Swami Krishnananda:

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Was bedeutet Hochzeit:

Den Wissenschaftlern ist das Phänomen des „Urknalls“ als Ereignis, welches als ursächlicher Schöpfungsakt angenommen wird, bekannt. Die Bedeutung, die diesem Phänomen beigemessen wird lautet, daß das Universum ursprünglich ein einziges kosmisches Atom war (in der Sanskritterminologie als Brahmanda bekannt), welches durch den Urknall in einer beispielhaften Selbstteilung, in ein sogenanntes Kosmisches Subjekt und Objekt zerfiel. In der Brihadaranyaka Upanishad wird bereits beschrieben, daß das Eine Universale Selbst sich als eine subjektive und objektive Seite des Selbst (Kosmisches Positiv und Kosmisches Negativ) projiziert. Es scheint dies das fesselnde Geheimnis hinter der Beziehung der beiden Kosmischen Teile zu sein, daß auf der einen Seite die Dualität des Positiven und Negativen und auf der anderen Seite die Wechselbeziehung des Positiven und Negativen existiert, die beiden Phasen wirklich als die beiden Arten des phänomenalen Ereignisses, in der ansonsten als Einheit unteilbaren, ursprünglichen Existenz in Erscheinung treten.

Der Heilige Yajnavalkya sagt, daß jede Lebenseinheit, eine Teil-Erbse darstellt, von der man nicht so einfach sagen kann, ob die Erbse aus einem Teil oder zwei Teilen besteht, die zusammengefügt wurden. Auch die Idee einer zweipoligen Einflußnahme vermittelt den Eindruck der gegenseitigen Existenz von Raum und Zeit, und selbst wenn das scheinbar zwiefältige Leben als eine Erscheinung des ursprünglichen einen Lebens akzeptiert wird, kann die Idee des „anderen“ sich nicht erheben, wenn kein Medium, durch das es wahrgenommen wird, vorhanden ist, so als würde eine Person sich selbst im Spiegel sehen. Solch eine Möglichkeit schließt die Existenz von Raum und Zeit ein, die in der Schöpfung die größte Ausdehnung haben. Niemand kann die wirkliche Bedeutung verstehen, seitdem diese Dinge mit dem Denkprozeß verbunden sind und auch niemand kann seine Existenz verneinen.

In der Brihadaranyaka Upanishad steht weiter geschrieben, daß die beiden kosmischen Teile dem Ehemann und der Ehefrau zugeordnet werden können, wobei in diesem Zusammenhang der eine Teil hinter dem anderen herläuft, um mit ihm in Berührung zu kommen, während der andere Teil vor der Berührung davonläuft, da solch eine Berührung unmöglich ist, weil der sogenannte „andere“ nicht von dem Kontaktsuchenden zu trennen ist. Es steht in den Unpanishaden geschrieben, daß, obwohl sich der weibliche Aspekt der männlichen Berührung entziehen will, dieser Versuch durch die Ähnlichkeit der beiden Aspekte einer solchen Berührung bedeutungslos und verfehlt zu sein scheint. In den Unpanishaden geht man noch weiter und sagt, daß durch die gegenseitige Anziehungskraft des Ganzen, sich das Selbst von den Göttern im Himmel bis hinunter zu den Menschen, Tieren, Pflanzen und Bäumen und weiter bis hin zu den niedrigsten Geschöpfen, wie Insekten reduziert und zu einem immer kleiner werdenden „Ganzen“ wird, und daß diese duale Anziehungskraft überall in der Schöpfung vom höchsten bis hin zum niedrigsten erschaffenen Element gegenwärtig ist.

Seitdem es im menschlichen Dasein ein Element des Instinktes der niederen Spezies und gleichzeitig einen Verstand gibt, der die Charakteristik den transzendentalen Existenz widerspiegelt, nimmt diese ursprüngliche Existenz der gegenseitigen Anziehungskraft auf der menschlichen Ebene eine interessante Wendung. Während in den früheren Stufen der Evolution, wie bereits erwähnt, der Prozeß der gegenseitigen Anziehungskraft mehr oder weniger spontan abläuft, so wird es durch den Zusammenstoß von Verstand und Instinkt auf der menschlichen Ebene etwas komplizierter, was Not und Elend hervorruft, und was jeder in seinem Leben tagtäglich erleben kann. Der Mensch ist einerseits ein Teil der menschlichen Gesellschaft, deren Gesetze die Aktivitäten des Einzelnen bestimmen, während anderseits die instinktiven Impulse aus einer anderen Ebene kommen und beharrlich auf einer übergeordneten Lenkung bestehen, und wenn diese Instinkte stark genug sind, können sie sehr zum Verdruß des Einzelnen, wie aus der Geschichte der Menschheit bekannt ist, gegen gesellschaftliche Normen rebellieren. Um diesen Konflikt zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft zu beseitigen, haben die Menschen unter sich in einer allgemein gültigen Übereinkunft ein System, nämlich die Hochzeit, eingeführt.

