Shiva Samhita

 
1. Parvati:
O Herr, o geliebter Shankara!
Sage mir um derentwillen, deren Sinne
nach dem höchsten Ziel suchen, die
Widerstände und Hindernisse im Yoga.

2. Shiva:
Höre, Göttliche!
Ich werde dir alle Hindernisse, die
dem Yoga im Wege stehen, sagen.
Um Unabhängigkeit zu erreichen,
sind Bhoga (Vergnügungen)
die größten aller Hindernisse.

Bhoga (Vergnügungen)

  1. Außereheliche Beziehungen, zu viel Schlaf, edle Bekleidung und Reichtümer sind Hindernisse im Yoga. Weitere sind: Betelblätter (stimulierende Mittel), Schlemmereien, Reisen, Königreiche und Ländereien, Überheblichkeit, Macht, Edelsteine, Gold, Silber und Kupfer, Aloeholz (Räucherwerk) und Kuhhaltung. Tätigkeiten, wie die Veden und die Shastras auswendig lernen, Tanzen, Singen, Schmuck (herstellen), Harfe, Flöte oder Trommel spielen, auf Pferden oder Elefanten reiten sowie Frauen, Kinder und weltliche Freuden sind Bhoga, weil sie durch Freude entstehen. Höre nun die Hindernisse, die durch religiöse Rituale entstehen.

Dharma (Pflicht; religiöse Rituale)

  1. Folgende Hindernisse werden durch Dharma hervorgebracht: Waschungen, Götterverehrung, die heiligen Tage des Mondes beachten, Feuersakrament, sich nach Moksha (Befreiung) sehnen, Gelübde abgeben, Bußgänge, Fasten, religiöse Obliegenheiten, Schweigen, die asketischen Übungen, Innenschau und das Objekt dieser Innenschau, Mantras, Almosen geben, weltweiter Ruhm, Ausgraben und Ausstatten von Zisternen, Quellen oder Teichen, Klöster errichten, Wälder aufforsten, Heiligtümer und Grabstätten pflegen, Chandrayana59 und Pilgerschaften.
  1. O Parvati, nun werde ich jene Hindernisse beschreiben, die vom Wissen herrühren: Sitzen in Gomukhasana (Kuhmaul-Haltung); Praktizieren von Dhauti (Reinigen der Eingeweide durch Hatha Yoga - Praktiken); Wissen um die Funktion und Verteilung der Nadis (die Energiekanäle des menschlichen Körpers); Pratyahara (zurückziehen der Sinne); der Versuch, die Kundalini- Kraft zu erwecken, indem der Bauch schnell bewegt wird (ein Vorgang des Hatha Yoga); den Pfad der Indriyas60 beschreiten.


O Parvati, nun höre über falsche Ansichten
zur Nahrung und im Umgang mit anderen:

  1. Es ist ein Irrtum, dass man Samadhi (Ekstase) sofort herbeiführen kann, indem man bestimmte Flüssigkeiten trinkt oder bestimmte Nahrungsmittel zu sich nimmt.
  2. Dass man nur mit tugendhaften Menschen Umgang haben und lasterhafte meiden soll, ist eine falsche Annahme und das Abwägen, ob die ein- und ausgeatmete Luft schwer oder leicht ist, ein haltloses Konzept.
  3. Beruhigende Lehrsätze, wie beispielsweise: Brahman ist im Körper; Er ist der Schöpfer der Formen; Er hat eine Form oder keine Form; Er ist alles usw. - sind Hindernisse in Form von Jnana (Wissen; intellektuelles Philosophieren).

Vier Arten des Yoga

  1. Es gibt vier Yoga-Arten: Mantra Yoga, Hatha Yoga61, Laya Yoga62 und Raja Yoga63. Raja Yoga schaltet die Zweiheit (Polarität) aus.

    Sadhaks

    1. Sadhaks sind Aspiranten, Strebende, Schüler, Studenten usw. Wisse, dass es vier Kategorien für Strebenden gibt: schwach, moderat, begeistert und die sehr begeisterten - diese (die letzteren) sind die Besten und überqueren den Ozean dieser Welt.

            Mantra Yoga (geeignet für weniger interessierte Schüler)

    1. Der Yogalehrer sollte wissen, dass träge, undisziplinierte, unachtsame, nachgiebige und streit- und kritiksüchtige Schüler sich besonders gut für Mantra Yoga eignen sowie Personen, die zur Abhängigkeit neigen und instabil, furchtsam, leidend oder gar grausam sind. Ihr Charakter ist noch nicht reif. Mit großer Anstrengung können sie in zwölf Jahren Erfolg haben.

           Laya Yoga (geeignet für gemäßigte Schüler)

    1. Schüler, die offen und dankbar sind, ein tugendhaftes Verhalten anstreben, eine sanfte Stimme haben und niemals zu Extremen in all ihren Handlungen neigen, sollten vom Lehrer in Laya Yoga unterwiesen werden.

            Hatha Yoga (geeignet für engagierte Schüler)

    1. Engagierte Schüler sind zuverlässig, kennen den Laya Yoga, sind unabhängig, voll Energie, edelmütig, sympathisch, versöhnlich, wahrhaftig, mutig, treu und verehren ihren Guru (spirituellen Lehrer). Sie sind stets mit dem Üben von Yoga beschäftigt - wisse, sie sind Adhimatra (besonders eifrig). Sie haben innerhalb von sechs Jahren Erfolg in der Yoga-Praxis und sollten in Hatha Yoga und seine Zweige eingeleitet werden.

            Alle Formen des Yoga (geeignet für besonders begeisterte Schüler)

    1. Diejenigen, die die größte Menge an Energie haben, sind unternehmerisch, mitreißend, mutig, kennen die Shastras (Schriften) und sind ausdauernd. Sie haben ihre Emotionen unter Kontrolle und sind nicht leicht zu verwirren. Sie stehen in der Blüte ihrer Kraft, essen mäßig, beherrschen ihre Sinne, sind furchtlos, sauber, geschickt, karitativ, hilfsbereit jedem gegenüber, kompetent, entschieden, talentiert, zufrieden, nachsichtig, gutmütig und religiös. Sie halten ihre Aktivitäten geheim, ihre Worte sind lieblich und friedlich, sie glauben an die heiligen Schriften und verehren Gott und ihren Guru. Sie vertrödeln ihre Zeit nicht mit (oberflächlichen) Gesellschaftsaktivitäten und sind frei von jeder schweren Krankheit. Sie sind mit den Pflichten des Adhimatra vertraut, und können jede Art des Yoga üben. Diese Schüler erreichen den Erfolg zweifellos schon in drei Jahren. Sie haben die Fähigkeit, jede Form von Yoga zu erlernen und sollten ohne Zögern in alle eingeweiht werden.

