Sei tolerant

  1. Sei in der Welt, aber nicht von der Welt.
  2. Setze Gott auf den Thron deines Herzens. Sei ein Held im inneren Kampf. Habe das Ziel vor Augen. Verbreite rechtes Wissen.
  3. Lehre deine Kinder, dass sie die zukünftigen Bürger dieser Welt sind.
  4. Lebe immer im Rahmen deines Einkommens. Spare, solange du jung bist, gib aus, wenn du alt bist. Mache niemals Schulden.
  5. Gott ist der innere Herrscher. Verwurzele dich in Gott.
  6. Unsterblichkeit ist dein Geburtsrecht. Werde dir hier und jetzt darüber klar.
  7. Werde weit und entwickle dich. Wachse.
  8. Vergiss nicht das Ziel. Erwache. Erreiche das Ziel.
  9. Beherrsche den Geist. Habe einen ausgewogenen Geist. Überzeuge den Geist. Diszipliniere den Geist. Halte ihn vollends beschäftigt.
  10. Frage: „Wer bin ich?“ Suche, verstehe und verwirkliche.
  11. Sei tolerant. Sieh die Einheit aller Glaubensrichtungen, Bekenntnisse, Kulte und Religionen.
  12. Es gibt nur einen Atman (Selbst). Spüre die Einheit mit allem.
  13. Respektiere die Sichtweisen, Meinungen und Gefühle aller.
  14. In allem ist etwas Wahres.
  15. Sichtweisen und Meinungen sind verschiedene Aspekte derselben Wahrheit. Daher streite nicht mit Anderen.
  16. Siehe das Licht, das überall leuchtet.
  17. Strebe danach, das göttliche Leben zu leben. Dann wirst du ewigen Frieden und Unsterblichkeit erlangen.
  18. Konzentriere deine gesamte Aufmerksamkeit auf die Arbeit, die gerade ansteht. Lebe heute gut. Das Gestern ist zur uralten Vergangenheit geworden, es ist ein fertiggestelltes Produkt, dem du keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken brauchst. Das Morgen ist noch weit weg, und es wird genug Zeit für seine Arbeit mit sich bringen. Vergiss die Vergangenheit, ignoriere die Zukunft. Lebe in der Gegenwart; die Zukunft wird für sich selbst sorgen.

Über die Aufnahme in den Ashram:

„Narayana Swamiji, du weißt, es gibt da einen Brahmachari, der heute aus Südindien gekommen ist. Es sieht so aus, als ob er viel über die Arbeit mit Zement wüsste. Er traf unterwegs einen Sadhu (Weisen, Tugendhaften) und wurde von ihm in Brahmacharya eingeweiht. Er scheint ein anständiger junger Mann zu sein. Lass ihn hier bleiben. Ich habe ihm gesagt, dass er auch arbeiten müssen wird und er hat bereitwillig zugestimmt.“
Aus verschiedenen Gründen war entschieden worden, die Aufnahmen von Aspiranten in den Ashram einzuschränken. Daher fühlte sich keiner der Anwesenden so recht wohl, als der Meister die obigen Anweisungen gab, vielleicht auf Grund des Gedankens, dass der Brahmachari eventuell nicht vom Ashram-Komitee zugelassen werden würde.
Der Meister spürte ihre Gefühle und sagte: „Man kann nicht auf den ersten Blick beurteilen, ob ein Aspirant sich als gut oder schlecht erweisen wird. Paramanandaji kam auch auf diese Weise und später erwies er sich als ein dynamischer, selbstloser Arbeiter. Einige andere kamen und gingen wieder, denn sie hatten nicht die Hingabe zum Arbeiten und nicht das Bestreben, den spirituellen Weg zu gehen. Mein Leitsatz war immer: Lasst die Tore des Ashrams für alle offen sein. Die Unerwünschten werden entweder von selbst weggehen oder von dem einen oder anderen im Ashram weggeschickt werden. Es ist alles Seine Angelegenheit.“

Der Trick des Geistes:

„Om Namo Narayanaya! Masterji Maharaj! Machst du dir gar keine Notizen in den Vedanta-Vorträgen? Vielleicht weißt du all diese Dinge schon.“
Sivanarayanji kam zu Hilfe: „Er ist bereits sehr belesen im Vedanta und der Gita, Swamiji.“
„Dann sage mir, was sind die Shad Lingas?“
Swami Krishnanandaji hatte sie gerade erst an jenem Morgen im Vedanta-Vortrag erklärt.
– Stille. –
„Da hast du es!“, sagte der Meister, „Selbst wenn du die vedantischen Wahrheiten kennst, solltest du dir Notizen machen, wenn etwas angesprochen wird – und sei es die bloße Terminologie. Alle Ideen, Gedanken und Lektionen sind nützlich.“
„Ich es werde von morgen an tun, Swamiji.“
„Warum nicht von heute an? Vielleicht ist es ein bisschen Eitelkeit. Das Gefühl sagt vielleicht: ‚Ich bin ein Meister, ein alter und gelehrter Mann; ich kann jetzt nicht zum Schüler werden.’ Ist es nicht so?“
„Nein, Swamiji, ich interessiere mich hauptsächlich für Bhakti. Ich bin nicht so sehr darauf aus, bloßes verbales Wissen über Vedanta zu erwerben, das ich nicht werde anwenden können.“
„Nein, nein, das ist nur ein Trick des Geistes! Wenn du deine Fragen gezielt dort hinrichtest, wirst du den verborgenen Dieb finden, ansonsten wird dich dein Geist einfach übertölpeln. Du solltest ihn nicht nach seinem äußeren Anschein beurteilen. Du machst dir nicht die Mühe, tiefer einzutauchen. Du schaust nur auf die Oberfläche. Wenn du tiefer gehst und den Geist genau analysierst, wirst du eine irreführende äußere Hülle finden, die es möglich macht, die Eitelkeit aufrechtzuerhalten. Das sieht dann wie ein realistischer Grund aus, keine Notizen zu machen.“

Die Leidenschaftslosigkeit des Meisters:

