Göttliche Erkenntnis


Sannyasa

Sannyasa

Sannyasa ist das Leben der Entsagung. Mit anderen Worten, es ist das upanishadische Leben. Es ist der letzte der vier Ashramas.

Handlung ist für den weltlichen Menschen, und Weisheit ist für den Sannyasin, der sich über die Weltlichkeit erhoben hat. Nur der Mensch, der entsagt hat und Erkenntnis besitzt, erreicht Brahman, sonst niemand. Ohne vollkommene Entsagung ist es unmöglich, den Weg von Brahma Vidya zu gehen.

Der Sannyasin ist tot für die Welt und für seine Familie. Er entsagt in einem Zuge dem ganzen Universum und hat mit nichts mehr etwas zu tun als mit seinem Selbst.

Für den Sannyasin bedeuten Ruhm und Ehre gleichviel wie die Fäkalien eines Schweines. Deshalb zieht der Sannyasin wie eine Fliege umher und verzichtet auf Ruhm und Ehre.

Der Sannyasin muß nur drei Pflichten erfüllen, Saucha, Bhiksha und Dhyana. Für den Sannyasin gibt es keine vierte Pflicht. Meditation ist seine Pflicht, Meditation ist seine Nahrung, Meditation ist sein Leben. Er lebt und atmet Meditation. Er ist immer auf die Verwirklichung des höchsten Brahman bedacht.

Der Sannyasin lebt in der Höhe der Weisheit wie ein Narr, wie ein Kind. Er blüht in Erkenntnis und verhält sich wie ein Verrückter. In Atman aufgegangen, spricht der Sannyasin kein einziges Wort.

Tauglichkeit für Sannyasa

Sannyasa steht in gleicher Weise dem Brahamchari offen, dem Grihastha und auch dem Vanaprastha. Man kann entweder direkt von Brahmacharya aus Sannyasa nehmen oder anders, so wie man will.

Man muß sich mit Sadhana Chatushtaya befähigen, bevor man Sannyas nimmt. Vollkommene, aus Unterscheidung geborene Entsagung muß vorhanden sein. Vairagya, die Leidenschaftslosigkeit, darf nicht mild und halbherzig sein. Es muß eine brennende Flamme des Abscheus sein gegenüber allem Gesehenen und Ungesehenen. Nichts anderes als der Zustand von Kaivalya, endgültige Befreiung, muß das angestrebte Ziel sein. Es darf kein Wunsch vorhanden sein nach Frau, Kind und weltlicher Aktivität. Er muß an allen Seiten vom Zaun der Leidenschaftslosigkeit umschlossen sein.

Die Möglichkeit, sich selbst festzustellen, muß schließlich auf null reduziert werden. Liebe und Haß müssen vollständig ausgelöscht werden. Der Aspirant muß sich über die Ränke und Bande von Samsara erheben.

Sobald sich Abscheu gegenüber allem Weltlichen im Geist erhebt, sollte man ohne weiteres Zögern Sannyas nehmen.

Wenn du die Abgeschiedenheit liebst, wenn du frei bist von Raga, Leidenschaft, weltlichen Bestrebungen, karmischen Tendenzen und Anziehungen in dieser Welt, wenn du schweigsam und heiter bist, wenn du dich während deines Weilens in der Welt diszipliniert hast, wenn du mit einfacher Nahrung auskommen kannst, wenn es dir möglich ist, ein hartes Leben zu ertragen, wenn du eine starke Konstitution hast, wenn du nicht geschwätzig bist, wenn du alleine sein kannst, ohne zu sprechen und ohne Gesellschaft, wenn du von meditativem Temperament und nachdenklichem Wesen bist, wenn du alle Schwierigkeiten am spirituellen Weg zu ertragen vermagst, wenn du das harte Asketenleben bis zum Ende leben kannst, und wenn du jede Menge Beleidigung und Verletzung zu erdulden vermagst, dann kannst du den Weg der Entsagung einschlagen. Nur dann wird es von Nutzen sein, Sannyas zu nehmen. Man sollte tatsächlich noch ein, zwei Jahre lang in der Welt das Leben eines Sannyasins leben. Ansonsten wird man es überaus schwierig finden, den Weg zu gehen. Für einen Menschen mit Leidenschaftslosigkeit, Unterscheidungskraft und starkem Willen ist dieser Weg voll Freude und Wonne.

Ein leidenschaftlicher Mensch sollte nicht Sannyas nehmen. Ein Mensch, der Sannyas nimmt, obwohl ihn die Leidenschaft überwältigt, begibt sich in die Bereiche von Dunkelheit und Düsternis. Der Mensch, dessen Zunge, Zeugungsorgan, Magen und Hände richtig diszipliniert sind, dieser Mensch ist tauglich für Sannyas.

