Autobiographie von Swami Sivananda

Kapitel 7 - Der Weg der Entsagung

 

Die Herrlichkeit der Entsagung

In jeder Religion gibt es eine Schar von Einsiedlern, die ihr Leben in Abgeschiedenheit und Meditation verbringen: die Bhikkus im Buddhismus, islamische Sufi-Fakire, Priester und Geistliche im Christentum. Der Ruhm einer Religion ginge verloren ohne Mönche, die ein Leben des Verzichts und Dienstes für die Welt führen. Sie erhalten die Religionen der Welt. Sie bringen den Berufsleuten Trost, wenn sie in Schwierigkeiten und Bedrängnis sind. Sie sind Vorboten von Frieden und Weisheit. Sie heilen die Kranken, trösten die Verlassenen und bringen den Hoffnungslosen Hilfe, den Niedergeschlagenen Freude, den Schwachen Kraft, den Unwissenden Wissen. Ein echter Entsagter (Sannyasin) kann die Gedankenströme der Welt zum Besseren verändern.

Ein wahrer Sannyasin ist ein mächtiger Herrscher dieser Erde. Sannyasins haben in der Vergangenheit großartige Arbeit geleistet. In der Gegenwart wirken sie Wunder. Ein echter Sannyasin kann das Schicksal der ganzen Welt verändern. Ich freue mich sehr, wenn ich einen Aspiranten sehe oder von einem erfahre, der wahre Hingabe, Bestrebung und Neigung zur Entsagung besitzt und versucht, diesem Sumpf des Kreislaufs von Geburt und Tod (Samsara) zu entkommen. Durch Gebet und Gedankenströme stehe ich mit solchen Schülern in enger Verbindung und helfe ihnen viel. Es zieht sie alle zu mir hin. Sie wenden sich bald von weltlichen Angelegenheiten ab und setzen alle Hoffnung auf die Zukunft. Ich heiße sie mit Freuden willkommen, bilde sie vielfältig im Yoga aus und kümmere mich um sie, bis sie gefestigt sind.

 

Die Jugend ist die beste Zeit für Entsagung

Die Schriften erwähnen das Gelübde der Entsagung (Sannyasa) nach den Lebensphasen von Brahmacharya (sexuelle Enthaltsamkeit), Grihastha (Beruf und Familie) und Vanaprastha (Rentnertum). Das heißt, die Menschen wandten sich im Alter, am Rand des Todes, dem weltlichen Verzicht (Sannyasa) zu. Es ist gut, zur Zeit seines Todes einen gewissen Frieden erlangt zu haben. Dadurch kann die nächste Geburt eine gute werden. Aus Erfahrung weiß ich, daß Kontemplation, klare Sicht und außerordentliche Reinheit von Körper, Geist und Herz eine ungeheure Energie erfordern. Ich sehe daher die Jugend mit ihrem Überfluß an Energie und geistiger Reinheit als beste Vorbedingung für den Weg der Entsagung an. Ich hege große Bewunderung für die jungen Brahmacharis (enthaltsam Lebende), die keinerlei weltliche Fesseln und Verwicklungen haben. Sie lassen sich sehr gut formen.

Viveka (Unterscheidungskraft), Vairagya (Leidenschaftslosigkeit), Shat-sampat (sechs edle Tugenden) und Mumukshutwa (Wunsch nach Befreiung) sind die in den Schriften genannten Grundvoraussetzungen für spirituelle Schüler. Es ist unmöglich, diese Eigenschaften alle zu besitzen, wenn man in einem weltlichen Umfeld mit schwerwiegender Verantwortung und Sorgen lebt. Sobald man eine Tugend entwickelt oder versucht, einen einzigen Fehler oder ein Übel des Geistes auszurotten, wird man in alles mögliche andere hineingezogen. Die Schwingungen in der physischen Welt sind dem spirituellen Fortschritt in den Anfangsphasen nicht förderlich. Man braucht seine ganze Energie nur dazu, Versuchungen zu widerstehen. Daher ziehe ich junge Leute vor. Die notwendige Befähigung kommt von selbst, wenn sie den Yogaweg in einem der Entwicklung förderlichen Umfeld beschreiten und in der Gesellschaft von Yogis an einem Ort weit weg von den Versuchungen und der Anziehung von Sinnesobjekten leben.

 

Keine strengen Bedingungen

Ich heiße von Herzen alle Menschen willkommen. Ältere können ein Bad im heiligen Ganges nehmen, beten und singen und die positiven Auswirkungen der Gruppenmeditation und des Zusammenseins mit Weisen (Satsanga) geniessen. Junge Leute entwickeln sich schnell durch kraftvolle spirituelle Praxis (Sadhana) und bringen so der Welt Gutes. Wenn jemand auch nur andeutungsweise Abscheu gegenüber sinnlichen Vergnügen bei gleichzeitiger Neigung zum Yoga zeigt, weihe ich ihn sofort in das Gelübde der Entsagung (Sannyasa) ein, teile mit ihm, was ich habe und ermutige ihn stark.

