Vers 9

Mattoorkuzhal Mangaiyar Maiyal Valaip
Pattoosal Padum Parisenru Ozhiven
Thattoodara Vel Sayilat Theriyum
Nittoora Niraagula Nirbbayane


Gefangen im betörenden Netz von duftend gekleideten Frauen,
Und dadurch umhergeworfen – wann wird diese Notlage aufhören?
O Herr, Der den Vel schleudert, um den Berg zu durchbohren;
Der grimmig und frei von Leid ist, kühn und großartig!


„O Herr, der grimmig, frei von Leid und furchtlos ist! Der den Vel so geworfen hat, dass er die Mitte des Krauncha Berges durchbohrt hat (ohne irgendwelche Hindernisse)! Wann werde ich von dieser Misere loskommen, herumgeschleudert zu werden (in meinen Gedanken), weil ich im Netz der Vernarrtheit nach duftend gekleideten Frauen gefangen bin?“

Erklärung: 

Shanmukha zerstörte mit einem Wurf seines Vel den Krauncha-Berg, d.h. den Dämonen, der vom Weisen Agastya verflucht worden war, Berg zu bleiben, bis er von Skanda getötet würde (Vers 4).

Gott ist grimmig. Er ist nicht nur grimmig gegenüber seinen Feinden in der Schlacht, sondern er verbrennt auch die inneren Feinde seiner Verehrer wie Lust, Gier, Ärger, Egoismus usw., die nur durch göttliche Gnade ausgelöscht werden können.

Gott ist frei von Leid. Er ist frei von Sorgen jeder Art, aufgrund des Fehlens von Begrenzungen jeder Art. Er ist voller Seligkeit, Anandamaya.

Gott ist furchtlos. Dem schrecklichen Surapadma und den anderen Asuras eine Schlacht zu liefern, war ein reines Spiel für ihn.

Arunagiri ruft die spezielle Gnade Gottes an, indem er sagt: „O Du Grimmiger, rette mich“, weil diese Täuschung wie die Tücken von Sex schwer durch gewöhnliche menschliche Anstrengungen überwunden werden können. Kein Ratschlag, keine Ermahnung wird hier wirken. Es scheint, dass Gott hier grimmige Mittel benutzen muss, um einen von dieser schrecklichen Krankheit zu heilen. Arunagiri hatte in seinen früheren Tagen viel an dieser Verrücktheit gelitten. Er fiel in die Hände von Frauen mit schlechtem Ruf. Seine Vorliebe für Sex war so übermäßig, dass er sein ganzes Geld dafür ausgab und mittellos wurde. Und doch verließ die Begierde ihn nicht. Eine Version seiner Lebensgeschichte erzählt 12:

Arunagiri wurde in einer Vesya (Prostituierte) Familie geboren und hatte eine Schwester, die alles für ihn und sein Treiben tat, um ihr Versprechen zu erfüllen, das sie ihrer Mutter an deren Totenbett gegeben hatte. In seiner Jugend führte er ein so ausschweifendes Leben, dass er bald krank vor lauter Infektionen wurde. Er hatte all seinen Wohlstand eingebüßt und selbst alles verprasst, was seine Schwester verdient hatte und hatte so auch sie mittellos gemacht. In diesem Zustand verlangte er eines Tages Geld von ihr für seine Sinnesbefriedigung. Sie hatte nichts, was sie ihm geben konnte, aber er wollte nicht hören. Ihr Ratschlag traf auf taube Ohren. Sie verzweifelte und sagte: „Bruder, Deine Vorliebe für die Vergnügungen der Frauen ist so heftig und stark, dass Du sie trotzdem immer noch brauchst. Jetzt hast Du all meine Mittel verbraucht, und ich habe keinen Penny mehr.

Darum sehe ich keine andere Möglichkeit, als mich Dir selbst für Dein Vergnügen anzubieten. Hier bin ich, mit mir kannst Du das Vergnügen finden, das Du suchst.“ Und siehe da! Ein Wunder geschah. Diese Worte seiner Schwester flossen in Arunagiris Ohren wie geschmolzenes Blei und er war bis aufs Mark erschüttert, so grundlegend erschüttert, dass er in einem Moment der Reue beschloss, sein Leben zu beenden. Er stieg auf den Tempelturm und stürzte sich von dort hinunter. Aber Gott erschien dort, rettete und segnete ihn. Von da an wurde Arunagiri ein Heiliger.