    Pratikopasana (Das Herbeirufen des Schattens)

    1. Das Herbeirufen der Pratika (das Bewusstwerden der eigenen Schatten) offenbart dem Betenden (Devotee) sowohl sichtbare als auch unsichtbare Dinge. Zweifellos wird ein Mensch rein, wenn er dies alles wirklich sehen kann.
    2. An einem klaren Himmel im Sonnenlicht betrachte unverwandt dein eigenes göttliches Spiegelbild. Sobald du es sehen kannst - sei es auch nur für eine einzige Sekunde -, erblickst du Gott unmittelbar am Himmel.
    3. Derjenige, der täglich seinen Schatten am Himmel sieht, wird die Zahl seiner Lebensjahre vermehren und niemals einen Unfall erleiden.
    4. Wenn der Schatten sich im Bereich des Himmels gänzlich widerspiegelt, erreicht der Yogi den Sieg. Er überwindet Vayu und kann überall hingehen.
    • Wie man das Herbeirufen durchführt: zur Zeit des Sonnenaufgangs oder bei Vollmond, lass ihn ohne Unterlass seinen Blick fest auf den Hals seines Schattens richten. Dann nach einiger Zeit lass ihn in den Himmel blicken. Wenn er einen großen grauen Schatten am Himmel sieht, so ist das ein gutes Zeichen.*
    1. Derjenige, der das regelmäßig übt, und den Paramatma64 kennt, erreicht, durch die Gnade seines Schattens, volle Zufriedenheit.
    2. Zu Beginn einer Tätigkeit, sei es Arbeit, einer Ehe, einer vielversprechenden Arbeit oder gar wenn Probleme auftauchen, nützt diese Übung sehr. Die Herbeirufung des Schattens vertreibt Laster und lässt Tugenden wachsen.
    • Es handelt sich um eine Vorstellungsübung: Man soll sich selbst täglich am „Himmel seiner eigenen Seele“ betrachten. Man soll seine Fehler und Schwächen (seine Schatten) erkennen, sie in der Vorstellung ablegen und sich dann vorstellen, dass man vollkommen ist. Man kann auch in den Spiegel schauen, Gesichtsausdruck und Haltung korrigieren oder die Stimme auf Band aufnehmen. Wenn man diese Übung täglich macht, so wird man sich dabei immer vorstellen, dass man gesund ist, eine gerade Haltung hat, mit angenehmer Stimme spricht usw. Das unterstützt die Gesundheit und verhilft zu langem, glücklichem Leben. Man spricht auch von den „Schattenseiten“ eines Menschen und, dass jemand „über seinen Schatten“ springt. (Anm. Lore Tomalla)*
    1. Bei regelmäßigem Üben, gelingt es dem Yogi schließlich in sein eigenes Herz zu sehen. Der beharrliche Yogi erreicht Befreiung.

    Raja Yoga

    1. Lass ihn die Ohren mit den Daumen verschließen, die Augen mit den Zeigefingern, die Nasenlöcher mit den Mittelfingern, und mit den verbleibenden vier Fingern lass ihn die obere und untere Lippe zusammenpressen. Der Yogi, der ernsthaft die Luft auf diese Weise einengt, sieht seine Seele in Form von Licht.
    2. Wenn jemand ungehindert dieses Licht für auch nur einen Moment erblickt, wird er frei von Laster und erreicht das höchste Ziel.
    3. Der Yogi, der frei von Makel ist und dies regelmäßig übt, vergisst seinen physischen, feinstofflichen und kausalen Körper und wird eins mit dieser Seele.
    4. Derjenige, der dies in aller Stille übt, geht in Brahman auf. Auch dann, wenn er vorher in sündhafte Tätigkeiten verstrickt war.
    5. Dies sollte geheim gehalten werden. Es ruft sofort Entschiedenheit hervor. Es verleiht dem Menschen Nirvana. Das ist mein bevorzugter Yoga. Wenn man, stufenweise fortschreitend, auf diese Weise übt, beginnt man mystische Klänge, Nadas, zu hören.

    Anahata Nada (Mystische Klänge)

    1. Der zuerst gehörte Klang ist ähnlich dem Summen der honigberauschten Biene. Der nächste der einer Flöte, dann der einer Harfe. Anschließend, bei fortschreitender Übung im Yoga, hört derjenige, der die Dunkelheit der Welt überwindet, den Klang läutender Glocken, dann Töne wie grollender Donner. Wenn jemand seine volle Aufmerksamkeit auf diese Töne lenkt und dabei frei von Furcht ist, erreicht die Versenkung - o meine Lieben!
    2. Wenn der Geist des Yogis sich ausdauernd mit diesen Tönen beschäftigt, vergisst er alle äußeren Dinge und geht in ihnen vollkommen auf.
    3. Durch diese Übung besiegt er alle drei Eigenschaften (gut, schlecht, gleichgültig). Indem er von all diesen Stadien frei ist, geht er in Chid Akash (Äther des Bewusstseins) ein.

    Ein Geheimnis

    1. Es gibt keine Haltung wie Siddhasana, keine Kraft wie Kumbhaka, keine Mudra wie Khechari und keine Versenkung wie Nada (der mystische Ton).
    2. Nun werde ich dir, o mein Lieber, den Vorgeschmack der Erlösung beschreiben, wohl wissend, dass dies selbst ein mit Laster behafteter Aspirant erreichen kann.
    3. Wenn der weise Yogi dem Herrn ernsthaft gehuldigt und das Beste im Yoga ausgeübt hat sowie sich in einer ruhigen stetigen Geistesverfassung und Körperhaltung befindet, kann er sich selbst, seinen Guru zufriedenstellend, zu diesem Yoga anleiten.
    4. Wenn der weise Mensch all sein Hab und Gut aufgegeben und dem Guru, der des Yoga mächtig ist, mit großem Bemühen zufriedengestellt hat, lass ihn die Einweihung empfangen.*
    • Gemeint ist das Vaisvanara-Opfer. (Kanthashruti-Upanashad 1, Seite 698 des Atharvaveda (Oupnekhat in der Übersetzung Deussens)
    1. Indem er die Brahmanen zufriedengestellt und alle materielle Güter aufgegeben hat, lass den weisen Mann65 mit reinem Herzen diesen glückverheißenden Yoga in meinem Hause66 empfangen.
    2. Wenn der Yogi all seine Körper (Anhaftungen) durch die obengenannte Methoden abgelegt hat und nun in seinem geistigen Körper verweilt, lass ihn diesen höchsten Yoga empfangen.
    3. Ohne die Anwesenheit anderer Menschen setzt der Yogi sich in Padmasana und drückt mit zwei Finger auf die beiden Vijnana Nadis67 - die Energiekanäle des Bewusstseins.
    4. Sobald er darin Erfolg hat, erhält er alle Seligkeit und zwar ungetrübt. Deshalb lass ihn mit aller Kraft danach streben, um das Gelingen zu gewährleisten.
    5. Derjenige, der dies beständig übt, erreicht in kurzer Zeit Erfolg. Im Laufe der Zeit erreicht er Vayu Siddhi (beherrscht er den Vayu).
    6. Wahrhaftig, selbst beim einmaligen Üben vertreibt der Yogi alle Laster, und zweifellos werden die Vayus bei ihm in den mittleren Kanal strömen.
    7. Wenn der Yogi dies mit Ausdauer übt, wird er sogar von den Göttern verehrt. Er erreicht unter anderem mentale Kräfte von Anima68 und Laghima69 und kann, je nach Belieben, in diesen drei Welten überall hingehen.
    8. Je nachdem wie stark die Vayus gemeistert werden, ist die eigene Körperbeherrschung. Der Weise bleibt im Geistigen, auch wenn er sich im gegenwärtigen Körper und in der (materiellen) Welt befindet.
    9. Diese Art von Yoga ist ein großes Geheimnis. Er sollte nicht an Jeden weitergegeben werden. Er sollte nur offenbart werden, wenn alle Qualitäten eines Yogi erkennbar sind.

