Glückseligkeit ist die wahre Natur des Menschen. Der zentrale Kern seines Daseins ist die dem Menschen innewohnende Göttlichkeit. Seine eigentliche Natur ist Göttlichkeit, auch wenn er sich dessen aufgrund seiner grobstofflichen Neigungen und des Schleiers der Unwissenheit nicht mehr bewusst ist. In seiner Unwissenheit identifiziert sich der Mensch mit dem Körper, dem Verstand, der Lebensenergie (Prana) und den Sinnen. Wenn er aber diese transzendiert, wird er eins mit Brahman, dem Absoluten – und das ist reine Glückseligkeit.
Brahman ist die vollumfängliche Wirklichkeit und absolute Bewusstheit. Brahman ist das, jenseits dessen es nichts mehr gibt; das innere Selbst aller Dinge, das gemeinsame Bewusstsein in allen Wesen: Ein Dieb, eine Prostituierte, ein König, ein Straßenkehrer, ein Verbrecher, ein Heiliger, ein Hund, eine Katze, eine Ratte – sie alle sind dasselbe Brahman.
Es gibt nur einen fiktiven, scheinbaren Unterschied, der sich in verschiedenen Körperformen und Ausprägungen des Geistes äußert. Es gibt unterschiedliche Formen, Farben und Meinungen. Doch das Selbst, Brahman, ist in allen dasselbe.
Wenn man reich ist, kann man beispielsweise einen Dampfer, einen Palast oder ein Flugzeug sein Eigen nennen, aber kein Selbst, das nur einem allein gehört. Das Selbst ist allen gemein. Es ist nicht das alleinige Eigentum einer Person.
Brahman oder das Selbst ist eins inmitten von Vielfalt. Es ist unbewegt inmitten der sich verändernden Erscheinungen. Es ist das reine, absolute, essentielle Bewusstsein aller bewussten Wesen.
Die Quelle allen Lebens, die Quelle allen Wissens ist Brahman, das innerste Selbst. Es ist voller Wonne, undenkbar, unausdrückbar, unbeschreiblich, nicht zu beeinflussen, immer in Frieden und unveränderlich. Es stirbt nicht, wenn der Körper stirbt.
Es gibt keinen Unterschied zwischen Brahman und Glückseligkeit – Brahman ist reine Glückseligkeit. Gott, Vollkommenheit, Frieden, Unsterblichkeit und Glückseligkeit sind dasselbe. Das Ziel des Lebens ist es, Vollkommenheit, Unsterblichkeit oder Gott zu erlangen und je näher man dieser Wahrheit kommt, desto glücklicher wird man, denn die eigentliche Natur der Wahrheit ist vollkommene Wonne.
Im Endlichen aber liegt keine Glückseligkeit. Glückseligkeit liegt nur im Unendlichen, weshalb unendliche Wonne nur im unendlichen Selbst erlangt werden kann.
Das Selbst zu kennen, heißt unendliche Glückseligkeit und ewigen Frieden zu genießen. Selbstverwirklichung schenkt ewiges Sein, absolutes Wissen und höchste Glückseligkeit.
Man lese so viele philosophische Abhandlungen wie man will, halte Vortrag über Vortrag auf einer Welt-Tournee, bleibe 100 Jahre lang in einer Höhle im Himalaya, praktiziere 50 Jahre lang Pranayama (Atemübungen) – die vollkommene Befreiung kann man nur durch Selbstverwirklichung erreichen.

