Das Yoga System

Dhyana oder Meditation

Die Spitze des Yoga liegt in der Auflösung des Geistes in das Meditationsobjekt. Die ganze Technik beinhaltet das Einstimmen des subjektiven Bewusstseins als Ganzes auf die Struktur des Konzentrationsobjektes. Normalerweise ist das Objekt vom Bewusstsein getrennt, sodass es materiell unabhängig ist. Es ist auch nicht in der Lage, sich mit dem Bewusstsein zu verbinden. Nach dem Samkhya-System scheint es nicht so, dass in der Wahrnehmung eines Objektes das Bewusstsein völlig unabhängig ist und durch das Objekt, von dem es sich aus irgendwelchen Gründen angezogen fühlt, wobei die Gründe im Objekt selbst liegen, unbeeinflusst bleibt. Gemäß dem Samkhya-System unterscheidet sich das Objekt von dem subjektiven Bewusstsein völlig, das Objekt ist eine Form der Prakriti, und das Bewusstsein ist eine Offenbarung der Purusha, wenn auch in der Handlung des Erkennens oder Wahrnehmens individuell. Die Purusha ist gemäß Samkhya von Natur aus unendlich, und doch hat sie eine Rolle der Wahrnehmung, die bezogen auf das Objekt lokal und endlich ist, wobei das Wissen der Purusha ursprünglich unendlich ist. Diese Verwicklung der unendlichen Purusha in einer endlichen Beziehung zu einer Form der Prakriti bindet die Purusha. Die Möglichkeit zur Befreiung der Purusha liegt in der Rückkehr zu ihrem Originalzustand, der Unendlichkeit, in dem sie sich gewissermaßen von ihren Beziehungen zu den Objekten, den Prakritis, löst. Das Yogasystem von Patanjali ist letztendlich das hohe Lied auf die Notwendigkeit, alle Beziehungen auf Seiten des Bewusstseins hinsichtlich der Verwicklungen in Äußerliches oder in Objekte zu durchtrennen, angefangen von den gesellschaftlichen Beziehungen und den Verwicklungen in den körperlichen Organismus; es geht weiter mit der psychischen Struktur des Antahkarana oder den inneren Organen, der Kausalität der Unwissenheit, und es hört bei dem Antrieb auf, in irgendetwas Endliches eintreten zu wollen. Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi sind die Stufen eines schrittweisen Zurückziehens des Bewusstseins von äußeren Kontakten und gleichzeitig ein immer weiteres Ausdehnen des eigenen Selbst, was in der Unendlichkeit gipfelt, die das Wesen darstellt. Während das Loslösen des Bewusstsein von der Gesellschaft, dem Körper, dem Geist und dem Intellekt durch die Praxis von Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana und Dhyana erreicht wird, was aus Sicht des Suchenden in gewisser Weise verständlich ist, so ist das höhere aufeinander Abstimmen, was als Samadhi bekannt ist, und wo es nur spärliche Informationen in den Sutras gibt, weitaus schwerer zu verstehen, und dies mag für den menschlichen Geist unmöglich erscheinen, denn der Geist ist, ohne jedes Bewusstsein über andere Werte, gesellschaftlich verstrickt und tief in ein Körperbewusstsein versunken.

Während Konzentration als die Verkettung des Geistes hin zu einem Punkt der Aufmerksamkeit definiert wird, - gleichgültig, ob dieser Punkt äußerlich, innerlich oder universal ist, - so wird die Meditation als ein kontinuierlicher Fluss beschrieben, der sich von dem meditierenden Subjekt auf das Objekt der Meditation zubewegt. Es sind vier Faktoren in Dharana oder der Meditation enthalten, d.h. erstens der Ausschluss von belanglosen Gedanken, die nichts mit dem Objekt der Konzentration zu tun haben, zweitens der Gedanke der eignen Subjektivität, drittens der Konzentrationsprozess, und viertens das Objekt, auf den sich die Konzentration richtet. Doch in Dhyana oder Meditation existieren nur drei Prozesse, wobei die Frage vom Ausschluss belangloser Gedanken sich nicht ergibt, wenn sich der Gedanke in der Meditation so weit selbst vertieft, dass ihn nichts mehr außerhalb des Meditationsobjektes beeinflussen kann.