Ein Brief lag auf dem Tisch. Ein bedeutender europäischer Yogi hatte geschrieben und den Meister gebeten, ihn nach Indien einzuladen. Dies war notwendig, um einen Pass zu bekommen.
„Was für eine große Show diese sogenannten Heiligen um sich machen, indem sie von einem Land zum anderen fliegen! Überall wo sie hingehen, gibt es Parties, Empfänge und dann wieder Abschiedsparties.“
„Ja, Swamiji, wir haben gesehen, wie viele von ihnen sich mit königlichem Komfort bewegen.“
„Mancher von denen sollte einmal mit einer ganz speziellen Ehrung empfangen werden. Anstatt den Eingang mit Flaggen und Girlanden zu schmücken, sollten die Leute nur Besenstiele und alte Schuhe aufhängen.“
Srimathi Liliane Shamash genoss den Witz offensichtlich.
Der Meister wandte sich zu ihr: „Was sagst du dazu? Wie würde dir ein solcher Empfang gefallen? Ich bin sicher, du würdest dich sehr aufregen, du wärst schockiert, nicht wahr?“
„Ich bin mir nicht sicher, Swamiji. Ich habe es noch nie erlebt.“
„Wir sollten nicht darauf warten, dass es tatsächlich passiert. Wir sollten uns selbst trainieren. Ich habe es getan. Ich habe mich selbst heftig mit den Schuhen geschlagen, vor allem an Geburtstagen, wenn ich in mein Zimmer zurückgekommen bin. Nachdem mich die Leute gepriesen, glorifiziert und vergöttert hatten, bin ich in mein Zimmer gegangen und habe mich dann mit einem Paar Schuhen gut durchgeprügelt. ‚Was bist du eigentlich, du teuflisches Fleisch, du Körper aus Blut und Exkrementen? Du willst Girlanden? Kannst du keine zerrissenen Kleider tragen? Hältst du dich für großartig? Möchtest du, dass sich die Leute vor dir verneigen? Nimm dies als Girlanden!’“
Alle Anwesenden wurden rot!
Der Meister fuhr fort: „Sukadeva wurde von Janaka auf die gleiche Weise getestet. Er war ein großer Jnani (Weiser, Befreiter, der die Brahman-Erkenntnis realisiert hat). Als er zu Janaka ging, um sich von ihm belehren zu lassen, ließ man ihn vor dem Palast warten, ohne dass sich jemand um ihn kümmerte, ohne Essen, Obdach oder irgendwelche Ehren. Nach ein paar Tagen wurde er hineingebeten und von königlichen Damen bedient. Auf diese Weise prüfte Janaka die Ruhe seines Geistes. Sukadeva stand über allen belanglosen Begierden. Er bewahrte seinen Gleichmut während der gesamten Episode.
Ich habe davon gehört, dass der Heilige Franziskus seinen Körper ‚Bruder Esel’ nannte. Was für eine immense Leidenschaftslosigkeit sie doch alle hatten!
Selbst dieses gelegentliche Schlagen mit Schuhen ist nicht genug für diesen Körper. Ich sollte ihm mindestens einmal pro Woche eine Dosis der abhärtenden Medizin geben.“
Niemand wagte es, zu diesem Gespräch etwas beizutragen.

Bedingungslose Wohltätigkeit:

„Schon gut, aber wer verliert dabei? Nicht wir, sondern nur er verliert den Segen Gottes.“ Der Meister tat den Vorschlag ab, von neuem an einen gewissen Aspiranten heranzutreten, um ein Buch gedruckt zu bekommen. Man hatte ihm gesagt, dass der Aspirant seine Unzufriedenheit darüber ausgedrückt hatte, dass die Gesellschaft seine Spende nicht sofort für den von ihm genannten Zweck verwendet hatte. Als Resultat dessen hatte er alle weiteren Spenden eingestellt.
„Wohltätigkeit sollte bedingungslos sein“, fuhr der Meister fort. „Insbesondere im Falle einer spirituellen Institution, in der die Organisatoren vertrauenswürdige und selbstlose Diener der Menschheit sind, sollte der Spender die Institution nicht an alle möglichen Arten von Auflagen binden. Die Verantwortlichen wissen, wo dringend finanzielle Mittel gebraucht werden. Wenn wir zum Beispiel für den Unterhalt der Aspiranten sehr dringend Geld brauchen, dann sollten wir es für diesen Zweck verwenden. Es wäre töricht, die Arbeiter hungern zu lassen und zu sagen, dass kein Geld im Unterhalts-Fonds ist. Wenn Geld im Bau-Fonds ist und es dort nicht dringend gebraucht wird, wird jeder kluge Organisator es zur Küche umleiten.
Für mich ist das Drucken von Büchern am notwendigsten. Alle anderen Arbeiten sind von zweitrangiger Bedeutung. Die Verbreitung von spirituellem Wissen im größtmöglichen Maßstab ist mein einziger Gedanke. Bauarbeiten, die Wasserversorgung und jede andere Arbeit können warten.
Die Welt schaut auf Gesellschaften und Ashrams wie die unsrigen, um Führung zu erhalten. Selbst wenn wir unser Essen aus der Almosen-Küche holen müssen, sollten wir damit fortfahren, Bücher und Broschüren zu veröffentlichen. Der Spender wird aus solch bedingungsloser Wohltätigkeit großen Nutzen erfahren; er dient der ganzen Welt mit seinem Geld. Selbst wenn das Geld dafür verwendet wird, Sadhus und Aspiranten zu ernähren, wird der Spender großen Segen erhalten.
Ein paar wenige Leute verstehen das, aber andere haben die Mentalität von Bankiers – dieses Geld hierfür, jenes Geld dafür. Dies behindert ihren Fortschritt auf dem Weg zum Ziel, verengt ihre Herzen und trübt ihren Verstand. Letztlich bringt es sie dazu, Mahatmas (große Seelen; Ehrenbezeichnung für bedeutende spirituelle Lehrer und Führer) zu schmähen und schließlich bringt es sie zu Fall.
Wozu übt er sich in Wohltätigkeit? Bestimmt nicht um unsertwillen. Gott wird uns genügend Mittel zur Verfügung stellen, damit wir mit unserer Arbeit fortfahren können. Ich habe die Macht, einen Regen von Gold auf diesen Ashram herabzubringen, aber ich werde es nicht tun. Den Menschen in Beruf und Familie sollte Gelegenheit gegeben werden, Wohltätigkeit zu üben und von ihrem schlechten Karma gereinigt zu werden. Nur durch Wohltätigkeit und dergleichen können sie ihre Herzen und Gemüter reinigen und so wachsen und sich entwickeln. Jeder sollte das verstehen.“

Nützliche Anweisungen:

Der Meister kümmerte sich um die Verteilung kostenloser Bücher. Plötzlich hörte er damit auf und schaute auf.
„Seit ich aus dem Morgen-Vortrag herausgekommen bin, habe ich ständig daran gedacht, ein paar Gedichte zu schreiben, aber ich habe keine Zeit. Ich mache diese Arbeit, doch mein Geist arbeitet immer noch an den Gedichten. Selbst als ich meine Milch zu mir genommen habe, war ich damit beschäftigt, die einzelnen Punkte für die Gedichte durchzugehen. Erst wenn ich sie fertig habe, wird mein Geist ruhig werden.“
„Führt ihr alle ein Notizbuch, um eure Gedanken aufzuschreiben?“, fragte der Meister die Schüler im Büro. „Zuallererst solltet ihr alle neuen Gedanken, die ihr im Unterricht lernt, in einem Buch notieren. Dann gibt es parallele Ideen, die euch vielleicht kommen oder Ideen, die aus dem entstehen, was ihr von anderen im Unterricht hört. Vielleicht sind sie neu, neuartig und den anderen noch nicht bekannt. Sie sollten sofort notiert werden. Macht ihr solche Notizen?“
Manche der Aspiranten nickten zustimmend, andere zogen es vor, ein vedantisches Schweigen zu bewahren!
„Es gibt einen besonderen Vorteil dabei. Zuerst werdet ihr einige gute Gesichtspunkte hören. Dann werdet ihr darüber nachdenken. Das wird zu weiteren guten Gedanken führen. Wenn ihr anfangt, sie aufzuschreiben, werden sie anfangen, sich auszudehnen. Dies wird schließlich zur Gewohnheit werden und ihr werdet ständig bei erhabenen Gedanken verweilen. Der Geist wird sich dann weigern herunterzukommen, selbst wenn er dazu eingeladen wird. Das ist echtes vedantisches Shravana-Manana-Nididyasana (Hören, Nachdenken, Meditation).
Parallel dazu solltet ihr ein weiteres Notizbuch für die Introspektion haben. Das ist dazu gedacht, die negativen Eigenschaften in euch auszurotten. Auf der einen Seite das Negative überwinden und auf der anderen Seite göttliche Gedanken und Gefühle hervorbringen – auf diese Weise ist schneller Fortschritt möglich.
Wenn ein erhabener Gedanke im Geist auftaucht – zum Beispiel über die Wichtigkeit der Wahrheit – dann solltet ihr über die Herrlichkeit der Wahrheit nachdenken und über das Leben großer Menschen, die an ihr festhielten, über die Natur der Wahrheit, über die Fallgruben und Fallen auf dem Weg der Wahrheit, die Hindernisse, die überwunden werden müssen und über die subtile Art und Weise, auf die der Geist euch betrügt und euch auf einen Abweg zur Falschheit führt. Dann solltet ihr tief eintauchen und herausfinden, in welcher Form Falschheit in eurem Geist lauert, ob in einer groben oder einer feinen Form. Treibt sie aus eurem Geist. Macht Aufzeichnungen über die schlechten Neigungen, die ihr in euch bemerkt.
Wenn jemand dies tut, wird er bald feststellen, dass es ein einfacher Weg zur ständigen Introspektion ist. Er wird ständig ein nach innen ausgerichtetes Leben führen. Sein Geist wird keine Zeit haben, sich nach außen zu wenden. Er wird niemals über andere nachdenken. Er wird keine schlechten Gedanken haben. Lust, Zorn und Gier werden eines natürlichen Todes sterben. Es wird ihm egal sein, ob jemand schlecht über ihn spricht, ob jemand sich weigert, ihm Milch oder Essen zu geben oder ob ihn jemand kritisiert. Sein Geist wird keine Zeit haben, an all diese Dinge zu denken.“
Dies führte den Meister zu seinem Lieblingsthema.
„Das Böse sollte keine Zeit haben, in eurem Geist zu verweilen. Was ist, wenn jemand sich geweigert hat, euch Milch oder Essen zu geben? Was ist, wenn jemand mit euch geschimpft hat? Wiederholt immer ‚Ich bin nicht dieser Körper, ich bin nicht dieser Geist; ich bin der ewige, alldurchdringende, unsterbliche Atman (das Selbst). Ertragt Beleidigung und Kränkung. Nicht einmal, wenn euch jemand auf die Wange schlägt, sollte es euch etwas ausmachen. Ihr solltet es sozusagen nicht einmal bemerken. Das ist sehr schwierig, doch es ist äußerst wichtig. Während jemand euch beschimpft, sollte eurer Geist mit Selbsterforschung beschäftigt sein. Nach einer Weile wird dieser Jemand feststellen: ‚Was ist das, ich habe ihn mehrmals beschimpft, doch er wird nicht ärgerlich, er gibt keine scharfe Antwort! Es muss etwas in ihm geben, das ich lernen sollte.’ Dann wird er euch zu Füßen fallen und sich entschuldigen; dann habt ihr ihn besiegt!“

Sich selbst überwinden:

„R. ist heute fortgegangen, weil ihn jemand schlecht behandelt hat. Wer ist der Verlierer? Natürlich ist es R. selbst.“
„Diese Leute haben eine eigenartige Vorstellung von Unabhängigkeit“, fuhr der Meister fort. „Wahre Unabhängigkeit ist ein inneres Leben, das frei ist von der Herrschaft von Zorn, Lust und Gier, unter deren Herrschaft sich die meisten Menschen abmühen. Was gewinnt er, wenn er davonläuft? Sein Egoismus, seine Arroganz und seine Eitelkeit waren einen Meter lang. Nach ein paar Jahren dieser Art von Unabhängigkeit werden sie mehrere Meter lang sein. Es wird niemand da sein, der ihn auf seine Fehler hinweist, niemand, der es ihm ermöglichen wird, Geduld, Ausdauer und Anpassungsfähigkeit zu üben. Jeder von euch sollte täglich meine Artikel ‚Most Important Sadhana’ (‚Die wichtigste spirituelle Übung’) und ‚Adaptability’ (‚Anpassungsfähigkeit’) lesen. Wie können göttliche Eigenschaften ohne Anpassungsfähigkeit entwickelt werden, ohne dass man sich seiner eigenen Fehler bewusst wird und sich darum bemüht, sie auszumerzen?
Ihr solltet euch mit der Divine Life Society und ihrer Mission identifizieren. Ihr solltet mit Herz und Seele für die Sache arbeiten. Nur dann wird euer Herz schnell gereinigt werden. Ihr arbeitet hier und die Arbeit, die ihr in eurem früheren Beruf ausgeführt habt, war ebenfalls Arbeit. Aber es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen den beiden. Dort war es für die Bezahlung. Ihr habt ständig auf die Uhr geschaut. Hier ist die einzige Bezahlung Wissen und Befreiung. Die größte Belohnung setzt auch die größte Anstrengung voraus. Schaut immer in euch hinein und versucht, euren Egoismus auszurotten.
Manche Leute denken törichterweise: ‚Ich habe dem Reichtum entsagt und einen guten Job aufgegeben. Ich hatte jede Menge Land und Besitz. Diese Leute hier behandeln mich wie einen Diener.’ Wenn ihr der Welt entsagt habt, wenn ihr euch auf den Pfad der Entsagung begeben habt, wo sind dann noch Besitz, Job und gesellschaftliche Stellung? Der einzige und größte Besitz und die einzige und großartigste Stellung, die ihr habt, ist die Entsagung. Prahlt nicht. Das wird nur euren Egoismus steigern. Seid demütig. Ihr solltet jedermann durch eure Demut in Erstaunen versetzen.
Manche Aspiranten sind ein paar Jahre lang demütig und gehorsam. Es ist meine Natur, jeden Aspiranten zu lehren, all seine Fähigkeiten zu entwickeln und so ein dynamischer Arbeiter zu werden. Ich bringe Aspiranten jede Art von Arbeit bei und versuche, aus ihnen perfekte Führungspersönlichkeiten zu machen. Aber sie nutzen es in ungebührlicher Weise aus. Wenn sie ein wenig aus der Gita und den Upanishaden gelernt haben, wenn sie ein paar Vorträge geben können, wenn sie wissen, wie man einen Ashram führt, laufen sie weg und wollen unabhängige Ashrams gründen.
Was ist die Idee dahinter? Sie möchten mit Girlanden geschmückt werden. Sie möchten respektiert werden. Sie mögen es nicht, wenn jemand sie auf ihre Fehler aufmerksam macht. Sie möchten wie Mahants (Ashramleiter) behandelt werden. Nun denkt ein wenig nach. Hier ist eine Institution, die durch die harte Arbeit von vielen über einen langen Zeitraum hinweg erschaffen wurde. Wenn ihr hier arbeitet, werdet ihr überall respektiert werden, in allen Bereichen der Gesellschaft. Es gibt immer Bereiche, wo viel Arbeit ansteht. Ihr könnt unwahrscheinlich viel Dienst leisten. Wenn ihr selbständig etwas anfangt, müsst ihr die ganze Organisation selbst in die Hand nehmen und von vorne beginnen.
Man sollte bis zum Ende seines Lebens diesem Egoismus gegenüber wachsam sein. Er regt sich in verschiedenen Formen. Man wird oft getäuscht und auf Abwege geführt. Jeder Aspirant sollte Beleidigung und Kränkung willkommen heißen. Jeder Aspirant sollte lernen, sich anzupassen, demütig zu werden; er sollte lernen, ständig nach innen zu schauen und sich dadurch schnell zu entwickeln.“

