Karma Yoga von Swami Sivananda

 

Kapitel 1: Der Yoga des Dienens

1. Wer ist Gott ?

Gott ist Satchidananda (absolutes Sein, absolutes Wissen und absolute Glückseligkeit). Gott ist Wahrheit. Gott ist das Licht der Lichter. Gott ist alles durchdringende Intelligenz oder Bewusstsein. Gott ist die alles durchdringende Kraft, welche dieses Universum regiert und es in perfekter Ordnung hält. Er ist der innewohnende Herrscher dieses Körpers (Antaryamin) . Er ist allmächtig, allwissend und allgegenwärtig. Er hat die sechs Eigenschaften Jnana (Weisheit), Vairagya (Leidenschaftslosigkeit), Bala (Stärke), Aishwarya (Herrschaftlichkeit, Macht), Shri (Wohlstand) und Kirti (Ruhm). Daher wird er auch Bhagavan  genannt.

Er existiert in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er bleibt unveränderlich inmitten der sich verändernden Erscheinungen. Er ist beständig inmitten des Unbeständigen und unvergänglich inmitten der vergänglichen Dinge dieser Welt. Er ist Nitya , Sasvata (beständig), Avinasi (unvergänglich), Avyaya (unzerrüttbar, ohne Verfall) und Akshara . Er hat zu seiner eigenen Lila  diese Welt durch die drei Gunas – Sattva, Rajas und Tamas – erschaffen. Er kontrolliert Maya.

Er ist Swatantra (unabhängig). Er hat Satkama (reiner, wahrhaftiger Wunsch) und Satsankalpa (rechte Entschlossenheit, reiner Wille). Er verwaltet die Früchte der Handlungen der Jivas. Er ist voller Barmherzigkeit. Er stillt den Durst der Jivas in der Form von Eiscreme und saftigen Früchten. Seine Macht ist es, durch die du sehen, hören und sprechen kannst. Alles, was du hörst, ist Gott. Gott wirkt durch deine Hände und isst durch deinen Mund. Aufgrund von Unwissenheit und Abhimana  hast du Ihn völlig vergessen.

Nitya Sukha (ewiges Glück) und Parama Shanti (höchste Ruhe) kann man nur in Gott erfahren. Darum bemühen sich verständige, kluge Aspiranten um Gottesverwirklichung. Die Verwirklichung des Göttlichen kann das sich endlos drehende Rad von Geburt und Tod zum Stillstand bringen und der Menschheit höchstes und dauerhaftes Glück schenken. Die Welt ist in Wirklichkeit ein sehr langer Traum. Sie ist tatsächlich ein Gaukelspiel der Maya. Die fünf Sinne täuschen dich in jedem Moment. Öffne deine Augen, o Prem ! Lerne zu unterscheiden. Verstehe Sein Mysterium. Fühle überall Seine Gegenwart und Seine Nähe. Glaube mir, er wohnt in den Kammern deines Herzens. Er ist der stille Sakshi  deines Geistes. Er ist der Sutra-Dhara , der den Faden deines Pranas in Händen hält. Er ist der Schoß dieser Welt und der Veden . Er ist der Einflüsterer des Sankalpa. Suche Ihn in deinem Herzen und empfange Seine Gnade. Nur dann hast du dein Leben gut gelebt. Nur dann bist du ein Mensch. Nur dann bist du wirklich weise. Schnell, schnell, du hast keinen Augenblick zu verlieren, nicht eine Minute zu zögern. Der rechte Zeitpunkt ist jetzt oder er wird nie kommen. Nutze jeden Moment in spirituellem Sadhana.

2. Yoga des Dienens

Was ist das Ziel von Seva bzw. Dienst? Warum dienst du den Armen, Bedürftigen und der leidenden Menschheit im Ganzen? Warum dienst du der Gesellschaft und dem Land? Ja, durch Dienen reinigst du dein Herz. Egoismus, Hass, Eifersucht, Überlegenheitsgefühl und alle vergleichbaren negativen Eigenschaften werden verschwinden. Demut, reine Liebe, Mitgefühl, Nachsicht und Barmherzigkeit werden sich herausbilden. Der Eindruck der Getrenntheit wird verschwinden. Selbstsucht wird ausgemerzt werden. Du wirst eine aufgeschlossene und vorurteilslose Perspektive auf das Leben entwickeln. Du wirst beginnen, Einheit und Verbundenheit zu spüren. Schließlich wirst du Kenntnis des Selbst erlangen. Du wirst „das Eine in Allem“ und „Alles in Einem" verwirklichen. Du wirst unbegrenzte Freude empfinden. Was ist denn die Gesellschaft letztendlich? Sie ist nichts weiter als eine Ansammlung von Einheiten oder Individuen. Die Welt ist nichts anderes als eine Manifestation Gottes. Dienst an der Menschheit und am Land ist in der Tat nichts Geringeres als Dienst an Gott. Dienen ist Verehren des Göttlichen. Man sollte jedoch mit Bhava dienen. Nur dann kann man eine schnelle Verwirklichung und Reinigung des Herzens erreichen.

Das Gefühl der Trennung ist eine kolossale Fessel. Überwinde dieses Gefühl durch Brahma Bhavana , indem du adwaitische  Einheit des Bewusstseins entwickelst und indem du selbstlos dienst. Der Eindruck von Getrenntheit ist eine Illusion, die durch Unwissenheit oder Maya entsteht.

Unterhalte große Begeisterung für uneigennütziges, selbstloses Dienen. Sei liebenswürdig zu allen. Liebe alle. Diene allen. Sei tolerant und großzügig gegenüber jedermann. Diene Gott in allem. Auf diese Weise erreichst du das Ziel. So wie eine Mutter, die neun Kinder verloren hat, den einzigen überlebenden Sohn liebt, so entwickle grenzenlose Liebe für alle Wesen. Dies ist die erste und wichtigste Voraussetzung für einen Aspiranten. Der Astralkörper desjenigen, der diese grenzenlose Liebe besitzt, scheint in herrlichem Licht und Glanz. Es wird ein Leuchten von unbeschreiblicher Pracht sein.

Wer sein eigenes Vergnügen und seine Bequemlichkeit vergisst und sich immer darum bemüht, anderen zu helfen, ist wahrhaftig ein fortgeschrittener Schüler auf dem spirituellen Weg. Er besitzt den Generalschlüssel, der den Zugang zu den Gefilden spiritueller Wonne eröffnet.

In Notfällen musst du in der Lage sein, schnell nachzudenken und sofort mit unfehlbarer Genauigkeit und tiefer Konzentration zu handeln. Du musst darauf achten, nicht unbedacht und hastig, sondern ruhig und gefasst zu sein. Viele Schüler ziehen es heutzutage vor, angenehme Arbeiten zu verrichten, ein wenig schreiben, ein paar Blumen für die Puja  sammeln, Bücher in der Bibliothek sortieren, etwas auf der Schreibmaschine tippen, ein bisschen Aufsicht führen oder verwalten und so fort. Sie haben eine Abneigung gegen Arbeiten wie Wasser holen und Holz hacken, schmutzige Gerätschaften reinigen, Kleidung waschen, auskehren, kochen, Bettpfannen leeren und Kranke pflegen. Sie betrachten diese Arbeiten als minderwertig. Sie haben nicht versucht, den wahren Geist von Karma Yoga und Vedanta zu verstehen. Sie sind noch Babus (kleine Jungen). Sie brauchen strenge Disziplin und Anleitung. Ich werde diese Babu-Schüler deshalb so einsetzen, dass sie ein Jahr lang die Bettpfannen der Kranken tragen, für ein weiteres Jahr Geschirr spülen und im dritten Jahr die Räume kehren sowie die Kleidung der Kranken waschen. Erst dann werden sie zu wirklichen Aspiranten. Erst dann sind sie bereit, mit der Meditation zu beginnen.

Wenn ein Ashrama  nicht richtig geführt wird, verwandelt sich die Küche zu einem Kampfplatz. Die ganze Maya ist in der Küche. Schüler beginnen dort zu streiten. Einer sagt: “Heute habe ich kein Ghee und kein Gemüse bekommen.“ Ein anderer meint: „Die Dalsuppe  war sehr wässrig. Vishwaranjan hat einfach nur Gangeswasser in die Suppe geschüttet. Er mag mich nicht.“ Aber wenn im Ashrama ein wirklich fortgeschrittener Karma Yogi lebt, der die jungen Schüler ausbildet, dann beginnt der wirkliche Adwaita Vedanta  in der Ashrama-Küche und endet in der Vasishtha Guha  im Himalaja. Eine Küche ist der beste Übungsplatz oder die beste Schule für die Herausbildung von Toleranz, Geduld, Nachsicht, Barmherzigkeit, Mitgefühl, Liebe, Anpassungsfähigkeit und des Geistes wahren Dienens zur Reinigung des Herzens und zur Verwirklichung des Einsseins allen Lebens. Jeder Aspirant sollte gut kochen können.

Wenn man mit seinem Guru  zusammenlebt, muss man bereit sein, jede ihm übertragene Arbeit gerne zu verrichten. Wenn du Interesse an Aufgaben entwickelst, gegen die der Geist rebelliert, wirst du später jede Art von Tätigkeit mögen. Indem du dies tust, förderst du zweifellos deine Willenskraft.

Geistige Ausgeglichenheit schenkt einem disziplinierten Menschen wahrlich dauerhaftes Glück. Selbiges ist keine Ware, die man auf dem Markt erwerben könnte. Es ist in der Tat ein seltenes Geschenk, das man nur durch lang andauernden selbstlosen Dienst mit Atma Bhava , stetem Blick, kontrollierten Indriyas (Sinnesorganen) und Selbstbeherrschung, durch die Entwicklung von Tugenden wie Anpassungsfähigkeit, großer, umfassender Toleranz und ein hohes Maß an Ausdauer, Gelassenheit, Ruhe und Beherrschtheit erhalten kann, durch Beseitigung von Ängsten, Sorgen, Furcht und Depressionen mittels spirituellen Sadhanas und Meditation. Gelassenheit und geistige Ausgeglichenheit können dem Menschen wirkliches, dauerhaftes Glück geben. Der Reichtum der drei Welten ist nichts im Vergleich zur Wonne, die eine große Seele empfindet, welche Gelassenheit und Ausgeglichenheit im Geist besitzt. Nun sage mir ganz ehrlich, worin liegt Wonne? Wer ist ein bedeutender Mensch? Ist sie im reichen König mit schwankendem und ungezügeltem Geist, der in einem Palast lebt? Oder ist sie im armen Heiligen mit wunderbar ruhigem und ausgeglichenem Geist, der in einer Grashütte an den Ufern des heiligen Ganges lebt?