Viele sind sehr überrascht, daß ich sogar schriftliche Einweihungen erteile. Manche Schüler, die nicht in der Lage sind, in den Himalaya zu kommen, sind Entsagte geworden, indem sie das heilige Gewand und Anweisungen per Post erhalten haben. Ich kann ihre große Freude nicht ausdrücken. Sie haben wundervolle Fortschritte gemacht. Ich verfolge ihren Weg aufmerksam.

Alle freiwilligen Spenden, die ich von Anhängern für meinen persönlichen Gebrauch erhalte, werden für die Annehmlichkeiten der Schüler eingesetzt, für ihr Wohlergehen, ihren Frieden und zur Schaffung von Hunderten von Wegen, auf denen sie schnell vorwärtskommen und der Welt auf vielfältige Weise helfen können. Meine Arbeitsweise zur spirituellen Erhebung der Menschheit gestattet es sogar Verheirateten, den Weg des weltlichen Verzichts zu gehen und wie Sannyasins zu leben. Viele haben sich für das Gelübde der Entsagung (Sannyasa) entschieden, obwohl sie Familie und Kinder haben. Nach der Unterweisung hier kehren sie zurück, leben in der Nähe der Familie, sorgen in völliger Trennung für die Familie und sind mit ihrer spirituellen Praxis (Sadhana) sehr erfolgreich.

Ich achte nur auf den Beweggrund und die innere Reinheit der Suchenden. Ich erlege ihnen nicht zu viele Vorschriften und Beschränkungen beim Essen und bei der Kleidung auf. Rein äußerliche Anpassung an Regeln ist nicht sonderlich wertvoll. Meine Schüler können überall leben, jede Kleidung tragen und doch wirkungsvoll meinen Anweisungen folgen. Sie alle geben der ganzen Welt ein Beispiel. Ruhm dem echten, vorbildlichen Sannyasin, der ein beispielhaftes Leben führt. Die Welt braucht vorbildliche Entsagte, die dem Land und der Menschheit in göttlichem Bewußtsein dienen, wahres Wissen verbreiten und die Botschaft der Weisen und Heiligen in jedes Haus bringen. Mögen Sannyasins, die Speicher göttlichen Wissens, die Fackelträger der Wahrheit, die Leuchtfeuer der Welt, die Fundamente spiritueller Werke und die Hauptpfeiler des ewiggültigen Dharmas (rechtes Handeln) und der Religion, die Völker der Welt führen!

 

Geeignete Schüler

Obwohl ich bei der Kleidung und äußeren Form viel Freiheit gewähre, bin ich sehr streng in Bezug auf das Wesentliche. Die Schüler müssen die für den Stand der Entsagung (Sannyasa) vorgeschriebenen Regeln einhalten. Nur dann können sie als vorbildliche Entsagte (Sannyasins) glänzen. Bequeme Entsagung ist sehr gefährlich. Man sollte dem Geist gegenüber keine Nachsicht walten lassen. Moderne, unabhängige Sannyasins sind eine Gefahr für die Gesellschaft. Von weltliche Menschen werden sie verflucht, respektlos und voll Verachtung behandelt. Sie sollten, auch wenn sie spirituell erhoben sind, nicht in Gesellschaft von Frauen oder Familienvätern leben und nicht ungezwungen mit anderen Menschen Kontakte pflegen. Brennende Leidenschaftslosigkeit mit einfachem Leben und erhabenem Denken muß immer ihr Ideal sein.

Ohne Zweifel ist Entsagung ein geistiger Prozeß. Das heißt aber nicht, daß man alles tun und so leben kann, wie man will. Das führt zum Fall. Strebe nach Vollkommenheit, indem Du die überlieferten Vorschriften zur Beherrschung des Geistes und der Sinne befolgst. Zurückhaltung beim Essen und bei der Kleidung stellt sich von selbst ein, wenn man wirklich wunsch- und leidenschaftslos ist. Die Einhaltung äußerlicher Regeln hilft, auf dem Weg zu bleiben. Maya (Täuschung) wirkt verheerend. Maya verleitet. Nimm Dich in acht. Sei vorsichtig bei jedem Schritt und beobachte die Gedankenwellen (Vrittis) des Geistes.