Das Ergebnis der Hingabe:

„Kümmere dich um die Gesellschaft, dann wird sich die Gesellschaft um dich kümmern. Verstehst du, was das heißt?“, fragte der Meister John D’Cruz als er zum Darshan hereinkam.
„Ja, Swamiji, ich verstehe es. Weil die Arbeit göttlich ist, wird Gott sich um mich kümmern, wenn ich mich mit Hingabe der Arbeit widme.“
„Ganz genau! Ich werde dich führen und dich leiten. Ich werde dich zu einem vollkommenen Yogi machen. Tue einfach, was ich dir sage.“
„Ja, Swamiji, ich bin jederzeit dazu bereit.“
D’Cruz’s Vertrauen in den Meister war einfach wunderbar.

Verletze nicht die Gefühle anderer:

Swami X. war ein wenig verärgert über die Einstellung einer Aspirantin. Die Dame war so außer sich über den Tod eines Verwandten, dass sie in ihrem Brief große Trauer zum Ausdruck brachte. Der kühle Vedantin (Anhänger der Philosophie der absoluten Einheit) in dem jungen Swami rebellierte dagegen. Und in einer Antwort rügte er sie ein wenig und wies darauf hin, dass sie ihre Gedanken genauso gut für das Denken an Gott verwenden könnte, anstatt sie an ihren toten Verwandten zu verschwenden.
Der Meister wollte dem nicht zustimmen. Er sagte: „Nein, nein. Es sollte nicht ein Wort in dem Brief sein, das die Gefühle eines Aspiranten verletzen könnte. Es sollte keinen einzigen negativen Vorschlag geben. Verweile immer bei positiven Gedanken und Ideen. Ermutige jeden. Wenn du wachsam bist, wirst du immer in jedem eine gute Eigenschaft finden, mit deren Hilfe du ihn davon überzeugen kannst, seine Schwächen zu überwinden. Jedes Wort sollte süß sein, sogar wenn der Aspirant mit seinem Standpunkt völlig falsch liegt.
Wenn du einem plötzlichen Impuls folgend einen Brief schreibst, lass ihn liegen. Wenn der Impuls abgeebbt ist, lies den Brief noch einmal, du wirst ihn sicherlich ändern wollen.
Ähnliches gilt auch im Falle eines Gesprächs: Lasse niemals dem ersten Impuls freien Lauf. Wenn du über etwas erregt bist, verlasse den Ort. Sprich nicht. Sei nicht so dumm und sage etwas, das dir später Leid tun wird. Wenn du dem ersten Impuls freien Lauf lässt, wirst du später auf die Knie fallen und dich entschuldigen. Mache es dir zur Gewohnheit, keine beleidigenden Worte zu benutzen. Errege niemals Anstoß bei irgendjemandem. Dann wirst du niemals etwas bedauern. Du wirst von allen geliebt werden.“

Verpasste Gelegenheiten:

Pannalalji’s Familie ging gerade zum Vishwanath Ghat, um zu baden. „Om Namo Narayanaya! Ist der Arzt letzte Nacht gekommen und hat nach dem Kind geschaut?“, fragte der Meister.
„Nein, Swamiji. Aber allein durch deine Gnade geht es dem Kind besser.“
„Oh, Venugopala Swamiji! Hast du dich nicht letzte Nacht in der Vanaprashta-Einsiedelei (Vanaprashta: älterer Mensch im Ruhestand, der sich vermehrt der spirituellen Praxis zuwendet) um das Kind gekümmert?“
„Nein, Swamiji, ich werde jetzt hingehen.“
„Natürlich kannst du jetzt gehen, aber ich hatte dich schon letzte Nacht darum gebeten, dich um dieses Baby zu kümmern und du hast zugesagt, es zu tun. Du hast deine Pflicht vernachlässigt. Es ist entweder Faulheit oder Nachlässigkeit. Solche Fälle sind es, wodurch du goldene Gelegenheiten zu Dienen versäumst.
Wenn ich gewusst hätte, dass du nicht gehen würdest, wäre ich selbst gegangen und hätte mich um das Kind gekümmert. Diese Art von Dienst ist bedeutender als Meditation und Studium. Indem man den Kranken dient, bringt man sich direkt in Einklang mit dem Unbegrenzten. Man entwickelt das Herz und das ist die einzige Art, Gott zu verwirklichen.“
„Ich dachte nicht, dass ich letzte Nacht gehen musste, Swamiji, deshalb habe ich es vernachlässigt.“
„Wenn ich dich bitte, sofort zu gehen, dann solltest du auch sofort gehen und dich um den Patienten kümmern, ob es nun Mitternacht oder Mittag ist. Glaube nicht, dass ich in dir Fehler finden möchte; es ist alles nur zu deinem Besten. Du solltest versuchen, dich durch häufige Selbsterforschung zu verbessern und dich selbst zu vervollkommnen. Om Namo Narayanaya! Jaihoji!”