Wenn du einem anderen wirklich dienen möchtest, dann solltest du versuchen, ihm in jeder Hinsicht gefällig zu sein. Du solltest nichts tun, das nur dir allein gefällt. Du solltest so handeln, dass es ihm große Freude bereitet. Dies bedeutet wahres Dienen. Aber für gewöhnlich versuchen die Menschen mit dem Vorwand, anderen zu dienen, nur sich selbst gefällig zu sein. Dies ist ein schwerer Fehler. Wer einem anderen den Griff eines scharfen Messers in die Hand gibt, die scharfe Klinge aber selbst hält, leistet wahren Dienst. Ein wirklicher Sevaka erfreut sich am Leiden. Er lädt sich die verantwortungsvollste, schwierigste, mühsamste und uninteressanteste aller Tätigkeiten auf seine Schultern und tötet damit sein eigenes kleines Selbst, nur um anderen eine Freude zu bereiten. Er akzeptiert freiwillig Schmerz und Leid, um anderen zu dienen und sie zu erfreuen.

Den Atem durch Kumbhaka (eine Methode der Atemregulierung) zwei Stunden lang anhalten, Gebetsperlen vierundzwanzig Stunden lang drehen, in Samadhi  vierzig Tage in einem Keller unter der Erde ohne Nahrung verharren, indem man sich das Zungenbändchen durchschneidet und Khecari Mudra  praktiziert, auf einem Bein in der sengenden Sommersonnenhitze stehen, Trataka in der Mittagssonne üben, Om Om Om in der Stille des einsamen Dschungels singen, ein Meer an Tränen während Sankirtan (gemeinsames Singen des göttlichen Namens) vergießen – all dies ist völlig bedeutungslos, wenn man damit nicht brennende Liebe für Ihn in allen Wesen verbindet, nicht mit glühendem Geist Ihm und damit allen Wesen dient. Den Schülern von heute fehlt es leider an diesen zwei unabkömmlichen Bedingungen. Und das ist die Hauptursache, weshalb sie überhaupt gar keine Fortschritte bei ihrer stillen Meditation erzielen. Sie haben den Boden nicht vorbereitet, damit meine ich das Antahkarana (inneres Instrument), indem sie sich anfangs in ausdauernder Liebe und im Dienen übten. Während meines Lebens habe ich verschiedene Bhaktas dieser Art erlebt – Bhaktas, die ein halbes Dutzend Rosenkränze um ihren Hals und ihre Handgelenke herum mit sich tragen und tagein tagaus mit einer langen Japa Mala (Gebetskette) in den Händen Hare Rama Hare Krishna murmeln. Diese Bhaktas werden nie einem Kranken nahe kommen, selbst wenn er im Sterben läge, und ihm einen Tropfen Milch oder Wasser geben und fragen: „Was brauchst du, Bruder? Wie kann ich dir helfen?“ Nur aus Neugierde betrachten sie ihn aus der Ferne. Kann man diese Leute echte Vaishnaviten (Anhänger Vishnus ) oder Bhaktas nennen? Können Sie auch nur ein Jota von wahrem Nutzen aus ihrer Meditation oder Bhajan (Verehrung) ziehen? Ein Jinda Narayana (lebender Gott) in der Gestalt eines kranken Patienten liegt im Sterben. Sie haben nicht das Herz, zu ihm hinzugehen und ihm zu helfen oder ihm auch nur ein paar liebevolle, aufmunternde Worte in diesem kritischen Moment, in dem sein Leben an einem Faden hängt, zu schenken. Wie können sie erwarten, Darshana (Gottesschau) des allzeit gnädigen Hari (Gott) zu erhalten, wenn ihre Herzen aus Stein sind? Wie können sie die Gottesverwirklichung erhoffen, wenn sie Gott nicht in allen Wesen erkennen und sie nicht den Geist des Dienens besitzen, um Ihm in allen Formen zu helfen?

Allein jener Mensch, der Wissen und Hingabe besitzt, kann dem Land und den Menschen einen wahrhaft nutzvollen Dienst erweisen. Jnana und Bhakti müssen das stabile Fundament des Karma Yoga sein. Jnana kann mit Karma Yoga verbunden werden, ebenso wie sich Bhakti Yoga mit Karma Yoga zu Beginn sehr günstig verbinden lässt. Der Jnana Karma Yogi denkt und fühlt, dass er seinem eigenen Atman dient und verwirklicht so adwaitisches Bewusstsein. Der Bhakti Karma Yogi denkt und fühlt, dass er seinem Gott, seinem eigenen Ishtam , in allem dient und verwirklicht so Gottesbewusstsein und erhält von seinem geliebten Gott Darshana . Bloßes philanthropisches Tun aus Anteilnahme heraus, jedoch ohne Hingabe und Wissen, ist lediglich soziales Unratbeseitigen. Das ist kein Yoga, keine Gottesverehrung. Es ist auf einer niedrigeren Ebene. Es kann einen Menschen nicht wirklich erheben. Der Fortschritt verläuft schwerfällig und langsam, wenn man überhaupt von Fortschritt sprechen kann. Vergiss nicht, dass es die geistige Einstellung (Bhava) ist, die immenses Wohl mit sich bringt.

Ein Karma Yogi, der gleich zu Beginn jede Arbeit als Form der Gottesverehrung ausführt, der Körper, Geist, Seele und all seine Handlungen wie Blumen oder Gaben den Lotosfüßen Gottes darbringt, der vollständig in Gott aufgeht, indem er jederzeit an Ihn denkt, erlangt durch diese totale Hingabe Gottesbewusstsein. Er geht in Gott auf. Sein Wille wird eins mit dem kosmischen Willen. Dies ist die letzte und höchste Stufe. Er erkennt, dass alles auf dieser Welt nichts anderes als die Lila Gottes ist. Er versteht die Wahrheit in den Aussagen des Brahma Sutra : lokavattu lila kaivalyam . Er fühlt, dass er eins mit Gott ist und dass er ein Partner in Seiner Lila ist. Er lebt für Ihn allein. Er lebt in Ihm allein. Seine Gedanken und Handlungen sind nun von Gott selbst. Der Schleier ist gefallen. Das Gefühl des Getrenntseins ist völlig verschwunden. Nun genießt er das göttliche Aishwarya.

Ein Arzt, der in einem Krankenhaus arbeitet, sollte denken, dass all seine Patienten Manifestationen Gottes sind. Er sollte denken, dass der Körper der bewegliche Tempel Gottes ist und dass das Krankenhaus ein großer Tempel oder Vrindavan  oder Ayodhya  ist. Er sollte denken: ‚Ich handle nur, um Gott zu gefallen und nicht meinen Vorgesetzen.‘ Er sollte denken, dass Gott der innere Herrscher (Antaryamin) ist, dass Er allein alle Organe aus dem Hintergrund betätigt und dass Er der Drahtzieher des Körpers ist. Er sollte denken, dass Er wirkt, um den göttlichen Willen im großen System aller Dinge auszuführen. Er sollte alle Handlungen zu Seinen Füßen legen, egal ob es gute oder schlechte sind. Zum Abschluss und vor dem Schlafengehen ist es gut, Folgendes zu wiederholen: om tat sat krishnarpanamastu  oder om tat sat brahmarpanamastu . Dies ist Jnanagni, das Feuer der Weisheit oder das Feuer der Hingabe, das die Früchte der Handlung zerstört, Chitta Shuddhi hervorbringt, die Kenntnis des Selbst und endgültige Befreiung. Er sollte nicht einmal träumen: „Ich habe Wohltätiges vollbracht. Ich werde im Svarga einen herausragenden Platz erhalten und vieles mehr. Ich werde als reicher Mann wiedergeboren.“ Durch stete derartige Praxis wird er langsam der Arbeit gegenüber geistige Verhaftungslosigkeit erlangen. Auch eine Hausfrau sollte eine derartige geistige Haltung bei der Ausübung ihrer Pflichten an den Tag legen. So können alle Handlungen spiritualisiert werden. Alle Handlungen dienen dann der Verehrung Gottes. Ein Mensch kann Gott verwirklichen, in welcher Lebenssituation er sich auch befindet, so er mit der rechten geistigen Haltung arbeitet.

Möge der große Gott, der Flötenträger von Vrindavan, der Liebhaber der Radha , die Freude Devakis , uns den richtigen Glauben, Shuddha Prem (reine göttliche Liebe), die rechte geistige Haltung und die innere spirituelle Stärke gewähren, damit wir der Welt selbstlos dienen und Gott verwirklichen mögen, auch während wir in der Welt verweilen, indem wir Nishkamya Karma Yoga mit Narayana Bhava  üben, indem wir allezeit Seiner gedenken und Ihm alle Handlungen, Körper und Seele zu seinen Lotosfüßen darbringen! Möge der Segen von Shiva und Hari  auf uns allen ruhen!

3. Was ist Karma ?

Karma bedeutet Arbeit oder Handlung. Nach Rishi Jaimini  werden Rituale wie Agnihotra , Yajnas usw. als Karma bezeichnet. In dem als „Adrishta“  bezeichneten Karma steckt eine verborgene Kraft, die die Früchte des Karmas für den Einzelnen einbringt. Für Jaimini ist Karma das Ein und Alles. Für einen Studenten der mimamsischen Geistesschule ist alles Karma. Jaimini ist der Gründer von Purva Mimamsa  und war ein Schüler des Maharishi Vyasa , dem Begründer von Uttara Mimamsa  oder Vedanta. Die Mimamsa-Schule verleugnet die Existenz Ishwaras, der die Früchte der Arbeit verleiht. Gemäß der Gita bedeutet jegliche Handlung Karma Wohltätigkeit, Opfer und Tapas  sind alle Karmas. Im philosophischen Sinne gehören sogar Atmen, Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen, Riechen, Gehen, Sprechen usw. dazu. Denken ist das eigentliche Karma. Raga Dwesha (Vorlieben und Abneigungen) machen das wirkliche Karma aus.

4. Gute und schlechte Handlung

Denke redlich. Benutze deinen Verstand und dein gesundes Urteilsvermögen. Befolge die Anordnungen der Shastras. Immer wenn du im Zweifel bist, lies im „Gesetz des Manu “ oder in der Yajnavalkyasmriti  nach. Dann wirst du herausfinden, ob du richtig oder falsch handelst. Wenn du sagst: „Die Shastras zahllos; sie sind wie das Meer; ich kann die in ihnen enthaltenen Wahrheiten kaum verstehen; ich kann ihre Tiefen nicht ergründen und beurteilen; sie beinhalten Widersprüche; ich bin verwirrt und verstört“, dann folge strikt den Worten eines Gurus, dem du völlig glauben und vertrauen kannst. Der dritte Weg ist, vor Gott Ehrfurcht zu haben. Frage dein Gewissen. Die laute innere Stimme kann dich leiten. Sobald du die Stimme hörst, zögere keinen Moment. Beginne eifrig zu handeln und ohne irgendjemanden zu Rate zu ziehen. Übe dich um vier Uhr morgens darin, die innere Stimme zu hören. Vernimmst du Furcht, Scham, Zweifel, Gewissenbisse und ein gewisses Unbehagen, dann weißt du, dass du etwas Falsches tust. Hörst du Freude, ein Hochgefühl und Zufriedenheit, dann handelst du richtig.