Meine Schüler sollten keine Überlegenheitsgefühle haben. Sie sind keine trockenen Philosophen, die ihre ganze Zeit und Energie mit Predigen verbringen. Sie opfern sich auf und dienen der Welt mit ihrem stillen, tiefen Sadhana (spirituelle Praktiken). Mitten in anstrengender Arbeit lernen sie, den Geist konzentriert zu halten. Sie sind im Gedanken verwurzelt: "Die Welt ist vergänglich, ein langer Traum (DirghaSwapna) – die Wahrheit allein ist wirklich." Für meine Schüler gibt es keine Welt. Sie erkennen die Göttlichkeit hinter allen Namen und Formen.

 

Die innere Natur reinigen

Reinige deinen Geist. Entwickle reine (sattwige) Eigenschaften wie Würde, Mut, Großmut, Großzügigkeit, Liebe, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit. Rotte alle schlechten Eigenschaften wie Lust, Gier, Zorn, Habsucht, Abneigung (Raga-dwesha) und andere negative Charakterzüge aus, die deiner ethischen Vervollkommnung und Selbstverwirklichung im Weg stehen. Sittliche Vollkommenheit ist eine Voraussetzung für die Selbstverwirklichung. Noch so viel Praxis hat keinen Wert für den Aspiranten, wenn er diese Seite des Sadhana nicht beachtet. Liebe alle. Verneige Dich vor jedem. Werde bescheiden. Sprich liebevoll, freundlich, zärtlich. Gib Selbstsucht, Stolz, Eigenliebe, Heuchelei auf. Erneuere deine niedere Natur.

Finde durch Selbstprüfung heraus, ob Du wirklich Freiheit und Befreiung anstrebst, ob Du nur neugierig bist oder ob ein versteckter Wunsch nach Reichtum und Berühmtheit durch das Zurschaustellen spiritueller Kräfte dahintersteckt. Werde aufrichtig. Alle erforderlichen Befähigungen werden sich von selbst einstellen, wenn Du in Gesellschaft entwickelter Menschen bist und in einer Atmosphäre voll spiritueller Schwingungen lebst.

 

Haltung gegenüber Frauen

Meine stille Anbetung und Verehrung an alle Frauen als Erscheinungsformen der Göttlichen Mutter Shakti oder Kali. Sie bilden das Rückgrat der Gesellschaft und halten die Religion hoch. Sind sie inspiriert, so wird die ganze Welt inspiriert. Sie haben einen besonderen religiösen Instinkt. Göttliche Eigenschaften sind ihnen von Natur aus angeboren. Früher führten auch Hindufrauen ein Leben in Ehelosigkeit, dienten den Rishis (Sehern, Weisen), meditierten über den Atman (das Selbst) und erlangten Brahma Jnana (Erkenntnis des Absoluten). Zu alten Zeiten gab es unter den Frauen viele Siddhas (Meister im Besitz übernatürlicher Kräfte), Brahma Jnanis, Vairagis (Leidenschaftslose), Bhaktas (Gläubige) und fortgeschrittene Yoginis. Durch ihre Reinheit und Vollkommenheit konnten sie Wunder vollbringen, wenn sie bei Gelegenheit ihre spirituelle Macht einsetzten. Es gibt Beispiele dafür, wie sie Tote zum Leben erweckt, den Sonnenaufgang am Morgen aufgehalten und die Elemente beherrscht haben. Auch heute noch findet man viele Frauen in Rishikesh, Haridwar, Brindavan, Benares und an anderen heiligen Stätten in Indien, die sich von der Welt zurückgezogen und dem Yogaweg verschrieben haben.

Ich lehne niemanden ab. Ich ehre eine Frau als mein eigenes Selbst. Ich betrachte Frauen als Mutter Durga oder Göttliche Mutter. Frauen sind eine dynamische Kraft auf Erden. Religion wird durch ihre Frömmigkeit aufrechterhalten. An die Adresse leidenschaftlicher Jugendlicher habe ich viel über die vergängliche Natur des fraulichen Körpers geschrieben; aber nur, um in ihnen starke Leidenschaftslosigkeit (Vairagya) zu wecken und ihnen zu helfen, ihre Sinne und ihren Geist zu beherrschen. Ebenso habe ich negative Schilderungen über Frauen gegeben, um Männer zu Vairagya zu bewegen. Ich habe große Ehrfurcht für die Frauen. Ich diene ihnen. Ich habe an verschiedenen Kirtanversammlungen im Pandschab und in Uttar Pradesh Kirtans mit ihnen abgehalten. Viele Damen aus Delhi und anderen Orten kommen sogar für ein paar Ferientage extra in den Ashram, schließen sich dem täglichen gemeinsamen Satsang an und genießen den Frieden und die Wonne hier.

