Halte dein Wort

Halte immer dein Wort. Ein gebrochenes Wort bringt immer eine Menge Missgeschicke mit sich. Du machst dir deine Freunde zu Feinden. Auch im spirituellen Leben fasst du auf diese Art viele gute Vorsätze, aber du hältst sie nicht ein. Du gelobst dies zu tun und jenes zu lassen. Aber die Stärke des Glaubens verlässt dich und so weichst du langsam aber sicher vom rechten Weg ab. Fortschritt auf dem spirituellen Weg ist, wie auch Erfolg im weltlichen Leben, nicht möglich, wenn du diese äußerst wichtige Tugend, das Einhalten der Vorsätze, nicht pflegst.

Manchmal spielen wir auch den Göttern diesen Streich. Wenn uns etwas quält, wenn wir an einer Krankheit leiden, wenn wir gezwungen sind die Götter um Hilfe anzuflehen, dann versprechen wir Gutes zu tun, besondere Gebete zu sprechen. Wenn dann die Krise überwunden ist, wenn es uns wieder gut geht, vergessen wir das alles. Aber die Götter sind allgegen wärtig und allmächtig. Die Götter sind allwissend. Sie kennen unsere Gedanken. Wie töricht sie täuschen zu wollen!

Einst erkrankte der Sohn eines Dorfbewohners. Tags darauf verschlimmerte sich das Fieber und die Diagnose lautete Typhus. Keine Arznei konnte ihn heilen. Der Dorfbewohner betete zu Mutter Durga (Name für Parvati, Gemah lin Shivas): „Oh Mutter, bitte heile meinen Jungen. Oh Durga! Bitte erspare uns diese Gefahr. Sobald er gesund ist, werde ich ihn zu deinem Schrein bringen und dir einen besonderen Gottesdienst weihen und Prasad (Speisen, die Gott geopfert und dann verteilt werden) im Wert von 100 Rupien spenden.“ Durch die Gnade von Mutter Durga wurde der Junge rasch gesund. Der alte Mann erinnerte sich an sein Versprechen an Mutter Durga, dachte aber: „Ich habe schon so viel für Medikamente und den Arzt ausgegeben. Der Arzt hat auch ein teueres Tonikum für den Jungen empfohlen, damit er wieder zu Kräften kommt. Ich bin wirklich knapp bei Kasse. Ich werde Durga Prasad im Wert von nur 50 Rupien opfern. Sie kennt meine Lage und wird das verstehen.“

Tage und Wochen gingen vorüber. Langsam tröstete er sich mit dem Gedanken: „Schließlich wird Durga nicht Süßigkeiten im Wert von 50 Rupien essen. Sagen die Schriften nicht, die richtige Haltung sei Gott gefälliger als die konkrete Gabe. Ich bin ein armer Mann. Sie weiß das. Warum sollte ich also so viel Geld für Süßigkeiten verschwenden. Ich werde einen besonderen Gottesdienst abhalten und Süßigkeiten im Wert von 5 Rupien opfern.“ Aber auch dies blieb eine Zeit lang nur im Reich der Gedanken. Das Haus des Dorfbewohners lag nah am Tempel der Durga. Eines Tages saß er allein in seinem Zimmer und hörte die Tempelglocken läuten. Da fiel ihm plötzlich das Versprechen, das er der göttlichen Mutter gegeben hatte, ein. Er fürchtete sich vor dem Zorn Durgas. Also verließ er sofort mit 5 Rupien das Haus. Unterwegs fragte ein Freund ihn nach seinem Vorhaben, und wie er es hörte, sagte er: „Sei doch nicht dumm. Isst Mutter Durga Süßigkeiten im Wert von 5 Rupien? Es ist nur Dummheit, die dich so denken lässt.

