Samadhi Yoga

Kapitel 10: Dhyana

1. Meditation

Fünf Dinge sind unverzichtbar, wenn man intensiv meditieren und Samadhi bzw. Selbstverwirklichung schnell erreichen möchte. Das sind: Stille, eine leichte Ernährung oder eine Ernährung, die aus Milch und Früchten besteht, Alleinsein in einer schönen Umgebung, persönlicher Kontakt zu einem Lehrer und ein kühler Ort.

Baue dir mittels der Meditation eine starke spirituelle Burg und errichte eine magnetische Aura um dich herum, die nicht durchbrochen werden kann, nicht einmal von den mächtigen Boten der Maya.

Lass deinen Willen durch mehr Atma Chintana (Wissen um das Selbst), durch Ausmerzen der Vasanas, Kontrolle der Sinne und ein intensiveres Innenleben stark werden, rein und unwiderstehlich. Nutze jede Sekunde an Sonn- und Feiertagen zu deinem bestmöglichen spirituellen Vorteil.

Es gibt viele wertvolle Übungen die für die geistige Entwicklung maßgeblich sind; zum Beispiel Gedächtnistraining und die Fähigkeit der Reflexion, das Unterscheidungsvermögen und Vichara (Hinterfragen). Die Meditation an sich klärt das Gedächtnis enorm. Geistiges Training unterstützt die Meditation äußerst wirksam.

Du wirst dich nur dann tief in Meditation versenken können, wenn du ein ethisches Leben führst. Wenn dein Leben von ethischen Grundsätzen geprägt ist, kannst du versuchen, das Unterscheidungsvermögen und die anderen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Du kannst den Geist durch Konzentration kultivieren und dich schließlich ganz der Meditation verschreiben. Je ethischer dein Leben verläuft, umso mehr meditierst du und umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass du  in Nirvikalpa Samadhi eintrittst, der dich von den ewigen Zyklen von Tod und Wiedergeburt befreit und dir ewige Wonne und Unsterblichkeit verleiht.

Wer von sich behauptet, jeden Tag tiefe Meditation zu üben, während er die Vikaras (negativen Eigenschaften des Geistes), noch nicht beseitigt hat, täuscht sich selbst und andere. Er ist ein erstklassiger Heuchler.

Wenn du dich beim Meditieren zu sehr beanspruchst und über deine Möglichkeiten hinausgehst, werden Trägheit und Inaktivität folgen. Das Meditieren sollte sich ganz natürlich von selbst einstellen, weil der Geist durch Sama (Ruhe), Dama (Sinnesbeherrschung), Uparati (Vermeiden von Reiz-Reaktionen) und Pratyahara (Rückzug der Sinne) zur Ausgeglichenheit gefunden hat. Das Selbst ist die Ausgangsquelle der Energie. Seine Gedanken auf Atman, der Quelle der Energie, zu heften, ist eine dynamische Methode, um seine Energie, Stärke und Kraft zu vergrößern.

Bewahre deine Energie indem du nur wenig redest, Mouna befolgst, den Zorn kontrollierst, Brahmacharya befolgst, Pranayama übst und unwichtige und unsinnige Gedanken kontrollierst. Du wirst reichlich Energie zur Verfügung haben, wenn du das beachtest. Du kannst nun Himmel und Erde in Bewegung setzen.

Lasse schonungslos alle sinnlichen Dinge hinter dir. Sie sind die Geburtsstätte des Leidens. Entwickle schrittweise geistige Ausgeglichenheit. Unterwirf die Sinne. Merze Lust, Zorn und Gier aus. Meditiere und erfahre den unsterblichen Atman. Verankere dich fest im Selbst. Jetzt kann dich nichts mehr verletzen. Du bist unbesiegbar geworden.

Was will Krishna uns lehren, wenn er eine Flöte in seiner Hand hält? Was ist die symbolische Philosophie der Flöte? Die Flöte ist das Symbol für om. Er sagt: „Leere deinen Egoismus. Ich werde auf der Flöte deines Körpers spielen. Lass deinen Willen eins werden mit Meinem Willen. Nimm Zuflucht in om. Meditiere über om. Du wirst in Mein Sein eintreten. Höre die innere Musik der Seele, die das Herz berührt, und weile in immerwährendem Frieden.“

Tauche tief ins Herz ein, indem du den Geist von den sinnlichen Dingen abziehst. Töte das illusorische kleine Ich und erkenne so'ham („Ich bin Er“ [das Selbst]). So wie ein Wassertropfen seinen Namen und seine Form verliert und zum Meer wird, so verschmilzt auch der Jiva (individuelle Seele) mit der höchsten Seele und verliert Namen und Form.