Die Pflichten eines Sadhus:

„Die wesentliche Qualifikation eines Sadhus (Weisen) ist, dass er sich allen Umständen anpassen und keine Unannehmlichkeiten für andere verursachen sollte. Seine Pflicht ist es zu dienen, nicht andere zu beunruhigen. Nur sehr wenige Sadhus wissen, was sie sind und was sie sein sollten.
Heute Morgen kam ein alter Sadhu aus dem Swarg Ashram hierher. Er war dort, als auch ich im Swarg Ashram war. Er ist jetzt 80 Jahre alt. Es gab in der Küche nur Reis und Sambhar (scharfe indische Gemüsesoße), aber der Sadhu wollte es nicht. Er wollte nur Roti (Fladenbrot). Es scheint, dass Reis Blähungen verursacht. Wenn man ihm zuhört, wird er einem eine halbe Stunde lang einen Vortrag über die üblen Wirkungen des Reisessens halten. Aber er will nicht hören, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung Indiens und der Welt nur von Reis allein lebt.
Das ist alles, was er während dieser 30 Jahre des Sadhu-Lebens über Sadhana (spirituelle Praxis) verstanden hat – man sollte keinen Reis zu sich nehmen, nur Roti ist gut für Gesundheit und Meditation. Solche Leute verschwenden ihr ganzes Leben mit diesem einen Gedanken über die richtige und die falsche Nahrung. Was ist schon dabei, wenn man an einem Tag nicht das Essen bekommt, das man mag? Wenn du es mit deiner Ernährung so genau nimmst, wird dich nicht einmal deine eigene Frau dulden.
Es ist die besondere Pflicht eines Sadhus, den Haushältern keine Unannehmlichkeiten zu bereiten. Wir sollten den Haushältern nicht zur Last fallen, sondern ihnen dienen. Wann wird dieser Sadhu das begreifen?
Und das Schlimmste dabei ist, dass dieser Sadhu, der unnachgiebig auf seinen Rotis besteht, hier nur Reis bekommen kann! Ich musste also hierhin und dorthin laufen und diesen Menschen und jenen Koch darum bitten, ein paar Rotis für ihn zuzubereiten.
Dieser Sadhu hat auch seine eigenen Vorgaben für das Roti – es muss extra dick sein! Das ist eine sehr bequeme Methode, der Kritik zu entgehen, dass er ein Vielfrass sei. Anstatt 20 normal große Rotis zu nehmen, isst er nur 6 von abnormer Größe!
Wenn ich hier jemandem lediglich Bescheid sage, wird nichts getan werden. Irgendein Koch oder irgendein Arbeiter wird mich bloß ansehen, während sein Geist woanders ist und dann die ganze Sache vergessen, sobald ich ihm den Rücken zukehre! Und ein paar haben die Einstellung, dass alles nur nach ihrem Willen getan werden sollte. Das macht meine Sorgen nur noch größer. Ich muss neben dem Koch sitzen und dafür sorgen, dass der Sadhu die Rotis erhält.
Einige Aspiranten hier sind der Auffassung, dass sie auf Grund der bloßen Tatsache, dass sie in einem Ashram leben, befreit werden. Ich kann euch versichern, dass es sie nicht besser machen wird, wenn sie selbst Hunderte von Jahren neben dem größten Heiligen der Welt leben, so lange sie sich nicht selbst anstrengen. Jeder muss selber denken und handeln.
Es gab hier einige Aspiranten, denen ich selbst vertraut habe und denen ich die Verantwortung für die Angelegenheiten des Ashrams übertragen habe. Danach habe selbst ich mich davor gefürchtet, mich ihnen zu nähern. Wenn ich zum Bespiel zu ihnen ging und darum bat, dass sie ein wenig mehr von dem zubereiteten, was man mir zu essen gibt, damit ich die zusätzliche Menge jemand anderem geben könne, wurde meine Bitte zurückgewiesen. Was ich in solchen Fällen mache, ist, meinen eigenen Verzehr einzuschränken und den Überschuss an andere zu verteilen.
Wenn ein Aspirant nach 100 Leben echten Samadhi (Überbewusstsein) erreicht, ist das eine sehr große Errungenschaft. Gott ist vollkommen, und solange nicht alle schlechten Eigenschaften ausgerottet sind und göttliche Eigenschaften in vollkommenem Maße entwickelt wurden, wird es keinen Samadhi geben.“
Diese Bemerkungen machte der Meister eines Morgens im Büro gegenüber einigen seiner Schüler.

Schritte zur Vollkommenheit:

Der Meister wandte sich dann Rajagopalan zu, der während des Morgenvortrags nach Methoden gefragt hatte, um von außen aufkommende Gedanken während der Meditation zu stoppen.
„Meditation ist der 7. Schritt im Yoga“, fing der Meister an. „Du wünschst dir, dich auf der 7. Stufe zu etablieren, ohne dich erst vorzubereiten! Ist das möglich? Werde zuerst fest begründet in Yama und Niyama (ethische Regeln; die ersten beiden Stufen). Das allein ist bereits eine Arbeit, die für mehrere Leben ausreicht.
Studiere die Gita. Stelle fest, ob du auch nur ein Hundertstel einer Tugend entwickelt hast, die Gott allen Aspiranten vorgeschrieben hat. Wenn du das getan hast, hast du diese menschliche Geburt verdient. Das Ausmerzen schlechter Eigenschaften und die Entwicklung von Tugenden ist eine so schwierige Aufgabe, dass es keinen Zweck hat, locker darüber hinweg zu gehen.
Jeder kann inspirierende Artikel schreiben. Jeder kann die Probleme anderer lösen, solange die Lösung nicht bei ihm selbst angewandt wird. Man kann großartige Arbeit leisten, aber das sind alles nur Fähigkeiten. Selbst wenn man Bhajans und Kirtans (spirituelle Lieder und Mantra-Gesänge) sehr melodisch und voller Inspiration singt, ist dies nur die Entwicklung einer Fähigkeit, die Gott dir gegeben hat. Halte diese nicht für die Eigenschaften eines Sadhus (Weisen, Tugendhaften). Das ist etwas völlig anderes. Es ist sehr schwierig, auch nur eine der Eigenschaften zu entwickeln, die notwendig sind, um ein Sadhu zu sein.
Ich will euch aber nicht entmutigen. Schaut weiter nach innen und rottet eine schlechte Eigenschaft nach der anderen aus. So werdet ihr bald der Vollkommenheit näher kommen.
Werdet zuerst die groben Unreinheiten los. Nehmen wir zum Beispiel den Zorn: Wie viele werden leicht zu Opfern der gröbsten Formen des Zorns! Diese Kampfnatur ist jedem angeboren. Ein Sadhu sollte dieses Übel vollständig ausrotten. Es sollte in ihm keinen Platz dafür geben.
Jemand hier hat R. beschimpft und er ist fortgegangen. Sogar wenn jemand unerwünscht ist, sollten wir ihn nicht beschimpfen. Das ist der Grund, warum die größten Weisen für einen Sadhu Barmherzigkeit, Mitgefühl und Toleranz vorgeschrieben haben.
Man sollte sich gegenüber Gleichgestellten in Freundschaft üben, in Liebe und Mitgefühl gegenüber Untergeordneten, in Bewunderung und Respekt gegenüber höher Gestellten und in Gleichgültigkeit gegenüber unerwünschten Menschen. Wenn man Sannyas annimmt, nimmt man das große Gelübde ‚Ich gewähre allen Furchtlosigkeit’ auf sich. Nicht einmal eine Ameise sollte Angst vor einem haben. Man gibt allen Abhaya (das Versprechen der Furchtlosigkeit). Sogar die schlechtesten Menschen sollten keine Angst vor einem haben.
Ohne diese Eigenschaften gibt es nur eine Veränderung der Kleider eines Sadhus, aber seine Natur bleibt die gleiche. Versucht, euch Schritt für Schritt zu verbessern. Seid wachsam. Solange ihr auf dem rechten Weg seid, gibt es keine Furcht, ihr werdet mit Sicherheit das Ziel erreichen.“

