Swami Krishnananda:

Antwort auf deine Fragen

Kapitel 53

Krieg

Israelischer Besucher: Wie denkst Du über Krieg?

Swamiji: Als irakischer Staatsbürger müßtest Du der Auffassung sein, daß die Vereinigten Staaten sich aggressiv verhalten, und das ist sehr schlimm. Doch angenommen, Du bist ein Bürger Amerikas; dann würdest Du vielleicht die Meinung von Mr. Bush teilen, vorausgesetzt, Du findest ihn sympathisch.

Es ist letztendlich eine Frage der Konsequenzen, die man zieht. Eine Handlung kann nur aus der möglichen Konsequenz ihrer Ausführung oder Nichtausführung heraus beurteilt werden. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Nichtausführung? Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn man etwas unternimmt? Gebrauche die Umsicht eines Staatsmannes. Staatsmänner sind jene Menschen, die sich die Zukunft aufgrund von Schlußfolgerungen aus der Sicht heutiger Bedingungen vorstellen können. Sie unternehmen nichts, ohne nicht vorher genau darüber nachgedacht zu haben, welche Konsequenzen es letztendlich haben wird, wenn man irgendwelche Schritte durchführt oder nicht durchführt? Diese zwei Konsequenzen gilt es abzuwägen und zu überlegen, was richtig sein könnte.

Israelischer Besucher: Kann man das Ergebnis bereits vorhersehen, wenn man eine dieser beiden Seiten abwägt, - „lohnt es sich dann noch?“

Swamiji: Wie Du richtig sagst, Krieg ist niemals gut. Niemand wird sagen, daß Krieg gut ist, doch warum beginnen die Menschen damit, wenn er nicht gut ist? Jeder, der mit Krieg beginnt, weiß, daß er nicht gut ist. Warum läßt man sich dennoch darauf ein? Vielleicht deshalb, weil, wenn man nicht mit Krieg anfängt, es noch schlimmer kommen könnte. Aus schlecht könnte noch schlechter werden. Es könnte falsch oder auch richtig sein; das ist eine andere Sache. Würde der Krieg nicht geführt, würde es noch schlimmer sein; darum führe den Krieg und es ist schlecht (d.h. weniger schlimm). Es ist eine Wahl zwischen schlecht und noch schlechter; das Schlechtere ist nicht gut, doch das Schlechte ist besser. So wird die Wahl getroffen.

Wir können dies jetzt nicht diskutieren, denn wir befinden uns nicht am Ort des Geschehens und können weder etwas sehen, noch sind wir gedanklich direkt damit verbunden. Unser Urteil ist rein theoretisch. Du hast mir eine theoretische Frage gestellt, ohne die tatsächlichen Einflüsse auf die Auswirkungen zu kennen.

Israelischer Besucher: Ich komme aus einem Land, wo es viele Kriegshandlungen gibt, und ich weiß, daß dieser Krieg beispielsweise durch mein Land - ich komme aus Israel - zu einem anderen Zeitpunkt geführt werden würde, wenn nicht Amerika bereits jetzt den Krieg führen würde. Doch ich versuche die Sache nicht nur von diesem Standpunkt aus zu betrachten, denn ich weiß, daß das sehr subjektiv ist, denn ich bin schließlich Israeli.

Swamiji: Ja, Du bist Israeli. Du wünschst Dir sicherlich, daß Israel beschützt werden und daß es niemand angreifen sollte, nicht wahr?

Israelischer Besucher: Ja, das ist wahr.

Swamiji: Was wirst Du unternehmen, um Dich selbst zu schützen?

Israelischer Besucher: Die Frage ist, ob der Selbstschutz wichtiger ist als die Sicherheit anderer Leute?

Swamiji: Die Sicherheit anderer Leute ist ebenfalls notwendig. Du möchtest natürlich niemanden töten, doch Dein Land sollte ebenfalls beschützt werden. Wie willst Du Dein Land denn schützen? Wie willst Du das bewerkstelligen?

Israelischer Besucher: Viele Leute sind der Meinung, daß man angreifen muß, um sich zu schützen, andere wiederum sagen.....

Swamiji: Normalerweise haben alle Länder Streitkräfte zur Verteidigung, doch niemand hat Offensivkräfte. Weißt Du, was Offensive bedeutet?

Israelischer Besucher: Es bedeutet Angriff.

Swamiji: Es gibt Verteidigungsminister und vieles mehr. Man nennt sie nicht Offensivminister. Warum solltest Du Dich verteidigen, wenn Dich niemand angreift? Wen gilt es anzugreifen? Niemand greift an, denn jeder will sich nur verteidigen. Was sagst Du dazu? Jeder hat einen Verteidigungsminister und keinen Offensivminister. Doch zuerst sollte jemand angreifen, bevor man sich verteidigt. Doch niemand sagt, daß er angreift, - jeder will sich nur verteidigen. Wo liegt nun der strittige Punkt? Wer ist der Angreifer?

Israelischer Besucher: Das ist wahr.

Swamiji: Doch gewöhnlich spricht man nicht so. Derjenige, von dem gesagt wird, daß er angreift, sagt von sich selbst, daß es nicht so ist, und daß er sich nur gegen möglichen Ärger verteidigen will. Er möchte sich nur gegen zukünftigen Ärger verteidigen, obgleich dies wie ein Angriff aussieht. Dies wird er von sich behaupten, obgleich man sagen kann, daß er einen Fehler gemacht und eine Offensive gestartet hat.

Versetze Dich in die Lage des Führers eines Landes und denke mit seinem Verstand. Was wirst Du zu der Zeit machen? Dies ist die Antwort auf Deine Frage. Angenommen, ich bin der Kopf dieses besonderen Landes; was werde ich zu der entsprechenden Zeit machen? Wie wird mein Verstand arbeiten? Momentan beurteilst Du jemand anderen. Das ist nicht gut. Beurteile Dich zuerst selbst als beteiligten Menschen, - was wirst Du zu der Zeit unternehmen? Dann wird Dir Dein Herz sagen, was gut für Dich ist.

Das Leben besteht, wie im Falle des eigenen Körpers, aus einem ständigen Auf und Ab. Schöpfung und Zerstörung finden im Organismus simultan und ohne Zeitverzögerung statt, um eine höhere Überlebensform zu erreichen. Dies ist im Falle der Menschheit ebenso wie bei der Natur als Ganzes.