Was Moksha bedeutet

Es gibt nur ein Selbst und ein Sein. Die Erkenntnis dieser Wirklichkeit ist Moksha, die Befreiung.
Moksha ist die Zerstörung aller Hindernisse, die zu einem Gefühl des Getrenntseins führen. Es ist ein absoluter Seinszustand, in dem die Einheit des alles durchdringenden Bewusstseins mit Gewissheit genauso deutlich erkannt wird, wie wenn man eine Orange in der Hand hält.
Moksha heißt nicht das Erreichen einer Befreiung von einem tatsächlichen Zustand der Gefangenschaft, sondern die Verwirklichung und Erkenntnis des Freiseins, welches bereits existiert. Es ist die Freiheit von der falschen Vorstellung von Gefangenschaft.
Die einzelne Seele fühlt sich aufgrund von Unwissenheit in Fesseln, welche durch die Macht der Unwissenheit selbst hervorgerufen werden. Wenn diese falsche, durch Täuschung hervorgerufene Überzeugung durch die Kenntnis Brahmans aufgelöst wird, wird der Zustand von Moksha hier und jetzt verwirklicht, in eben diesem Leben. Er folgt nicht erst durch den Eintritt des Todes.
Der Ursprung der Täuschung ist der Wunsch. Wünsche bringen Gedankenwellen hervor und Gedankenwellen verhüllen die wahre Natur der Seele, die glückselig, unsterblich und ewig ist. Wenn die Wünsche zum Stillstand gebracht werden, dämmert das Wissen um Brahman im Menschen auf.
Wissen um Brahman ist keine Handlung. Man kann Brahman nicht erreichen, so wie man auch sich selbst nicht erreichen kann, wenn man sich selbst nicht kennt. Die Erkenntnis Brahmans ist unmittelbar.

Verstand und Intuition

Die Intuition manifestiert sich nicht allmählich, sondern erwacht wie ein Blitz. Unmittelbare Erkenntnis durch Intuition vereint die individuelle Seele mit der höchsten Seele. Intuition lässt das Subjekt und das Objekt der Erkenntnis sowie den Prozess des Erkennens miteinander im Absoluten verschmelzen, wo es keine Dualität gibt. In der Intuition wird die Zeit Ewigkeit und der Raum Unendlichkeit.
Intuitive Erkenntnis allein ist die höchste Erkenntnis. Es ist die unendliche, unvergängliche Erkenntnis der Wahrheit. Erkenntnis, die sich von den Sinnen herleitet, ist Wissen um Erscheinungen und nicht Wissen um Wahrheit.
Durch die Sinne erlangtes Wissen ist falsch, während intuitive Erkenntnis wahres Wissen ist. Man kann Brahma-Jnana, das Wissen um das Selbst, durch Intuition und nur durch Intuition erlangen, auf keine andere Art und Weise.
Ohne Zugang zur Intuition bleibt der Verstandesmensch unvollkommen. Sein Verstand hat nicht die Macht, in die innere Kammer der Wahrheit vorzudringen. Er bleibt immer im Bereich der Dualität.
Geist und Intellekt sind endliche Instrumente. Der Verstand ist endlich, da er nicht in das Unendliche vordringen kann. Die Intuition allein kann in das Unendliche vordringen. Wissenschaftliche Versuche, das Unendliche zu beweisen, sind vergeblich. Die einzige wissenschaftliche Methode hierfür ist die Intuition.
Meditation führt zur Intuition. Meditation ist der Schlüssel, um die Göttlichkeit oder das unsterbliche Selbst zu entfalten, das in allen Namen und Formen verborgen ist.

Der Meditationsprozess

Es gibt keine Erkenntnis ohne Meditation. In der Meditation wird die Psyche aufgewühlt und die Wahrheit manifestiert sich. Durch Meditation wächst allmählich die Spiritualität. Die göttliche Flamme wird heller und heller.
Meditation verleiht die Vision des ewigen Lichts. Sie erweckt die Intuition. Durch konstante Praxis stetiger Konzentration und Meditation wird der Geist zunehmend transparent und kristallklar. Das Streben nach weltlichen Dingen wird in dem Maße weniger, in dem man sich weiter in sich zurückzieht.
Auch auf dieser neuen Ebene gibt es Gesetzmäßigkeiten. Die Musik hört sich anders an, die Töne klingen sehr süß. Ständig fühlt man sich von etwas Höherem durchdrungen.
Der Glanz des spirituellen Erwachens verändert die Sichtweise und man sucht mit Hingabe das, was ewige Freude und Frieden mit sich bringt. Die Suche nach unmittelbaren materiellen Vorteilen rückt in den Hintergrund.
Die Meditation führt einen mehr und mehr nach innen, vom Groben zum Feinen, vom Feinen zum noch Feineren, vom noch Feineren zum Feinsten – dem Höchsten Geist.
Wenn man durch die Meditation über Gott jenseits des Körperbewusstseins gelangt, erreicht man universelle Göttlichkeit. Alle Wünsche sind dann erfüllt.
Meditation ist der beispiellose Königsweg zum Erlangen ewiger Glückseligkeit und Unsterblichkeit. Frieden und Wonne findet man nicht in Büchern, Kirchen und Klöstern.
Warum liest du so viele Bücher? Es bringt nichts. Das große Buch existiert in deinem eigenen Herzen. Öffne die Seiten des unerschöpflichen Buches, der Quelle allen Wissens und du wirst alles wissen, was es zu wissen gibt.
Schließe die Augen, nimm die Sinne zurück, beruhige den Geist und bringe den Gedankenfluss zur Ruhe. Mache den Geist wellenlos; verschmelze dann tief mit Brahman, der höchsten Seele, dem Licht der Lichter, der Sonne der Sonnen. Alles Wissen wird dir enthüllt werden, alle Zweifel schwinden, geistige Qualen werden sich auflösen und alle heißen Diskussionen und Debatten enden. Frieden und Erkenntnis allein werden übrigbleiben.
Alle Namen und Formen entschwinden während tiefer und intensiver Meditation. Es herrscht die Bewusstheit des unendlichen Raumes, welche ebenso schwindet und ein Zustand reinen Nichts folgt. Plötzlich kommt die Erleuchtung – der Zustand von Nirvikalpa Samadhi, der Zustand des Überbewusstseins.