    Verschiedene Arten von Dharana

    1. Lass den Yogi sich in Padmasana70 setzen und seine Aufmerksamkeit auf die Höhlung der Kehle richten. Lass ihn seine Zunge an den Grund der Gaumenhöhle legen. Dadurch wird er Hunger und Durst tilgen.
    2. Unter der Höhle ist ein wunderschöner Nadi71, auch Kurmanadi genannt. Wenn der Yogi seine Aufmerksamkeit darauf richtet, erreicht er große Konzentration im Chitta (hier ist das Denkprinzip gemeint).
    3. Wenn der Yogi ständig denkt, dass er mitten auf der Stirn ein drittes Auge hat, das Auge Shivas, dann nimmt er ein Feuer wahr, leuchtend wie Blitze. Indem er sich mit diesem Licht identifiziert, werden alle Sünden getilgt und sogar lasterhafte Personen erreichen das höchste Ziel.
    4. Wenn der erfahrene Yogi Tag und Nacht an dieses Licht denkt, sieht er die Siddhas und Eingeweihten. Er kann sich natürlich auch mit ihnen unterhalten.
    5. Derjenige, der sich mit Sunya (Leere, Vakuum oder Raum) identifziert, egal wo er geht und steht, oder während er träumt, vergeistigt durch und durch und versinkt in Chid Akasha (Raum des Bewusstseins).
    6. Ein nach Gelingen strebender Yogi sollte dieses Wissen stets beachten. Bei regelmäßiger Übung wird er gottähnlich. Durch die Kraft dieses Wissens wird er von jedem geliebt.
    7. Wenn er alle Naturgewalten beherrscht und sich aller Hoffnungen und weltlichen Bindungen entledigt hat, wenn der Yogi in Padmasana sitzt, seinen Blick auf die Nasenspitze richtet, sterben alle seine Absichten. Er erreicht die geistige Kraft Khechari.
    8. Der große Yogi hält dieses Licht rein wie der heilige Berg Kailash. Und aufgrund der Kraft, die seine Übung inne hat, wird er Herr und Hüter des Lichtes.
    9. Sich auf dem Boden ausstreckend, lass ihn über dieses Licht kontemplieren, sich damit identifizieren. Indem er das tut, wird all seine Erschöpfung und Müdigkeit überwunden. Indem er sich auf den hinteren Teil des Kopfes konzentriert, wird er zum Bezwinger des Todes. Die Wirkung, die erreicht wird, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Mitte der Augenbrauen richtet, wurde bereits beschrieben (siehe Kap. 3/72).
    10. Von den vier Arten wie ein Mensch Nahrung zu sich nimmt (kauen, saugen, schlecken und trinken) wird die Lymph-Flüssigkeit in drei Teile umgewandelt. Der beste Anteil oder die feinsten Auszüge der Nahrung gehen dazu über, Linga Sharira72 bzw. Suksma Sharira (den feinstofflichen Körper) zu ernähren. Der zweite oder mittlere Teil geht dazu über, Sthula Sharira (grobstofflichen Körper) zu ernähren, der sich aus sieben Dhatus zusammensetzt. Diese sind: Haut, Blut, Fleisch, Sehnen, Knochen, Knochenmark und Samen.
    11. Der dritte und niedrigste Teil verlässt den Körper in Form von Kot und Urin. Die ersten beiden Auszüge werden in den Nadis gefunden.* Sie ernähren den Körper von Kopf bis Fuß.
    • Die Nadis bedeuten hier wohl ausnahmnsweise Blut- statt Energiebahnen.
    1. Wenn Vayu sich durch die Nadis bewegt, dann gewinnen alle Körperflüssigkeiten dank dieses Vayu besondere Kraft und Energie. (Anm.: Hier sind die Nadis wieder Energiebahnen, wie üblich.)
    2. Die wichtigsten Nadis sind vierzehn. Sie sind im Körper in den verschiedensten Bereichen verteilt und erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Sie sind entweder schwach oder stark. Prana fließt durch die Nadis hindurch.

    Die sieben Chakras

    Muladhara Chakra


     

    1. Zwei Finger breit über dem Mastdarm und zwei Finger breit unter dem Linga ist eine vier Finger breite Stelle wie eine knollige Wurzel.
    2. An dieser Stelle befindet sich die Yoni. Ihr ‘Gesicht’ zeigt nach hinten und der Ort nennt sich Wurzel. Dort hält sich die Göttin Kundalini auf. Sie umschließt alle Nadis und hat dreieinhalb Windungen. Sie greift ihren Schwanz mit ihrem eigenen Maul. Sie ruht in der Höhle (am unteren Ende) der Sushumna.
    3. Sie schläft dort (zusammengerollt) wie eine Schlange und leuchtet durch ihr eigenes Licht. Sie wohnt zwischen den Gelenken (in der Wirbelsäule). Sie ist die Göttin der Sprache. Man nennt sie Bija (die Saat).
    4. Voller Energie, wie brennendes Gold ist die Göttin Kundalini. Wisse, dass diese Kraft (Shakti) von Vishnu* kommt. Sie ist die Mutter der drei Eigenschaften: Sattwa (Reinheit), Rajas (Bewegung), Tamas (Trägheit).
    • * Visnu, ist der erhaltende Aspekt von Ishwara, Gott bzw. Brahman. Vishnu ist das Gleichgewicht zwischen Brahma, dem Schöpfer und Shiva, dem Zerstörer.
    1. Dort hat die Saat der Liebe ihren Platz, schön wie die Bandhuk-Blüte, leuchtend, wie brennendes Gold. Im Yoga wird sie als „ewig“ beschrieben.
    2. Die Sushumna umschließt sie ebenfalls. Die wunderschöne Saat verweilt dort, brilliant leuchtend wie der herbstliche Mond. Sie hat die Leuchtkraft von Millionen Sonnen und die Kühle von Millionen Monden. Die Göttin Tripura Bhairavi73 bringt diese drei - Feuer, Sonne und Mond - zusammen. Vereint werden sie Bija genannt. Man nennt das auch die große Energie.
    3. Das Bija ist ausgestattet mit den Kräften der Handlung (Bewegung) und des Fühlens. Es kreist im ganzen Körper, ist feinstofflich und hat eine Flamme aus Feuer. Manchmal erhebt sich diese Kraft, zu anderen Zeiten fällt sie herunter ins Wasser. Das ist die große Energie, die sich im Dammbereich befindet. Sie wird Swa Yam Bhu Linga („aus sich selbst geboren“) genannt.
    4. All dies nennt man den Adhar Padma, den stützenden oder tragenden unteren Lotus. Die vier Blütenblätter sind gekennzeichnet mit den Buchstaben:

             व  श  ष  स
             v  ś  ṣ  s

    1. Nahe diesem Swa Yam Bhu Linga ist ein goldenes Feld, das man Kula (Familie) nennt, deren vorherrschender Eingeweihter Dviranda genannt wird. Die vorherrschende Göttin nennt man Dakini. Im Zentrum dieses Lotus ist die Yoni, dort, wo die Kundalini wohnt. Die zirkulierende leuchtende Energie darüber nennt man Kama Bija, die Saat der Liebe. Der weise Mensch, der sich immer auf dieses Muladhara konzentriert, erlangt Darduri Siddhi - die Kraft, wie ein Frosch zu hüpfen. Allmählich lernt er dann, den Boden völlig zu verlassen, d.h. sich in die Luft zu erheben.
    2. Das Leuchten des Körpers nimmt zu, das gastrische Feuer wird mächtig. Darauf folgt Freiheit von Leiden sowie Klugheit und Allwissenheit.
    3. Der Yogi weiß, was gewesen ist, was geschieht, was sein wird, in Zusammenhang mit deren Ursachen. Er meistert sogar unbekannte Wissenschaften und deren Mysterien.
    4. Auf seiner Zunge tanzt stets die Göttin des Lernens. Er erreicht Mantra Siddhi (Erfolg in den Mantras), nur durch regelmäßige Wiederholung.
    5. Der Guru sagt dazu: „Es überwindet Alter, Tod, unzählige Sorgen“. Der Pranayama-Übende sollte stets darüber meditieren. Durch intensive Konzentration darauf wird der weise Yogi von allem Übel befreit.
    6. Wenn der weise Yogi sich auf diesen Muladhara Lotus konzentriert, den Swa Yam Bhu Linga, dann sind im selben Augenblick zweifellos all seine Laster getilgt.
    7. Wonach immer der Geist verlangt, bekommt er. Doch durch regelmäßiges Üben erkennt er schließlich Ihn (Gott) - der, der Erlösung gewährt und der Beste ist, sowohl im Innen als auch im Außen. Man sollte Ihn mit großer Achtsamkeit verehren, es gibt niemand besseren.
    8. Derjenige der sich von Shiva, der innen ist (Geist), entfernt und lieber das, was außen ist (Materie), verehrt, verhält sich wie jemand, der sich von dem vorzüglichsten Essen, das direkt vor ihm steht, abwendet und stattdessen woanders nach Nahrung sucht.
    9. Lass den Schüler auf diese Weise täglich, ohne Nachlässigkeit, über seinen eigenen Swa Yam Bhu Linga meditieren und sich bewusst machen, dass von dort alle Kraft kommt.
    10. Bei regelmäßigem Üben wird es ihm gelingen, innerhalb von sechs Monaten sein Vayu durch die Sushumna (den mittleren Kanal) zu befördern.
    11. Er beherrscht seine Gedanken. Er kann den Atem und den Samen (die sexuelle Energie) zurückhalten. Dann erreicht er hier und in der anderen Welt zweifellos Erfolg.