Weise zerschneiden den Knoten des Egoismus mit dem scharfen Schwert beständiger Meditation. Dann steigt das höchste Wissen des Selbst auf, die vollständige innere Erleuchtung, die Gotteserkenntnis. Der befreite Weise hat nun weder Zweifel noch Illusionen. Alle karmischen Bindungen sind zerstört. Darum beschäftige dich beständig mit dem Meditieren. Es ist der Generalschlüssel, der die Gefilde ewiger Wonne öffnet. Zu Anfang mag es ermüdend sein und einen anwidern, da der Geist immer wieder von seinem festen Punkt wegläuft. Nach einigem Üben wird er in seinem Zentrum fokussiert bleiben. Und du wirst in die göttliche Wonne eintauchen.

Große Rishis und Weise aus vergangenen Zeiten wie Yajnavalkya, Uddalaka etc. haben das Wissen vom Selbst erlangt, das ein Mittel ist, um die höchste Kommunion durch intensive Meditation zu sichern.

Was macht ein leidenschaftlicher Mensch? Er wiederholt dieselbe Handlung wieder und wieder und schlägt sich so oft er kann den Bauch voll. Was macht ein Schüler mit dem brennenden Verlangen nach Selbsterkenntnis? Er nimmt nur etwas Milch zu sich und wiederholt den Prozess des Meditierens wieder und wieder, Tag und Nacht, und erlebt die ewig währende Wonne des Selbst. Beide sind auf ihre Weise sehr beschäftigt. Ersterer ist im Rad von Tod und Wiedergeburt gefangen, letzterer erlangt Unsterblichkeit. Man kann den Geist durch stetiges Üben unter Kontrolle bringen. Man muss ihn immer mit göttlicher Kontemplation beschäftigen. Sobald man mit seinen Anstrengungen nachlässt, dringen sofort faule Gedanken ein. Nur beständiges Üben kann den Geist leicht unter Kontrolle bringen.

Samadhi ist möglich, wenn man Konzentration und Meditation übt und diese von einer leichten Ernährung begleitet. Meditiere zwei oder drei Stunden. Wenn du müde wirst, ruhe dich eine halbe Stunde lang aus. Trinke ein Glas Milch und setze dich wieder zum Meditieren hin. Wiederhole den Prozess des Meditierens wieder und wieder. Am Abend kannst du einen kleinen Spaziergang auf der Veranda machen. Erlaube dem Geist nicht, auch nur für ein paar Minuten weltlichen Gedanken nachzugehen. Diese Methode wird den Geist äußerst beschäftigt halten und ihn in kurzer Zeit einfangen. Übe es. Du kannst innerhalb von vierzig Tagen in Samadhi eintauchen. Hausbesitzer können einen Raum in einen Wald verwandeln und dieses Ziel in ihren eigenen vier Wänden erreichen. Du wirst nach etwas Übung selbst vierzehn Stunden am Stück sitzen können. Padmasana (Lotossitz) ist gut für Menschen im Berufs-und Familienleben. Siddhasana ist gut für Sannyasins.

Wenn du im Yoga erfolgreich sein möchtest, musst du alle weltlichen Freuden hinter dir lassen und Tapas (spirituelle Askese) und Brahmacharya (Enthaltsamkeit) praktizieren. Tapas und Brahmacharya werden dir beim Erlangen von Konzentration und Samadhi helfen.

Genauso wie ein Schüler Interesse am Erlernen der Mathematik oder der Geometrie entwickelt, selbst wenn sie ihm am Anfang zuwider sind, indem er sich vorstellt, welche Vorteile er haben wird, wenn er die Prüfung besteht, so musst du dein Interesse am Meditieren fördern, indem du an die unzähligen Vorteile denkst, die du aus beständiger Meditationspraxis herleiten wirst, nämlich Unsterblichkeit, höchsten Frieden und unendliche Wonne.

Wenn du viel beschäftigt und immer viel unterwegs bist, brauchst du keinen besonderen Raum und keine besondere Zeit für die Meditation. Verbinde während der Meditation so'ham oder rama mit dem Atem. Dann wird jeder Atemzug zu einem Gebet. Denke stets an so'ham oder rama. Spüre Gottes Gegenwart überall. Das genügt.

Wenn du einen Monat lang Rasagulla gegessen hast – eine bengalische Süßigkeit – entwickelt sic dazu eine „geistige Bindung“. Wenn du in Gesellschaft von Sannyasins lebst, Bücher über Yoga, Vedanta etc. liest, findet eine ähnliche Bindung im Geist mit dem Streben nach Gottesbewusstsein statt. Aber bloße geistige Anbindung wird dir nicht viel helfen. Es bedarf brennenden Vairagyas (Leidenschaftslosigkeit), brennenden Mumukshutvas (Wunsch nach Befreiung), der Fähigkeit zu Sadhana (spiritueller Praxis) und intensiver und beständiger Umsetzung und Nididhyasana (tiefer, wiederholter Meditation). Nur dann ist Selbstverwirklichung möglich.

Wenn dir nicht nach Arbeiten zu Mute ist und du nur meditieren möchtest, kannst du ein Leben in völliger Zurückgezogenheit verbringen und nur von Milch und Früchten leben. Du wirst spirituell guten Fortschritt machen.