5. Nishkamya Karma Yoga

Bei der Ausübung von Nishkamya Karma Yoga ist keine Mühe umsonst. Es gibt keine Gefahr. Es gibt auch kein Vergehen. Schon ein wenig Wissen und ein wenig Übung kann dich vor der großen Angst vor Geburt und Tod und deren Begleitübeln schützen. Zweifellos wirst du die Früchte dieses Weges des Karma Yoga, nämlich Jnana, ernten. Hier gibt es keine Ungewissheit. Materie ist unzerstörbar. Energie ist unzerstörbar. Auch nur etwas Übung in der rechten Geisteshaltung wird Chitta  reinigen. Die Samskaras  tugendhafter Handlungen sind in Chitta eingeschlossen. Auch sie sind unzerstörbar. Sie sind wirkliche, wertvolle Bereicherungen für dich. Sie werden verhindern, dass du falsch handelst. Sie werden dich zu selbstlosem Handeln antreiben. Sie werden dich zum Ziel drängen. Selbstlose Taten werden den Boden des Antahkarana bereiten, damit die Saat des Jnana aufgehen kann. Der Weg des Karma Yoga führt schließlich zum Erreichen der unendlichen Wonne des Selbst.

Arbeite selbstlos mit unvoreingenommenem Geist. Prüfe immer deine Motive. Sie sollten rein sein. Die Früchte der Handlungen hängen vom Motiv ab. Höre dir diese Geschichte an: Beim Hanuman Ghat  waren zwei Mädchen kurz vor dem Ertrinken. Zwei junge Männer sprangen sofort in den Ganges und retteten sie. Ein Mann bat das Mädchen, ihn zu heiraten. Der andere Mann sagte: „Ich habe meine Pflicht getan. Gott gab mir die Gelegenheit, zu dienen und mich zu bessern.“ Er hatte Chitta Shuddhi. Die äußere Handlung ist die gleiche (der Akt der Lebensrettung), jedoch das Motiv ist ein anderes. Die Früchte müssen deshalb auch verschieden sein. Kümmere dich nie um die Früchte deiner Handlungen. Werde aber auch nicht Opfer von Faulheit oder Trägheit. Verwende deine gesamte Energie auf den Dienst an der Menschheit, dem Lande und so weiter. Stürze dich in selbstlosen Dienst.

Hefte deinen Geist auf die Lotosfüße Gottes. Lass deine Hände arbeiten. Auch wenn du arbeitest, dann tue es wie ein Stenotypist oder Harmoniumspieler, der tippt oder spielt, während er gleichzeitig mit dir spricht, wie eine Frau, die strickt und gleichzeitig redet. Richte deine Gedanken immer auf die Lotosfüße Gottes, während deine Hände mit Arbeit beschäftigt sind. Der Geist des Mädchens, das den Wasserkrug auf dem Kopf hat, ist bei dem Krug, obwohl sie mit ihren Freundinnen spricht und scherzt, während sie die Straße entlang gehen. Durch Übung wirst du in der Lage sein, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Die manuelle Arbeit wird automatisch, mechanisch oder instinktiv verrichtet. Dein Geist wird zweifach sein. Ein Teil davon wird bei der Arbeit sein, während der Rest im Dienst Gottes, bei der Meditation, bei Japa ist. Wiederhole den Namen Gottes auch während der Arbeit. Ashtavadhanis  erledigen acht Dinge gleichzeitig. Sie spielen Karten, ziehen eine Figur im Chaturanga (schachähnliches Spiel), diktieren einem Dritten einige Passagen, sprechen in der rechten Ordnung und Reihenfolge zu einem Vierten und so fort. Dies ist eine Frage der Geistesübung. Ebenso kannst du den Geist derart ausbilden, dass er mit den Händen arbeitet und gleichzeitig Gott gedenkt. Dies ist Karma und Bhakti Yoga zusammen.

Shri Krishna sagt:

tasmat sarveshu kaleshu mamanusmara yudhya cha
mayyarpitamanobuddhir mamevaishyaisyasamsayam

„Daher denke allzeit nur an Mich und kämpfe. Wenn Geist und Verstand fest auf Mich gerichtet (in Mich versenkt) sind, wirst du ohne Zweifel allein zu Mir kommen.“ [BhG 8.7]

Obwohl die Kuh, die vom Kalb getrennt wurde, auf der Weide grast, ist ihr Geist immer nur auf das Kalb gerichtet. Ähnlich sollst du den Geist auf Gott lenken, wenn du Japa ausübst, wie die Kuh und arbeite mit deinen Händen; selbiges ist nur Gottesverehrung. Löse dich von allen Verhaftungen. Bleibe gleichmütig bei Erfolg oder Misserfolg, Gewinn oder Verlust, Sieg oder Niederlage, Freude oder Leid. Übe und diszipliniere deinen Geist vorsichtig. Dies ist der Schlüssel, die Tür zum Reich der Wonne zu öffnen. Dies ist das Geheimnis von Karma Yoga. Dies ist das Geheimnis des Erfolgs im Yoga. Hier ist noch eine interessante Veranschaulichung. Der Geist der Ayah (Ziehmutter) ist immer bei ihrem eigenen Kind, auch wenn sie einstweilen das Kind des Zamindar (Grundbesitzer) hätschelt und es liebkost. Der Geist der Choranari  ist immer auf ihren Geliebten gerichtet, obwohl sie ihre Haushaltspflichten in ihrem Heim erfüllt. Genauso hefte deinen Geist auf die Lotosfüße des Herrn und setzte deine Hände für weltliche Handlungen ein. Wenn du diese Methode anwendest, kannst du Gott verwirklichen, auch wenn du in der Welt bleibst. Du brauchst dich nicht in die Höhlen des Himalajas oder der Wälder zurückzuziehen. Deshalb sagt Shri Krishna:

„Sowohl die Entsagung als auch der Yoga des Handelns führen zu höchster Seligkeit; von den beiden jedoch ist der Yoga des Handelns dem Verzicht auf Handlung überlegen.“ [BhG 5.2]

Schenkst du den Früchten deiner Handlungen Beachtung, so bleibst du im Rad von Geburt und Tod gefangen. Du kannst nicht erwarten, sofort Unsterblichkeit oder die letzte Glückseligkeit zu erlangen.

Der Geist ist so gestaltet, dass er nicht arbeiten kann, ohne Früchte zu erwarten oder eine Belohnung für seine Handlungen vorauszusehen. Lächelst du, wenn du einen Freund triffst, dann erwartest du im Gegenzug ein Lächeln von ihm. Reichst du jemandem ein Glas Wasser, dann erwartest du von ihm auch etwas zurück. Grüßt du deinen Freund auf der Mount Road, dann erwartest du von ihm, dass er dich zurückgrüßt. Dies ist die angeborene Natur weltlich ausgerichteter Menschen. Du wirst den Geist schulen müssen, erwartungslos zu funktionieren. Du wirst den Geist vorsichtig mit Geduld und Ausdauer zähmen müssen. Weltliche Menschen können den Geist des Nishkamya-Dienstes nicht verstehen, weil ihre Köpfe mit Unreinheiten beladen und durchtränkt sind. Diene einige Zeit lang. Dann wirst du die Bedeutung von Nishkamya Karma Yoga begreifen. Vielleicht sind zu Beginn all deine Handlungen eigennützig. Wenn du aber zwei Jahre lang hart auf dem Gebiet des Karma Yoga arbeitest, dann werden fünf deiner Handlungen selbstlos sein und fünfundneunzig egoistisch. Betrachte deine Beweggründe kritisch, reinige sie und strenge dich an. Nach einigen Jahren unermüdlichen Kämpfens werden fünfzig Taten selbstlos sein. Eine gute Zeit bricht an, wenn all deine Handlungen zu hundert Prozent selbstlos sind. Du wirst ein vollkommener Karma Yogi wie Raja Janaka  werden. Die Zeit ist nicht mehr fern, wenn du das Ideal täglich im Auge behältst und dich strikt darum bemühst, es zu erreichen und wenn du ehrlich und ernsthaft in deinen Absichten bist.

Der Geist ist mit Reinheit (Sattva) erfüllt, wenn du ohne Hintergedanken an Belohnung arbeitest, wenn du um Gottes Willen arbeitest, wenn du die Arbeit als Verehrung oder Puja an Narayana  betrachtest, wenn du all deine Handlungen Gott als Ishwararpana widmest. Fühle und denke, dass du in jeder Sekunde deines Lebens nur für Gott allein atmest, lebst und arbeitest und dass ohne Ihn das Leben völlig sinnlos wäre. Fühle den Trennungsschmerz, wenn du ihn während der Arbeit auch nur für den Bruchteil einer Sekunde vergisst.

6. Karma Yoga: Ein Weg zum Wissen

Die Praxis von Nishkamya Karma Yoga zerstört Sünden und Unreinheiten des Geistes und bewirkt Chitta Shuddhi, Reinheit des Antahkarana. Kenntnis des Selbst erwacht in einem reinen Verstand. Dieses Wissen ist der einzige direkte Weg zur Freiheit. So wie Kochen ohne Feuer nicht möglich ist, so ist Befreiung ohne Wissen um das Selbst nicht möglich. Karma kann Unwissen nicht zerstören, weil beide nicht gegensätzlich sind. Aber Wissen zerstört Unwissenheit sicherlich so wie Licht die tiefste Dunkelheit. Im Mahabharata  steht:

„Wissen entsteht im Menschen durch das Tilgen sündhaften Karmas, wenn das kleine Selbst (Ego) im Selbst wie in einem klaren Spiegel gesehen wird.“ [Santi Parva 204-8]

In den folgenden Abschnitten wird Karma Yoga als ein Mittel zum Erreichen von Atma Jnana  herausgestellt:

„Die Brahmanen  versuchen dieses (Atman) durch das Studium der Veden, durch Yajna oder Anbetung zu erfahren.“
[Brihadaranyaka Upanishad 4-5-22]

„Doch Entsagung, o mächtig bewaffneter Arjuna, ist ohne Yoga schwer zu erreichen.“
[BhG 5.6]

„Durch das Aufgeben von Verhaftung handeln die Yogis nur mit Körper, Geist, Verstand und auch mit den Sinnen, um sich zu reinigen.“
[BhG 5.11]

„Opferhandlungen, Geben und Askese läutern die Weisen.“
[BhG 18.5]

7. Eigenschaften eines Karma Yogis

Ein Karma Yogi sollte vollkommen frei sein von Lust, Gier, Ärger und Egoismus. Selbst Spuren dieser Doshas  sollte er versuchen zu entfernen. Er sollte für seine Handlungen keinen Lohn im Diesseits oder im Jenseits erwarten. Er sollte keinerlei Wunsch nach Ruhm und Ehre, Beifall, Anerkennung, Bewunderung und Dankbarkeit verspüren. Er muss einen makellosen Charakter besitzen. Er sollte versuchen, dies allmählich zu erreichen. Er sollte bescheiden sein und frei von Hass, Eifersucht, Härte und so fort. Er sollte immer gute Worte auf den Lippen haben. Wie kann ein stolzer und eifersüchtiger Mensch, der von anderen Respekt und Anerkennung erwartet, anderen dienen? Er sollte furchtlos sein. Ein schüchterner Mensch ist für Karma Yoga denkbar ungeeignet. Er kann seiner Ehefrau morgens beim Reinigen des Küchengeschirrs und abends beim Waschen ihrer Kleider helfen.