    Swadhisthana Chakra

    1. Das zweite Chakra befindet sich an den unteren Organen, im Genitalbereich. Es hat sechs Blütenblätter. Sie sind bezeichnet mit den Buchstaben:

             ब   भ   म   य   र   ल
             b  bh  m   y   r   1


       Diese Stelle nennt man Swadhisthana Chakra. Die Farbe des Lotus ist blutrot. Sein führender Meister heißt Bala und seine Göttin Rakini.

    1. Derjenige, der täglich über den Swadhisthana Lotus meditiert, wird für alle schönen Göttinnen zum Objekt der Liebe und Bewunderung.
    2. Er rezitiert furchtlos aus verschiedenen Shastras (Lehrbücher) und Wissenschaften, die ihm bisher unbekannt waren. Er wird von allen Krankheiten befreit und bewegt sich unerschrocken durch das Universum.
    3. Der Tod kann ihm nichts anhanben, er wird unzerstörbar. Er erreicht die höchsten physischen Kräfte wie Anima, Laghima und andere. Vayu (Prana; Lebensenergie) strömt gleichmäßig überall in seinem Körper. Die Körperflüssigkeiten nehmen zu, so auch die Ambrosia (der göttliche Nektar), die vom ätherischen Lotus ausgeht.

    Manipura Chakra

    1. Das dritte Chakra, genannt Manipura, befindet sich nahe am Nabel. Es ist von goldener Farbe. Es hat zehn Blütenblätter. Sie sind bezeichnet mit den Buchstaben:

                                        ड   ढ   ण   त   थ   द   ध   न   प   फ

                                        ḍ  ḍh  ṇ    t    th  d   dh  n   p   ph

    1. Sein führender Meister heißt Rudra, der Spender aller glückver- heißenden Dinge und seine Göttin wird die „heiligste Lakini“ genannt.
    2. Wenn der Yogi sich auf den Manipura Lotus konzentriert, bekommt er die Kraft, die man Patal Siddhi nennt. Sie spendet unaufhörliche Freude. Er wird Herr seiner Wünsche, vertreibt Sorgen und Krankheiten, entzieht sich dem Tode und kann in die Körper anderer hineingehen.
    3. Er kann Gold (und vieles mehr) herstellen sowie die Meister sehen, er findet Arzneien gegen Krankheiten und entdeckt verborgene Schätze.

    Anahata Chakra

    1. Im Herzen sitzt das vierte Chakra, das Anahata. Es hat zwölf Blüten- blätter, bezeichnet durch die Buchstaben:

        क   ख   ग   घ   ङ   च   छ   ज   झ   न   त   थ
        k    kh  g   gh  ṅ   c   ch   j    jh   ñ   t   th


           Seine Farbe ist ein dunkles Blutrot. Es hat die Saat des Vayu und ist ein sehr angenehmer Ort.

    1. In diesem Lotus befindet sich eine Flamme, genannt Vanlinga. Wenn man über diese meditiert, erhält (bzw. erkennt) man die Objekte aus dem sichtbaren (materiellen) und unsichtbaren (spirituellen) Universum.
    2. Sein führender Meister heißt Pinaki und seine Göttin Kakini. Derjenige, der stets über diesen Lotus des Herzens meditiert, wird von himmlischen Jungfrauen euphorisch begehrt.
    3. Er erreicht unermessliches Wissen, kennt die Vergangenheit, Gegen- wart und Zukunft, kann Hellsehen und -hören sowie sich in der Luft bewegen, wann immer er möchte.
    4. Er sieht die Meister und die Göttinnen, auch bekannt als Yoginis. Er erreicht die Kraft, die als Khechari bekannt ist, und besiegt alle, die sich in der Luft bewegen.
    5. Derjenige, der täglich auf den verborgenen Banalinga kontempliert, erreicht ohne Zweifel die psychischen Kräfte, die man Khechari (sich in der Luft bewegen) und Bhuchari (anhand von Willenskraft sich überall hinbewegen) nennt.
    6. Die Wichtigkeit der Meditation über diesen Lotus kann ich nicht voll- ständig beschreiben, sogar Götter wie Brahma halten die Meditation über diesen Lotus geheim.

    Vishuddha Chakra

    1. Das Vishuddha Chakra befindet sich in der Kehle, es ist das fünfte und wird Vishuddha Lotus genannt. Seine Farbe ist wie leuchtendes Gold. Es ist mit sechzehn Blütenblättern geschmückt. Hier ist der Bereich der Vokale, d.h. seine Blütenblätter werden durch sechzehn Buchstaben, die alle Vokale sind, bezeichnet:

        अ   आ   इ   ई   उ   ऊ   ऋ   ॠ   ऌ   ॡ   ए   ऐ   ओ   औ   अं   अः
          a    ā    i    ī    u   ū   ṛ    ṝ     ḷ     ḹ   e    ai   o   au  aṁ  aḥ

    Der führende Meister des Vishuddha Chakra wird Chagalanda genannt
    und seine Göttin heißt Shakini.

    1. Derjenige, der darüber stets kontempliert, ist wahrlich der Herr der Yogis und verdient es, „weise“ genannt zu werden. Durch die Meditation über diesen Vishuddha Lotus begreift der Yogi sofort die Mysterien der vier Veden.
    2. Wenn der Yogi, der seinen Geist auf diese geheime Stelle kontempliert, ärgerlich wird, beginnen zweifellos alle drei Welten zu beben.
    3. Sogar wenn der Geist des Yogi nur durch Zufall in diesen Bereich aufge- sogen wird, gerät die äußere Welt (Maya) in Vergessenheit. Er erfreut sich dann wahrlich der inneren (spirituellen) Welt.
    4. Sein Körper wird niemals schwach. Er bewahrt sich seine volle Kraft für eintausend Jahre. Sie wird fester und unnachgiebiger.
    5. Wenn der Yogi aus dieser Kontemplation herausgeht, erscheinen ihm - in dieser Welt - tausend Jahre wie viele (winzige) Augenblicke.

    Ajna Chakra

    1. Das zweiblättrige Chakra, das man Ajna nennt, befindet sich zwischen den Augenbrauen und hat die Buchstaben:

        ह् = h und क्ष = kṣa

    Sein führender Meister heißt Shukla Mahakala (die ‘Weiße Große Zeit’) und seine Göttin Hakini.