Aufmerksamkeit für Details:

„Ich habe euch neulich gewarnt, dass der Regen diese Rechnungsbücher ruinieren würde. Weil die Sonne schien, dachte man, es würde keinen Regen geben.“
„Es ist der Wind, der alles verdirbt, Swamiji. Wenn der Wind nicht weht, kommt das Wasser nicht herein. Der Wind leitet den Regen in die falsche Richtung.“
„Nun gut“, sagte der Meister lächelnd, „schickt eine Petition an den Windgott, damit er nicht bei Regen weht und unsere Papiere ruiniert! Fein, so könnt ihr unsere Papiere und Rechnungsbücher weiter sorglos aufbewahren.“
Mittlerweile hatte der Ashrambewohner verstanden, um was es dem Meister ging.
„Nein, Swamiji, so habe ich es nicht gemeint. Ich werde die Bücher und Papiere aus der Nähe der Veranda entfernen.“
„Siehst du, du solltest immer sorgsam sein. Manche Leute meinen, im Sommer gäbe es keine Schlangen und Skorpione. Wenn sie stattdessen immer vorsichtig sind und eine Laterne mitnehmen, sind sie in Sicherheit. Sobald die Arbeit vorüber ist, sollten die Helfer automatisch die Türen und Fenster verriegeln und die Rechnungsbücher und Papiere an sichere Orte bringen.“
„Ich bin immer sorgsam in Bezug auf die kleinsten Details“, fuhr der Meister fort. „Mehrere Leute hier baten mich früher darum, große Büchersendungen einfach Leuten mitzugeben, die von hier in die Stadt reisten, wo die Bücher hin sollten. N. mit seinem ausgeprägten Sinn für Sparsamkeit schlug oft vor, die Bücher mit dem Güterzug nach Kalkutta oder an andere Orte zu schicken. Was würde mit ihnen passieren? Wenn sie ankämen, würde die Hälfte von Öl triefen und die andere Hälfte würde nach jaggery (unraffiniertem Zucker) riechen.
Neulich hat Pannalals Freund mich gefragt, ob ich ein paar Bücher für Pannalal hätte, die er ihm mitbringen könnte. Tatsächlich hatte ich ein großes Paket Bücher, aber ich habe sie nicht über diesen Freund geschickt. Er könnte sie an der Bahnstation oder im Waggon vergessen. Er könnte bei der Ankunft in Amritsar vergessen, die Bücher gleich abzuliefern. Oder er könnte das Paket über jemand anderen schicken und die Bücher könnten verloren gehen und niemals bei Pannalal ankommen. All das, nur um ein paar Rupien zu sparen. Ich werde das auf keinen Fall erlauben. Auch, wenn es ein paar Rupien mehr kostet, werde ich die Bücher auf direktem Wege zu der betreffenden Person schicken und so für eine ordnungsgemäße Lieferung sorgen.“

Der Geist täuscht:

„Om Namo Narayanaya, Master Saheb! Gehst du dieser Tage nicht in den Vortrag? Du findest es wohl nicht interessant, glaube ich. Und diese Bretter hier müssen immer noch gestrichen werden. Ich sehe sie schon seit vielen Tagen im selben Zustand.“
„Swamiji, ich möchte immer in einer meditativen Stimmung sein, vertieft in Brahma-Chintan (Reflexion über das Absolute). Das Studieren und Zuhören und die Vorträge über so viele verschiedene Themen verwirren mich. Ich möchte nur in Brahman (dem Absoluten) verankert sein. Auch die Arbeit ist manchmal ein Hindernis. All das lenkt meinen Geist ab.“ S.D. war gerade von einem Vortrag über Brahma-Chintan außerhalb des Ashrams zurück gekommen.
Der Meister ging ein paar Schritte weiter. Dann, als er gerade vor S.D.’s Zimmer stand, sagte er: „Warum wirfst du dann nicht all diese Armbanduhren und Wanduhren weg? Sie sind wohl kein Hindernis für dein Brahma-Chintan, denke ich?“
Darauf hatte S.D. keine Antwort!

Die Weisheit des Meisters:

Ein betagter Sadhu-Gast aus Madras war krank. Er war mit allen Annehmlichkeiten, einem Zimmer, Medikamenten und angemessener Diät versorgt worden. Ungefähr um 11 Uhr lockte ihn ein zarter Duft aus der nahe gelegenen Küche nach draußen. Venugopalji bat ihn, sich im Zimmer auszuruhen und sich nicht so viel zu bewegen.
Der Meister war im Büro und auch Dr. Sundari, die zu Besuch im Ashram war. Beide hörten, was sich draußen abspielte.
Venugopalji kam ins Büro, um die Anweisungen des Meisters bezüglich der Diät des Sadhus entgegenzunehmen.
„Gib ihm alles, was er möchte.“
Venugopalji war überrascht. Es war ein Patient, der schon seit 4 Tagen Fieber hatte!
„Swamiji, zurzeit ist er unruhig, weil er alle möglichen Sachen essen möchte.“
Dr. Sundari hob ihre Augen von dem Buch, das sie in der Hand hatte und richtete sie auf den Meister, neugierig auf seine Reaktion wartend.
„Wenn du ihm guten Sambhar (scharfe indische Gemüsesoße) gibst, wird er wieder in Ordnung sein.“
Alle brachen in Gelächter aus!
„Ich mache keine Witze“, fuhr der Meister fort. „Er ist ein Madrasi Sadhu (ein Heiliger aus Madras). Er hat lange seine Lieblings-Tamarinde (Fruchtfleisch einer bestimmten Pflanze, das als säuerliches Gewürz verwendet wird) entbehren müssen. Wenn der Geist befriedigt wird, wird auch das Fieber aufhören.“
Dr. Sundari stimmte der Weisheit des Meisters zu.