Die Glückseligkeit von Samadhi

Nirvikalpa Samadhi (Zustand des Überbewusstseins ohne Dualität) ist eine Verwirklichung von höchstem Wert. Während dieser Erfahrung wird die Realität in ihrer Ganzheit intuitiv wahrgenommen. Es ist die Erfahrung des Einsseins mit dem ewigen Absoluten. Man hat Brahma-Bewusstsein (absolutes Bewusstsein) anstelle des kleinen Jiva-Bewusstseins (Bewusstsein der individuellen Seele).
Die Erfahrung der Ganzheit wird Samadhi genannt. Sie bedeutet Freiheit vom Elend – absolute Wonne.
Samadhi heißt nicht die Abschaffung der Persönlichkeit, sondern ihre Vervollständigung. In diesem Zustand der höchsten Erleuchtung fühlt man das Einssein von Subjekt und Objekt. Man sieht nichts anderes, hört nichts anderes, weiß nichts anderes.
Im Samadhi-Zustand leuchtet einfach nur die Erkenntnis auf. Sie verlangt nicht, dass man nach dieser Erleuchtung irgendetwas tut.
Erkenntnis heißt Sein. Man kann Erkenntnis und Sein nicht trennen. Bewusstsein und Existenz sind ein und dasselbe. Wo absolute Erkenntnis und absolutes Sein vorherrschen, gibt es auch absolute Wonne. Die Glückseligkeit der Selbstverwirklichung, der Selbsterkenntnis, kann man nicht in Worte fassen. Ruhe, die von nichts berührt werden kann, höchster Frieden ohne Makel, ungetrübtes Licht und Wonne – so ist ein kurzer Blick auf das Selbst!
Sinnliche Freuden sind nichts im Vergleich zu der Wonne von Meditation und Samadhi. Erhebe dich über das Leben der Sinne. Wache auf und erkenne, dass du das reine, unsterbliche Brahman (das Absolute) bist. Sieh das eine Brahman in allen Wesen und erlange ewige Wonne und Unsterblichkeit.
Höre alles über Brahman oder die Seele, verstehe Es dann und denke darüber nach, meditiere darüber und verwirkliche Es. Tat twam asi. – Das bist du.
Du bist Brahman; Brahman bist du. Erkenne dies und sei frei. Nichts kann dich von der Verwirklichung deiner essenziellen unsterblichen Natur abhalten.
Selbstverwirklichung ist keine Erfindung. Sie ist nur die Entdeckung deines wirklichen Selbst. Sie ist das Wissen um das eigene Selbst. Sie ist Bewusstheit des eigenen Selbst.
Selbstverwirklichung ist nichts, was man zuerst erreichen müsste. Man braucht Brahman nicht zu erreichen oder zu erlangen. Man ist schon Brahman. Man muss nur sein inneres Auge öffnen.
Die Vedanta-Philosophie beruft den Einzelnen zu seiner eigenen Freiheit, seiner Herrlichkeit und Würde. Erkenne die Quelle dieser Freiheit, die Wurzel dieser Wonne und sei frei.
Glückseligkeit ist dein essentielles Wesen. Glückseligkeit ist dein Geburtsrecht. Du bist ein glorreicher Erbe der unendlichen Wonne. Verwirkliche diese Glückseligkeit jetzt, in eben dieser Sekunde!
Suche nicht draußen nach Licht, Frieden, Freude und Glückseligkeit; suche im Inneren! Moksha, die Erlösung, gibt es weder im Himmel noch auf dem Berg Kailash (Berg im Himalaya, der als Wohnsitz Shivas gilt). Der höchste, unerschöpfliche göttliche Schatz, die brahmanische Perle, ist in den Kammern deines eigenen Herzens eingeschlossen, in der Schatulle der Stille. Entdecke die wahre Wirklichkeit in deinem eigenen Herzen.