Also wusste Arunagiri sehr wohl, was es heißt, an Leidenschaft zu leiden und er hatte auch gelernt, dass nichts außer der Gnade Gottes einem helfen kann, die Begierde zu überwinden. Arunagiri spricht Gott in diesem Vers als „grimmig“ an, weil seine Gnade oft durch schwierige Lebenssituationen kommt. Die durchdringenden Worte seiner Schwester waren die unergründliche, grimmige Art, wie Gott wirkt. Sie erschütterten ihn nicht nur, machten ihn reumütig und dazu entschlossen, niemals wieder Vergnügen zu suchen, sondern sie brachten ihn auch dazu, als Sühnemaßnahme (Prayaschitta) sein Leben zu beenden, in-dem er sich vom Turm stürzte. Die Medizin muss genauso stark, wenn nicht noch stärker sein, wie die Krankheit selbst. Darum wendet Gott gewaltsame Mittel an, um einen aus akuten Situationen zu befreien.

Der Zustand, in dem der Geist hin und her gerissen wird, ist eine Erfahrung, die jedem Sucher bekannt ist. Er hat ein Ideal, worauf er seinen Geist konzentriert, einen Ishta Devata (Aspekt Gottes), über den er meditieren möchte. Aber die äußeren Dinge, zu denen man sich hingezogen fühlt, erlauben dies nicht und der Geist wird von dem Ideal geradezu gewaltsam weggezogen. Mit großer Schwierigkeit versucht er, den Geist von ihnen abzuziehen und ihn auf Gott zu richten, nur um festzustellen, dass er innerhalb eines Moments wieder zu den Gegenständen des Vergnügens gewandert ist. Das Schwingen des Geistes zwischen seinem Ideal (dem Selbst oder Gott) im Inneren und den geliebten Gegenständen draußen, zwischen der Anstrengung zur Konzentration und dem Sog der Sinnesobjekte, ist sehr ermüdend. Diese schmerzhafte Notlage des Umherwirbelns des Geistes kann man nur durch die Gnade Gottes überwinden, wofür das Gebet in diesem Vers ist.

Verblendete Liebe wird mit einem Netz verglichen, denn wer sich darin verfangen hat, kann sich nicht leicht daraus befreien, genauso wie diejenigen, die den Krauncha-Berg betraten, sich darin verirrten und nicht mehr herausfanden. Und genauso wie nur der Vel alleine den Berg durchbohren konnte, kann nur die Gnade Gottes einen aus dem Netz von Moha (Täuschung) befreien. Darum das Gebet: „O Gott! Du hast den Vel gegen den Berg geworfen; warum lässt Du nicht Deine Gnade auf mich ergießen?“

Dieser Vers ist keine Verdammung von Frauen, sondern weist auf die Kraft unmäßiger Liebe zu Sex hin, die Menschen leiden lässt und einen dazu bringt, Zuflucht bei Gott zu suchen, um davon befreit zu werden.

Arunagiri weint zu Gott um seine Gnade und sein Mitleid, um von dem zügellosen Verlangen nach Sex befreit zu werden. Obwohl er schon befreit ist, macht er dies zum Wohl der Menschen, indem er sich in ihre missliche Lage versetzt, so dass sie nur den Vers wiederholen müssen und die Gnade Gottes wird sie retten.

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Obwohl die Belehrung des Gurus dem Aspiranten ein intellektuelles Verständnis davon gegeben hat, dass er nicht der Körper usw. ist, ist er noch nicht frei von den sinnlichen Anziehungen, deren stärkste die nach Sex ist. Er versucht seine Sinne zu beherrschen und über das Selbst zu meditieren, aber sein Geist wird hin und her gezerrt zwischen seinem Ideal und der Wirklichkeit, zwischen dem inneren Selbst und den äußeren Gegenständen, zwischen seinem intellektuellen Verstehen und den praktischen Versuchungen im täglichen Leben.

 

12.Siehe „Lord Shanmukha and His Worship“ von Swami Sivananda