Ein Karma Yogi sollte eine liebenswürdige, liebevolle, gesellige Natur haben. Er sollte in der Lage sein, sich jedem, ohne Rücksicht auf Kaste, Glauben oder Hautfarbe zuzuwenden. Er sollte anpassungsfähig, barmherzig und von kosmischer Liebe erfüllt sein. Er sollte mitfühlend und tolerant sein. Er sollte sich den Gewohnheiten und Gepflogenheiten anderer anpassen können. Er sollte ein allumfassendes und alles einschließendes Herz aufweisen. Er sollte immer einen gelassenen und ausgeglichenen Geist besitzen. Er sollte auch Geistesgegenwart besitzen. Er sollte einen gleichheitlichen Blick besitzen. Er sollte am Wohlergehen Anderer Freude haben. Ein Mensch, der leicht reizbar ist und sich wegen Kleinigkeiten beleidigt fühlt, ist für den Weg des Karma Yoga völlig ungeeignet. Ein Karma Yogi sollte alle Organe vollkommen kontrollieren. Er sollte ein sehr einfaches Leben führen. Wenn er ein Leben in Luxus führt und wenn er alles für sich selbst haben will, wie kann er dann seinen Besitz mit anderen teilen? Er sollte seine Selbstsüchtigkeit mit der Wurzel ausrotten. Es sei noch einmal an die Worte in der Bhagavad Gita erinnert:

samniyamyendriyagramam sarvatra samabuddhayah
te prapnuvanti mameva sarvabhutahite rataah

„Nachdem sie alle Sinne bezähmt haben, in jeder Situation gelassen und auf das Wohl aller Wesen bedacht sind, kommen sie wahrlich ebenfalls zu Mir.“ [BhG 12.4]

Ein Karma Yogi sollte einen soliden, gesunden und starken Körper haben. Wie kann er anderen dienen, wenn er selbst schlechter körperlicher Verfassung ist und eine marode körperliche Hülle hat? Er sollte seinen Körper gut pflegen, aber nicht das geringste Moha  oder Anhaftung ihm gegenüber empfinden. Nie sollte er sagen: „Dies ist mein Körper.“ Auch Tiere identifizieren sich mit ihrem Körper. Ein Karma Yogi sollte jederzeit bereit sein, seinen Körper für einen edlen Zweck zu opfern. Regelmäßig sollte er Pranayama, Körperübungen und Asanas ausführen, um sich gesundheitlich in bester Form zu halten. Auch sollte er gute, nahrhafte und vollwertige Nahrung zu sich nehmen.

Er sollte Beleidigung, Missachtung, Schmach, harte Worte, Tadel, Niedertracht, Schande, Hitze und Kälte und die Schmerzen von Krankheiten ertragen. Er sollte Durchhaltevermögen besitzen. Er sollte unerschütterlichen Glauben an sich, an Gott, die Schriften und die Worte seines Gurus haben. Nur ein solcher Mensch kann ein guter Karma Yogi werden. Nur ein solcher Mensch kann seinem Land und der leidenden Menschheit wahrhaft nützlichen Dienst erweisen. Es ist immer schwierig, einen idealen Adhikari  zu finden. Auch wenn du einige der oben genannten Eigenschaften besitzt, werden die anderen Eigenschaften von selbst kommen, solange du ernsthaft auf dem Gebiet des Karma Yoga arbeitest. Du brauchst nicht entmutigt zu sein. Tauche in den Dienst an Gott ein. Vergiss den Körper. Schreite kühn mit Prem  und Shraddha  voran. Blas ins Horn mit dem Gefühl „Jetzt muss ich ein wahrer Karma Yogi werden“. Alle Tugenden werden von selbst an dir haften bleiben. Setze dich fleißig ein, sofort, von dieser Sekunde an. Werde ein idealer Karma Yogi wie Janaka oder Buddha. Möge Gott dich mit innerer Stärke, Glauben, Tugenden und dem Geist der Selbstaufgabe segnen.

Beginne die Arbeit selbst mit nur einem kleinen bisschen Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl. Betritt das Feld sofort. Du wirst von den Vorbildern inspiriert werden. Die astralen oder unsichtbaren Helfer, Nitya Siddhas (ewig Vollkommene), Amara Purushas  und deine Kollegen werden dich vorantreiben. Nach einiger Zeit wirst du ein wundervoller Karma Yogi. Nun strahlen in dir Furchtlosigkeit, Demut und alle anderen Tugenden von selbst.

8. Arbeit ist Verehrung

Arbeit ist Gottesverehrung und Meditation. Diene allem mit tiefer Liebe, ohne die Vorstellung eigener Handlungsmacht und ohne Früchte und Belohnungen zu erwarten. Du wirst Gott verwirklichen. Dienst an der Menschheit bedeutet Dienst an Gott.

Arbeit erhebt, wenn sie im rechten Geist, ohne Anhaftung oder Egoismus ausgeführt wird. Wenn du ein Bhakta (Verehrer) bist, fühle, dass du ein Nimitta  oder Werkzeug in den Händen Gottes bist. Wenn du den Weg des Jnana einschlägst, werde dir bewusst, dass du ein stiller Sakshi (Zeuge) bist und dass Prakriti (Schöpfung, Mutter Natur) alles tut. Jede Arbeit ist heilig. Vom Blickwinkel des Höchsten (aus der Sicht des Absoluten und des Karma Yoga) gibt es keine niedere Arbeit. Sogar Latrinen reinigen, mit der richtigen geistigen Haltung, wie oben beschrieben, ausgeübt, wird zur yogischen Tätigkeit der Gottesverwirklichung.

Die Selbstsucht hat dein Herz bedauerlich schrumpfen lassen. Sie ist der Fluch des menschlichen Lebens. Sie vernebelt das Verständnis. Selbstsucht bedeutet Kleingeistigkeit. Bhoga (Sinnesfreude) vergrößert Selbstsucht und egoistische Pravritti (Verhalten, [äußere] Handlung). Es ist die Grundursache menschlichen Leidens. Wirklicher geistiger Fortschritt beginnt mit selbstlosem Dienen.

Diene Sadhus, Sannyasins, Bhaktas und den armen und kranken Menschen mit Bhava, Prem und Bhakti. Gott ist anwesend im Herzen eines jeden.

isvarah sarvabhutanam hriddese arjuna tishthati
bhramayan sarvabhutani yantraroodhani mayaya

„Gott wohnt in den Herzen aller Wesen, o Arjuna, und lässt durch seine täuschende Kraft alle Wesen sich drehen, so als stünden sie auf einer Maschine.“
[BhG 18.61]

Der Geist des Dienens muss tief in Knochen, Zellen, Gewebe und Nerven deines Körpers verwurzelt sein. Die Belohnung ist unschätzbar. Übe und fühle die kosmische Ausdehnung und unendlichen Ananda (Glückseligkeit). Großspuriges Gerede und müßiges Geschwätz reichen nicht aus, meine lieben Freunde. Lege glühenden Eifer und Begeisterung für die Arbeit an den Tag. Zeige Feuer im Geist des Dienens.

Habe Nishtha  in Gott und Chesta (Bemühen, Aktivität) mit den Händen wie der Bahurupi , der Nishtha eines Mannes und Chesta einer Frau hat. Durch stetes Üben wirst du allmählich in der Lage sein, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Wiederhole den Namen Gottes während der Arbeit. Generell ist Karma Yoga mit Bhakti Yoga verbunden. Ein Karma Yogi reicht Gott all das als Opfergabe (Ishwara Pranidhana)  dar, was er mit den Karma Indriyas (Handlungsorgane) tut.

Ein Karma Yogi erwartet als Gegenleistung nicht einmal Liebe, Wertschätzung, Dank oder Bewunderung von den Menschen, denen er dient.

Anfangs mögen nicht all deine Karmas von der Art des reinen Nishkamya sein. Einige sind vielleicht Sakamya (mit Erwartung), andere Nishkamya. Du musst deine Motive während der Handlung sehr wachsam überprüfen. Du musst immer in dich gehen. Nach und nach, wenn das Herz durch ständige Arbeit immer reiner wird, sind deine Handlungen völlig zweckfrei und selbstlos.

Im Geist herrschen drei Doshas vor: Mala (Unreinheiten wie Verlangen, Zorn oder Gier), Vikshepa (Schwanken des Geistes) und Avarana (Schleier des Unwissens). Mala wird durch Nishkamya Karma Yoga ausgelöscht, Vikshepa durch Upasana (Verehrung) und Avarana durch das Studium der vedantischen Literatur und Jnana. Karma Yoga schafft Chitta Shuddhi. Es reinigt das Herz und bereitet den Geist für das Dämmern der Erkenntnis (Jnana Udaya) vor.

Nur derjenige, der seine Wünsche zurückgenommen und seine Indriyas unter Kontrolle gebracht hat, kann Karma Yoga ausüben. Wie kann ein Mensch des Luxus mit aufbegehrenden Indriyas anderen dienen? Er beansprucht alles für sich selbst und möchte andere ausbeuten und beherrschen. Ein Karma Yogi muss einen ausgeglichenen Geist haben. Er muss auch frei von Raga Dwesha (Vorlieben und Abneigungen) sein.

„Handlung, die dargeboten ist, ohne Anhaftung und ohne Zu- oder Abneigung von einem Menschen ausgeführt wird, der keinen Lohn dafür wünscht – diese Handlung wird als sattwig angesehen.“
[BhG 18.23]

Du musst das Geheimnis des Verzichts oder der Abtretung der Früchte deiner Handlungen begreifen. Langwierig ist die Aufgabe, mühselig die Praxis. Du musst Energie für die Arbeit mit Gleichgültigkeit dem Arbeitsergebnis gegenüber verbinden.

Zerstöre den Ehrgeiz, zerstöre das Verlangen nach Leben, zerstöre die Begierde nach Bequemlichkeit. Arbeite wie jene, die ehrgeizig sind. Respektiere das Leben wie jene, die es begehren. Sei glücklich wie jene, die für das Glück leben.

Die Versöhnung dieser Gegensätze ist das Geheimnis des Verzichts. All jene, die Macht und ein bequemes Leben anstreben, handeln in Hinblick darauf, diesen Lohn zu erhalten und zu genießen und sie richten ihre Handlungen zu diesem Zweck aus. Der Lohn ist das Motiv der Anstrengung und das Sehnen danach entfacht die Bemühungen.