Wenn Frauen die vier Mittel zur Rettung besitzen, sind sie ebenfalls vollkommen geeignet für Sannyas. Sie sind ebenso erfolgreich auf dem Gebiet der Spiritualität wie Männer. Wenn ein Mensch mit Samskaras von Sannyas geboren wurde, kann ihn oder sie keine Kraft der Erde davon abhalten, Sannyas zu nehmen. Auch wenn man hundert Wächter hat, um einen solchen Menschen davon abzuhalten, das Haus zu verlassen, können diese ihn nicht halten. Der Vater des großen Buddha bewachte ihn auf jede erdenkliche Weise, aber sein Pferd stieg auf die Höhe der Absperrung und trug ihn in den Wald. Nur weibische, unfähige, schüchterne Männer, die nichts anderes sind als Frauen mit Schnurrbärten, die keine guten Samskaras und kein geistiges Vermögen besitzen und spirituelle Bankrotteure sind, hängen sich an weltliche Dinge und sterben wie Würmer. Sie sprechen gegen Sannyas. Wer die Herrlichkeit und Freiheit von Sannyas verstanden hat, ein wahres Kind Shri Sankaras, Shri Dattatreyas, Sanakas, Sanandanas, Sanatanas und Sanatkumaras, kann auch nicht einen Tag lang auf Pravritti Marga bleiben.

Die Rolle des Sannyasin in der Gesellschaft

In jede Religion gibt es Einsiedler, die in Zurückgezogenheit und Meditation leben. Es gibt Bhikkus im Buddhismus, Fakire im Mohammedanismus, sufistische Fakire im Sufismus und Patres und Pfarrer im Christentum. Die Großartigkeit einer Religion geht vollkommen verloren, wenn man die Eremiten oder Sannyasins wegnimmt, oder diejenigen, die ein Leben der Entsagung und Kontemplation über das Göttliche leben. Diese Menschen erhalten die Religiosität und bewahren die Weltreligionen. Diese Menschen bringen den Hausvätern Trost, wenn sie in Schwierigkeiten und Verzweiflung sind. Sie geben den Verzweifelten Hoffnung, den Niedergeschlagenen Freude, den Schwachen Kraft und den Furchtsamen Mut, indem sie das vedantische Wissen und die Bedeutung des Mahavakyas »Tat Twam Asi« lehren.

Sannyasins leben von ein paar Stück Brot und dafür gehen sie von Tür zu Tür und verbreiten überall im Land die erhabene Vedantalehre und die erhabene Philosophie der Verwirklichung Brahmans. Die Welt schuldet ihnen großen Dank. Wer kann ihnen diese Schulden vergüten? Ihre Schriften führen uns noch immer. Lies einige Slokas der Avadhuta Gita. Du wirst dich sofort in die wunderbaren Höhen göttlichen Glanzes und göttlicher Herrlichkeit erhoben fühlen. Du wirst ein anderer Mensch sein. Niedergeschlagenheit, Schwäche, Ängste und Kummer verschwinden sofort.

Ein wirklicher Sannyasin ist der einzige mächtige Potentat auf dieser Erde. Er nimmt nie etwas. Er gibt immer. Nur Sannyasins vollbrachten in der Vergangenheit wunderbare Taten. Nur Sannyasins können in der Gegenwart und auch in der Zukunft Wunder wirken. Ramakrishna Paramahamsa, Rama Tirtha, Dayananda und Vivekananda verbreiteten die erhabene Lehre der Schriften und hielten die Hindureligion am Leben. Nur die Kühnheit der Sannyasins, die alle Bindungen und Beziehungen gelöst haben, furchtlos sind und frei von Täuschung, Leidenschaft und Selbstsucht, können der Welt wirklich dienen. Nur ein Sannyasin kann wirklich Loka Sangraha tun, denn er hat göttliches Wissen und widmet dem seine gesamte Zeit! Ein einziger wirklicher Sannyasin kann das Schicksal der ganzen Welt verändern ! Ein einziger mächtiger Shankara errichtete die Lehre der Kevala Advaita Philosophie. Er lebt in unseren Herzen weiter. Sein Name kann nie verlöschen, solange die Welt besteht.

So wie es in Wissenschaft, Psychologie, Biologie und Philosophie Forscher und Wissenschafter gibt, so sollte es auch Forscher und Wissenschafter bei Yogis und Sannyasins geben, die ihre Zeit dem Studium und der Meditation widmen, der Forschung über den Atman. Diese wissenschaftlich tätigen Yogis geben der Welt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Religion. Sie bilden Schüler aus und schicken sie in die Welt, um zu predigen. Es ist die Pflicht von Hausvätern, Zamindars und der Verwaltung, für die Bedürfnisse dieser Sannyasins zu sorgen. Dafür sorgen diese Sannyasins für ihre Seelen. So wird sich das Rad der Welt ungehindert drehen. Es wird Frieden im Land herrschen.