 

Sollten Frauen der Welt entsagen

Zweifellos ist es schwierig für junge Frauen, auf dem Weg der Entsagung (Sannyasa) vorwärtszukommen. Sie haben nicht dieselbe Freizügigkeit und Freiheit wie Männer. Männer können in jeder Art leben, sich frei bewegen und überall schlafen. Sie können von Tür zu Tür um Almosen betteln und sich so durchbringen. Aber Frauen sind diesbezüglich im Nachteil. Es ist schade, daß es nicht viele vorbildliche Einrichtungen in Indien gibt, wo Frauen in Frieden leben, der Welt dienen und sich entfalten können. Solche Institutionen für spirituell veranlagte Frauen werden heutzutage dringend gebraucht. Diese wichtige Arbeit ist seit Generationen vernachlässigt worden.

Ich erhalte Briefe von ernsthaft interessierten, gebildeten Damen mit dem Wunsch, den Weg der Entsagung zu beschreiten. 1936 antwortete ich einer Anhängerin mit folgenden hilfreichen Vorschlägen:

"Ich kann Dir keinen Ashram empfehlen, wo Du friedlich leben und Dich entwickeln kannst. Du solltest versuchen, einen ausreichenden Geldbetrag von Deinen Eltern zu erhalten und ihn bei einer Bank anlegen. Mit den Zinsen kannst Du ein einfaches Leben führen. Das ist am besten. Schließe Dich auch dann einem Ashram mit fortgeschrittenen Seelen und Mahatmas an, oder lebe bei älteren, spirituell gesinnten Damen. Widme Deine Zeit ganz dem Studium der Upanishaden, der Gita und spirituellen Praktiken (Sadhana). Lerne Kirtan- und Bhajansingen. Wenn Du auf dem spirituellen Pfad fortschreitest, kannst Du von Dorf zu Dorf ziehen, die Massen erheben und Bhakti (Hingabe) in ihnen erwecken. Wenn Du das tust, wird die Welt Dich verehren. Wenn das nicht möglich ist, versuche, eine monatliche Zuwendung von Deinem Bruder zu bekommen. Das macht Dich von ihm abhängig und Du wirst eine Geisteshaltung entwickeln, in der Du Dich auf andere verläßt. Du bist jeden Monat auf sein Mitgefühl angewiesen. Das bietet Dir keine Sicherheit.

Wenn Du unbedingt den Weg der Entsagung einschlagen willst, aber keine Mittel für einen unabhängigen Lebensunterhalt auftreiben kannst, kannst Du ein paar Mädchen Privatunterricht erteilen. Ihre Eltern werden Dich als Gegenleistung dafür unterstützen. Ich meine nicht, daß Du Dich als Lehrerin oder Kindermädchen ausbilden lassen sollst. Das ist weltlich. Das kostet Dich Deine ganze Zeit und Du hast nicht genug Kraft und Energie für vertiefte, regelmäßige spirituelle Praktiken (Sadhana). Die Versuchungen der Welt werden sich auf Dauer auf Dich auswirken. Vairagya ((Leidenschaftslosigkeit) wird langsam schwinden. Luxus und Bequemlichkeit werden sich einschleichen. Du wirst das Ziel verfehlen. Wenn Du ein bequemes Leben führst und uneingeschränkt mit weltlichen Menschen zusammen bist, wirst Du nicht in der Lage sein, Deinen jetzigen Gemütszustand und Deine jetzige Hingabe (Bhav) aufrechtzuerhalten. Bleib fest. Ändere Deine Meinung nie. Vertraue vollkommen auf Gott.

 

Dienst an Frauen

"Dienst an aufrichtigen Frauen liegt mir sehr am Herzen. Ich habe kein Geld. Ich habe kein Geschick, in der Öffentlichkeit, bei Machthabern, Großgrundbesitzern und Geschäftsleuten Geld aufzutreiben. Ich trete nicht an die Öffentlichkeit, um zugunsten des wohltätigen Dienstes Geld zu sammeln. Gelegentlich erhalte ich etwas Geld von Anhängern. Diese freiwilligen Spenden verwende ich für die spirituelle Erhebung jener, die bei mir leben und die von verschiedenen Zentren aus in enger Verbindung mit mir stehen. Meine Bücher werden in vielen Teilen der Welt in großer Zahl verkauft, aber ich verdiene nichts daran. Ich verschenke meine Bücher verschwenderisch. Geschäft kenne ich nicht. Ich habe im Augenblick weder Mittel noch Möglichkeiten, eine Einrichtung speziell für Frauen zu gründen."