Erinnerungen:

„Swamiji, du erkennst mich vielleicht nicht mehr“, begann ein Sadhu, als er den Meister nahe bei der Apotheke traf.
„Oh! Wie könnte ich dich vergessen? Ich habe dich vor 12 Jahren in Naimissaranya getroffen, nicht wahr?“
Was sollte der Sadhu dazu sagen? Er brachte vor Staunen kein Wort heraus.
Der Meister wandte sich einem der Ashrambewohner zu: „Das war vor langer Zeit, als ich auf eine Vortragsreise nach Naimissaranya gegangen war. Und als ich in Lakhimpore einen Vortrag gab, war dieser Swami ebenfalls dort.“
„Er wollte auch einen Vortrag geben“, fuhr der Meister fort, „und ich war sehr interessiert und ließ ihn einen kurzen Vortrag halten.“
Indem er sich dem Sadhu zuwandte: „Erinnerst du dich daran?“ Dieser erwiderte immer noch benommen: „Ja, Swamiji. Was für ein wunderbares Gedächtnis du hast!“
Beide gingen ins Büro. Dann bat der Meister Vishnu Swamiji darum, dem Sadhu ein Exemplar des Magazins und einige Handzettel zu geben und ihn durch den Ashram zu führen. Der Sadhu war sehr erstaunt darüber, wie schnell der Ashram gewachsen war. Er hatte ihn vor langer Zeit gesehen, als es nur ein paar Räume gab.
In der Zwischenzeit kamen einige Herren herein. Einer von ihnen sagte: „Swamiji, wir sind hierher gekommen, um deinen Darshan (Anblick) zu haben. Ich bin Beamter. Ich habe Freunde hier in Hardwar.“
„Oh ja, ihr seid schon einmal hierher gekommen, ich erinnere mich.“
„Ja, Swamiji, das war vor ziemlich langer Zeit, als ich im Büro einer Zeitung in Lahore arbeitete.“
„Oh ja, du hast mich auch in Lahore gesehen.“
Dann erwähnte der Meister einige Namen, darunter den des Beamten.

Verehrung der Göttlichen Mutter:

Die Kanyakas (jungen Mädchen) wurden in der Bhajan-Halle auf die traditionelle Art und Weise verehrt. Es war überaus sehenswert, wie der Meister selbst das Arati (Lichtzeremonie) vor diesen Kindern ausführte, ehrfürchtig Blumen auf ihre Köpfe legte und Hymnen zum Lobpreis der Göttlichen Mutter sang, deren Verkörperungen sie waren.
Zu der Gruppe gehörte auch ein kleines Baby. Ein Ashrambewohner versuchte, das Baby dazu zu überreden, ein Stück von einer Süßigkeit aus seiner Hand zu essen. Das Kind lehnte das Angebot entschieden ab und schob die dargebotene Hand beiseite. Nur von der eigenen Schwester wollte es sie annehmen.
Ein bisschen später, als alle den Vorfall vergessen hatten, fragte der Meister jedes Kind, was es gerne hätte. Und als das Baby an die Reihe kam, kniete sich der Meister vor ihm hin. Er nahm ein Stück Süßigkeit und während er das Kind anlächelte, bewegte er seine Hand zu dessen Mund, der sich ganz automatisch für das Prasad öffnete!

Liebe zum Dienst:

Am Nachmittag führten die Ashrambewohner die Ayudha Puja (Verehrung der Gegenstände des täglichen Lebens) aus. Dazu trugen sie alle Kameras, Schreibmaschinen, Film-Ausrüstung, Projektoren usw. nahe der Diamond-Jubilee-Halle zusammen. Der Meister nahm an der Verehrungsfeier teil. Nachdem die Veranstaltung vorbei war, stand er nahe beim Eingang und bewunderte sichtlich die große Aufreihung von Maschinen.
„Sehr eindrucksvoll, nicht wahr?“, hörte man den Meister zu Srimathi Liliane sagen. „100 Schreibmaschinen hier bedeuten Nirvikalpa Samadhi (höchster überbewusster Zustand) für mich!“

Taktvoll beigebracht:

