Trauer, Beerdigung, Todesritual: Bhur Loka

Im Moment des Todes verlässt die Seele mit dem Astral- und dem Kausalkörper den physischen Körper und geht ein in Bhur Loka. Beim Übergang sieht der Sterbende oft wie in einem Zeitraffer noch einmal sein ganzes Leben Revue passieren. Er weiß, was er alles erlebt hat, was seine Aufgaben waren, wo er diese gut bewältigt hat und wo weniger gut. Das ist wie das „Jüngste Gericht“, von dem in der Bibel berichtet wird. Dann verlässt die Seele den physischen Körper und sieht alles, was auf der physischen Ebene geschieht, von oben. Dieser Zustand wird Bhur Loka genannt.

In Bhur Loka hat der Mensch zwar den physischen Körper verloren, aber er nimmt noch alles wahr, was es auf der physischen Ebene gibt, d.h. er sieht die Menschen, die dort sind, er hört, was sie sprechen, er spürt vielleicht die Liebe, die Energie, die Gedanken, die Menschen ausstrahlen. Aber er kann keine telepathischen Gedanken lesen und ist angewiesen auf physische Kommunikation, also dass man mit ihm oder ihr spricht.

Sterbegleitung nach dem Tod

Und so wird empfohlen, wenn ein Mensch gestorben ist, zu dem man eine enge Beziehung hatte, dass man mit ihm nochmals laut spricht, insbesondere wenn man nicht die Möglichkeit hatte, sich vorher intensiv mit ihm zu unterhalten.

Nachtwache beim Toten

Wenn möglich, ist es gut, mit dem physischen Körper, der jetzt tot ist, allein zu sein. Früher gab es die Nachtwache und es war sogar so, dass diese abwechselnd war, dass jeder aus der Familie ein paar Stunden mit dem Verstorbenen allein war. Wenn man das kann, ist das ein Geschenk. Rechtlich ist es so, dass man das Recht hat, den Toten einen Tag lang bei sich zu behalten oder aus dem Krankenhaus nach Hause zu bringen und ihn zu Hause im Wohnzimmer oder wo auch immer, aufzubahren. Das wissen die wenigsten, aber es ist ein gesetzlich verbrieftes Recht. Es ist nicht nötig, dass der Tote aus dem Krankenhauszimmer sofort in die Kühlkammer geschoben wird und dort bis zur Beerdigung bleibt. Das ist natürlich für die Ärzte leichter. Für Ärzte ist der Tod, interessanterweise „Exitus“ genannt, also Ausgang, eine Niederlage, und die will man schnell aus den Augen haben. Gut ist es, wenn man eben die Möglichkeit hat, mit dem Verstorbenen noch allein zu sein. Manche Krankenhäuser erlauben es auch, dass das Krankenzimmer noch einen Tag reserviert bleibt oder der Tote in ein leeres Zimmer gebracht wird, dann braucht man ihn nicht nach Hause zu transportieren.

Zwiesprache mit dem Toten

Wenn man dann mit der Leiche allein sein kann, ist es gut, zu dem Verstorbenen zu sprechen. Man kann z. B. so anfangen: „Du, wenn du mich verstehst, dann möchte ich dir noch Folgendes sagen…“ Dann kann man sich verabschieden. Nochmals dankbar sein für das, was man zusammen erlebt hat. Man kann darüber sprechen, was einem vielleicht leid tut, man kann sagen, dass man dem Toten vergibt, wenn er einen vielleicht verletzt hat oder etwas anderes getan hat, worüber man ärgerlich war. Meistens fällt Vergebung leicht, wenn der andere gestorben ist. Dann kann man das auch von Herzen ausdrücken. Wenn man das Gefühl hat, selbst etwas falsch gemacht zu haben, kann man ausdrücken, dass es einen reut und um Verzeihung bitten. Und dann kann man auch darüber sprechen, was jetzt mit dem Menschen geschieht. Zum Beispiel: „Du, ich habe einmal ein Buch über Reinkarnation gelesen, ich war bei einem Vortrag über Reinkarnation dabei; ich habe mich länger mit Reinkarnation beschäftigt. Nach dem, was ich da gelesen bzw. gehört habe, geschieht jetzt Folgendes…“ Das kann man dann ausbauen. Und weiter: „Ich habe gehört, dass es gut wäre, wenn Du jetzt an Gott denkst oder einen Namen Gottes oder ein heiliges Gedicht oder Gebet sprichst, so dass du nachher in höhere Ebenen gehst. Es wäre gut, wenn du jetzt nicht versuchst, auf der physischen Ebene noch etwas zu regeln oder mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen. Ich weiß, dass Tante So-und-So trauert und so weiter. Ich möchte dich bitten, dass du dich darum weniger kümmerst, ich werde mich um die Menschen kümmern. Deine Aufgabe ist jetzt eine andere: Sobald du siehst, dass sich ein Lichtkanal öffnet, lass dich von den Lichtwesen in die höhere Ebene führen.“ So oder ähnlich kann man sprechen.  Im schlimmsten Fall hört der Verstorbene nichts und man hat wenigstens etwas mehr Frieden in seine eigene Seele gebracht. Wahrscheinlich ist, dass er oder sie es mitkriegt und dass es für ihn/sie etwas sehr Wertvolles ist.