Sannyas ist notwendig

Ich glaube nicht den Menschen, die sagen: »Wir haben unsere Herzen gefärbt.« Das ist Zaudern und Heuchelei. Wenn eine wirkliche innere Veränderung stattfindet, muß auch die äußere Veränderung folgen. Man kann nicht innen ein Heiliger sein und außen ein Schurke. Das innere Wesen macht es dir unmöglich, nach außen das gegensätzliche Wesen zu haben. Ich anerkenne nicht, daß nur der Versuch, Ichdenken, Sankalpas und Vasanas zu beseitigen, tatsächlich Sannyas ist. Das Asramabheda ist absolut notwendig. Warum haben Weise wie Sakara oder Shri Ramakrishna Sannyas genommen? Warum nahm Yajnavalkya sogar nach der Verwirklichung Brahmans Sannyas? Warum ist der Orden überhaupt notwendig?

Kann man sich einen größeren Karma Kandi vorstellen, jemanden, der Pravritti Marga folgt, als den großen Mandana Misra? Er war der größte Verfechter von Karma. Er hatte mit Shri Shankaracharya eine Tage dauernde Debatte über die Notwendigkeit von Sannyas. Er wollte festhalten, daß Mukti, die Rettung, durch Karma Marga zu erlangen ist, und daß Nivritti nicht unbedingt notwendig ist. Aber zuletzt besiegte Shri Shankara Mandana Misra; und auch Mandana Misra wurde einer der vier Schüler von Shankara. Wenn ein so starker Mensch Sannyasin wurde, überzeugt dich das nicht von der Notwendigkeit von Sannyas?

Du gehst nicht den Weg der Veden wie Mandana Misra das tat. Er war ein idealer Familienvater, er war in den vier Veden bewandert, er war respektvoll den Älteren gegenüber, und er trat in die Fußstapfen eines idealen Grihastha, wie Yajnavalkaya und andere. Sogar er nahm Sannyas!

Gerua und rasierter Kopf

Die orange Farbe, Gerua, des Sannyasin weist darauf hin, daß er so rein ist wie Feuer. Er strahlt wie gebranntes Gold, frei von allen Unreinheiten, Wünschen und Vasanas. Sie zeigt Reinheit an. Sie steht für Reinheit. Für einen Aspiranten, der den Weg von Nirvritti Marga begonnen hat, ist sie hilfreich. Er wird von üblen Taten Abstand nehmen und davor zurückschrecken. Dieses Gewand erinnert ihn daran, daß weltliches Vergnügen nicht für ihn bestimmt ist. Allmählich formt sich sein Wesen. Dieses färbige Gewand dient als äußeres Zeichen, um zu zeigen, daß man ein Sannyasin ist.

Ein Sannyasin rasiert vollständig sein Haupt. Das beseitigt all seine Schönheit. Er kümmert sich nicht besonders darum, sein Haar mit Duftölen, usw. zu pfelgen. Es zeigt, daß er aller äußeren Schönheit entsagt hat und im Selbst weilt, welches die allergrößte Schönheit ist.

Dieses Mundana, das Rasieren des Hauptes, zeigt, daß er nicht mehr von dieser Welt ist. Er darf keine Wünsche nach Sinnesobjekten hegen. Es ist nur ein äußeres Symbol des geistigen Zustandes völliger Leidenschaftslosigkeit und des Sichabwendens von den Freuden der Welt.

Sannyas - ein geistiger Zustand

Sannyas ist Gerua, das Färben, des Herzens und nicht nur des Gewandes. Sannyas ist nur ein geistiger Zustand. Derjenige ist ein wahrer Sannyasin, der frei ist von Leidenschaften und Ichdenken, und der alle sattvigen Eigenschaften besitzt, auch wenn er in Familie und Welt lebt. Chudala war eine Königin Yogini Sannyasini, obwohl sie ein Königreich regierte. Der Sannyasin, der im Wald lebt, aber voller Leidenschaft ist, ist schlimmer als ein Verheirateter oder ein weltlich gesinnter Narr. Sikhidhvaja war ein weltlicher Mensch, obwohl er jahrelang nackt im Wald lebte.