Maya und Geist (engl.: mind)

Es gibt keine Dualität in der absoluten Wirklichkeit. Alle Modifikationen sind illusorisch. Vielfalt ist eine Illusion.
Maya (Täuschung, Veränderung), die große illusorische Macht Gottes, projiziert Vielfalt. Maya schafft Trennung – Trennung zwischen der individuellen Seele und der Höchsten Seele.
Maya ist die ungeheure Illusion schaffende Macht Gottes. Maya bedeutet die materiellen Dinge dieser Welt. Sie ist die Quelle des physischen Universums. Diese Welt der Namen und Formen ist ein irreführendes Schauspiel, das durch Mayas Tricks aufrecht erhalten wird.
So wie ein Stock mit brennender Spitze, der schnell geschwenkt wird, die Illusion eines Kreises aus Feuer erweckt, so verhält es sich mit der Vielfalt der Welt. Maya täuscht uns durch ihre unergründliche Macht.
Maya schafft Chaos im Verstand. Die Dinge, die wir überall um uns herum wahrnehmen, sind nur in Form oder in Substanz gebrachter Geist.
Die Welt ist ein Produkt des Geistes. Die ganze Welt ist eine Erweiterung des Geistes. Das ganze Universum entsteht und existiert im Geist.
Nichts in der Welt besteht außerhalb des Geistes. Erde, Flüsse und Berge sind Teile des Geistes, sie existieren nur scheinbar in der Außenwelt.
Die Welt existiert nicht aus sich heraus, sondern nur mit Hilfe des Verstandes. Sie verschwindet, wenn der Verstandes nicht mehr arbeitet, wie beispielsweise im Traum.
Es ist allein die Vorstellungskraft des Geistes, welche Zustände von Zeit, Raum und Bewegung annimmt. Raum und Zeit als solches existieren nicht getrennt von Brahman, das reine Bewusstheit ist.
Es gibt keinen Raum ohne Zeit und es gibt keine Zeit ohne Raum. Zeit und Raum gehen Hand in Hand. Sie sind beide unwirklich. Sie hängen voneinander ab. In Wirklichkeit gibt es weder Zeit noch Raum.
Zeit und Raum sind Schöpfungen des Geistes. Sie sind mentale Projektionen, so unwirklich wie Träume. So real sie auch erscheinen mögen, sie sind letzten Endes nicht wirklich. Das zeitlose, raumlose Brahman ist die einzige Realität.
Brahman alleine ist. Es ist Brahman, welches eine Welt aus verschiedenen Objekten zu sein scheint, wie Wasser, das durch Wellen in Schaum und Blasen unterschieden wird. Brahman erscheint als die Welt, wenn es durch den Geist und die Sinne wahrgenommen wird.

