werfer des Vel
Um den uralten Sura zu töten! O Beschützer von Devaloka!


„O Herr, der Du eine Verkörperung von Mut bist! O Du Unerschrockener, der
den Vel geworfen hat, um den uralten Surapadma zu zerstören! O Du, der  Du die Verantwortung Devaloka zu beschützen, übernommen hast! Soll ich, mit solch üblen Karmas, dass ich nicht unterscheiden kann, herumgeschleudert werden, befallen von der Krankheit übermäßiger Wünsche! Ist das gerecht, o Herr?“

Erklärung:

Selbst die Übung den göttlichen Namen zu wiederholen, wofür im vorhergehenden Vers gebetet wurde, ist für Menschen aufgrund von Wünschen schwer zu erreichen. Es ist kein Wunder, dass die Leute oft denken, es sei eine reine Zeitverschwendung, sich hinzusetzen und den Namen Gottes zu sprechen. Ihr übermäßiger Wunsch nach Wohlstand und Genuss erlaubt es ihnen nicht einmal für ein paar Minuten still zu sitzen, an Gott zu denken und inneren Frieden zu genießen. Was für eine Kraft diese Wünsche haben! Sie erschüttern die ganze Persönlichkeit, wühlen den Geist und die Sinne auf und erlauben es dem Menschen nicht, friedvoll zu sein. Der Mensch wird durch seine Wünsche genarrt, die ihn sich nach außen bewegen lassen, ihn nach Wohlstand und Vergnügungen streben lassen, die doch nicht andauern und in der Folge Schmerz nach sich ziehen.

Die Menschen werden von ihren Wünschen hilflos hin- und hergeschleudert. Armer Mensch! Er weiß nicht, dass er eine Puppe ist, die von Wünschen gesteuert wird. Wie treffend fragte Arjuna Sri Krishna: „Wodurch gezwungen, o Gott, begeht der Mensch Sünden gegen seinen Willen, als ob er mit Gewalt dazu gezwungen würde?“ Und Krishna offenbarte das Geheimnis der Geheimnisse: Begierde und Zorn sind die Ursache aller schlechten Taten, die den Menschen zu unrechten Handlungen veranlassen, oft gegen seinen Willen. Gier und Zorn (Zorn ist nur eine andere Form von Gier) sind die Ursachen menschlichen Leidens. Letztlich gehen alle Sünden auf diese beiden gewaltigen Kräfte zurück. Die Weltenshow wird durch Wünsche aufrecht erhalten.

Wünsche sind nicht zu stillen. Je mehr wir ihnen geben, desto mehr wollen sie. Es ist als ob man Ghee ins Feuer gießt, das heller brennt und mehr haben will. Jede Befriedigung stärkt den Wunsch, der nach weiterer Befriedigung hungert. Wenn irgendetwas der Wunscherfüllung im Wege steht, verursacht es Zorn; und wir kennen die zerstörerischen Folgen von Zorn. Der Mensch verliert sein Gleichgewicht und wird tatsächlich zur Bestie. So viel zu den Wünschen.

So führen Wünsche zu nicht erstrebenswerten Ergebnissen, während die Übung des Göttlichen Namens süß und beruhigend ist, schon während man ihn ausspricht, dem Herzen Trost bringt und am Ende der Seele Befreiung schenkt. Und dennoch treiben die starken Wünsche den Menschen dazu an, nach den vergänglichen Dingen der Welt zu streben, die ihn immer leiden lassen. Er dreht sich, gefangen in diesem Rad der Wünsche – jetzt nach diesem und dann nach jenem. Der Mensch ist nichts als ein Werkzeug in der Hand der Wünsche.

