Sivananda Yoga - von Swami Venkatesananda


Sei ein Instrument


Es gibt eine sehr schöne, kleine Geschichte in der Bhagavatam. Krishna ging mit seinen Freunden, den Kuhhirten und deren Kühen, in den Wald. Auf ihrem Weg sahen sie einen Baum, der mit Früchten voll beladen war. Krishna führte seine Freunde zu dem Baum und sagte zu ihnen: „Freunde, seht. Wann werden wir jemals wie dieser Baum sein? Wenn der Baum mit Früchten beladen ist, beugt er sich, wogegen mit ein Früchten beladener Mensch arroganter wird. Wenn man ungebildet oder arm ist, ist man wahrscheinlich bescheiden, doch im selben Moment, in dem man ein paar Diplome hat oder wohlhabend wird, sieht man auf alle herab. Selbst wenn man glaubt, man hätte einige tugendhafte Qualitäten (Früchte), wird man plötzlich arrogant. Ein mit diesen Früchten beladener Baum wird bescheidener und bescheidener und sagt: ‚Los, nehmt doch bitte, ohne jegliches Feilschen. Auf eine Weise sind es also nur die Bäume, die im absolut wahrsten Sinne Karma Yoga praktizieren!“

Einige Bhavanas oder Einstellungen werden im Karma Yoga für äußerst wichtig gehalten. Eine ist Nimittabhavana. Nimitta ist ein Werkzeug. Zum Beispiel ist der Stift in der Hand ein Werkzeug. Obwohl es eigentlich der Stift ist, der schreibt, ist er doch nicht der Schreiber sondern jemand anderes.

Nimittamatram bhava savyasachin (XI. 33)

„Ich bin der Handelnde aller Handlungen“, sagt Krishna, „seid mein Werkzeug.“ Obgleich es die Perfektion in dieser Bhava ist, die Karma Yoga ausmacht, kann auch der Versuch, sie zu kultivieren, Karma Yoga in Praxis genannt werden. Swami Sivananda empfahl dies.

Sich selbst als ein Werkzeug in der Hand Gottes zu sehen, ist sehr gut als Ausgangspunkt, aber betrachte ab und an mal diesen Faktor. Entscheidet dieser Stift, was er als Werkzeug in der Hand dieses Mannes machen soll und was er nicht machen soll? Ist es möglich für einen, nicht zu merken, dass man ein Werkzeug in der Hand Gottes ist, aber es doch zu sein? Dies war eine außergewöhnliche Sache, die wir an Swamijis Leben bemerkten. In all diesen Jahren habe ich ihn nur bei zwei oder drei Gelegenheiten sagen hören: „Ich bin nur ein Werkzeug in den Händen Gottes.“ Und das war, wenn er verherrlicht wurde. Wenn man ein Werkzeug in den Händen Gottes ist, mag man nicht einmal das sagen. Der Stift sagt das nicht! Der Mensch, der sagt: „Ich bin ein Werkzeug in den Händen Gottes“, mag das wirklich und wahrhaftig fühlen oder auch nicht und es gibt hier die Gefahr, dass man sich hervortut und sich so zu einer egoistischen Person macht. Einer, der also erkannt hat, dass er ein Werkzeug in den Händen Gottes ist, wird zumw wirklichen Werkzeug in den Händen Gottes, ohne überhaupt die Notwendigkeit zu verspüren, es sagen oder denken zu müssen.