Was bedeutet Hochzeit wirklich? Es ist ziemlich eindeutig, daß dies die Legalisierung zur Erhaltung und dann zur Kontrolle über eine unkontrollierte Aktivität der Vernichtung des angeborenen Instinktes der existierenden gegenseitigen Anziehungskraft darstellt. Der Grund dafür ist, daß der Mensch nicht isoliert außerhalb der Gesellschaft leben kann, denn die Existenz ohne Kooperation mit anderen ist schwierig. So lange dieser Instinkt in jedem Menschen gegenwärtig ist, und jeder ihn so weit wie möglich auslebt, kommt es bei solchem Verhalten dann zu Schwierigkeiten, wenn jemand anders dasselbe tun möchte. Dies führt dazu, daß die Institution der Ehe diesem Instinkt einen bestimmten Rahmen der Freiheit innerhalb der gesellschaftlichen Normen unter der Berücksichtigung des Wohlergehens für jeden Menschen dieser Gesellschaft gewährt.

Doch bei allem, was vorher gesagt wurde, erhebt sich die Frage, wie kommt es zwischen Mann und Frau zu einer solchen Anziehungskraft. Um diese Frage philosophisch im Lichte dessen, was vorher gesagt wurde, zu beantworten, gibt es dafür die Erklärung, daß es sich hierbei um das Bemühen zweier Teile eines Ganzen handelt, die sich in einer einzigen Existenz vereinigen möchten. Doch da zwei Dinge nicht EINS werden können, scheitert der sexuelle Drang in der Erfüllung seines Zieles und endet in Erbitterung, Auflösung und einem Mißtrauen gegenüber dem Sinn des Lebens. Der andere Aspekt ist die vernachlässigte Seite des Phänomens, nämlich, die Absicht der Natur, die Spezies zu vervielfältigen. Ein jeder kennt die Macht der Natur und kann ihr nicht widerstehen. Die Wahrscheinlichkeit des Neuankömmlings (Geburt), die die Welt vorwärtstreibt und, was wir als kommende Existenz eines Kindes bezeichnen, ist der Prozeß eines Impulses, seit das Kind genauso wie Vater oder Mutter ein vollkommenes Ganzes ist. Der Druck des kommenden Individuums ist sehr stark, und er zwingt Mann und Frau, mit derartig großer Heftigkeit einander zu suchen, daß selbst die männlichen und weiblichen Elemente, wenn dieser Impuls nicht befriedigt werden könnte, den Wunsch hätten zu sterben, wobei sie dabei vergessen, daß sie nur der Eingebung der Natur folgen, obgleich die Natur sie klugerweise in der Illusion beläßt, daß das, was sie tun, für ihr eigenes Wohlergehen sei. Seit alles durch die Zeit zerstört wird, wird befürchtet, daß die eigene Existenz eines Tages beendet sein könnte, und um diesem möglichen Kummer zu entfliehen, wünscht sich der biologische Impuls ein Kind, ein Sohn oder eine Tochter als eine Kopie der Eltern, zu reproduzieren, so, als würden sie sich selbst umarmen können, und als wäre das Kind untrennbar von den Eltern. Wenn man die Tatsache betrachtet, daß sich niemand gegen den Einfluß der Natur wehren kann, sollte das durch die Hochzeit erlaubte Sexualleben als vernünftig und unvermeidbar angesehen werden, doch, betrachtet man das Wohlergehen von Mann und Frau, so bringt es keinen solchen Vorteil, denn es endet im Energieverlust, im langsamen Älter werden und in physikalischer Auflösung. Es sieht so aus, als wäre die ganze Schöpfung ein „Versteckspiel“ der existentiellen Wahrheiten, wobei jeder unter dem Eindruck seiner Hoffnungslosigkeit etwas tut, von dem er annimmt, daß er es aus freiem Willen und in der Annahme der eigenen unsterblichen Zufriedenheit täte, während es sich bei dem ganzen Unternehmen tatsächlich eher um den angenommenen freien Willen einer hypnotisierten Person handelt, dem Willen des Hypnotiseurs folgend.