Manche Strenggläubige und Sannyasins behaupten, Frauen seien für den Weg der Entsagung nicht geeignet. Ich sehe das anders. Sie sind ebenso geeignet, den Weg des Yoga und des Verzichts zu gehen. Mehrmals habe ich daran gedacht, mich mehr darauf zu konzentrieren, der Welt durch Gründung eines Ashrams nur für Frauen einen echten Dienst zu erweisen. Das wäre ein Segen für die Welt. Da es jedoch an geeigneter Unterstützung dafür fehlt, habe ich vielen gebildeten Damen gestattet, hier in diesem Ashram zu leben. Ich kümmere mich persönlich um ihre Bedürfnisse und unterweise sie in allen Yogarichtungen, Bhajans und Kirtans. Viele haben Yogaübungen erlernt und unermeßlichen Nutzen daraus gezogen.

Unter ihnen sind auch viele aus dem Ausland. Ich weihe sie in das Gelübde der Entsagung ein. Nach ihrer Ausbildung im Ashram kehren sie in verschiedene Zentren zurück und führen ihre spirituellen Praktiken (Sadhana) und ihren Dienst für die Welt fort. Die Zweigstellen der Divine Life Society haben überall auf der Welt Frauengruppen, wo sie einen weiten Spielraum nicht nur für ihre eigene Entwicklung sondern auch für den Dienst an der Menschheit finden. Die Bewohnerinnen im Ashram verfügen über alle notwendigen Annehmlichkeiten und Einrichtungen, Freizügigkeit und Freiheit. Da es sonst keinen Ashram nur für Frauen gibt, ist diese Institution zu einem idealen Mittelpunkt für ihre spirituelle Entwicklung geworden. Möge es ihnen allen gut gehen und mögen sie Frieden, Göttliche Herrlichkeit und Glanz genießen.

 

An alle, die in Entsagung leben wollen

Viele ernsthaft nach Wahrheit Suchende aus aller Welt schreiben mir sehr oft mit dem Wunsch, den Weg der Entsagung (Sannyasa) einzuschlagen. Aus Erfahrung weiß ich, daß viele, die aus dem einen oder anderen Grund aus einer momentanen Emotion heraus auf ein weltliches Leben verzichten, es am Ende nicht schaffen, den Geist der Entsagung aufrechtzuerhalten; in der Folge kehren sie zu einem weltlichen Leben zurück oder werden zu einem Schandfleck für den Mönchsstand. Jenen, die echte Leidenschaftslosigkeit (Vairagya) und brennendes Verlangen besitzen, empfehle ich den sofortigen Verzicht auf alle weltlichen Unternehmungen. Anderen rate ich, zuerst Leidenschaftslosigkeit zu entwickeln und sich auf den Weg vorzubereiten:

"Weltliche Größe ist nichts. Sie ist ein Kinderspiel. Du mußt eine Größe auf spirituellem Gebiet werden. Lebe weiterhin in der Welt, aber nicht mit weltlicher Gesinnung. Bloßes Schulwissen kann Dich nicht bedeutend machen. Bereite Dich gut für den Stand der Entsagung (Sannyasa) vor, während Du noch im normalen Leben bleibst. Du besitzt Wunschlosigkeit (Vairagya), aber keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Ich bin jederzeit bereit, Dich in den Sannyasa-Stand einzuweihen. Angenommen, Du lebst als Entsagter (Sannyasi) bei mir, bist Du stark genug, Deiner Mutter, Frau, Schwester und Deinen Brüdern gegenüberzutreten, wenn sie mit gebrochenem Herzen bitterlich vor meiner Hütte weinen? Bedenke und entscheide das wohl. Befreie Dich zuerst von der Täuschung (Moha). Gehe ab und zu weg, halte Dich einen oder zwei Monate an einem abgelegenen Ort ohne Deine Familie auf und beobachte, ob Dein Geist oft zu Deiner Familie, Deinem Besitztum und Deinem Geburtsort abschweift. Prüfe Deine geistige Stärke.

Gefühl und Begeisterung allein werden Dir auf dem Weg der Entsagung nicht viel nützen. Er ist voller Schwierigkeiten. Aber er ist auch voller Freude und Wonne und eben für jemanden mit standhafter Entschlossenheit, Geduld und innerer Stärke. Das Leben eines Sannyasi ist die beste Art zu leben. Ein echter Sannyasi ist der wirkliche Herrscher der drei Welten. Schon ein Aspirant ist Machthaber der drei Welten. Habe Mut. Sei kühn. Erkenne, daß die Welt eine reine Einbildung ist. Mache Deine wahre Natur von Sein, Wissen und Glückseligkeit (SatchidanandaSwarupa) geltend.

Setze Dich einen Augenblick allein in ein ruhiges Zimmer. Frage, denke nach, forsche nach. Erkenne die Herrlichkeit, im Atman (Selbst) zu leben. Prüfe Dich innerlich. Versuche, Deine Fehler und Schwächen auszumerzen. Das ist echte spirituelle Praxis (Sadhana).