Arunagiri führt die Ursache dieser Krankheit der Wünsche auf die Nichtunterscheidung zurück. Darin fasst er das gesamte menschliche Leben zusammen, sein Leiden und seine Ursache. Das menschliche Leben ist durch Leid charakterisiert. Es gibt kein wirkliches Glück in diesem verkörperten Leben. Selbst sogenanntes Vergnügen gilt einem Menschen mit Weisheit nur als Schmerz, weil das Vergnügen, abgesehen davon, dass es nur vorübergehend und unecht ist, in Schmerz endet, in Hunger nach weiteren Vergnügungen, Ruhelosigkeit, Sorge und Fehlern. Was ist die Ursache dieses Unglücks? Der Körper. Der Zustand der verkörperten Existenz ist die Ursache unseres Leidens. Und die Verkörperung erfolgt aufgrund von Karmas. Karmas bringen uns in die Existenz in dieser sterblichen Welt. Warum schaffen wir Karmas? Aufgrund von Liebe und Hass – Zu- und Abneigung – handeln wir; und Anhaftung ist die Ursache von Liebe oder Hass. Anhaftung an bestimmte Personen und Dinge bringt notwendigerweise Abneigung gegenüber anderen Digen und Personen mit sich, und dies ist so aufgrund fehlender Unterscheidung.

Da alles die Schöpfung Gottes ist, ein Glied des Universalen Wesens, weil Gott zu all dem geworden ist, weil Gott in allen Dingen wohnt, weil alles vergeht, gibt es keinen Grund, bestimmte Dinge zu lieben und andere zu hassen. Wenn wir das aber tun, ist es Nicht-Unterscheidung (Aviveka), was die Ursache all unseres Leidens und unseres Unglücks ist. Obwohl Unwissenheit (Ajnana) die Ursache von Aviveka ist, können wir für alle praktischen Zwecke die mangelnde Unterscheidung selbst als die letztendliche Ursache der Krankheit der Wünsche, der Verkörperung und des Leidens betrachten.

Wünsche sind die Ursache wiederholter Geburten und Tode und so bezeichnet Arunagiri starke Wünsche als eine Krankheit. Tatsächlich ist das die wirkliche Krankheit. Körperliche Beschwerden und Krankheiten sind nicht wirkliche Krankheiten, weil sie uns nur kurze Zeit plagen und danach geheilt sind. Selbst geistige Krankheiten können geheilt oder unter Kontrolle gehalten werden. Selbst wenn eine Krankheit chronisch ist, unheilbar, dauert sie nur so lange, wie der Körper besteht und wenn der Körper stirbt, stirbt sie mit dem Körper. Sie verursacht keine Wiedergeburt, noch folgt sie einem in die nächste Geburt. Aber diese starken Wünsche verlassen den Menschen nicht einmal in den nachfolgenden Geburten. Unerfüllte Begierden plagen einen Menschen während des gesamten gegenwärtigen Lebens, verursachen Wiedergeburt und plagen ihn während vieler zukünftiger Leben.

Wie wir vorhin gesehen haben, verursachen Wünsche, weil sie niemals erfüllt werden können, endlose Geburten, bis sie sublimiert oder durch spirituelles Sadhana gepaart mit göttlicher Gnade verflüchtigt werden. Diese Sublimierung ist nur durch ein unterscheidendes Verstehen der Natur der Wünsche möglich, ihrer Ursache und der Methoden ihrer Sublimation (siehe auch Vers 14). Arunagiri klagt in unserem Namen, dass er ohne Unterscheidungsfähigkeit ist, weswegen er hin- und hergerissen wird und von der Krankheit starker Wünsche geplagt wird und er ruft Gott um seine Gnade und Barmherzigkeit an. Welchen Gott ruft er an? Den Gott, der Surapadma getötet hat – eine Verkörperung übermäßiger Gier, der, weil er nicht mit der Herrschaft über die ganze Erde über Zeitalter hinweg zufrieden war, selbst die Himmel eroberte und die Devas unterwarf.