    1. Mitten in diesem Blütenblatt ist das ewige Bija, die Silbe tham, leuchtend wie der Herbstmond. Der weise Eremit, der davon Kenntnis hat, ist deshalb niemals niedergeschlagen.
    2. Dies ist das große Licht, das in allen Tantras geheim gehalten wird. Wenn man sich damit identifiziert, erreicht man den höchsten Erfolg, da gibt es keinen Zweifel.
    3. Ich bin derjenige, der die Erlösung gibt. Ich bin der dritte Linga inner- halb des Turiya (das Stadium der Ekstase. Turiya wird manchmal auch als Name für den tausendblättrigen Lotus benutzt). Wenn der Yogi darüber meditiert, wird er ganz gewiss wie ich.
    4. Die beiden Kanäle, die man Ida und Pingala nennt, sind die wahren Varana und Asi. Der Raum zwischen ihnen wird Varanasi genannt (Benares, die heilige Stadt Shivas). Man sagt, dort wohnt Vishwanatha, der Herr des Universums.
    5. Vielen Weisen wurde die Wahrheit gegeben. Sie erklärten in mannig- fachen Schriften die Großartigkeit dieses heiligen Bereichs. Sein größtes Geheimnis wurde von ihnen auf sehr überzeugende Weise dargelegt.

    Brahmarandhra, Sushumna und Varanasi

    1. Die Sushumna geht in der Wirbelsäule hinauf bis dort, wo sich die Brahmarandhra74 befindet. Dann macht sie eine bestimmte Wendung und geht zur rechten Seite des Ajna Lotus. Von dort aus führt sie weiter zum linken Nasenloch. Man nennt sie den Ganges.
    2. Der Lotus, der sich im Brahmarandhra befindet, heißt Sahasrara, der Tausendblättrige. Im Zentrum dieses Raumes wohnt der Mond. Von dieser dreieckigen Fläche strömt ständig Elixier aus. Diese Mond- flüssigkeit der Unsterblichkeit fließt unaufhörlich durch die Ida. Das Elixier fließt in einem andauernden, zusammenhängenden Strom, weil er durch das linke Nasenloch geht, bekam er von den Yogis den Namen „Ganges“.
    3. Von der rechtsseitigen Hälfte des Ajna Lotus zum linken Nasenloch führend fließt die Ida. Sie wird hier Varana genannt, wie der nördlich fließende Ganges.
    4. Lass den Yogi meditieren über den Raum zwischen den Nadis Ida und Pingala als Varanasi (Benares). Die Pingala kommt in derselben Weise von der linksseitigen Hälfte des Ajna Lotus und geht durch das rechte Nasenloch. Wir nennen sie die Asi.
    5. Der Lotus, der sich im Muladhara befindet, hat vier Blütenblätter. An dem Platz zwischen den Beiden wohnt die Sonne.
    6. Aus dem Bereich der Sonne strömt ständig ‘Gift’ (Extrakt der Sterblich- keit) aus. Das übermäßig aufheizende ‘Gift’ fließt ununterbrochen durch die Pingala.
    7. Der Sonnen-Extrakt der Sterblichkeit strömt ausschließlich zum rechten Nasenloch, während der Mond-Extrakt der Unsterblichkeit zum Linken fließt.
    8. Die nordwärts fließende Pingala - einst Asi genannt - steigt von der linken Seite des Ajna Lotus auf und verläuft zum rechten Nasenloch.
    9. Der zweiblättrige Ajna Lotus, wo der Gott Maheshwara wohnt, wurde auf diese Weise beschrieben. Darüber befinden sich drei weitere heilige Bereiche, sie werden von den Yogis Vindu, Nada und Shakti genannt. Sie befinden sich im Lotus der Stirn.
    10. Derjenige, der ständig über den verborgenen Ajna Lotus meditiert, überwindet sofort und ohne jeden Widerspruch alle Karmas seines früheren Lebens.
    11. Wenn der Yogi ständig über diesen Bereich meditiert und an diesem Platz bleibt, dann erscheinen ihm alle Formen, Verehrungen und Gebete wertlos.
    12. Die Yakshas, Rakshasas, Gandharvas, Apsaras und Kinnaras (Dämonen, Halbgötter und andere Geistwesen) dienen alle zu seinen Füßen. Sie werden seinen Anordnungen gehorchen.
    13. Der Yogi gelangt in die Meditation, indem er die Zunge zurückrollt und die Spitze in die lange Höhle des Gaumens legt. Das zerstreut alle Ängste. Wenn sein Geist hier auch nur für einen kurzen Moment zur Ruhe kommt, werden all seine Laster sofort zerstört.
    14. Alle Früchte, von denen oben beschrieben wurde, dass sie von der Meditation über die anderen fünf „Lotusblumen“ (Chakras) herrühren, werden erreicht allein durch die Kenntnis dieses einen Ajna Lotus.
    15. Der Weise, der ständig über den Ajna Lotus meditiert, wird frei von der mächtigen Fessel der Begierden und erfreut sich des Glücks.
    16. Wenn der Yogi zur Zeit seines Todes über diesen Ajna Lotus meditiert, wird dieser Heilige, wenn er dieses Leben verlässt, in den Paramatma aufgelöst.
    17. Derjenige, der darüber meditiert, egal ob stehend, gehend, schlafend oder wachend, wird von Sünden nicht befleckt, selbst dann, wenn es ihm möglich wäre, sündige Taten zu begehen.
    18. Der Yogi wird durch eigene Anstrengung frei von der Kette (der Wiedergeburten). Die Wichtigkeit der Meditation lässt sich nicht voll- ständig beschreiben. Selbst Götter wie Brahma haben nur einen Teil der Großartigkeit der Ajna von mir gelernt.

    Der tausendblättrige Lotus

    1. Über dem Boden des Gaumens (und dem Ajna) dort wo die Öffnung des Kanals der Suhumna sich befindet, beginnt der tausendblättrige Lotus.
    2. Die Sushumna verläuft vom Boden oder Wurzel des Gaumens nach unten bis sie Muladhara und den Damm erreicht. Sämtliche Energie- kanäle (Nadis) umgeben sie und beziehen von ihr ihre Kraft. Sie sind die Keime des Mysteriums oder Quelle aller Grundsätze, die einen Menschen ausmacht. Sie zeigen den Weg zu Brahma (bzw. zur Befreiung).
    3. Der tausendblättrige Lotus wird Sahasrara genannt. In seiner Mitte befindet sich eine Yoni (der Sitz eines Kraftzentrums) mit dem Gesicht nach unten.
    4. Darin befindet sich der Stamm und die Öffnung der Sushumna. Dies nennt man Brahmarandhra (die Öffnung Brahmas). Sie verläuft bis zum Muladhara Padma (Padma = Lotusblüte).
    5. Im Sushumna-Kanal (am Muladhara) wohnt die Kundalini-Kraft. Darin bewegt sich konstant eine Kraftströmung namens Chitra. In Bewegung oder in der Wandlung könnte sie durchaus auch als Brahmarandhra bezeichnet werden.
    6. Wenn man sich lediglich an dieses erinnert, erreicht man das Wissen von Brahman. Alle Laster lösen sich auf und man wird nie wieder als Mensch geboren.
    7. Lass ihn den Daumen in seinen Mund stecken, dabei wird die Luft, die durch den Körper fließt, angehalten.
    8. Aufgrund dessen (wegen Vaju bzw. Prana) wandert der Mensch im Kreislauf des Universums. Die Yogis hegen deshalb nicht den Wunsch, diese Zirkulation aufrechtzuerhalten. Alle Nadis sind mit acht Knoten gebunden. Nur die Kundalini kann diese Knoten durchdringen und aus dem Brahmarandhra heraustreten. Sie weist den Weg zur Befreiung.
    9. Wenn die Luft (Vaju, Prana, Lebensenergie) vollständig in diesen Kanälen eingeschlossen ist, durchstößt die Kundalini diese Knoten und bahnt sich ihren Weg aus dem Brahmarandhra.
    10. Die Lebensenergie fließt dann ohne Unterbrechung durch die Sushumna. An der rechten und linken Seite von Muladhara befinden sich Ida und Pingala. Die Sushumna verläuft in der Mitte von ihnen.
    11. Die Öffnung der Sushumna in der Region des Adhara nennt man Brahmarandhra. Der Weise, der diese Erkenntnis hat, ist von der Kette des Karma befreit.
    12. Alle diese drei Energiekanäle vereinen sich an der Öffnung des Brahmarandhra. Wenn man an dieser Stelle badet (verweilt), erreicht man ganz gewiss die Befreiung.