Mache am Anfang intensives Sadhana und ein wenig Dienst an großen Meistern (Mahatmas), Kranken und Armen – soviel Du kannst. Denke nicht daran, Yoga zu unterrichten, an großen Versammlungen zu sprechen oder sie zu leiten. Verfalle nicht auf die Idee, eine Vortragsreise um die Welt machen oder ein Weltenlehrer werden zu wollen. Solche Vorstellungen führen zu einem Rückfall. Mache intensive geistige Übungen (Sadhana) und vertiefe Dich in das Studium der Schriften, solange Du jung bist. Vergiß Vergangenheit und Zukunft. Jesus hielt sich jahrelang in der Einsamkeit auf. Er kehrte für einen Zeitraum von drei Jahren zurück, um die Welt mit seiner spirituellen Macht und Erleuchtung zu begeistern und aufzurütteln. Leere Geschoßhülsen in der Luft wirken nicht auf die Vögel. Die Worte eines Menschen ohne sittliche und spirituelle Entwicklung sind wie leere Geschosse. Sie haben keinerlei Einfluß auf weltliche Gemüter. Werde eine dynamische Persönlichkeit. Durch reine Gedankenkraft (Satsankalpa) kannst Du die stoffliche Welt verändern. Laß Dich nicht von Ansehen und Ruhm oder Annehmlichkeiten verführen. Führe ein hartes Leben.

 

Dienst und Meditation verbinden

Allein im Wald oder in einer Höhle zu leben ist schwierig. Als Neuling weiß man nicht, wie man seine Energie ordnen, den Tagesablauf anpassen und die Zeit nutzbringend einsetzen soll. Man weiß nicht, wie man Niedergeschlagenheit überwindet, wenn sie sich einstellt. Anfänger können nicht 24 Stunden lang nur meditieren. Sie müssen am Anfang arbeiten, um auch das Herz zu reinigen. Sie sollten Arbeit und Meditation verbinden. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie Leute getroffen, die ständig völlig in Meditation versunken gewesen und mit fliegenden Fahnen daraus hervorgegangen wären. Was ich sagen will ist, daß es Anfängern in der Abgeschiedenheit nicht gut ergehen kann. Sie werden träge (tamasig) und verlieren ihre Begabungen und verborgenen Fähigkeiten nach einem langen Aufenthalt in Zurückgezogenheit.

 

Finanzielle Unabhängigkeit

Ich habe die Lebensgeschichten von Entsagten (Sannyasins) genau studiert und bin zu dem Schluß gekommen, daß ein wenig Geld dem Übenden (Sadhaka) in seiner spirituellen Praxis und Entwicklung hilft. Finanzielle Unabhängigkeit bringt Frieden im Geist und Stärke während des Sadhana. Rückfälle erfolgen nur, wenn man versucht, den Betrag zu vermehren oder einen Überschuß anzuhäufen. Dennoch braucht man sich nicht um Geld zu sorgen, wenn man Ausdauer, Geduld, gute Gesundheit und eine ausgeprägte, dauerhafte Leidenschaftslosigkeit (Vairagya) besitzt und willens ist, selbstlosen Dienst an der Menschheit zu leisten. Man kann der Welt dann sofort, in diesem Augenblick, entsagen. Es ist nicht ratsam, sein kostbares Leben damit zu verbringen, mehr verdienen und sparen zu wollen. Für ernsthafte Sucher (Sadhakas) gibt es überall genug. Kehre dem weltlichen Leben schnell den Rücken. Eile, entfliehe der Gesellschaft weltlich gesinnter Menschen. Halte Dich fern vom geschäftigen Treiben der Städte und der lärmenden Welt. Geh schnell an einsame Orte wie Rishikesh. Dort bist Du außer Gefahr.

Um gute Mönche kümmert man sich überall. Es sind nur die Bettler im Gewand von Mahatmas, die für die Öffentlichkeit zur Plage werden. Es ist nicht einfach für die Allgemeinheit, auf den ersten Blick wahre Meister (Mahatmas) von Bettlern zu unterscheiden. Aber an der Art ihres Redens und ihres Betragens kann man echte Mahatmas leicht erkennen. Heutzutage fehlt es den Berufsleuten an Shraddha (Glauben). Um Unterbrechungen in ihrer spirituellen Praxis zu vermeiden, fordere ich die Schüler auf, genug Geld für ihre persönlichen Bedürfnisse bei sich zu haben. Verlege Dich nicht aufs Betteln. Wenn möglich, sorge für die nötigsten Bedürfnisse oder schließe Dich einem Ashram oder einer religiösen Einrichtung an.