Aspiranten müssen so tatkräftig arbeiten wie die Kinder dieser Welt, aber mit einem neuen Motiv; sie arbeiten zur Erfüllung des göttlichen Gesetzes, damit die göttliche Absicht verwirklicht und der göttliche Wille in allen Belangen ausgeführt wird. Darin besteht das neue Motiv und es ist eine der alles, bezwingenden Kräfte; sie arbeiten für Gott allein. Indem sie so handeln, erschaffen sie keine Karma-Fesseln, denn es ist der Wunsch, der bindet.

Nun ist es schwierig, zum totalen Verzicht zu gelangen und es verlangt andauernde und geduldige Praxis. Der Anfänger wird beginnen, den Ergebnissen gegenüber gleichgültig zu sein, die ihm persönlich durch seine Handlungen zukommen; er wird sich bemühen, sein Bestes zu geben und sich dann all jener Gefühle entledigen, die die Auswirkungen auf ihn selbst betreffen, indem er hinnimmt, was immer ihm auch widerfährt. Stellt sich Erfolg ein, wird er sein Hochgefühl bremsen; ist es Misserfolg, so wird er nicht zulassen, dass Niedergeschlagenheit von ihm Besitz ergreift. Beharrlich wiederholt er seine Anstrengungen, bis er langsam feststellt, dass er anfängt, auf Verzögerungen (oder Fehlschläge) weniger zu geben, während er nicht das kleinste bisschen Energie und Sorgfalt bei seinen Handlungen eingebüßt hat. Er wird keine äußeren Aktivitäten suchen, sondern bei jeder sich ihm präsentierenden Pflicht sein Bestes geben und er wird beginnen, die gleichmütige Gemütsverfassung an den Tag zu legen, die die krönende Stärke und Losgelöstheit der Seele kennzeichnet.

Er treibt diese Entwicklung voran, indem er den Wert der sogenannten Erträge dieser Erde gelassen einschätzt und indem er über ihre vergängliche Natur meditiert, über die Sorge und Unruhe derjenigen, deren Herz auf sie geheftet ist, sowie über ihre Substanzlosigkeit, wenn sie schließlich in Besitz genommen und festgehalten werden, über den Überdruss, der dem Besitz auf dem Fuße folgt. Die intellektuelle Beurteilung der Erträge wird ihm bei Enttäuschungen zu Hilfe kommen, wird ihn im Erfolg zurückhalten und ihm so helfen, ein größeres Gleichgewicht zu halten. Dies ist ein Feld der tagtäglichen Anstrengung, das seine Kraft auf Jahre hinaus in Anspruch nehmen wird.

Der Anfänger muss sich darauf besinnen, dass ein Großteil seiner Aufgabe darin besteht, die Regeln zu befolgen, die von sämtlichen ernsthaften religiösen Vorbildern aufgesetzt wurden.

9. Der Yoga der Gelassenheit

Erfolg führt bei weltlich orientierten Menschen allgemein zu einem Hochgefühl und Misserfolg zu Niedergeschlagenheit. Hochgefühl und Niedergeschlagenheit sind die Attribute des Geistes. Wenn du ein wirklicher Karma Yogi im wahrsten Sinne des Wortes werden willst, dann musst du jederzeit, unter allen Voraussetzungen und allen Umständen einen ausgeglichenen Geist wahren. Zweifellos ist das sehr schwer. Aber du wirst es trotzdem tun müssen. Erst dann wirst du Seelenfrieden erfahren und wahrlich dauerhaftes Glück. Wer einen ausgeglichenen Geist besitzt, ist ein Jnani. Karma Yoga bereitet den Geist auf das Erreichen von Jnana vor. Darin liegt die Schönheit des Karma Yoga: Das ist sein Geheimnis und seine Essenz.

Es darf nicht die kleinste Verhaftung an irgendeine Tätigkeit bestehen. Du musst jederzeit bereit sein, jedwede Tätigkeit aufzugeben. Vielleicht wirst du einen göttlichen Auftrag für eine bestimmte Aufgabe erhalten. Du musst sie sofort, ohne zu murren, angehen, egal, um welche Sache es sich handelt, ob du willst oder nicht. Du musst sie auch aufgeben, wenn die Bedingungen und die Umstände es so von dir verlangen. Das ist Yoga. Hier gibt es keine Verhaftung an die Arbeit.

Viele Menschen sind mit der Arbeit verwachsen. Sie mögen eine bestimmte Arbeit und interessieren sich dafür. Andere Arbeiten verabscheuen sie. Auch wenn die Umstände es erfordern, sind sie nicht bereit, ihre Aufgabe zu verlassen. Sie laden übermäßige Verantwortung auf ihre Schultern, grämen sich und arbeiten unter Kummer, Sorgen und Ängsten. Dies ist überhaupt kein Yoga, weil man aufgrund der Eigenschaft des Rajas mit der Arbeit verhaftet ist. Weltlich orientierte Menschen arbeiten immer mit Verhaftung, deshalb leiden sie. Vernimmst du eine göttliche Berufung, dann kannst du eine weltweite Bewegung starten. Du musst aber damit rechnen, sie zu jeder Zeit auf Gottes Willen hin zu beenden. Erfolg oder Misserfolg sind nicht dein Ziel. Gehorche nur dem göttlichen Ruf und handle wie ein Soldat auf dem Schlachtfeld. Solcher Arbeit entspringt eine große Freude, weil es ihr am persönlichen Anteil fehlt.

Lass die Ursache im Selbst verwurzelt sein. Bleibe ausgeglichen inmitten der Veränderungen in der Welt. Arbeite auf die Erfüllung der göttlichen Absicht hin. Erwarte keinen Lohn. Tue alles als Ishwararpana (Hingabe an Gott). Arbeite im Einklang mit dem göttlichen Willen für das Wohlergehen der Welt. Erlaube der göttlichen Energie, uneingeschränkt durch deine Werkzeuge zu wirken. Sobald dein Egoismus ins Spiel kommt, wird der freie Fluss der göttlichen Energie sofort blockiert. Mache aus deinen Indriyas (Sinnesorgane) vollkommene Werkzeuge für Seine Lila (Spiel). Höhle die Flöte deines Körpers aus, indem du sie von all deinem Egoismus befreist. Dann wird der Flötenspieler von Vrindavan (Shri Krishna) frei auf dieser Körperflöte spielen können. Er wird dich als Sein Werkzeug benutzen. Dann spürst du die Leichtigkeit der Arbeit. Du fühlst, dass Gott durch dich wirkt. Alle Verantwortlichkeit fällt von dir ab. Du bist frei wie ein Vogel. Du spürst den Wandel in deinem Wesen. Dein Egoismus wird versuchen, sich wieder Zutritt zu verschaffen. Sei vorsichtig. Sei auf der Hut. Durch allmähliches Üben und Reinigen des Geistes wirst du ein Experte im Karma Yoga. All deine Handlungen werden vollkommen und selbstlos sein. Alle Handlungen werden schließlich in Jnana gipfeln. Dies ist der Yoga der Gelassenheit.

Diese Yoga-Art wird von Shri Krishna ins seinen Lehren immer wieder betont:

yogasthah kuru karmani sangam tyaktva dhananjaya
sidhyasidhyoh samo bhutva, samatvam yoga uchyate

„So handle, o Arjuna und sei fest im Yoga, gib Bindungen auf und bewahre Gleichmut in Erfolg wie Misserfolg. Ausgeglichenheit des Geistes heißt Yoga.“
[BhG 2.48]

Du musst auch so subtile Verhaftungen wie „Möge es Gott gefallen“ aufgeben. Abeite nur um Gottes Willen. Dann werden sogar Essen, Laufen, Sprechen, Schlafen, Atmen und das Befolgen des Rufes der Natur yogische Aktivitäten. Arbeit wandelt sich in Gottesverehrung. Das ist das große Geheimnis. Du musst es durch allmähliche Praxis auf dem Gebiet des Karma Yoga lernen. Du musst all deine Handlungen spiritualisieren. Durch Praxis veränderst du all deine Handlungen in Yoga. Bloße Theorie ist nicht ausreichend. Verstehe die Geheimnisse des Karma Yoga. Arbeite selbstlos. Werde ein wahrer Karma Yogi und genieße die unendliche Wonne von Atman.

Verdienst und Scheitern, Punya (tugendhafte Handlung) und Papa (Sünde), beeinträchtigen den Karma Yogi, der Ausgeglichenheit bzw. Gleichmut des Geistes besitzt, nicht, denn er jubelt nicht über die guten Früchte, noch sorgt er sich ob der schlechten. Er bewahrt bei Erfolg sowie Misserfolg eine gelassene Haltung. Sein Geist ruht immer in Gott. Tätigkeiten, denen eine anhaftende Wirkung innewohnt, verlieren diesen Charakter, wenn sie nur mit Gleichmut ausgeführt werden. Der Karma Yogi haftet den sinnlichen Objekten nicht an. Er hat seinen Geist durch ständigen selbstlosen Dienst gereinigt. Er hat jede Vorstellung eigenmächtigen Handelns aufgegeben. Er behandelt seinen Körper als ein Werkzeug Gottes, das ihm zur Erfüllung des göttlichen Zwecks gegeben wurde. Er schreibt sämtliche Aktivitäten dem göttlichen Handelnden in seinem Inneren zu. Wer im Yoga der Gelassenheit fest verwurzelt ist, wird ein Experte in der Wissenschaft des Karma Yoga. Deshalb sagt Shri Krishna:

buddhiyukto jaha teeha ubhe sukritadushkrite
tasmat yogaya yujyasva yogah karmasu kausalam

„Der Mensch, der Weisheit (Gemütsruhe) besitzt, weist in diesem Leben gute wie auch schlechte Taten von sich; deshalb widme dich dem Yoga; Yoga ist Geschick im Handeln.“
[BhG 2.50]

Der Karma Yogi, der den Gleichmut des Geistes besitzt, entledigt sich der Früchte seiner Taten. Er entkommt guten und schlechten Inkarnationen. Nur das Festhalten an Früchten verursacht Wiedergeburt. Wenn alle Taten ohne den Wunsch nach Lohn, in Gottes Namen zur Erfüllung Seiner Absicht ausgeführt werden, erlangt der Karma Yogi Erleuchtung. Er streift die Fessel der Geburt ab. Er erlangt Wissen über Brahman und durch Brahma Jnana  Befreiung (Moksha). In der Bhagavad Gita steht:

karmajam buddhiyukta hi phalam tyaktva manishinah
janmabandhavinirmuktah padam gachchantyanamayam

„Die Weisen, die mit Wissen erfüllt sind, die die Früchte ihrer Handlungen aufgegeben haben und frei von den Fesseln der Geburt sind, gehen an einen Ort, der jenseits allen Übels liegt.“ [BhG 2.51]

10. Gelassener Verstand

Handlungen, die Verhaftung bewirken, verlieren diese Wirkung, wenn sie mit Gleichmut bzw. Gelassenheit im Geist ausgeführt werden, mit Hilfe des reinen Verstandes, der alle Anhaftung an Sinnesobjekte abgelegt hat und ganz im Selbst ruht. Du musst diesen reinen Verstand und die Gelassenheit pflegen und entwickeln. Gott hat dem Menschen dieses wunderbare Werkzeug zum Zwecke des Dienstes an der Menschheit und zum Erlangen der Unsterblichkeit verliehen. Benutzt man seinen Körper zur Befriedigung lächerlicher Wünsche egoistischer Natur, wird man Gegenstand von Bemitleidung und Verdammung. Man ist im Rad von Geburt und Tod gefangen. Lass den Geist im Selbst oder Ishwara ruhen, wenn du handelst. Der, der einen reinen gelassenen Verstand entwickelt hat und der im Selbst ruht, ist sich ganz bewusst, dass alle Handlungen durch den inneren Handelnden (Antaryamin) ausgeführt werden. Er ist sich vollkommen bewusst, dass Gott tatsächlich in seinem Körper wirkt und ihn bewegt. Dieser Yogi mit Gelassenheit bzw. Gleichmut im Geist begreift die Grundprinzipien, die alle körperlichen Handlungen regeln. Er übt alle Handlungen Gott zu Liebe aus, in Erfüllung Seines Plans, ohne Absicht auf Lohn und erlangt schließlich ewigen Frieden.