    Die heilige Triveni

    1. Zwischen dem Ganges und dem Jamuna fließt die Saraswati: Wer das Glück hat, dort baden zu können, wo sie zusammenfließen, erreicht die Befreiung.
    2. Wir haben vorher gesagt, dass die Ida der Ganges ist und die Pingala der Jamuna (die Tochter der Sonne). Die Sushumna in der Mitte ist die Saraswati. Der Platz, an dem sie alle zusammenfließen, ist einer der unzugänglichsten.
    3. Derjenige, der an der Verbindung des Weißen (Ida, Mond) mit dem Schwarzen (Pingala, Sonne) geistig badet, wird frei von allen Lastern und erreicht das ewige Brahman.
    4. Derjenige, der die Bestattungsriten für seine Vorfahren am Zusammen- fluss dieser drei Ströme durchführt, verschafft seinen Vorfahren Befreiung und erreicht selbst das höchste Ziel.
    5. Derjenige, der täglich die dreifachen Pflichten durchführt, indem er geistig über dieses Zentrum meditiert, erhält unvergänglichen Lohn.
    6. Derjenige, der einmal an diesem heiligen Platz badet, erfreut sich himmlischer Glückseligkeit. Seine mannigfachen Sünden werden ver- brannt (weggespült). Er wird ein rein gesinnter Yogi.
    7. Egal in welchem Zustande sich jemand befinden mag - sei es makellos oder lasterbehaftet -, sobald er eine (rituelle) Waschung an diesem heiligen Platz vollzieht, wird er ohne Zweifel geläutert.
    8. Zum Zeitpunkt des Todes sollte er im Wasser dieses Triveni, die Dreiheit der Flüsse, baden. Derjenige, der während des Sterbens daran denkt, erreicht Befreiung hier und dort.
    9. Es gibt überall in den drei Welten kein größeres Geheimnis als dieses. Deshalb sollte es mit der größten Sorgfalt gehütet und niemals enthüllt werden.
    10. Wenn der Geist ständig auf Brahmarandhra gerichtet ist, so wird der- jenige frei von Sünden und erreicht das höchste Ziel.
    11. Der heilige Yogi, dessen Geist darin versinkt, nachdem er sich an den Kräften erfreut hat, die man Anima Laghima nennt, wird in mich absorbiert.
    12. Der Mensch, der dieses Brahmarandhra kennt, wird mein Liebster in dieser Welt. Sobald er alle Laster überwunden hat, ist er bereit für die Erlösung. Indem er Wissen verbreitet, rettet er tausende von Menschen.
    13. Der Viergesichtige (Brahma) und (andere) Götter können dieses Wissen kaum erwerben. Es ist der größte Schatz der Yogis. Das Mysterium des Brahmarandhra sollte ein großes Geheimnis bleiben.

    Der Mond des Mysteriums

    1. Ich habe vorher gesagt, dass dort ein Kraftzentrum (Yoni) in der Mitte des Sahasrara ist, unter diesem befindet sich der Mond. Lass den Wissenden darüber meditieren.
    2. Indem er diese Kontemplation durchführt, wird der Yogi in dieser Welt verehrungswürdig. Er wird von Göttern und Eingeweihten geachtet.
    3. In der Stirnhöhle lass ihn sich einen Ozean von Milch vorstellen. Von dort aus lass ihn über den Mond des Sahasrara meditieren.
    4. In der Stirnhöhle ist der Sitz des Mondes, der den Nektar aufbewahrt. Er dehnt sich sechzehn Fingerbreit aus. Lass ihn über diesen Makel- losen kontemplieren. Durch ständiges Üben wird der Yogi ihn nach drei Tagen sehen. Sobald er nur noch diesen sieht, verbrennt er alle Sünden.
    5. Die Zukunft enthüllt sich dann von selbst vor ihm. Sein Geist wird ge- läutert. Selbst wenn er die fünf großen Sünden begangen haben sollte, werden diese - durch einen Augenblick der Kontemplation auf ihn - getilgt.
    6. Alle Himmelskörper (Planeten, Sterne usw.) stehen dann günstig. Alle Gefahren werden überwunden, alle Unfälle vermieden. Im Kriege erringt man den Sieg. Die Khechari und Bhuchari Kräfte werden erlangt, wenn man den Mond, der im Kopfe ist, sehen kann. Durch bloße Kontem- plation darauf erscheinen alle diese Ergebnisse, da gibt es keinen Zweifel. Durch stetes Üben von Yoga wird man wahrlich ein Meister. Wahrlich, wahrlich und nochmal wahrlich, er wird mir gewiss eben- bürtig. Die fortlaufenden Studien der Yoga-Wissenschaft geben den Yogis Erfolg. Hier endet die Bescheibung des Ajnapura Chakra.

    Der mystische Berg Kailash

    1. Über dieser (der Mondsphäre) befindet sich der leuchtende tausend- blättrige Lotus (Sahasrara Chakra) - d. h. außerhalb des Mikrokosmos, unseres Körpers - und spendet Befreiung.
    2. Sein Name ist in Wahrheit Kailash-Berg - wo der große Herr Shiva, auch Nakula genannt, wohnt - denn er ist durch und durch unzerstörbar.
    3. Sobald die Menschen diesen Geheimsten aller Orte entdecken, werden sie in diesem Universum frei von Wiedergeburten. Durch das Prakti- zieren dieser Yoga-Form (Kontemplation auf das Sahasrara Chakra) bekommt der Mensch Macht über die Schöpfung und vermag sämtliche Elemente sowohl aufzubauen als auch zu zerstören.
    4. Wenn der Geist stetig auf diesen Bereich gerichtet ist - der die Wohn- stätte des großen Schwans (Hamsa) ist und Kailash genannt wird -, überwindet der Yogi sowohl Krankheiten als auch Unfälle. Er hat keine Angst vor dem Tode und erreicht ein hohes Alter.
    5. Wenn der Geist des Yogi in den großen Gott, den man Kula nennt, ver- sunken ist, ist der volle Samadhi (Zustand reinen Bewusstseins) erreicht, und der Yogi wird standfest.
    6. Bei ständiger Meditation vergisst man die Welt. Sanft erreicht der Yogi wundervolle Kräfte.
    7. Lass den Yogi fortwährend den Nektar trinken (Lebensenergie auf- nehmen), der daraus fließt. Dadurch erfüllt er die Gesetze des Todes und beherrscht den Kula. Dort wird die Kraft der Kula-Kundalini aufgenommen (und gespeichert), anschließend wird diese vierfache Schöpfung in den Paramatman, die Weltenseele, aufgesogen.