 

Die Bedeutung des Dienens

Als drastische Maßnahme, die fehlerhafte Natur und weltlichen Eindrücke im Unterbewußtsein (Samskaras) zu überwinden, fordere ich die Schüler auf, sich ein paar Monate oder Jahre in tatkräftigen Dienst zu stürzen. Das ermöglicht ihnen, die Vergangenheit vollständig zu vergessen und ihre ganze Energie und Zeit spirituellem Streben zu widmen. Sie vergessen ihren Körper und ihre Umwelt. Sie erziehen ihren Geist dazu, automatisch das eigentliche Wesen hinter allen Namen und Formen zu erblicken. Sie lernen, unter allen Lebensumständen, im Guten wie im Schlechten, ein ausgeglichenes Gemüt zu bewahren. Die Zeitdauer richtet sich nach dem Entwicklungsgrad der Schüler.

Bei meinem Ausbildungssystem sollten alle Schüler kochen, waschen, pflegen und Mönchen (Sadhus), Meistern (Mahatmas) und Kranken in jeder möglichen Art dienen lernen. Sie müssen Stunden mit tiefem Studium, Meditation, Mantrawiederholung und Gebeten verbringen. Auch bei der Arbeit sollten sie im Geist Mantras wiederholen (Japa). Sie sollten lernen, sich an unterschiedliche Umstände und Menschen anzupassen. Sie müssen auch alle Schreibmaschineschreiben und Erste Hilfe lernen. Sie sollten Mantras singen können und gute Abhandlungen über Yoga und Vedanta verfassen. Ich gebe ihnen alle wichtigen spirituellen Übungen zur schnellen Entwicklung vor und stelle ihnen die notwendigen Einrichtungen und Möglichkeiten dazu zur Verfügung. Wenn ich Fortschritte feststelle, schicke ich sie an kühle Orte zu vertiefter Meditation.

 

Sannyasins und Politik

Bei der heutzutage herrschenden politischen Agitation bitten Politiker sogar Sannyasins (Entsagte) um deren Unterstützung. Das ist ein trauriger Fehler. Diese politischen Führer haben die Herrlichkeit und Bedeutung eines Lebens wahrer Entsagung (NivrittiMarga) nicht verstanden. Solche wirklichen Sannyasins läutern die Welt durch ihre Gedankenschwingungen, auch wenn sie in den Höhlen des Himalaya bleiben. So helfen sie der Welt mehr. Mein Gebiet ist der spirituelle Weg. Laßt Politiker und Wissenschaftler auf ihren eigenen Gebieten arbeiten. Es mag sein, daß Politik nicht von Religion zu trennen ist. Aber verschiedene Menschen sollten auf verschiedenen Gebieten arbeiten, je nach ihren Fähigkeiten und ihrer Veranlagung. Alle sind in ihrem Bereich wichtig und hervorragend.

 

Ist der Guru unentbehrlich?

Nur ernsthaft suchende spirituelle Anwärter kennen mich.

Aspiranten brauchen sich vor Fallgruben und Schlingen auf dem Weg nicht zu fürchten. Die ganze geistige Welt steht bereit, aufrichtigen Schülern den Rücken zu stärken, die versuchen, ihr Haupt aus dem Sumpf des Samsara (Kreislauf von Geburt und Tod) zu erheben. Anwärter sollten ihre guten Samskaras (Eindrücke im Unterbewußtsein) durch Japa (Mantrawiederholung) und regelmäßige Meditation verstärken.

Selbst in diesem materialistischen Zeitalter gibt es in Indien zahlreiche Menschen, die Gott und nur Gott allein suchen, die bereit sind, Wohlstand, Familie und Kinder rückhaltlos aufzugeben um der Gottesverwirklichung willen, die sie als Zweck und Ziel ihrer Existenz ansehen. Dies ist ein Land von Weisen und Heiligen. Weltweit stehen Tausende von Wahrheitssuchenden mit mir in enger Verbindung. Viele Ausländer kommen auf der Suche nach Yogis und Mahatmas nach Indien. Ruhm Indien und allen Verehrern!

Auf dem spirituellen Pfad gibt es viele Hindernisse. Der Lehrer (Guru), der den Weg schon gegangen ist, führt die Anwärter sicher und räumt alle möglichen Hindernisse und Schwierigkeiten aus. Man braucht daher einen persönlichen Lehrer.

Es gibt keinen machtvolleren Weg, die fehlerhafte Natur und alte Eindrücke im Geist (Samskaras) zu überwinden als die persönliche Verbindung mit dem Guru und der Dienst für ihn. Die Gnade des Gurus versetzt die Schüler auf geheimnisvolle Weise in die Lage, die innewohnende spirituelle Macht wahrzunehmen, obwohl er ihnen nicht konkret dieses oder jenes als Gott oder Brahman zeigen kann.