Materie und Seele (engl.: spirit)

Das Universum ist der Körper Gottes. Die ganze Welt ist Gott oder seine kosmische Form. Die Welt ist nicht eine Welt aus toter Materie, sondern von lebendiger Gegenwart. Sie ist eine Manifestation der Allseele.
Der grundlegende Irrtum während Jahrhunderten war der Glaube, dass spirituelle und materielle Welt gänzlich voneinander getrennt seien. Spiritueller Geist und Materie sind weder unterschiedlich noch trennbar. Sie sind beide von der Natur Gottes.
Materie ist durch die Sinne wahrgenommener Geist. Sie ist manifestiertes Bewusstsein, Bewusstsein in Bewegung. Sie ist eine Gottesmacht, der dynamische Aspekt des statischen Gottes. Die Welt ist ein Ausdruck Brahmans.
Die Welt ist ein Schatten Brahmans. Sie ist ein Überschäumen der Wonne Brahmans, ein Ausströmen Gottes, eine Manifestation Gottes. Sie ist eine Spiegelung Gottes. Die Welt ist mit dem Glanz, dem Ruhm und der Größe Gottes aufgeladen.
Gott ist das eine Licht, das in verschiedenen Formen scheint. Er ist die eine Stimme, die durch verschiedene Sprachen spricht. Er ist das eine Leben, das in jedem Atom des Universums fließt.
Gott durchdringt alles. Gott ist in jeder Materie auf gleiche und vollständige Weise enthalten. Die Welt ist ein Spiel Gottes. Gott ist mit der Welt verwoben wie die Fäden eines Tuches.
Ebenso wie es keinen Unterschied zwischen dem Gold und den daraus geschmiedeten Schmuckstücken gibt, besteht auch kein Unterschied zwischen Gott und dem Universum. Gott gibt die frohe Botschaft; er selbst ist die frohe Botschaft.
Die Welt ist nicht von Gott verschieden. Er ist inner- und außerhalb aller Dinge. Es ist kein Ort, an dem Gott nicht ist. Alles ist Gott; es gibt nichts außer Gott.

Ist die Welt unwirklich?

In Wirklichkeit gibt es keine Welt. Sie ist bloßer Schein wie ein Seil, das eine Schlange zu sein scheint. Alle Namen und Formen sind unwirklich wie Schatten, wie das Wasser einer Fata Morgana, wie das Blau des Himmels.
Die Unwirklichkeit der Welt ist nur in der letztendlichen Analyse als Wahrheit erkennbar. Auf der relativen Ebene kann man ihre Existenz nicht leugnen. Vom empirischen Standpunkt aus gesehen ist die Welt durchaus ziemlich real.
Die Welt ist nicht absolut unwirklich, denn man fühlt sie, man erfährt sie. Sie ist auch nicht absolut wirklich, denn sie verschwindet, wenn man Weisheit erlangt.
Für wen und wann ist die Welt unwirklich? Nur für einen befreiten Weisen ist die Welt unwirklich. Für einen weltlichen Menschen ist sie eine feste Realität. Nur wenn man aufwacht, erscheint der Traum unwirklich. Während man träumt, erscheint einem der Traum real.
Die Welt ist unwirklich, aber in welchem Sinn? Ist sie so unwirklich wie das Geweih eines Hasen, wie das Kind einer unfruchtbaren Frau, wie der Lotus am Himmel? Nein. Sie ist keine so grundlegende Realität wie Brahman. Im Vergleich zu Brahman ist die Welt unwirklich, eine bloße Erscheinung.
Die Schöpfung ist eine Manifestation Gottes, der eins ist und unzählige Formen angenommen zu haben scheint. Brahman manifestiert sich in Form verschiedener Formen als das Universum. Das Universum hätte nicht aus Nichts heraus entstehen können.

Das Rätsel des Bösen

Die Welt ist Gottes Enthüllung seiner selbst. Seine Glückseligkeit oder Freude nimmt all diese Formen an.
Alles Leben ist gleich. Das universelle Herz schlägt selbst im winzigsten Leben. Gott atmet in allem Leben.
Genauso wie ein Faden alle Blumen einer Girlande durchdringt, so durchdringt auch ein Selbst alle diese lebenden Wesen. Sieh dieses eine Selbst in allen. Diene allen, liebe alle, sei gut zu allen und gib die Idee der Verschiedenheit auf.
Die Welt ist weder gut noch böse. Es ist unsere Vorstellung, die Gut und Böse erschafft. Das Denken macht es dazu. Für die Guten ist die Welt voller Güte, aber für die Bösen ist die Welt voller Schlechtigkeit. Das Böse ist nicht in der Welt, sondern im Verstand. Der Mensch sieht nur die Spiegelungen seines Geistes. Wenn er aber Vollkommenheit erreicht hat, erscheint die Welt gut.
Sieh Gott in allen Namen und Formen. Dann wirst du nichts Böses sehen, sondern überall das Gute erkennen und Frieden finden.