    Raja Yoga

    1. Dieses Wissen (um die Herrschaft über den Geist) hebt alle Unruhe der Gedanken auf, egal wie rege sie sein mögen. Deshalb sollte der Yogi unermüdlich und selbstlos dieses Wissen zu erwerben versuchen.
    2. Wenn die Gedankenbewegungen aufgehoben sind, wird jemand mit Sicherheit ein Yogi. Dann wird das Unteilbare erkannt, die heilige reine Erkenntnis.
    3. Lass ihn - so wie schon früher beschrieben - über sein eigenes Spiegel- bild am Himmel meditieren, als ob es sich jenseits des Kosmischen Eies befinden würde. Dann lass ihn stets an die ‘Große Leere’ denken.
    4. Die ‘Große Leere’, deren Anfang, Mitte und Ende Leere ist, hat die Leuchtkraft von zehn Millionen Sonnen und die Kühle von zehn Millionen Monden. Jemand, der ständig darüber meditiert, wird Erfolg haben.
    5. Lass ihn jeden Tag mit Eifer Dhyana (Meditation) üben. Innerhalb eines Jahres wird er zweifellos Erfolg erreichen.
    6. Wer seinen Geist an diesem Ort vertiefen kann, und sei es nur für eine Sekunde, ist gewiss ein Yogi - ein devoter Gottgeweihter - und wird in allen Welten verehrt werden.
    7. All seine Laster, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, werden tatsächlich sofort zerstört.
    8. Wer das gesehen hat, wird niemals zurückkehren in diesem vergäng- lichen Universum. Lass deshalb den Yogi mit großer Achtsamkeit den Weg des Swadhisthana praktizieren (Kontemplation auf dieses Energiezentrum).
    9. Die Großartigkeit dieser Kontemplation lässt sich kaum beschreiben. Derjenige, der übt, erkennt es. Ihm zolle ich Respekt.
    10. Durch die Meditation wird man sich sofort der wundervollen Wirkungen dieses Yoga (Konzentration auf die Leere) bewusst und erreicht zweifellos die psychischen Kräfte, die man Anima und Laghima nennt.
    11. So habe ich den Raja Yoga beschrieben. Nun werde ich dir den Rajadhiraj Yoga beschreiben…

    Rajadhiraja Yoga

    1. In wunderschöner Abgeschiedenheit - frei von Menschen und Tieren - lass den Yogi im Swastikasana meditieren, nachdem er seinem Guru den nötigen Respekt entgegengebracht hat (indem er sich vor ihm verneigt).
    2. Durch die Aussagen des Vedanta weiß er, dass der Jiva (die individuelle Seele) unabhängig und selbständig ist. Sorge dafür, dass er seinen Geist ebenso selbständig macht. Lass ihn nichts anderes üben.
    3. Ohne Zweifel wird durch diese Meditation der größte Erfolg, Maha Siddhi, erreicht. Sobald der Geist gänzlich zur Ruhe kommt, wird er selbst vollkommen.
    4. Wer dies immer übt, ist der wirkliche selbstlose Yogi. Er benutzt das Wort „ich“ nicht mehr, sondern ist stets von Atman75 erfüllt.
    5. Was ist Bindung - was ist Freiheit? Ihm erscheint dies alles gleich. Zweifellos wird derjenige, der dies fortwährend praktiziert, befreit.
    6. Er ist ein Yogi und dem Absoluten wahrhaft ergeben. Ihm wird in allen Welten gehuldigt, denn er verbindet Jivatma, die individuelle Seele, und Paramatma, die Weltenseele, miteinander - wie die Worte „ich“ und „bin“. Er entsagt dem „ich“ und „du“ und meditiert über das Unteilbare. Der Yogi, der von aller Anhaftung frei ist, nimmt - im Wissen, dass Täuschung und Ablehnung niemals der Weg zur Erlösung sein können - Schutz in dieser Kontemplation in der sich alles auflöst (bzw. ver- schmelzt).
    7. Brahma ist manifest. Er ist Wissen. Er ist Wonne sowie absolutes Bewusstsein. Wer sich von ihm abwendet, ist ein getäuschter Herum- wanderer und diskutiert vergeblich über das Manifestierte und das Nicht-Manifestierte.
    8. Wer über das bewegliche und unbewegliche Universum meditiert - welches in Wirklichkeit nicht manifest ist -, sich aber dabei dem höchs- ten Brahman entsagt, der offenkundig ist, wird in dieses (materielle) Universum hineingezogen.
    9. Der von allen Verhaftungen frei gewordene Yogi bemüht sich stets, diese Praxis, die zu Erkenntnis führt, beizubehalten, damit die Un- wissenheit nicht wieder überhand nimmt.
    10. Frei von jeglicher Gesellschaft und durch das Zurückhalten seiner Sinne von Objekten bleibt der Weise in seiner Mitte - wie im tiefen Schlaf. Das heißt, er nimmt diese nicht mehr als etwas von ihm getrenntes wahr.
    11. Auf diese Weise wird der Selbstleuchtende verwirklicht. Hier enden alle Lehren des Guru (er kann dem Schüler nicht mehr weiterhelfen). Von jetzt ab muss dieser sich selbst helfen. Seine Vernunft und seine Kraft können durch fremde Hilfe nicht weiter gesteigert werden. Nur durch die Kraft seiner eigenen Praxis kann er die Erkenntnis erlangen.
    12. Reine Erkenntnis - von der Sprache und Verstand ratlos zurück weichend - lässt sich nur durch Praxis (Erfahrung) erwerben. Nur so kann sie aus sich heraus erblühen.
    13. Der Hatha Yoga kann ohne Raja Yoga keinen Erfolg bringen, noch kann der Raja Yoga erlangt werden ohne den Hatha Yoga. Deshalb lass den weisen Yogi zuerst durch Anleitung seines weisen Guru Hatha Yoga lernen.
    14. Wer kein Yoga praktiziert, während er einen physischen Körper besitzt, lebt lediglich wegen sinnlicher Freuden.
    15. Lass den Yogi von Anfang bis zum Erreichen der Meisterschaft mäßig und enthaltsam essen, sonst kann er, trotz Intelligenz, keinen Erfolg erzielen.
    16. Der weise Yogi sollte im Beisein anderer das höchste Gut erwähnen, aber dennoch nicht zuviel sprechen (bzw. preisgeben). Er isst nur das Nötigste, um seinen Körper zu erhalten. Lass ihn auf die Gesellschaft anderer Menschen verzichten. Lass ihn das Zusammensein mit ihnen meiden. Wahrlich, er sollte jegliche Gemeinschaft meiden, sonst wird er tatsächlich die Befreiung nicht erreichen. Wirklich, ich sage euch die Wahrheit.
    17. Lass ihn dies (Raja Yoga) in Verschwiegenheit an einem ruhigen Platz, ohne jegliche Gesellschaft, üben. Er sollte (davon abgesehen) in der Gemeinschaft bleiben, aber nicht mit seinem Herzen daran haften und auch nicht seine beruflichen Pflichten vernachlässigen sowie seinen sozialen Stand vergessen. Solange er sich lediglich als Gottes Werk- zeug versteht, ohne Gedanken an persönliche Vorteile, sind diese Tätigkeiten nicht sündhaft.
    18. Selbst ein Grihastha (ein Mensch, der im Berufs- und Familienleben steht), der diese Methode mit Bedacht anwendet, kann zum Ziel kommen. Daran gibt es keinen Zweifel!
    19. Wenn dieser, mit zurückgezogenen Sinnen und frei von Gedanken an Vor- und Nachteile, inmitten seiner Familie bleibt und jederzeit die Pflichten als Berufs- und Familienmensch erfüllt, wird er Erlösung erfahren. Ein Grihastha, der Yoga übt, wird von Laster nicht berührt. Sollte er eine Sünde begehen, um die Menschheit (oder einen Men- schen) zu schützen, wird er davon nicht belastet.