11. Arbeit ohne Motive

Menschen planen in der Regel, Früchte für ihre Arbeit zu erhalten, bevor sie mit der Arbeit beginnen. Der Geist ist derart angelegt, dass er sich keine unentgeltliche Arbeit vorstellen kann. Dies ist auf Rajas zurückzuführen. Menschlicher Swabhava  ist immer so. Wenn Unterscheidungskraft dämmert und der Geist mit etwas mehr Sattva gefüllt ist, ändert sich diese Eigenschaft langsam. Der Geist der Selbstlosigkeit kommt zum Vorschein. Die Eigenschaft des Rajas schafft Selbstsucht und Verhaftung. Ein Selbstsüchtiger hat kein großes Herz. Er hat keine Ideale. Er ist kleingeistig. Sein Geist ist voller Gier. Er ist berechnend. Er kann überhaupt nicht großherzig dienen. Er sagt: „Ich bekomme so viel Geld, ich muss nur so und soviel dafür arbeiten.“ Er wägt Arbeit und Geld miteinander ab. Er kann kein bisschen zusätzlich arbeiten. Er wird immer die Zeit des Feierabends im Auge behalten. Er ist ein Söldner. Er lässt sich für Geld anheuern. Die Hoffnung auf Belohnung treibt ihn. Er ist habgierig. Selbstloser Dienst ist ihm ein Fremdwort. Er hat nicht die leiseste Ahnung von Gott und der Wahrheit. Ein ausgedehntes, selbstloses Leben kann er sich nicht vorstellen. Er ist in einen kleinen, eng begrenzten Kreis, in eine Fahrrille geraten. Seine Liebe erstreckt sich auf seinen eigenen Körper, seine Frau und seine Kinder. Das ist alles. Großzügigkeit ist ihm unbekannt.

Wenn du dir für deine Handlungen Profit erwartest, so musst du in diese Welt zurückkommen, um ihn zu genießen. Du wirst wiedergeboren werden müssen. Ein Nishkamya Karma Yogi sagt: „Erledige alle Arbeiten, ohne Lohn zu erwarten. Dies schafft Chitta Shuddhi. Dann wirst du Wissen um das Selbst erlangen. Du wirst Moksha bzw. ewige Wonne, Frieden und Unsterblichkeit erreichen.“ Das ist seine Lehre. Deshalb sagt Shri Krishna auch zu Arjuna:

karmanyevaadhikaraste ma phaleshu kadachana
ma karmaphalaheturbhurma te sangostvakarmani

„Dein einziges Recht ist es zu wirken und keinen Anspruch hast du auf die Früchte deines Tuns; lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zum Handeln sein, noch wende dich zum Müßiggang.“
[BhG 2.47]

Gott verteilt den Lohn der Taten nach den zugrunde liegenden Motiven. Sind sie rein, so erlangst du göttliche Gnade und Reinheit. Anderenfalls wirst du in diesen Mrityuloka („Ort des Todes“; Erde) wiedergeboren, wo du die Früchte deiner Handlungen erntest. Wieder wirst du tugendhafte wie teuflische Handlungen durch die Kraft von Raga  Dwesha  vollbringen. Du wirst im immerwährenden Rad von Geburt und Tod gefangen sein.

Du sollst jedoch nicht in einem Zustand von Trägheit (Akarman)  verharren, weil du glaubst, den Lohn nicht zu erhalten, wenn du selbstlos arbeitest. Du darfst nicht sagen: „Was ist jetzt der Nutzen meiner Arbeit? Ich erhalte nichts zum Ausgleich. Ich tue gar nichts mehr.“ Dies ist auch nicht richtig. Du wirst tamasig (dumpf) werden. Es wird geistige Regungslosigkeit herrschen. Du erhältst geistige Reinheit, wenn du im Sinne von Nishkamya Karma Yoga arbeitest. Dies ist eine beträchtliche Belohnung für deine Handlungen. Du kannst dir den erhabenen Zustand eines Menschen mit reinem Geist nicht vorstellen. Er erfährt grenzenlosen Frieden, Stärke und Freude. Er ist Gott sehr nahe. Er ist Gott lieb. Bald wird er das göttliche Licht empfangen. Arbeite ohne irgendein Motiv und fühle die Wirkung, Reinheit und innere Stärke. Welch weites Herz du haben wirst! Unbeschreiblich! Übe, fühle und genieße diesen Zustand.

12. Kein Verlust beim Karma Yoga

Beim Karma Yoga verlierst du nichts. Selbst wenn du nur ein bisschen dem Land, der Gesellschaft oder den armen Kranken dienst, bringt dir dies bereits Vorteile und Wohltaten ein. Es reinigt dein Herz und bereitet das Antahkarana darauf vor, dass du das Wissen Atmans erlangst. Die Samskaras (Eindrücke) dieser guten Taten sind unauslöschlich in deinem Unterbewusstsein verankert. Die Kraft dieser Samskaras treibt dich dazu an, weitere gute Taten zu vollbringen. Mitgefühl, Liebe, der Geist von Patriotismus und Dienstbarkeit werden sich entwickeln. Wenn die Kerze einmal brennt, ist nichts verloren.

In der Landwirtschaft düngt und pflügt man den Boden, aber diese Bemühungen sind vergeblich, wenn es in diesem Jahr nicht regnet. Dies gilt nicht für Nishkamya Karma Yoga. Hier gibt es keine Ungewissheit, was das Ergebnis deiner Anstrengung anbelangt. Des Weiteren besteht auch nicht die geringste Gefahr, durch die Praxis von Karma Yoga einen Nachteil zu erfahren. Wenn der Arzt unüberlegt handelt und eine Überdosis an Medizin verordnet, wird sicher ein Schaden entstehen. Bei der Praxis von Karma Yoga ist dies nicht so. Wenn du nur ein wenig dienst und ein bisschen Nishkamya Karma Yoga praktizierst, egal in welcher Form, bewahrt dich dies vor großer Furcht, vor der Angst vor Samsara  und vor Geburt und Tod und den damit verbundenen Übeln. Deshalb sagt Shri Krishna zu Arjuna:

nehaabhikramanaasosti pratyavaayo na vidyate
svalpamapyasya dharmasya trayate mahato bhayat

„Dabei ist keine Anstrengung vergebens und es entsteht auch kein Schaden (keine gegensätzlichen Ergebnisse und kein Vergehen erwachsen daraus). Schon ein wenig von diesem Wissen (schon etwas Praxis dieses Yoga) schützt vor großer Furcht.“
[BhG 2.40]

Der Weg des Karma Yoga, der schließlich zu unendlicher Wonne des Selbst führt, kann nicht vergeblich sein.

Unwissende Menschen sagen, dass man nicht absichtslos arbeiten kann. Es ist sehr schade, dass sie den Grundgedanken und die Wahrheit des Karma Yoga nicht verstanden haben. Ihr Geist ist durchtränkt von allen möglichen fantastischen Wünschen und Selbstsucht und daher ist ihr Geist sehr unrein und vernebelt. Sie können die dem Karma Yoga zugrunde liegende Wahrheit nicht erfassen. Sie beurteilen andere von ihrem eigenen Standpunkt aus. Selbstlosigkeit ist ein Fremdwort für sie. Ihr Geist und ihr Gehirn sind gefühllos geworden und deshalb können sie nicht die richtigen Schwingungen erzeugen, um zu verstehen, was eine absichtslose Tat ausmacht. Leidenschaftliche Haushalter können nicht einmal im Traum eine Arbeit verrichten, ohne irgendeinen Nutzen für sich und ihre Familien zu erwarten.

Wenn der Gedanke, Gutes zu tun, zum grundlegenden Bestandteil des Wesens eines Menschen wird, hegt er keinerlei Absichten mehr. Er schöpft immense Freude daraus, anderen zu dienen, anderen Gutes zu tun. Eine besondere Freude und Ananda  entströmen der Praxis von konsequentem Karma Yoga. Durch absichts- und selbstlose Taten entwickelt der Karma Yogi spirituelle Stärke und Kraft im Inneren.

Er sollte das Geheimnis des Karma Yoga verstehen. Er sollte sich in selbstlose unaufhörliche Arbeit stürzen. Er muss andere Menschen mit Atma Bhava stärken. Er muss der Gesellschaft auf vielerlei Weise dienen. Allmählich wird er den Glanz und die Herrlichkeit selbstloser Arbeit verstehen. Er wird ein veränderter Mensch mit göttlicher Ausstrahlung und süßem yogischem Wohlgeruch sein. Viele seiner Taten mögen zu Anfang seiner Yoga-Entwicklung egoistisch sein. Das spielt keine Rolle. Er sollte sich davon nicht entmutigen lassen. Aber langsam, wenn er immer reiner wird, werden sich einige seiner Taten als selbstlos herausstellen. Schließlich werden alle seine Taten selbstlos sein. Er sollte geduldig mit unermüdlicher Energie arbeiten. Er muss seinen alten Geist der Selbstsucht zerstören und einen neuen Geist der Selbstlosigkeit aufbauen. Dies ist zweifellos eine sehr anstrengende Arbeit, die ein ständiges Ringen mit unerschütterlicher Geduld und eiserner Zielstrebigkeit verlangt. Selbstlose Arbeit erhebt den Geist und führt zur Freiheit. Selbstsüchtiges Handeln hemmt den spirituellen Fortschritt und legt deinen Füßen nur eine weitere Fessel an. Sollte es dir schwer fallen, ohne Absicht zu handeln, dann arbeite mit der festen Absicht auf Freiheit. Dies bindet dich nicht. Es wird alle niederen egoistischen Motive auslöschen und schließlich von selbst vergehen, so wie der Holzscheit, den man zum Einäschern eines Toten verwendet, nicht nur diesen verbrennt, sondern selbst am Ende verglimmt. Die Wonne eines fortgeschrittenen Karma Yogis ist wahrlich grenzenlos. Unbeschreiblich sind sein erhabenes Gefühl und seine innere Glückseligkeit.