Die Einheit der Existenz

In allem wohnt eine Seele. Es gibt eine Menschheit und eine brüderliche Gemeinschaft. Es gibt eine Brahman-heit. Keiner ist hoch, keiner ist niedrig, alle sind gleich. Alle Unterscheidungen sind überflüssig. Die vom Menschen geschaffenen Hürden müssen ohne Rücksicht niedergerissen werden. Nur dann wird es Frieden geben.
Es gibt nur eine Kaste – die Kaste der Menschheit. Es gibt nur eine Religion – die Religion der Liebe. Es gibt nur ein Gebot – das Gebot der Wahrhaftigkeit. Es gibt nur ein Gesetz – das Gesetz von Ursache und Wirkung. Es gibt nur einen Gott – den allgegenwärtigen, allmächtigen und allwissenden Gott. Es gibt nur eine Sprache – die Sprache des Herzens oder die Sprache der Stille.
Alles Leben ist eins. Die Welt ist ein Zuhause. Wir alle sind Mitglieder der einen Menschenfamilie. Alle Schöpfung ist ein organisches Ganzes. Kein Mensch ist von diesem Ganzen unabhängig. Wer versucht, sich von anderen abzusondern, stürzt sich ins Elend, denn Trennung ist Tod, während Einheit ewiges Leben ist. Pflege also kosmische Liebe. Erkenne den Wert der anderen. Reiße alle Barrieren nieder – die Vorurteile von Rasse, Religion und äußeren Umständen –, die die Menschen voneinander trennen. Erkenne das nicht-duale Prinzip, die unsterbliche Essenz in allen Geschöpfen. Schütze die Tiere und nimm alles Leben für heilig; dann wird diese Welt ein Paradies der Schönheit sein – ein Hafen des Friedens und der Ruhe.
Wenn ein und dasselbe Brahman in allen lebenden Wesen wohnt, warum hasst du dann andere? Warum siehst du auf andere herab und schätzt sie gering? Warum verwendest du harte Worte? Warum versuchst du über andere zu herrschen und sie zu dominieren? Warum beutest du andere aus? Warum bist du intolerant? Ist das nicht die größte Dummheit? Ist das nicht reinste Unwissenheit?
Lerne als Mitglied einer einzigen Familie zu leben. Setze dich für das Ideal der einen Menschheit ein. Lebe in Frieden auf der Welt. Wir alle sind Kinder Gottes. Die ganze Welt ist eine Familie Gottes. Fühle dies, verwirkliche dies und sei glücklich.
Siehe das Eins-in-Allem und das Alles-in-Einem. Fühle: „Ich bin Alles“ und: „Ich bin in allem.“ Fühle: „Alle Körper sind mein. Die ganze Welt ist mein Körper, mein geliebtes Zuhause. Ich arbeite in allen Wesen und mit allen Händen. Ich esse mit allen Mündern. Ich bin das unsterbliche Selbst in allen Geschöpfen.“ Wiederhole diese Formeln mehrere Male täglich in Gedanken. Wiederhole Om in Gedanken. Fühle das Einssein des Lebens oder die Einheit des Bewusstseins, wenn du Fußball oder Tennis spielst, wenn du trinkst oder isst, wenn du sprichst oder singst, wenn du sitzt oder gehst, wenn du badest oder dich anziehst, wenn du einen Brief schreibst oder im Büro arbeitest oder auch, wenn du deine natürlichen Bedürfnisse befriedigst. Spiritualisiere deine Handlungen, Bewegungen, Gedanken und Gefühle. Verwandele sie in Yoga. Dann wird alles zu Gottesverehrung.