    Das Mantra: Om Aim Klim Strim

    1. Nun werde ich von den besten aller Praktiken, dem Japa76 der Mantras, berichten. Damit erreicht man Seligkeit, sowohl in dieser als auch in jenseitigen Welten (Klang und Wort durchdringen alle Dimensionen).
    2. Mit dem Wissen, dass dies das Höchste der Mantras ist, wird der Yogi gewiss Erfolg haben (Meisterschaft über die Siddhis erreichen). Dies gibt dem einpünktigen Yogi alle Macht und Freude.
    3. Im vierblättrigen Muladhara Lotus befindet sich das Bija77 der Sprache (Aim = aiṁ). Es leuchtet kraftvoll wie der Blitz.
    4. Im Herzen, im Anahata Lotus, befindet sich das Bija der Liebe - schön wie die Bandhuk-Blüte (Klim = klīm). An der Stelle zwischen den Augenbrauen, im Ajna Lotus, ist das Bija der Shakti (Strim = stṝm). Es leuchtet wie zehn Millionen Monde. Diese drei Bijas (Saaten) sollten geheim gehalten werden. Sie geben Freude und Befreiung. Lass den Yogi diese drei Silben wiederholen. Lass ihn versuchen, Erfolg zu er- reichen. zusammen heißt das Mantra: Om Aim Klim Strim.
    5. Dieses Mantra sollte er von seinem Guru lernen und, während seine Gedanken von allen Zweifeln befreit sind, weder zu schnell noch zu langsam wiederholen. Lass ihn die mystische Beziehung zwischen den Buchstaben dieses Mantras begreifen.
    6. Der weise Yogi, der seine Aufmerksamkeit auf dieses Mantra richtet und alle Pflichten, die zu seinem sozialen Stand gehören, durchführt, sollte 100 000 Homas (Feueropfer) durchführen. Anschließend wiederholt er dieses Mantra 300 000 in Gegenwart der Göttin Tripura.
    7. Am Schluss dieser heiligen Wiederholung, Japa, lass den weisen Yogi noch einmal eine Homa ausführen, diesmal in einer dreieckigen Vertiefung. Dazu gehört Milch, Zucker, Butter und die Karavira-Blüte (asiatische Wildform des Oleanders).
    8. Beim Durchführen von Homa-Japa-Homa, wird die Göttin Tripura Bhairavi - die schon durch das obengenannte Mantra (Om Aim Klim Strim) besänftigt wurde - zufrieden gestimmt, und sie gewährt dem Yogi sämtliche Wünsche.
    9. Sobald der Yogi den Guru zufriedengestellt und dieses Höchste der Mantras auf korrekte Weise erhalten hat sowie die Wiederholung mit konzentriertem Geist in der dargelegten Weise durchgeführt wurde, erreicht sogar der Erfolg, der besonders schwer mit früheren Karmas belastet wurde.
    10. Der Yogi, der seine Sinnesorgane beherrscht und dieses Mantra 100 000 Mal (ein Lakh78) wiederholt, bekommt die Fähigkeit, andere Men- schen anzuziehen.
    11. Wenn er dies 200.000 Mal wiederholt (2 Lakhs), bekommt er die Fähig- keit, Menschen zu führen. Sie kommen genauso freiwillig zu ihm, wie sie zur Pilgerfahrt gehen. Sie geben ihm alles, was sie besitzen und bleiben dauerhaft unter seiner Führung.
    12. Wenn er dies 300 000 Mal wiederholt (3 Lakhs), bringt er sämtliche Götter, die über die Sphären (die verschiedenen Dimensionsebenen) regieren, sowie die Sphären selbst, unter seine Herrschaft.
    13. Wenn er dies 600 000 Mal wiederholt (6 Lakhs), wird er - umgeben von Dienern - zum Vehikel der Macht, ja, sogar der Beschützer der Welt.
    14. Wenn er dies 1,2 Millionen Mal wiederholt (12 Lakhs) bekommt er die Befehlshaber der Yakshaa79, Rakshas80 und Nagas81 unter seine Kontrolle. Alle befolgen stets seinen Anweisungen.
    15. Wenn er dies 1,5 Millionen Mal wiederholt (15 Lakhs), ordnen sich selbst die Siddhas82, Vidhyadharas83, Gandharvas84 und Apsaras85 ihm unter. Darüber gibt es keinen Zweifel. Er erreicht unmittelbar die Gabe des Allhörens und wird sogleich allwissend.
    16. Wenn der Yogi dieses Mantra 1,8 Millionen Mal (18 Lakhs) wiederholt, bekommt er einen fluoreszierenden Körper und die Fähigkeit, sich damit vom Boden abzuheben. Er kann im Universum überall hinreisen, wohin auch immer er möchte. Er sieht die Poren der Erde (d.h. er sieht sie aus der Vogelperspektive).
    17. Wenn er es 2,8 Millionen Mal (28 Lakhs) wiederholt, wird er zum Herrn über die Vidhyadharas. Der weise Yogi wird zu kama-rupi und kann jede Form annehmen, die er wünscht. Nach der Wiederholung von 3 Mill- ionen (30 Lakhs) wird er Brahma und Vishnu ebenbürtig. Er wird ein Rudra bei 6 Millionen (60 Lakhs) Wiederholungen und bei 8 Millionen (80 Lakhs) wird er derjenige, der sich über alles freuen kann. Wenn er es 10 Millionen Mal wiederholt hat, geht der große Yogi ins Parabrahman auf. Ein solcher Übender ist in den drei Welten kaum zu finden.
    18. O Göttin! Shiva, der Zerstörer von Tripura, ist der All-Eine - die erste und höchste Ursache. Der Weise, der im höchsten Frieden, unwandel- bar, unendlich, unermesslich und frei von allen Lastern ist, erreicht Ihn - das höchste Ziel.
    19. O große Göttin! Shivas Lehre ist Mahavidya, Großes Wissen, es wurde immer geheimgehalten. Deshalb sollte das hier von mir Enthüllte mit Umsicht geheim gehalten werden.
    20. Wer den Hatha Yoga wie ein großes Geheimnis behandelt, dem wird Erfolg beschert. Er trägt nur Früchte, wenn er geheim gehalten wird. Enthüllt, verliert er seine Macht.
    21. Wenn der weise Yogi es täglich von Anfang bis Ende durchliest, erreicht er ohne Frage nach und nach Erfolg im Yoga, wenn er es dabei gebüh- rend ehrt, sogar Befreiung.
    22. Rezitiere täglich diese Lehre vor allen heiligen Menschen, die Befreiung erlangen möchten. Nur durch (regelmäßiges) Üben wird man Erfolg haben. Wie soll er ohne entstehen?
    23. Daher sollten Yogis nach vorgeschriebenen Richtlinien Yoga prakti- zieren. Er, der mit dem, was er bekommt, zufrieden ist, der seine Sinne zurückhält und sich nicht total in den Berufs- und Familienpflichten verliert (sofern er ein Grihastha ist), erreicht durch Üben von Yoga gewiss Befreiung.
    24. Selbst herrschaftliche Haushälter werden durch Japa Erfolg haben, wenn sie die yogischen Pflichten mit Achtsamkeit erfüllen. Lass deshalb auch ihn Yoga üben (sein Reichtum und seine weltlichen Lebens- umstände sind keine Hindernisse).
    25. Zuhause bei der Familie lebend, aber frei von Anhaftung an Partner und Kinder, erreicht der Übende die Marksteine des Erfolges, welche all- mählich seine Anstrengungen krönen. Die Yogalehre befolgend, lebt er stets in Glück und Freude.