Das tibetanische Totenbuch

Bei den Tibetern wird die Tage nach dem Tod dem Verstorbenen das ganze tibetanische Totenbuch vorgelesen. Obgleich die Menschen sich schon vorher damit beschäftigt haben, wird nach dem Tod das ganze Totenbuch vorgelesen. Dort wird alles erzählt, was im Moment des Todes geschieht, durch welche Zwischenstadien sie vielleicht hindurch gehen und wie sie dort durch gehen. Die Vorstellung ist dabei, dass die Menschen dann bis zum Nirwana geführt werden können.

Totenritual für Verstorbene

Auch in unseren Breiten sind Totenmesse, Gebet für die Toten und kirchliche Bestattung üblich. Auch das hilft der verstorbenen Seele.

Trauer

Weniger geeignet ist, dass man sich ganz in der Trauer um den Toten verliert. Gerade Menschen, die sich vorher nicht mit Tod beschäftigt haben und einen  plötzlichen Tod hatten, werden von den trauernden Angehörigen dazu gebracht, zu versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Die Seele des Verstorbenen versucht dann, die Hinterbliebenen irgendwie zu trösten und gibt dafür viel Energie aus. Dann verpasst sie vielleicht den geeigneten Moment, in die höheren Ebenen aufzusteigen und bleibt dann länger auf Bhur Loka verhaftet. Es ist kein dauerhafter Schaden, aber eben eine Verzögerung der weiteren Reise. Viele Menschen, die ein bisschen sensibel sind, können spüren, dass sie die Tage nach dem physischen Tod tatsächlich die Seele sehr nahe spüren, manche sehen sie sogar.

Meditation und individuelles Totenritual

In manchen Fällen ist es so, dass man mit dem Verstorbenen nicht allein sein kann. Man sollte da durchaus die Wünsche der engsten Angehörigen achten und nicht deswegen mit ihnen einen Streit beginnen. Falls man nicht mit der Leiche allein sein kann, kann man Folgendes tun: Gehe an einen ruhigen Ort, vielleicht deinen Meditationsraum. Du kannst dort eine Kerze anzünden, vielleicht auch ein Räucherstäbchen, wenn du willst. Stelle ein Foto des Verstorbenen auf. Denke dann an den Verstorbenen. Dann kannst du anfangen, mit ihm zu sprechen. Auf Bhur Loka gibt es keine Grenze von Raum. Die Seele spürt, „Da denkt jemand an mich. Und dieser jemand denkt vor allem mit liebevollen und nicht mit schmerzerfüllten Gedanken an mich.“ Die Seele wird davon angezogen, kommt dorthin. Dann kann man das Gleiche machen, wie ich vorher beschrieben habe, was man bei der Totenwache machen kann: Man kann mit ihm sprechen. Und danach mindestens 108 Mal das Om Tryambakam Mantra oder ein Gebet wiederholen. Ich kenne eine Reihe von Menschen, die gespürt haben, dass ein entfernter Angehöriger gestorben ist, obgleich sie in den letzten paar Jahren nichts miteinander zu tun hatten. Erst später haben sie von seinem Tod gehört. Die Verstorbenen suchen den Angehörigen, der eine lichtvolle Ausstrahlung hat, denn sie wissen, dass sie für die nächste Ebene Licht und Kraft brauchen. So heißt es, wenn einer in der Familie den spirituellen Weg geht und regelmäßig meditiert, profitieren alle Verwandten und Freunde davon. In der jüdischen Tradition heißt es, dass von einem Gottesfürchtigen sieben Generationen der Familie in die Vergangenheit und die Zukunft profitieren. So haben spirituelle Menschen eine besondere Funktion oder Aufgabe, den Verstorbenen im Moment des Todes oder in den Tagen danach besonders zu helfen.

In Indien war es üblich, dass nach dem Tod anschließend eine Art Trauerzeit beginnt, die nicht wirklich nur eine Trauerzeit war. Einer der Verwandten, typischerweise der älteste Sohn, machte sich 7 Tage von allen Verpflichtungen frei. Er hatte die Hauptaufgabe, Rituale für den Verstorbenen auszuführen, zu meditieren und ihm oder ihr Licht zu schicken. Das ist durchaus empfehlenswert, so dem Verstorbenen diesen letzten Liebesdienst zu erweisen.