Drei durch und durch verwestlichte Inder kamen ins Büro. Sie hatten einen Korb mit Obst mitgebracht, aber die Hände zu falten und ehrfürchtig die Köpfe vor dem Meister zu neigen, das kannten sie nicht!
Der Meister selbst hieß sie mit gefalteten Händen willkommen.
„Sie kommen aus...?“ – „Ja, Swamiji.“
„Sie sprechen Tamil wie jemand, der aus Mangalore kommt“, sagte der Meister.
„Vielleicht haben Sie Recht. Wir leben schon seit langem fern von unserer Heimatprovinz und haben daher beinahe unsere Muttersprache verlernt.“
Die Aussprache des Englischen war makellos!
Der Meister bat Vishnu Swamiji, Tee und Obst zu bringen.
„Oh, machen Sie sich keine Mühe!“, sagte eine der jungen Damen.
Der Meister begann ein Gespräch über die Akzente, Bildung, Sprachen und die Reisen durch verschiedene Länder.
„Wir kommen gerade aus Dehra Dun. Wir sind dorthin gegangen, um einen Verwandten zu besuchen. Zufällig haben wir in einer Schule dort vorbeigeschaut und haben zu unserem Erstaunen herausgefunden, dass der Schulleiter einer unserer Cousins ist. Unsere Familie ist so groß; tatsächlich finden wir überall, wo wir hinkommen, einen Cousin.“
„Sie könnten mich auch als Cousin betrachten!“ Der Meister lachte herzlich, als er dies sagte.
„Alle Menschen sind niemand anders als Ihre Cousins und Cousinen. Wir sind alle Kinder desselben Gottes.“
Die junge Dame schaute auf, sie war etwas erstaunt über diese Bemerkung.
Der Meister fand heraus, dass die ältere Dame über eine Organisation ein wenig soziale Arbeit leistete.
„Bitte geben Sie mir Ihren Prospekt. Sehen Sie, viele junge Mädchen kommen zu mir und fragen um Rat. Zum Beispiel kam gestern ein junges Mädchen aus Dehra Dun mit ihrer Mutter hierher. Sie wollte in Amerika studieren, im Ausland Examen machen und Dozentin für Philosophie werden. Sie möchte nicht heiraten. Sie hat ein tatkräftiges Wesen, ein sehr gutes Benehmen und einen ebenso guten Charakter; aber die Mutter, die konservativ eingestellt ist, steht ihr im Weg. Sie ist ungeduldig. In solchen Fällen denke ich, es wäre gut, wenn wir eine gute Frauenvereinigung hätten, die sich um solche Mädchen kümmern könnte, bis sie auf eigenen Füßen stehen. Wenn das Mädchen nach Amerika geschickt wird, wird sie dem Land sehr nützlich sein. So eine Frauenorganisation sollte auch einen Ashram für sie bauen. Zurzeit gibt es keine geeigneten Ashrams nur für Frauen. Das ist sehr notwendig.“
Der Mann kam nach und nach ein wenig mehr aus sich heraus, und als der Meister in ihm ein verstecktes Interesse an Yoga bemerkte, ging er sogleich darauf ein.
„Yoga bedeutet nicht, dass man von zu Hause weglaufen soll. Wahre Entsagung bedeutet, dem Ego und den Wünschen zu entsagen. Wir brauchen spirituell gebildete Männer und Frauen in diesem Land. Bildung in Kunst und Wissenschaft wird einen nirgendwohin bringen. Sehen Sie, ich habe hier die Forest University begründet. Hier werden Yoga, Vedanta, Karma, Bhakti und Hatha Yoga unterrichtet. Aber nur sehr wenige Menschen wollen diese Universität besuchen und das wird auch noch eine Weile so bleiben. Zurzeit wird sie in bescheidenem Rahmen betrieben, weil die jungen Männer heute sehr daran interessiert sind, hohe Beamte zu werden.
Was ist denn so anziehend am hohen Staatsdienst? Es ist doch nur Sklaverei. Man sollte sich wünschen, frei zu werden. Dies kann nur durch die Yogapraxis erreicht werden. Sie sollten versuchen, die Gita, die Upanishaden und andere Schriften zu studieren.“
„Aber Swamiji, wir sind nicht in der Lage, auch nur die Grundbegriffe dieser Schriften zu verstehen.“
„Für Leute wie Sie habe ich die Essenz in einfachen Büchern aufgeschrieben, in Form von kurzen Gedichten. Die Essenz aller Philosophien ist in der Gita enthalten. Was Sie in der Gita nicht finden, finden Sie nirgends. Es ist eine universelle Schrift für alle Zeiten.
Sie sollten Sadhana (spirituelle Praxis) üben. Nur solange Sie jung sind, können Sie all dies tun. Nachdem sie 60 oder 70 geworden sind, wenn alle Sinne abgenutzt sind, werden Sie sich nach Gott sehnen. Wenn Sie nichts mehr hören können, werden Sie nach Bhagavata Katha (Gespräche über Gott oder Lesungen aus dem Srimad Bhagavatam) dürsten. Wenn das Augenlicht versagt hat, werden Sie gute Gottesbilder sehen und Tempel besuchen wollen. Jetzt ist die Zeit dafür. Verpassen Sie die Gelegenheit nicht.“
Der Meister wandte sich an die ältere Dame und sagte: „Sozialarbeit ist sehr gut, aber wenn sie keinen spirituellen Hintergrund hat, wird sie Ihre Seele nicht zufrieden stellen. Selbst nach 100 Jahren Sozialarbeit werden Sie sich unzufrieden fühlen. Das Praktizieren von Yoga wird Sie vollkommen machen und Ihnen den Schlüssel zur Verwandlung jeder Sozialarbeit in Gottesdienst geben.“
Dann bat der Meister Radha darum, ein paar Lieder auf Englisch zu singen. Er schenkte ihnen Exemplare seiner Bücher und Flugblätter und das spirituelle Tagebuch.
Nachdem sie den Ashram gesehen hatten, gingen sie. Der Meister verneigte sich und sagte zu ihnen: „Kommen Sie auf jeden Fall wieder und bleiben Sie eine Weile hier. Ich werde Ihnen beibringen, wie man all diese Lieder singt. Ich werde Sie auch Asanas und Pranayama lehren.“
Nun warfen sie sich sogar vor dem Meister zu Boden, bevor sie sich verabschiedeten!

Ein Kompliment:

„Sie hat ein sanftes Herz. Sie ist auch eine sehr fromme Seele; und nicht nur das, trotz ihrer Bildung und dem Dienst, den sie seit 20 Jahren im Krankenhaus leistet, bewahrt sie sich auch ihre Bescheidenheit. Seht nur, sie möchte nicht allein reisen“, bemerkte der Meister als Dr. Sundari sich von ihm verabschiedet hatte, um nach Hause zurückzukehren.
Als sie mit Tränen in den Augen und einem Kloß im Hals vor dem Meister stand, wirkte sie wie eine Tochter, die ihren geliebten Vater verlässt.

Die Pünktlichkeit des Meisters:

Frühmorgens fing es an zu regnen. Alle dachten, es würde keinen Morgenvortrag geben. Der Ashrambewohner, der damit beauftragt worden war, die Glocke zu läuten, dachte, das wäre nun sinnlos. Somit war niemand da, um den Vortrag zu beginnen – weder Vortragende noch Schüler.
Der Meister jedoch ging ganz alleine zur Bhajan-Halle.
Aravamudan schritt majestätisch vorbei und trug einen kleinen Eimer in der Hand. Als er den Meister bemerkte, stellte er sofort den Eimer ab und verneigte sich.
„Gibt es heute keinen Vortrag?“, fragte der Meister.
„Ich komme gerade aus der Bhajan-Halle, Swamiji. Heute Morgen ist niemand gekommen.“
Schnell wurden zwei oder drei Schüler zusammengerufen. Sie begannen mit Kirtan (Mantrasingen). Andere schlossen sich an und auch diejenigen, die Vorträge halten sollten, kamen.

Faulheit:

Der Meister schwieg zu dem Vorfall, bis er ins Büro kam. Ruhig brachte er das Thema zur Sprache:
„Ich schaute morgens um 5 Uhr aus meinem Zimmer heraus. Es regnete. Dann wartete ich ein wenig und der Regen hörte auf. Ich ging zur Bhajan-Halle, fand dort aber niemanden vor. Jeder glaubte, dass auch ich nicht kommen würde. Erst als sie mich dann alle sahen, begannen sie, sich zu versammeln. All das beruht auf angeborener Faulheit.
Sogar wenn nur einer dorthin ginge, sollte er mit Kirtan beginnen. Man sagt über Swami Ramakrishnanandaji, den Gründer der Ramakrishna Mission in Madras, dass er seine Vorträge am vereinbarten Ort und zum vereinbarten Zeitpunkt zu halten pflegte, selbst wenn niemand da war, um ihm zuzuhören. Aufgrund seines unbesiegbaren Willens wirkt sein Satsankalpa (Entschlossenheit, das Wahre und Gute zu verwirklichen) noch heute.“