Shiva verkörperte sich selbst als Lord Skanda, um den Devas zu helfen gegen die Asuras (Dämonen) zu kämpfen. Lord Skanda war eine Verkörperung von Mut und ein unerschrockener Krieger von Kindheit an. Er vollführte viele Bala- Lilas (göttliche Spiele als Kind). Er entwurzelte die Berge, versteckte sie im Ozean und ähnliche Kunststücke. Die Devas im Himmel hatten von seinem Ruhm gehört, ihn aber noch nicht gesehen. Einmal dachten sie, das sei irgendein kleiner Junge, der da so viel Unfug trieb. Weil sie nicht wussten, dass es Lord Skanda war, bewarfen sie ihn mit ihren Waffen und es entstand ein großer Kampf zwischen all den Devas auf der einen Seite und dem Jungen (Skanda) auf der anderen. All ihre Waffen fielen als Blumen auf ihn und zerbrachen. Schließlich schoss der Junge seinen Pfeil und alle Devas fielen ihm zum Opfer. Brihaspati, der Guru der Devas, der von Narada darüber unterrichtet wurde, bat bei Lord Skanda um Gnade für die Devas und Lord Skanda brachte sie nur zu gern zum Leben zurück. Die Götter warfen sich vor Lord Skanda nieder und baten um Vergebung. Er wollte ihnen seine Göttlichkeit offenbaren und sagte: „ Ihr dachtet, ich sei ein kleiner Junge. Jetzt habt ihr erkannt, wer ich bin. Ich werde Euch weiterhin meine Macht zeigen.“ Dabei zeigte der Er ihnen sein Visvarupa, seine kosmische Gestalt. Aber sie waren nicht in der Lage, die volle Majestät der kosmischen Gestalt wahrzunehmen. Auf ihre Bitte hin gewährte Lord Skanda ihnen die Göttliche Sicht, mit der sie den ganzen Glanz und die Majestät der Visvarupa sehen konnten.

Diese Geschichte zeigt, dass er selbst als ein kleiner Junge mutig und tapfer genug war, sich jeder Situation zu stellen. Darum war es für ihn ein reines Spiel, Surapadma und seine ganze Armee zu zerstören. Ein Wurf des Vels besiegte Surapadma, obwohl Lord Skanda ihn sechs Tage lang kämpfen ließ. Darum bezeichnet man Lord Skanda auch als den Tapferen, den Besieger des uralten Asuras und den Beschützer von Deva-Loka (Wohnstätte der Devas, der Engelswesen). Wünsche können nur durch die Gnade Gottes zerstört werden, genauso wie der Asura Surapadma durch den Shakti-Vel von Murugan getötet wurde. Arunagiri ruft darum die Göttliche Gnade von Lord Skanda an, um seine Wünsche zu zerstören und ihm und auch uns unterscheidendes Verstehen und Weisheit zu gewähren.

Er betet: „O Herr, Du hast den uralten Asura mit einem Wurf Deines Vels zerstört und die Devas gerettet. Es gibt einen noch größeren Asura in mir, die unstillbaren Wünsche. Ist es gerecht, dass ich endlos in den Händen dieser Wünsche leiden soll und dabei all meine unterscheidende Kraft verliere? Lass Deinen Vel, Deine Göttliche Gnade, diese andauernde Krankheit der Wünsche töten und rette mich.“ Und noch einmal: „O Herr, Du hast es unternommen, Deva-Loka zu beschützen. Kannst Du mich nicht beschützen? Ist das eine große Sache für Dich? Hab Gnade mit mir und rette mich.“

*

Obwohl der Sadhaka die Namen Gottes weinen mag, stellt sich das Schmelzen des Herzens nicht einfach ein, noch viel weniger das Gefühl für Gott, wegen der Begierden die im Herzen lauern, die das Herz steinern halten. Die grobstofflichen Begierden, die sich durch die Straßen der Sinne projizieren (Vers 14), mag man beherrschen, aber die subtilen Wurzeln der Wünsche quälen den Sadhaka immer noch. Er erkennt, dass die Ursache die fehlende Unterscheidung ist und betet zu Gott, ihm die notwendige Unterscheidungskraft zu geben.