Man wusste, dass Swamiji in diesem Bewusstsein lebte, wenn man beobachtete, was er tat und wie er es tat. In all seinen Handlungen war Motivation vollständig abwesend. Man weiß, dass man im Bewusstsein eines Werkzeuges lebt, wenn es nicht die geringste egoistische Motivation in den eigenen Handlungen gibt. Jener Stift wird die Worte ‚g-u-t’ ‚s-c-h-l-e-c-h-t’ und ‚b-ö-s-e’ mit derselben Leichtigkeit schreiben, ohne einen zu fragen. Er wird von links nach rechts oder von rechts nach links schreiben ohne jegliche Motivation, ohne an die Vergangenheit oder an die Zukunft zu denken. Ähnlicherweise tut der Karma Yogi völlig spontan das, was dem Höchsten Wesen zufolge zu tun ist. Dies sahen wir in Swamiji die ganze Zeit. Was auch immer er tat, tat er mit einer solchen Spontaneität und Reinheit, ohne jede Berechnung oder Motivation, dass man wohl sehen konnte, dass er es nicht tat, weil er etwas bauen oder zerstören wollte. Wenn der Ashram gelegentlich ökonomischem Bankrott gegenüber stand, sagte er: „Aha, da ist kein Geld mehr. Na gut, wir gehen nach Rishikesh und erbetteln unser Essen.“ Und das sagte er so einfach, ohne jede Enttäuschung. Jeder andere hätte gute Miene zum bösen Spiel gemacht, doch er war froh und glücklich. Das passierte, als er über sechzig war. Er sagte: „Ich bin wohl nicht fähig, nach Rishikesh zu laufen, um für Essen zu betteln, mietet also eine Tonga für mich.“ Wenn wir Geld für die Miete einer Tonga gehabt hätten, könnten wir ihm sein Essen genauso gut hier gegeben haben. Das Essen, was er aß, war so billig, dass es durch die Miete einer Tonga allemal abgedeckt wäre. Trotzdem sagte er, er würde mit uns zur Kshetra gehen und um Essen betteln, aber nur in einer Tonga. Das war die höchste Geisteshaltung. Wenn man das beobachtete, sah man, was es bedeutet, ein Werkzeug in den Händen Gottes zu sein.

Ein anderes Bhava ist Narayana oder Atma-bhava, was bedeutet, in allem Gott zu sehen, in allem Gott zu dienen. Bitte merkt euch, dass es nicht heißt: „Ich diene Gott in allem", nur „Gott in allem dienen“. Das „ich“ ist bereits zum Werkzeug transformiert worden. Während das Dienen weitergeht, ist es an dasselbe allgegenwärtige Wesen, denselben allgegenwärtigen Gott gerichtet. Es steht in der Bhagavad-Gita im 18. Kapitel.

Yatah pravrittir-bhutanam yena sarvamidam tatam
svakarmana tam-abhyarchya siddhim vindati manavah
(XVIII.46)


„Der Mensch erreicht Perfektion dadurch, dass er jede seiner Handlungen als eine zu den Füßen des allgegenwärtigen Gottes dargebrachte Blume betrachtet.“ Jeder, der zu einem kommt, bietet einem eine Möglichkeit, Gott in ihm und durch ihn zu dienen. Es ist, als käme Gott selbst in dieser Form zu einem, um einem eine Möglichkeit zu geben, ihn zu verehren. Wir haben das bereits eine Million Mal gehört, doch es muss gesehen werden. Ich habe andere erzählen gehört, die mit ihm im Swargashram und in Malaysia gewesen sind. Sein Gesicht bot fast einen übersinnlichen Anblick, wenn er jemandem diente, z.B. die Füße massierte, weil sie wehtaten und jemandem einen anderen kleinen Dienst erwies. Wenn er einem etwas geben konnte, erstrahlte sein Gesicht. Er war entzückt, Dankbarkeit war in seinem Gesicht und in seinen Augen. Die Erscheinung seines Gesichts war etwas Außergewöhnliches. Es hatte diesen Blick von: „Ich diene Gott.“ Er mag es gesagt haben oder nicht, aber sein Gesicht verstrahlte diese Botschaft. Gott in allem zu dienen, ist die höchste Form der Verehrung.

Diese zwei Bhavas sind grundlegend für Karma Yoga. Obwohl es möglich ist, an sie zu denken, sie zu betrachten, über sie zu meditieren, denke ich doch, dass man mit jemandem leben muss, der in einem solchen Sinne lebt, um fähig zu sein, diese Einstellung in sich aufzusaugen.