Was ihr mit Sicherheit Freude machen würde, ist eine ehrliche Andacht vor Ihrem Altar; und das kannst du mit ein paar Andachtsgaben und ein paar Kokosnüssen im Wert von 1 Rupie erreichen, wenn du sie ihr mit ehrlicher Hingabe opferst. Du kannst die Kokosnüsse an die Kinder im Tempel selbst verteilen.“ Der alte Mann war überzeugt, dass dieser Vorschlag gerecht sei. Er ging in einen nahegelegenen Laden und fragte nach dem Preis der Kokosnüsse. Er erfuhr, dass sie 5 Annas das Stück kosteten. Er handelte und wollte vier Kokosnüsse um Preis von vier Annas das Stück. Der Laden - besitzer war jedoch nicht einverstanden, er sagte: „Wenn du sie für vier Annas kaufen willst, musst du zum Kokosnussgarten gehen, der ist eine Meile von hier entfernt.“

Der alte Mann ging dort hin und sah ein paar Kokosnussgeschäfte dort. Die Kokosnüsse wurden für vier Annas das Stück angeboten. Er fand den Preis zu hoch, nachdem er so weit gelaufen war. Er wollte sie für zwei Annas das Stück. Der Ladenbesitzer lachte und sagte: „Zu dem Preis kannst du sie hier nicht bekommen, da musst du schon weiter zum Kokoswald gehen.“ Der alte Geizkragen machte sich weiter auf die Suche. Im Wald wandte er sich an den Verantwortlichen und erfuhr, dass der Preis bei zwei Anna pro Kokosnuss läge. „Was!“, dachte er. „Ich bin den ganzen Weg bis hierher zum Wald gekommen. Dieser Mann hat sie gerade vom Baum geholt und will zwei Annas für die Nuss.“ Er handelte auch hier und man sagte ihm: „Wenn du sie für eine Anna haben willst, musst du sie dir selber vom Baum holen.“

Die Macht der Gier ist unglaublich. Der alte Mann kletterte auf den Baum. Da er in der Kunst des Kletterns nicht geübt war, verlor er den Halt, als er an der Kokosnuss zerrte und rutschte von seinem Platz. Er baumelte hoch oben und klammerte sich and die Kokosnuss. Während er sich in dieser gefährlichen Lage befand überkam der Geist der Göttin den Körper des Gärtners, der einer ihrer Anbeter war, und um 100 Rupien für die Hochzeit seiner Tochter gebetet hatte. Mutter Durga ließ den Gärtner 100 Rupien von dem armen Mann, der da oben am Baum hing, verlangen. Der alte Mann, der keinen anderen Ausweg sah, versprach ihm schließlich das Geld. Dem Gärtner gelang es dann, ihn von der Palme herunter zu holen.

Der Gärtner begleitete ihn zu seinem Haus und erhielt seine 100 Rupien wenn auch nur sehr zögerlich. In der Nacht dachte der Mann lange über den Vorfall nach und plötzlich kam ihm der Gedanke, dass der ganze Ärger daher kam, dass er sein Versprechen nicht gehalten hatte. Er hatte all diese Leiden auf sich nehmen müssen, und trotzdem konnte er der Erfüllung des ursprünglich gegebenen Versprechens auch nicht entkommen. Früh am nächsten Morgen ging er zum Tempel und betete mit Tränen in den Augen zu Mutter Durga, sie möge ihm verzeihen und versprach gleichzeitig, dass er diesen Fehler nie wieder begehen würde.

Diese Geschichte hält zwei Lektionen für uns bereit. Gott kennt unsere innersten Gedanken und segnet oder straft uns je nach den guten oder schlechten Gedanken, die wir hegen. Zweitens, es ist äußerst wichtig, dass wir unser Wort halten. Wenn uns klar wird, wie wesentlich dies für unser ganz gewöhnliches tägliches Leben ist, werden wir auch verstehen, wie absolut notwendig es ist, diese Tugend strengstens auf dem spirituellen Weg zu befolgen. Häufig haben wir an heiligen Orten gute Vorsätze, die wir aber vergessen, sobald wir wieder in unserer gewohnten Umgebung sind. Das ist gefährlich. Niemand kann hoffen, auf dem spirituellen Weg auch nur den allergeringsten Fortschritt zu machen, wenn er seine Versprechen nicht hält. Die Devise lautet: mache wenige Versprechen, aber halte sie eisern.