Yoga und die Ausübung von Religion

Yoga ist ein bewusster und standhafter Versuch, Vollkommenheit zu erreichen. Das Ziel von Yoga ist es, den Geist so zur Ruhe zu bringen, dass er ohne Verzerrung das hinter ihm liegende Brahman spiegeln kann.
Zügele die Sinne und beherrsche den Geist. Meditiere regelmäßig und ernsthaft. Sei ein Yogi, sei ein Yogi, sei ein Yogi! Lebe ein yogisches Leben und verbreite diese großartige Lehre.
Du hast vergessen, nach innen zu blicken, Innenschau zu halten, dich zu konzentrieren und zu meditieren. Deshalb bist du unwissend; in Dunkelheit und Schmerz verloren.
Schaue in dein Inneres und versuche, deine Fehler zu beseitigen. Dies ist die echte und schwierigste spirituelle Praxis (Sadhana). Du musst sie um jeden Preis durchführen. Intellektuelle Weiterentwicklung ist nichts dagegen, sie ist viel einfacher.
Setze dich 3 oder 6 Jahre lang mit einem Wörterbuch in die Hauptbibliothek von Baroda oder Kalkutta. Du wirst deinen Intellekt und dein Gedächtnis schulen. Doch das Beseitigen von Fehlern erfordert einen harten Kampf über viele Jahre hinweg. Viele schlechte Angewohnheiten müssen erst entdeckt und dann überwunden werden.
Es gibt einige bekannte spirituelle Hindi-Meister, die in der Lage sind, eine Woche lang Vorträge über einen Vers aus der Bhagavad Gita oder den Upanishaden zu halten. Ihnen gebührt Respekt und dennoch mögen die Menschen sie nicht, denn sie haben immer noch große Fehler. Sie haben sich nicht ausgiebig selbst beobachtet. Sie haben keine drastischen spirituellen Praktiken auf sich genommen, um diese Fehler zu beseitigen. Sie haben nur ihren Intellekt weiterentwickelt. Wirklich schade!
Wahre Religion beginnt dort, wo der Intellekt aufhört. Ein unreines Herz und ein eingebildeter Intellekt können den Geist der Religion nicht verstehen.
Religion ist eine Manifestation des ewigen Glühens der Seele im Menschen. Der Hauptzweck der Religion ist die Entfaltung der Göttlichkeit im Menschen.
Gebet und Meditation sind die Hauptsäulen der Religion. Ein Leben des selbstlosen Dienens und der Aufopferung mit regelmäßigem Gebet und Meditation ist die höchste Religion. Religionspraktik ist die Praxis der Wahrhaftigkeit, Rechtschaffenheit, Güte, Gerechtigkeit, Liebe und Reinheit. Der rechtschaffene Mensch ist der wahrhaft religiöse Mensch. Die klangvollen Töne der Religion sind: gut sein, Gutes tun, rein sein, freundlich sein, Mitgefühl haben, allen dienen, alle lieben, in allem Gott sehen.
Die Praxis dieser Prinzipien allein weckt den Menschen zum Bewusstsein der Einheit des Daseins und der Erkenntnis des Göttlichen Geistes innen und außen.
Religion ist Leben und Leben ist Opfer. Man kann religiöse Zeremonien peinlich genau ausführen und dennoch im Herzen und im alltäglichen Verhalten unreligiös sein. Religion sollte eine lebendige Erfahrung im Leben der Menschen sein.
Religion heißt, das Leben zu leben, nicht nur schöne Reden und Zurschaustellung. Wirkliche Religion ist die Religion des Herzens. Das Herz muss rein werden.

Der Weg des selbstlosen Dienens

Praktiziere die Religion des Herzens. Baue am Gebäude der Liebe, denn selbstloses Dienen klärt das Herz und öffnet es für das Einströmen des Göttlichen Lichts. Tauche in das selbstlose Dienen ein. Muntere Menschen mit Kummer auf. Ermutige niedergeschlagene Menschen. Trockne den Geplagten die Tränen. Zerstreue Traurigkeit durch freundliche und liebevolle Worte. Bringe Menschen am Rande der Verzweiflung zum Lächeln.

Sei eine Lampe für diejenigen, die sich verlaufen haben. Sei Arzt und Krankenschwester für leidende Patienten. Sei Boot und Brücke für diejenigen, die das andere Ufer der Furchtlosigkeit und Unsterblichkeit erreichen wollen.

Erfülle deine Pflicht, so gut wie du kannst und überlasse den Rest Gott. Erledige alle deine Handlungen mit unvoreingenommenem Geist. Widme sie dem Göttlichen, dann werden diese Handlungen dich nicht binden. Dein Herz wird rein werden.