Wahre Entsagung ist der Verzicht auf alle Leidenschaften, Wünsche, Ichgedanken und Vasanas. Wenn dein Geist makellos ist, frei von Verhaftung, Ichdenken und Leidenschaft, dann bist du ein Sannyasin - egal ob du im Wald lebst oder im Getriebe einer Stadt, ob du weiße Kleider trägst oder ein orangefarbenes Gewand, ob du dein Haupt rasierst oder lange Locken trägst.

Rasiere den Geist. Jemand fragte Guru Nanak: »Oh Heiliger, warum ist dein Haupt nicht geschoren? Du bist ein Sannyasin.« Guru Nanak antwortete: »Mein lieber Freund, ich habe meinen Geist geschoren.« In der Tat, der Geist muß richtig geschoren werden. Den Geist scheren heißt, alle möglichen Verhaftungen loswerden, Leidenschaften, Ichgedanken, Moha, die Verblendung, Lust, Habgier, Zorn, usw. Das ist wirkliches Scheren. Äußeres Rasieren des Kopfes hat keine Bedeutung, solange inneres Sehnen, Trishna, vorhanden ist.

Sehr viele Menschen haben nicht begriffen, was wirkliche Entsagung ist. Der Verzicht auf physische Dinge ist keine Entsagung. Wahre Entsagung liegt in der Verneinung des Geistes. Sie besteht darin, auf alle Wünsche und Ichgedanken zu verzichten und nicht auf die Existenz in der Welt. Dieses wirkliche Tyaga, die Entsagung, besteht im Verzicht auf das Ichbewußtsein, Ahankara. Wenn du diesem Ahankara entsagen kannst, hast du auch allem anderen auf der Welt entsagt. Wenn das subtile Ahankara aufgegeben wird, verschwindet Dehadhyasa, die Körperidentifikation, automatisch.

Sannyas und Vedanta

Sannyas und Vedanta gehen auf die ein oder andere Weise immer zusammen. Das eine ist ohne das andere nicht vollständig. Überall, wo wirkliches Sannyas ist, ist praktische Vedanta. Überall, wo praktische Vedanta ist, muß Sannyas der höchsten Ordnung sein. Sannyas ohne Vedanta oder Para Bhakti wird fruchtlos. Vedanta ohne Sannyas wird reiner Intellektualismus. Wenn Sannyas und Vedanta miteinander verschmelzen, erwächst daraus ein Weiser höchster Weisheit. Sannyas macht das Individuum leer von Ego und negativen Dingen, und Vedanta erfüllt es mit positiver Wahrheit. Sannyas ohne Vedanta bleibt leer und dient nicht seiner Absicht. Genauso wird Vedanta ohne Sannyas sinnlos und verliert ihre Bedeutung. Vedanta kann nicht erfaßt werden, wenn das Ego nicht durch Sannyas beseitigt worden ist, und Sannyas ist Verschwendung, wenn nicht durch Vedanta das höchste Ideal erreicht wird.

Vedanta verlangt nicht von dir, daß du der Welt entsagst. Sie möchte, daß du deine Geisteshaltung änderst und dieses falsche, unwirkliche ‘Ich’ und ‘Mein’ aufgibst. Der Schlangenbeschwörer entfernt nur die beiden Giftzähne der Kobra. Die Schlange bleibt dieselbe. Sie zischt, hebt das Haupt und zeigt die Zähne. Tatsächlich tut sie dasselbe wie vorher. Der Schlangenbeschwörer hat seine Geisteshaltung der Schlange gegenüber verändert. Jetzt hat er das Gefühl, daß sie keine Giftzähne mehr hat. Genauso mußt du die beiden Giftzähne des Geistes beseitigen, nämlich nur Ahanta und Mamata. Dann kannst du dem Geist gestatten, überall hinzugehen, wohin er will. Dann wirst du immer nur in Samadhi leben.

Du mußt auch dem Tyaga Abhimana entsagen. Das Tyaga Abhimana ist sehr tief verwurzelt. Du mußt den Gedanken aufgeben: »Ich habe allem entsagt; ich bin ein großer Tyagi.« Diese Abhimana der Sadhus ist ein größeres Übel als das Abhimana von Familienmenschen: »Ich bin ein Hausherr; Ich bin ein Brahmane, usw.«.

Nicht durch das Tragen eines Dandas, nicht durch das Rasieren des Kopfes, nicht durch das Gewand und nicht durch egoistisches Handeln kann Befreiung erreicht werden. Wer Weisheit besitzt, ist ein wahrer Sannyasin. Weisheit ist das Kennzeichen eines Sannyasins. Der Holzstock macht keinen Sannyasin.
Derjenige ist der wahre Sannyasin von Weisheit, der sich seines absoluten Wesens bewußt ist, im Traum wie im Wachzustand.
Er ist der größte Brahma Jñani. Er ist der größte Sannyasin.