2. Mumukshu Prakarana - Von der Sehnsucht nach Befreiung

Hari Om! Wer sich auf dem Weg des Vedanta oder Jnana Yoga befindet, sollte die „Vier Werkzeuge“ oder Eigenschaften besitzen, nämlich: Viveka oder die Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, Vairagya oder die Leidenschaftslosigkeit bzw. Gleichgültigkeit gegenüber den sinnlichen Zerstreuungen jetzt und immerdar; Shatsampat oder die sechsfache Tugend oder den Schatz, der Shame (den geistigen Frieden) einschließt; Dama (Zurückhaltung der Sinne); Uparati (Entsagung des Karmas oder der Übersättigung; Titiksha (Ausdauer); Shraddha (Achtung und daher Glaube) und Samadhana (Einpünktigkeit des Geistes); und schließlich Mumukshutwa oder die Sehnsucht nach Befreiung. [...]

So sprach Vasishtha zu Rama: “Auf dieser Welt kann man alles mit der nötigen Ansprengung erreichen (Purushartha). Jedes Missgeschick lässt sich überwinden. Die Anstrengung in Richtung der Atma-Jnana Shastras führt zu Moksha. Eine Anstrengung in Richtung gewöhnliche Shastras, die sich mit weltlichem Wissen beschäftigen, führt zur Verhaftung. Wer mit diesen „Vier Werkzeugen“ und anderen Tugenden gesegnet ist, der sich in die Gesellschaft von Weisen begibt und sich mit den Atma-Jnana Shastras oder anderen Wissensbücher über das Selbst von früher Kindheit an beschäftigen, erlangen Moksha oder die Befreiung. Jeder sollte sich richtig verhalten und die Vervollkommnung durch das Studium der Atma-Jnanabüch und durch das Befolgen der Ratschläge der Weisen erreichen. Schicksal ist nur eine falsche Vorstellung in den Köpfen Unwissender.“

Rama sagt: „Die Vasanas (unterschwellige Sehnsüchte) vorhergegangener Geburten halten mich von richtigen Anstrengungen ab, Oh verehrenswerter Führer! Was soll ich also tun?“

Der Weise Vasishtha erwiderte: „Oh edelmütiger Raghava! Der immerwährende Brahman kann nur durch eigene Anstrengungen erreicht werden. Jene Vasanas, die man in seinen vielen vorausgehenden Leben erzeugte, hängen einem bei seinen späteren Geburten nach. Es gibt zwei Arten von Vasanas, nämlich das reine (Subha) und das unreine (Asubba). Die unreinen Vasanas erzeugen Wiedergeburten, während die reinen Vasanas von den Wiedergeburten befreien. Wenn die reinen Vasanas an einem anhaften, dann wird man die Selbstverwirklichung erlangen. Wenn es aber die unreinen sind, dann wird man Schmerz und Leid erleben und ständige Wiedergeburten. Oh Rama! Gib die unreinen Vasanas auf, pflege die reinen Vasanas und meditiere regelmäßig über den reinen, alles durchdringenden Brahman. Wenn du die reinen Vasanas aufbaust, dann werden die unreinen von selbst verschwinden. Folge den Weg, der für dich wohlweislich ausgesteckt wurde und meditiere über die Bedeutung der Mahavakyas oder anderer bedeutender Sätze der Upanischaden, bis du die volle Erleuchtung erlangst. Befreie dich selbst von der Sehnsucht nach sinnlichen Gegenständen und erlange ewige Wonne.

„Oh Rama“! Höre meine Geschichte. Brahma erschuf mich aus seinem eigenen Sankalpa, das ihm selbst ähnelt. Er segnete mich mit dem wahren Wissen seines Selbst. Er trug mir auf: „Gehe zu Bharatavarsha in Jambudwipa und führe jene Männer in die Geheimnisse der Brahma Jnana ein, die mit den „Vier Werkzeugen“ gesegnet sind.“

„Das Tor von Moksha wird von vier Wachen bewacht. Sie heißen Shanti, Vichara, Santosh und Satsang. Wenn du dich mit diesen vier Wachposten anfreundest, werden sie dir die Tür öffnen, die dich in den Hafen der Freiheit führt. Selbst wenn du enge Freundschaft mit einem von ihnen schließt, wird er dich den anderen dreien vorstellen. Erlange Atma Jnana durch das Studium der Schriften, der Gesellschaft mit Weisen und die ständige Meditation auf Brahman oder das reine, unsterbliche Selbst.“

„Wer von der Schlange des Ajnana gebissen wird, wird von dem Garuda Mantra namens Jnana geheilt. Wenn er Wissen erlangt, hat er die vollkommene Geistesruhe. Sogar wenn er von einem Pfeilhagel getroffen wird, ist er wie eine sanfte Blume, ein Flammenmeer bedeutet für ihn nur ein weiches, mit Blumen verziertes Bett. Atma Jnana dämmert in einem Menschen nur, wenn er das Wissen, dass den drei Quellen entstammt, assimiliert, nämlich seine Selbsterfahrung, die wirkliche Bedeutung der großen Sätze der Upanischaden und die Anweisungen seines Gurus. Menschen, denen kein äußerst scharfsinniger und reiner Verstand, kühnes Verstehen und anhaltendes Wissen zueigen ist, werden aus Studium der Shastras keinen Nutzen ziehen. Ein Bad im Ganges, Askese und eine Pilgerreise reinigen nur das Herz, aber sie helfen nicht dabei, direkt den unbefleckten Thron Brahmas zu erreichen. Es geschieht nur unter größter persönlicher Anstrengung sowie dem Ausrichten des Geistes auf das Höchste Selbst und mittels ununterbrochener, langanhaltender Meditation, dass man die höchste Wonne erreichen kann.