Spiritualisiere alle deine Handlungen. Lasse deine Augen voll Freundlichkeit blicken, deine Zunge mit Milde sprechen, deine Hände mit Zärtlichkeit berühren. Sei so mitfühlend wie Buddha, so rein wie Bhisma (Erzieher, Lehrer der Gesetze der Göttlichen Ordnung), so tapfer wie Bhima (Prinz, Kriegsheld, der für seine außergewöhnliche Stärke bekannt war) und so ehrlich wie Harichandra (König der Sonnendynastie, bekannt für seine Gerechtigkeit).

Füttere deinen Geist mit Gedanken an Gott, dein Herz mit Reinheit und deine Hände mit selbstlosem Dienst. Bleibe immer vollgesogen mit dem zarten Gedenken an den allgütigen Gott. Verbreite das Wissen um das Selbst und teile es mit anderen. Sei umfassend, liberal, universell und alles einschließend. Liebe alle, sei freundlich zu allen. Dehne dein Herz aus. Mache Raum in ihm für alle, selbst für denjenigen, der plant, dich zu vergiften oder denjenigen, der sein Messer zieht, um dir die Kehle durchzuschneiden. Werde ein praktischer Vedantin, ein Schüler der Vedanta-Philosophie. Werde ein Nicht-Dualist im Leben und im Handeln.

Vertraue auf dein Selbst, auf deine innere spirituelle Stärke. Stehe auf deinen eigenen Füßen. Sei nicht abhängig von Geld, Freunden oder sonst jemandem. Wenn deine Freunde auf die Probe gestellt werden, verlassen sie dich. Buddha hing niemals von jemandem ab, nicht einmal von seinen Schülern. Wenn er ernsthaft krank war, hüpfte er selbst wie ein Frosch, um Wasser aus dem Fluss zu trinken.

Sei an niemanden gebunden, auch an keinen Ort oder kein Ding. Begehre nicht zu besitzen. Besitz bringt Schmerz mit sich. Werde absolut frei, indem du dich mit dem inneren Selbst identifizierst, deinem inneren unsterblichen Herrscher. Fordere nun die ganze Welt heraus.

Stehe auf, geliebter Schüler! Folge mir ehrlich. Genieße die Glückseligkeit von Brahman, dem Absoluten. Der Fluss reinster brahmischer Glückseligkeit fließt überall um dich herum. Es gibt eine Sintflut der Glückseligkeit des Selbst. Trinke diesen Nektar zur Zufriedenheit deines Herzens. Kümmere dich nicht um die Welt. Gehe deinen eigenen Weg. Lass andere Reichtum anhäufen und Multimillionäre und Fabrikbesitzer werden. Sie sind nichts als Geizhälse. Lass sie Anwälte, Minister und Oberste Richter werden. Sie sind dennoch unwissend. Gib keinen Pfifferling um sie. Der Wohlstand der 3 Welten (materielle, astrale, kausale Welt, also das ganze Universum) ist nichts. Er ist eine Nichtigkeit gegen den spirituellen Wohlstand, den Wohlstand von Brahma-Jnana, der Erkenntnis des Brahman. Die Freude der 3 Welten ist bloß ein Tropfen im Vergleich zum Ozean der Glückseligkeit des Selbst. Die Kenntnis aller weltlichen Wissenschaften ist nur eine leere Hülse verglichen mit dem Wissen um das Selbst.

Hier sind die unbezahlbaren Schätze von Brahman. Hier ist der unerschöpfliche Reichtum des direkten Wissens. Genieße diese Reichtümer. Kein Dieb kann dir diesen unvergänglichen Reichtum an Wissen um das Höchste stehlen. Keine Insolvenz, kein Bankeinbruch, kein Bankrott ist hier zu finden. Nimm diesen spirituellen Schatz in Besitz, den Glanz von Brahman und genieße ihn für alle Zeiten. Du bist nun ein wirklicher König der Könige, Scheich der Scheichs, Kaiser der Kaiser. Indra (König der Götter) und Brahma (Schöpfergott) werden dich nun mit Neid betrachten. Oh geliebter Schüler! Geh und verbreite diesen unvergänglichen Reichtum an Wissen um das Selbst in alle Welt. Ruhm sei dir! Friede sei mit dir für alle Zeit!