Sulochana

Gupta Babu war ein Tahsildar (Polizei- und Steuerbeamter). Er wohnte in Kalkutta. Sein Sohn Narendra war Absolvent der Universität von Kalkutta und ein sehr moderner junger Mann, immer auf dem neusten Stand. Nach dem Wunsch seines Vaters sollte Narendra Sushila, die Tochter eines armen Mannes heiraten. Sie war ein sehr frommes Mädchen, beherrschte Sanskrit und hatte die Gita, Upanishaden, Ramayana und Bhagawata (heilige und religiöse Schriften) studiert. Sie konnte auch für Japa (Mantrawiederholung) und Meditation drei Stunden am Stück in Padmasana (Lotussitz) sitzen. Sie sang mit wunderschöner Stimme die Lieder Tulsidas und Surdas (berühmte Seher). Aber Narendra wollte Sushila nicht heiraten. Er wollte Sulochana heiraten, auch sie war eine sehr moderne junge Frau, die moderne Literatur studiert hatte und jetzt ebenfalls Absolventin der Universität von Kalkutta war.

Die Lebensgeschichten von Mirabai, Savitri, Madalasa und Gargi (Persönlichkeiten der Mythologie) interessierten Sulochana nicht. Sie ließ sich von den Stars der Leinwand inspirieren. Sie lernte die Kunst, den Mann hinters Licht zu führen. Sie konnte sogar Klavier spielen. Schließlich setzte sich Narendra durch und heiratete Sulochana. Sie lebten beide glücklich zusammen, unternahmen lange Spaziergänge am Strand und hielten sich dabei an den Händen. Sulochana präsentierte sich Narendra in ihren losen, modernen, halb durchsichtigen Blusen oder Gewändern. Beide machten ihre Einkaufsbummel in der Chowringhee Road. Sulochana legte ihre Hand in Narendras Nacken, während sie so bummelten und Narendra genoss ihre Gesellschaft. Eines Morgens musste Narendra um 8 Uhr in sein Büro. Er sagte zu Sulochana: „Liebes, ich muss heute etwas früher als sonst ins Büro. Es findet eine Inspektion statt. Sei so lieb und bereite jetzt das Frühstück zu.“ Sulochana aber las gerade die Zeitung, da sich Aufsehenerregendes getan hatte, auch es einen interessanten Leitartikel gab.  Sie sagte: „Bitte warte noch zehn Minuten. Lass mich erst den Leitartikel zu Ende lesen.“ Nach zehn Minuten kam Narendra wieder und sagte: „Liebes, es wird spät. Bitte bereite jetzt gleich den Tee.“ Sulochana stand nicht aber auf. Sie las die Zeitung sehr aufmerksam. Nach weiteren fünfzehn Minuten kam Narendra wieder und sagte verärgert: „Sulochana, was machst du? Was ist heute bloß los mit dir? Hast du mich nicht gehört? Steh auf und mache mir sofort Tee. Ich habe es eilig.“ Sulochana war beleidigt. Sie gab zurück: „Hör mal! Red nicht so viel. Du hast einen Hochschulabschluss und ich habe einen Hochschulabschluss. Warum sollte ich dich bedienen? Warum machst du nicht selbst den Tee und bedienst mich?“

Narendra war sehr beschämt. Er senkte den Kopf und verließ den Raum. Er machte sich selbst Tee und ging ins Büro. Am Abend suchte er eine einsame Stelle im Garten auf und dachte bei sich: „Was war ich doch für ein Trottel. Ich habe mich von dieser modernen jungen Frau hinreißen lassen. Mein weiser Vater wollte, dass ich Sushila heirate. Sushila ist zwar arm, aber fromm und ergeben. Ich wäre sehr glücklich geworden, wenn ich sie geheiratet hätte. Sie hätte mir gehorcht. Schau nur wie arrogant diese moderne und unglückselige Frau ist. Wie verächtlich sie mich behandelt hat. Ich kann nicht länger mit ihr leben, nicht eine Sekunde länger.“ So sieht es bei modernen Männern und Frauen aus, die keine Reinheit, Hingabe und ethische Bildung kennen. Es ist sehr schwer für einen armen Mann mit einer teuren, modernen Frau, die ihre Bequemlichkeit liebt. Es ist besser ein Mann heiratet eine arme Frau, die ihm ergeben ist und göttliche Tugenden besitzt. Es ist auch besser für eine junge Frau einen armen, aber ergebenen Mann zu heiraten, als einen stolzen und modernen.