Betrachte die umwerfenden, großherzigen Taten eines Buddha, Shri Shankara oder anderer Karma Yogis vergangener Tage. Ihre unvergesslichen Namen werden von Generation zu Generation überliefert. Die ganze Welt zollt ihnen Ehrerbietung. Kann man ihnen auch nur ein Gramm selbstsüchtiger Motive in ihren Handlungen zuschreiben? Sie lebten für den Dienst am Nächsten. Sie waren Beispiele vollkommener Selbstverleugnung.

Werde weit. Reinige dein Herz. Lebe im wahren Geist des Karma Yoga. Lebe jede Sekunde zur Verwirklichung des idealen Lebenszweckes. Dann und nur dann erfährst du den wahren Glanz des Karma Yoga. Halte dir die Beispiele der großen Karma Yogis vor Augen, die der Menschheit dienten und so Frieden, Glück und Weisheit auf alle ausstrahlten.

13. Gesundheit und Yoga

Was bedeutet Gesundheit? Es ist ein Gleichgewichtszustand der drei Körperkonstitutionen Vata, Pitta und Kapha (Wind, Galle und Schleim), in dem der Geist und alle Körperorgane in Harmonie und Einklang arbeiten, der Mensch Frieden und Glück genießt und seine Pflichten im Leben behaglich und leicht erfüllt. Es ist der Zustand, in dem der Mensch eine gute Verdauung und einen guten Appetit hat, normale Atmung und Herzfrequenz, Blut in guter Quantität und Qualität, starke Nerven und ein ruhiges Gemüt, einen gesunden Geist in einem gesunden Körper, gute Verdauung, normalen Urin, rosige Backen, ein leuchtendes Gesicht und glänzende Augen. Es ist der Zustand, in dem er springt, singt, lächelt, lacht, pfeift und sich mit Freude und Begeisterung bewegt. Es ist der Zustand, in dem er klar denken und sprechen kann und mit Eifer, Schnelligkeit und Aufmerksamkeit handelt.

Dieser wünschenswerte Zustand wird von allen angestrebt. Ein Leben bei guter Gesundheit ist tatsächlich ein großer Segen. Was ist der irdische Nutzen von Reichtum und Besitz, wenn ein Mensch aufgrund einer Magenkrankheit nicht richtig essen kann, wenn er sich wegen Rheuma oder einer Lähmung nicht bewegen kann, wenn er die Wunder der Natur wegen eines Katarakts oder einer Sehstörung nicht wahrnehmen kann, wenn er wegen Impotenz nicht lieben kann. Ein großer Denker sagt: „Man gebe mir Gesundheit und einen Tag: Ich werde den Pomp eines Kaisers in den Schatten stellen.“ Ein Leben in Krankheit ist ein bedauerlicher Zustand, auch wenn man Herr über die ganze Welt ist. Der Mensch erfreut sich guter Gesundheit aufgrund guter Karmas in seinem vergangenen Leben. Wer sich in seiner früheren Inkarnation verdient gemacht hat, wer seinen Besitz mit anderen teilte, wer den Armen und Bedürftigen half, wer sich in seinem früheren Leben in Andacht, Meditation, Yoga Kriyas  und Pranayama geübt hat, genießt gute Gesundheit in diesem. Das Gesetz von Ursache und Wirkung ist unaufhaltsam und gnadenlos.

Was ist das Höchste, das ein Mensch in dieser Welt erreichen kann? Es ist Selbstverwirklichung. Was sind die Vorteile und der Nutzen der Selbstverwirklichung? Weshalb sollten wir überhaupt Selbstverwirklichung anstreben? Nur das Erlangen von Atma Jnana bzw. des Wissens, dass Jiva (Individualseele) und Brahman (Höchste Seele) eins sind, kann dem Kreislauf von Geburt und Tod mit deren Begleitübeln wie Krankheit, Alter, Schmerz, Leid, Sorgen und dergleichen mehr ein Ende setzen. Atma Jnana allein beschert dir ungetrübtes ewiges Glück, vollkommenen Frieden, höchstes Wissen und Unsterblichkeit.

Als nächstes fragt sich, warum wir bei guter Gesundheit sein sollten? Wir benötigen sie, damit wir die vier Arten von Purushartha erreichen können – Dharma, Artha, Kama und Moksha (Rechtschaffenheit, Wohlstand, Wünsche und Befreiung). Vollbringst du gute Taten, so erlangst du Wohlstand und kannst die weltlichen Wünsche befriedigen. Dann kannst du versuchen, dein Selbst zu verwirklichen. Ohne gute Gesundheit kannst du nichts erreichen.

Ohne gute Gesundheit kannst du nicht im Sinne von Nishkamya Karma Yoga dienen. Ohne gute Gesundheit kannst du keine Asanas und kein Pranayama üben. Deshalb erklären die Schriften, dass dieser Körper ein Boot zum Überqueren des Samsara-Ozeans darstellt, ein Werkzeug für tugendhafte Taten und zum Erlangen von Moksha. Deshalb findest du in der Charaka Samhita : dharmartha kamamokshanam arogyam mulam uttamam  – „Gesundheit ist das höchste Gut auf Erden“.

Ein Aspirant sollte frei von Adhi und Vyadhi (Krankheiten des Geistes und des Körpers) sein, wenn er Karma Yoga ausüben und Wissen über das Selbst erlangen möchte. Gemäß der Wissenschaft des Yoga haben alle körperlichen Krankheiten ihren Ursprung in geistigen Krankheiten, in einem ungesunden Geisteszustand. Westliche Psychologen bestätigen diese Tatsache. Sie sagen, dass die Krankheiten des Körpers dem Hass, dem Ärger, den Sorgen, der Niedergeschlagenheit usw. zuzuschreiben sind, welche den Geist angreifen und sich auf den Körper auswirken und vielfältige körperliche Krankheiten mit sich bringen, indem sie die Körperzellen zerstören.

Ein Student des Karma Yoga sollte über grundlegende Kenntnisse in Raja Yoga, Psychologie, Ayurveda , Physiologie, Hausmedizin, Hygiene, Sankhya  und Vedanta verfügen. Dann kann er effektiver und schneller arbeiten. Er kann über die Gesetzmäßigkeiten des Geistes, seine Natur, seine Gewohnheiten und Gepflogenheiten Bescheid wissen. Er wird in der Lage sein, seinen Geist immer ruhig und gesund zu halten. Niemand kann gleichmäßig arbeiten, wenn sein Geist in Aufruhr ist. Ein Geist in Aufruhr stört die drei Konstitutionen des Körpers und hat Krankheiten zur Folge. So lautet die Theorie des Ayurveda, die weitgehend identisch mit der Theorie des Raja Yoga und derjenigen der westlichen Psychologen ist. Ein Student des Karma Yoga kann eine Einsicht in die Gesetze des Universums und die Funktionsweise der Welt haben, wenn er die Sankhya-Philosophie des Kapila Muni  kennt. Grundlegende Kenntnis der Astrologie ist von großem Wert. Die verschiedenen Ritu (Jahreszeiten) entstehen durch die Bewegung der Erde um die Sonne. Die atmosphärischen Bedingungen beeinflussen den menschlichen Körper. Die Planeten beeinflussen Geist und Körper des Menschen. Je nach ihrer Konstellation in den unterschiedlichen Häusern ist dieser Einfluss positiv oder negativ. Wer einiges Wissen im Bereich der Astrologie hat, kann die üblen Wirkungen ungünstiger Planeten abwehren.

Zu jeder Zeit dringen verschiedene Schwingungen von vielerlei Objekten des äußeren physischen Universums in den Geist des Menschen und beeinflussen ihn auf unterschiedliche Weise. Der Körper ist Teil des Universums, so wie der Geist auch. Was wir Welt nennen, ist lediglich Geist. Der Geist des Menschen wird von Gedanken und Meinungen anderer beeinflusst. Es besteht ein Gedankendruck von außen. Alle Menschen haben persönliche Gedanken und der Karma Yogi sollte immense Kraft haben, um sich gegen diese äußeren Gedanken zu wehren. Er sollte Mut besitzen. Er sollte Geduld und Ausdauer haben. Auch wenn er zwanzigmal scheitert, sollte er mit Bestimmtheit und der Hartnäckigkeit eines Blutegels, eisernem Willen und zäher Geduld an seiner Arbeit festhalten. Nur dann wird er schließlich vollkommenen Erfolg haben. Er wird aus der Betätigung mit spirituellen Lorbeeren, atmischem Sieg und atmischem  Swarajya  hervorgehen.

Das Studium der Sankhya-Philosophie verleiht Wissen über die Erschaffung des Universums, darüber, wie der Geist geschaffen ist, wie die Handlungs- und Sinnesorgane gestaltet sind, was Tanmatras  sind, was Mahat-tattva (Gesamtheit der materiellen Energie) ist, was Purusha  und Prakriti, was die drei Gunas sind, wie sie funktionieren und den Menschen, seine Gesundheit und Mentalität beeinflussen und wie man Wissen über Purusha erlangt. Sankhya und der Yoga des Patanjali  ergänzen sich. Vedanta ist nur eine Erweiterung und Erfüllung von Sankhya.

Man kann zu körperlicher Gesundheit kommen und diese erhalten, indem man die Gesundheitsgesetze und Hygieneregeln streng befolgt, indem man vollwertige, leichte, nahrhafte, gut verdauliche, kräftigende, wenig gewürzte Nahrung bzw. sattwige Kost zu sich nimmt und indem man reine Luft atmet, sich regelmäßig bewegt und täglich kalt wäscht, sich beim Essen, Trinken, Geschlechtsverkehr usw. mäßigt. Geistige Gesundheit kann man erreichen und erhalten mittels Japa (Rezitation von Mantras), Meditation, Brahmacharya (Enthaltsamkeit), der Praxis von Yama  und Niyama , richtigem Verhalten, rechtem Denken, rechtem Sprechen und rechtem Handeln, Atma Vichara (Ergründung des Selbst), Wandlung der Gedanken, Entspannung des Geistes durch das Verharren in angenehmen Gedanken, geistige Erholung und das Üben von Fröhlichkeit.

Mögen wir alle selbstlos in vollkommener Harmonie und Gesundheit für das Wohlergehen der Welt und unsere eigene Erhebung zusammenarbeiten! Mögen unsere Glieder und Organe stark und gesund sein! Mögen wir die normale Lebenserwartung – hundert Jahre – in selbstlosem Dienst, im Studium der Veden und der Entwicklung sattwiger Tugenden erreichen. Mögen wir im Wissen um Brahman leuchten, Freude, Frieden, Glück und Wissen in alle Ecken der Erde ausstrahlen.