Nicht zu viel Äußerlichkeiten beim Begräbnis und Todesfeier

Man sollte nicht zu viel Zeit mit dem Aussuchen des Sarges und der Blumengestecke verbringen. Versuche, die anderen Verwandten sich damit beschäftigen zu lassen. Es lenkt sie etwas ab, was für viele Menschen gut ist. Die Hauptaufgabe eines spirituellen Menschen nach dem Tod eines Angehörigen ist, viel zu meditieren, viel Om Tryambakam oder Gebete für den Toten zu sprechen, Licht zu schicken, um so dem Menschen Energie zu geben.

 

Teile deine Energie mit dem Verstorbenen

Eines muss man allerdings dabei wissen: Der Verstorbene wird einem dabei auch Energie nehmen. Ich habe das immer wieder erlebt, dass die Zurückgebliebenen, insbesondere die spirituellen, obgleich sie meistens nicht so viel Trauer empfinden, weil sie die Nähe des Verstorbenen spüren, nachher merken, dass sie nach einer Weile irgendwie ausgelaugt, ausgesaugt sind und etwa eine Woche später keine Lust mehr haben, zu meditieren, dass sie zwei Stunden länger schlafen wollen, Schokolade, Kuchen, mehr Süßigkeiten essen wollen. Alles Dinge, die passieren, wenn der Energielevel sinkt. Mein Ratschlag ist, dass man dann erstens erkennt, dass dem so ist, zweitens tatsächlich mehr schläft als vorher und drittens aber mit Unterscheidungskraft mehr meditiert und insbesondere Pranayama übt. Die ersten Tage nach dem Tod ist nicht das Pranayama wichtig, sondern da sind Meditation, Mantrasingen, Licht, Gedanken und Gespräche wichtig. Wenn etwa drei bis sieben Tage vorbei sind, ist das Pranayama, die Atemübungen, das, was einen wieder auflädt, besonders wichtig. Man sollte nicht geizig mit seinen Energien sein, sondern sie freimütig dem Verstorbenen schicken. Diesen Dienst, seine eigene Energie dem Verstorbenen zur Verfügung zu stellen, kann man ruhig machen. Als Yogaschüler kennt man Praktiken, um sich wieder aufzuladen.

Manche Verstorbenen schenken dir Energie und Segen

Wenn der Verstorbene selbst ein spiritueller Mensch war, kann man auch die entgegengesetzte Erfahrung machen: Man fühlt sich aufgeladen, beschwingt, fröhlich, die Meditation bekommt eine neue Tiefe. Der Verstorbene versucht, einen vom Normalbewusstseinszustand in eine höhere Ebene des Bewusstseins zu ziehen. Wenn man sich dabei so in Liebe geborgen fühlt, muss man nur aufpassen, dass man in Gegenwart anderer ein ernstes Gesicht macht. Andere Hinterbliebene, die nicht so offen für die Liebesenergie des Verstorbenen sind, fühlen sich gekränkt und gestört, wenn ein naher Angehöriger ein Gesicht voll Freude hat.

Yoga Meister nach ihrem physischen Tod

Oftmals heißt es von großen Yogameistern, dass sie, wenn sie ihren physischen Körper verlassen haben, nochmals ihren Schülern erscheinen. Das ist z.B. einer der Gründe, warum in Indien das Christentum keine übermäßigen Konvertiten hat. Wenn die Missionare den Leuten erzählt haben, Jesus sei seinen Jüngern nach drei Tagen erschienen, haben diese geantwortet: „Gut, das hat Krishna auch gemacht und Ramakrishna auch, genauso wie Vishvamitra oder Vasistha.“ In Indien ist es eine Tradition, dass der Meister, wenn er die physische Ebene verlässt, seinen Schülern nochmals erscheint. Deswegen hatten die Inder auch kein Problem damit, Jesus einfach in den großen Kreis der Heiligen und Weisen einzureihen. Sie glaubten wirklich daran, dass er aufgrund seines Verhaltens entweder Inkarnation Gottes, Avatar oder ein selbstverwirklichter Meister war, was zur Folge hatte, dass niemand konvertierte. Wenn man allerdings nicht selbstverwirklicht ist, sollte man sich nach dem Tod möglichst schnell darum bemühen, in höhere Ebenen aufzusteigen. Es ist dann nicht so gut, auf der physischen Eben zu erscheinen. Gerade denjenigen, die am meisten trauern, fällt es am schwersten, sich zu zeigen, denn ihr Astralkörper ist so eingeschrumpft und sie sind so traurig, dass keine Offenheit für irgendetwas mehr besteht. Sie wollen zwar die Seele sehen, sie wünschen es sich, sie beten dafür, aber die Trauer zieht sie zusammen.