 

Die Einweihung verwandelt das Gemüt

Einweihung (Diksha) beschränkt sich nicht nur auf einen Wechsel äußerer Formen. Nach der Einweihung durch einen Brahmavidya-Guru (Lehrer der absoluten Wahrheit) erfährt der Aspirant eine echte Veränderung des Geistes, klare Einsicht und Verstehen. Viele Schüler wählen ihre eigene Methode spiritueller Praktiken (Sadhana) nach ihrem Gutdünken, ohne sich über die Folgen im klaren zu sein. Manche Aspiranten haben sich durch mangelhafte Ernährung, falsche spirituelle Praktiken aufgrund fehlender richtiger Führung oder durch harte, törichte Askese bei einem schwachen Körper völlig zugrundegerichtet. Daher braucht man einen persönlichen Lehrer, der einem auf die Jahreszeiten, Umstände und Fortschritte abgestimmte Anleitungen gibt.

Die Gnade eines Gurus ist notwendig. Das heißt nicht, daß der Schüler untätig herumsitzen sollte. Ein Guru kann Zweifel ausräumen, den spirituellen Weg aufzeigen, der sich für den Schüler am besten eignet und ihn inspirieren. Den Rest muß der Aspirant selbst tun. Es ist töricht, anzunehmen, man könne alle übernatürlichen Kräfte (Siddhis) und Befreiung (Mukti) durch einen Tropfen Wasser von der Bettelschale (Kamandalu) eines Mahatmas oder Yogis bekommen. Es gibt keine Wunderdroge für Samadhi (überbewußter Zustand). Das zu erwarten ist reine Verblendung.

 

Erst verdienen, dann verlangen

Einen Lehrer zu finden, der sich aufrichtig um die Interessen seiner Schüler kümmert, ist ein schwieriges Unterfangen in dieser Welt. Das stimmt. Aber einen Schüler zu finden, der die Anweisungen seines Lehrers ernsthaft befolgt, ist ebenfalls eine sehr, sehr schwierige Aufgabe.

Da die Schüler heutzutage anmaßend, ungehorsam und eigenwillig sind, will niemand, der auf dem spirituellen Weg fortgeschritten ist, Schüler zur Unterweisung annehmen. Sie bringen dem Lehrer nur Unannehmlichkeiten. Sie wollen die Anweisungen nicht ausführen und werden innerhalb weniger Tage selbst zu Gurus. Dieses Problem von Guru und Schüler ist wirklich unangenehm. Wenn du keinen erstklassigen Lehrer finden kannst, versuche wenigstens, einen zu finden, der den Weg selbst seit einigen Jahren beschreitet, mitfühlend, selbstlos und an deinem Wohlergehen und Fortschritt interessiert ist.

Verwirklichte Seelen sind nicht selten. Unwissende, weltlich ausgerichtete Menschen erkennen sie aber nicht ohne weiteres. Nur reine, tugendhafte Menschen können verwirklichte Seelen verstehen. Nur sie werden aus ihrer Gesellschaft Nutzen ziehen.

Es hat keinen Zweck, unentwegt nach selbstverwirklichten Meistern zu suchen. Selbst wenn Krishna persönlich bei Dir wäre, könnte Er nichts für Dich tun, außer Du bist bereit für Ihn.

Gott und dem Mammon gleichzeitig zu dienen ist unmöglich. Du mußt das eine oder das andere opfern. Du kannst nicht gleichzeitig Licht und Dunkelheit haben. Wenn du spirituelle Wonne genießen willst, mußt du auf sinnliche Vergnügen verzichten.

Selbst wenn nur einer meiner Schüler seinen Kopf aus dem Sumpf des Kreislaufs von Geburt und Tod (Samsara) erhebt, ist mein Leben gerechtfertigt. Aspiranten zu unterweisen und zu formen ist der größte Dienst, den ich der Menschheit erweisen kann. Jeder geläuterte und erhobene Yogaschüler wird zu einem Mittelpunkt der Spiritualität. Dank seiner magnetischen Ausstrahlung zieht er Tausende unreifer Seelen zur geistigen Verwandlung und Erneuerung an.

Schüler mit Verpflichtungen im weltlichen Leben brauchen nicht auf einen Guru zu warten. Sie sollten ihren eigenen persönlichen Gott
(Ishta Devata) oder ein Mantra entsprechend ihren Neigungen wählen und spirituelle Praktiken (Sadhana) und Gebete ausüben. Zur rechten Zeit wird ein Guru für sie in Erscheinung treten. Es ist besser, das Mantra von einem Guru zu bekommen. Ein Mantra, das man von einem Guru bekommen hat, übt einen geheimnisvollen Einfluß aus.