14. Geheimnis des Karma Yoga

Verhaftung ist der erste Spross der Maya. Die gesamte Lila (Spiel) Gottes wird von der Kraft der Verhaftung aufrechterhalten. Ein nüchterner Mensch trinkt nur ein kleines Gläschen Champagner, wenn er sich in schlechter Gesellschaft befindet und durch Verhaftung an Alkohol wird er zum Gewohnheitstrinker. Ein Abstinenzler nimmt nur einen Zug von einer Gold-Flake-Zigarette und wird durch Verhaftung binnen kurzer Zeit zum Kettenraucher. Im Gehirn gibt es eine harzige Substanz ähnlich einer Mischung aus Rizinusöl, Klebstoff, Schleim, Gummiarabikum, Leim, Honig, Glyzerin, Jackfruchtsaft und allen anderen klebrigen Substanzen dieser Welt. Der Geist klebt gewissermaßen kraft dieses Gemisches an den Objekten. Deshalb ist die Verhaftung sehr stark.

Menschen dürstet es immer nach Besitz von Dingen, Frau und Vieh. Der Besitz von Gegenständen führt mit Sicherheit zu Selbstsucht. Selbstsucht ruft Verhaftung hervor. Wo immer man Verhaftung findet, gibt es Ahanta  und Mamata  – „Ich- und Meinsucht“. Das gesamte Maya Chakra (Rad der Illusion) hat begonnen, sich zu drehen. In diesem Moment ist der Mensch ein Sklave geworden. Schwere Eisenketten sind ihm an Händen, Knien und Beinen angelegt. Er hat sich wie eine Spinne oder eine Seidenraupe verstrickt. Dies ist die selbst auferlegte Last der Verhaftung.

Sage nie: „Meine Frau, mein Sohn, mein Haus.“ Verhaftung ist die Hauptursache allen Elends und aller Mühsal dieser Welt. Erziehe den Geist sorgfältig. Die alten Gewohnheiten werden sich einschleichen. Rotte sie mit der Wurzel aus. Führe ein verhaftungsloses Leben. Dies ist der Generalschlüssel, der dir das Reich brahmischer Glückseligkeit eröffnet. Aber arbeite unaufhörlich ohne Verhaftung und Identifikation. Nur dann kannst du wirkliches Glück erfahren. Du wirst merken, dass du ein anderer Mensch bist. Karma Yoga trägt einen Menschen in erhabene Höhen des Edelmuts. Arbeite geduldig. Weder Meditation noch Samadhi sind ohne vorausgehendes Üben von Karma Yoga möglich. Zweifellos ist es eine schwierige Aufgabe, verhaftungslos zu arbeiten. Es ist eine Ochsentour. Aber für einen Menschen von Geduld und Zielstrebigkeit wird es einfach und angenehm. Du wirst es um jeden Preis vollbringen müssen, wenn du endgültige Glückseligkeit und Unsterblichkeit begehrst. Jeder wird es tun, wenn auch nicht jetzt, so doch nach fünfhundert Geburten. Die Frage ist jedoch, warum nicht jetzt? Kürze den Weg ab und genieße höchste Wonne jetzt sofort in diesem Moment, noch in diesem Leben. Das ist Weisheit.

Erwartest du von deinem kleinen Sohn eine Gegenleistung, wenn du etwas für ihn tust? Ganz ähnlich musst du für andere arbeiten, ohne etwas zu erwarten. Du musst dein Herz weit machen und dir denken, dass diese ganze Welt dein eigenes Selbst ist. Anfangs verursacht es dir etwas Schmerz, weil du bislang nicht selbstlos und zweckfrei gehandelt hast. Wenn du dann aber ein wenig von der Wonne des Karma Yoga gekostet hast, kannst du nicht mehr damit aufhören. Die Kraft von Karma Yoga wird dich dazu bringen, mit großem Eifer und großer Begeisterung mehr und mehr zu arbeiten. Du beginnst wahrzunehmen, dass diese Welt eine Manifestation Gottes ist. Du gewinnst enorme innere Stärke und Reinheit des Herzens. Dein Herz ist voller Barmherzigkeit, Mitgefühl und reiner Liebe. Dein Geist der Selbstaufopferung wächst ins Unermessliche. Selbstsucht aller Art wird ausgelöscht. Wer im öffentlichen Raum für das Wohlergehen des Landes und der leidenden Menschheit arbeitet, kann die Wahrheit dieser Aussage bestätigen.

Verhaftungslosigkeit ist Leidenschaftslosigkeit oder Gleichmut hinsichtlich Sinnesfreuden. Verhaftungslosigkeit ist Ihamutrarthaphala-bhogaviraga – Gleichmut gegenüber Sinnesfreuden aller Art, im Diesseits wie im Jenseits, einer der Bestandteile von Sadhana Chatushtaya , der vier Mittel zur Erlösung eines Aspiranten auf dem Weg des Jnana Yoga bzw. Vedanta. Es ist ein rein geistiger Zustand. Die Verbindung, die dich in Fesseln legt, ist wirklich im Geist. Ahanta und Mamata sind die zwei Giftzähne der Geistschlange. Ziehe diese beiden Zähne und deine Geistschlange ist gezähmt. Es kann keine Gefangenschaft mehr geben. Es ist der Geist, der die Vorstellungen von „Ich und Meinsucht“ schafft. Es ist der Geist, der Jiva bindet und der Mensch denkt: „Ich bin der Körper.“ Es ist der Geist, der Bindung an Ehefrau, Sohn und Eigentum bewirkt. Wenn die dich bindende Verknüpfung im Geist zerstört wird, kannst du dich aufhalten, wo du möchtest. Du kannst überall auf der Welt friedlich umherwandeln, unverhaftet wie Wasser auf dem Lotosblatt. Nichts kann dich binden. Das ganze Unheil wird erst vom Geist geschmiedet. Ein Mensch mag ein riesiges Reich regieren und kann dennoch unverhaftet sein. Königin Chudalai  und Raja Janaka hingen kein bisschen an ihrem Reichtum und Land. Janaka sagte: „Auch wenn ganz Mithila  abbrennt, geht doch nichts verloren, das meins ist.“ Schau dir die erhabene Geisteshaltung Janakas an! Er ruhte in seinem eigenen Swarupa, seiner inneren Natur. Er besaß keinerlei Verhaftung. Die Geisteshaltung von Chudalai war dieselbe wie die Janakas. Obwohl Sikhidhvaja, der Ehemann von Chudalai, mit Kaupina  und Kamandalu  im Wald lebte, war sein Geist voller Verhaftung. Er war seinem Körper und seinem Kamandalu verhaftet. Ein Mensch kann einem kleinen Stück Kaupina, einem Stab, einem kleinen Becher oder seinem Körper fest verhaftet sein, obwohl er seine Familie und sein Eigentum verlassen hat. Zum Zeitpunkt seines Todes zieht das Bild eines Bechers oder Stabs vor seinem geistigen Auge auf. Jadabharata  hing an einem Reh und nur das Reh fiel ihm ein, als er im Sterben lag und er musste als Reh wiedergeboren werden. So groß ist die Macht der Verhaftung.

Weltlich orientierte Menschen beurteilen die Leidenschaftslosigkeit eines Sadhus im Allgemeinen nach seinem äußerlichen Aussehen. Wenn ein Sadhu ein Kaupina hat und einen langen Bart sowie verfilztes Haar, gilt er als erstklassiger Virakta Mahatma (gleichmütige große Seele). Derselbe Mann kann sich mit einem anderen Sadhu um das Achtannastück  eines Pilgers raufen. Sein Geist kann voller Leidenschaft und Verhaftung sein. Ein Haushalter lässt sich täuschen. Einige Heuchler täuschen Vairagya vor, nur um heimlich Geld zu sammeln. Verfilztes Haar wird raffiniert angeklebt. Dafür gibt es in Benares  Fachleute, die nur zwei Rupien nehmen. Haushalter sollten sehr vorsichtig sein und sich nicht von der äußerlichen Nacktheit einiger Sadhus täuschen lassen. Was wirklich gebraucht wird, ist geistige Nacktheit. Der Geist muss vollständig rasiert sein. Nur dann kann es wahre Verhaftungslosigkeit geben.

Dieser geistige Zustand des Nichtanhaftens an den Früchten der Arbeit kann auf zwei Pfaden erreicht werden. Der Vedanta- oder Jnana-Yoga-Student entwickelt durch Unterscheidungsvermögen und Selbstanalyse Sakshi Bhav . Er sagt: „Ich bin der stille Betrachter der Bewegungen des Geistes und des Wirkens der einzelnen Körperorgane. Ich bin nicht der Körper, die Organe, der Verstand oder der Prana. Die Prakriti verursacht alles. Die Gunas wirken. Der Swabhava arbeitet. Die Indriyas erfüllen ihre jeweiligen Dharmas . Alles ist Dharma des Geistes. Ich habe nichts zu tun. Ich bin ein Udasina . Ich bin ganz gleichgültig und bloßes Tatastha (zweitrangige, unbedeutende Kraft). Ich erhoffe mir keinen Lohn. Diese Welt ist Anitya  und Mithya . Es gibt kein wirkliches Glück auf dieser Welt. Es gibt zahllose Doshas (Fehler, Unreinheiten) im Leben. In Atman findet sich höchstes, ewiges und unendliches Glück. In Wirklichkeit bin ich Satchidananda Atman . Ich werde Indriyas, Geist, Prana und Körper als meine Werkzeuge für das Wohlergehen der Welt, für Loka Sangraha  nutzen. Diese ganze Welt ist mein eigener Atman. Sie ist mein Körper. Dieses ganze Universum ist mein Zuhause. Atman ist Nishkriya , Akarta , Niravayava  und Avyavahara (ohne Tätigkeit).“ Er übt ständig Vichara , denkt auf diese Weise nach und festigt sich in seinem eigenen Swarupa . Durch derartige Reflexion verbrennt er den Lohn seiner Handlungen im Feuer der Weisheit.

Ein Bhakta übt Selbstaufgabe und widmet all seine Handlungen den Lotosfüßen Gottes als Ishwararpana an Ihn. Er sagt: „Ich bin ein Werkzeug in den Händen des geliebten Gottes. Ich habe keinen eigenen Willen. Ich bin Dein, mein Gott. Alles ist Dein. Dein Wille geschehe. Du bist alles. Du tust alles. Selbst ein Atom kann sich ohne Dich nicht bewegen. Auch ein Blatt kann sich ohne dich nicht bewegen. Du wirkst durch all meine Organe. Du sprichst durch meinen Mund. Ich opfere Dir alles, was ich tue oder esse. Ich opfere Dir mein Tapas und alles andere. Du kannst tun, was immer Du möchtest. Ich lebe nur für Dich allein. Ich arbeite für Dich allein. Ich kann ohne Dich nicht einen Moment lang leben.“

Arbeit schafft kein Unheil, sondern es sind Verhaftung und Identifizierung damit, die alle möglichen Sorgen, Kummer und Unglück verursachen. Verstehe das Geheimnis des Karma Yoga und handle ohne Verhaftung und Identifizierung und schon bald wirst du Gottesbewusstsein erreichen. Dies ist Jnana. Dies ist Jnanagni (Feuer der Weisheit), das alle Früchte der Handlungen verbrennt.