Wenn dir nach Arbeiten zumute ist und die Lust nach Meditation nachlässt, nimm die Arbeit wieder auf. So sollte der Geist durch schrittweises Üben geformt werden.

Wenn du während Brahma Muhurta („Stunde Brahmans“ der Zeit vor Sonnenaufgang) aufstehst, wird dein Geist klar und ruhig sein. Es liegt ein spiritueller Einfluss und eine geheimnisvolle Stille in den frühen Morgenstunden. Alle Heiligen und Yogis meditieren zu diesem Zeitpunkt und schicken ihre Schwingungen in die ganze Welt. Du wirst sehr von ihren Schwingungen profitieren, wenn du dein Gebet, Japa und Meditation zu dieser Uhrzeit beginnst. Zwinge dich zu nichts. Der meditative Zustand wird sich von selbst einstellen.

Übe, zu Brahmamuhurta zu meditieren. Es ist die beste Zeit für die Meditation. Wähle immer einen Zeitpunkt am Tag oder am Abend, wenn dein Geist klar ist und du am wenigsten in Gefahr bist, gestört zu werden. Du kannst eine Meditationsrunde machen bevor du zu Bett gehst. Der Geist wird zu diesem Zeitpunkt ruhig sein. Du kannst auch am Sonntag meditieren, da es ein freier Tag ist und der Geist frei. Meditiere sonntags intensiv. Du wirst dich sehr gut konzentrieren können, wenn du nur von Milch und Früchten lebst oder fastest. Benutze stets deinen gesunden Menschenverstand und versuche, beim Meditieren gute Ergebnisse zu erlangen.

Meditiere abends. Man braucht eine zweite Meditationssitzung pro Tag. Wenn du nicht genug freie Zeit hast, reicht es, wenn du am Abend nur kurz meditierst, etwa 10 oder 15 Minuten. Du wirst keine schlechten Träume haben. Die göttlichen Gedanken werden auch in den Schlaf getragen. Die guten Eindrücke werden dort sein.

Ein Schüler, der in einem abgelegenen Zimmer im Obergeschoss meditiert, kann da ebensoviel Ruhe finden wie in einem Wald. Jedoch wird er dort nicht die angenehmen spirituellen Schwingungen wie in Rishikesh, Uttarkashi oder Gangotri haben. Schwingungen spielen eine wichtige Rolle, um den Geist zu erheben und ihn einpünktig zu machen (Ekagrata). An diesen heiligen Orten sind die Schwingungen der Rishis im Äther vorhanden und kommen dem Schüler sehr zugute. Vairagya, sattviges Bhava (Seinszustand) und die Meditationsstimmung kommen an diesen heiligen Orten ganz von selbst, ohne Kampf und Anstrengung. Ein paar Frauen sind einmal im Bahnhof von Rishikesh aus dem Zug gestiegen und im selben Augenblick, da sie den Himalaya erblickten, sagten sie: „Wer ist Sohn? Wer ist Vater? Alles ist Maya (Illusion).“ Das ist die mächtige Wirkung der geistigen Schwingungen.

Nur Weise und Yogis können die Art der Schwingungen eines Ortes für die Meditation sofort erkennen.

Du hast einen Schlüssel bekommen, um viele der Geheimnisse des Lebens zu erschließen. Dieser Schlüssel heißt Meditation. Meditiere regelmäßig am Morgen zwischen vier und sieben Uhr und erlange ewige Wonne und Unsterblichkeit.

Oh geliebter Ram, du befindest dich nun in einer starken spirituellen Burg. Keine Versuchung kann dich beeinflussen. Du bist absolut sicher. Du kannst nun ohne Furcht intensives Sadhana machen. Du hast eine starke spirituelle Stütze, auf die du dich lehnen kannst. Werde ein mutiger Soldat. Überwinde deinen Feind, den Geist. Trage die spirituellen Lorbeeren des Friedens, der rechten Einsicht, der Zufriedenheit. Dein Gesicht erstrahlt bereits vor göttlichem Glanz. Der allgütige Gott hat dir alle äußeren Annehmlichkeiten, eine gute Gesundheit und einen Guru zu deiner Führung geschenkt. Was willst du mehr? Wachse, entwickle dich, erkenne die Wahrheit und verkünde sie überall.

2. Unterschiedliche Meditationspfade

Es gibt zwei Arten von Meditation, konkrete und abstrakte. Bei der konkreten Meditation meditiert man über eine konkrete Form Gottes: Krishna, Rama, Shiva, Hari, Gayatri oder Devi. Bei abstrakter Meditation konzentriert man die gesamte Energie des Geistes auf den Gedanken Gottes, auf den Atman, und vermeidet Erinnerungen und alle anderen Vorstellungen. Nur ein einziger Gedanke erfüllt den Geist. Man konzentriert den Geist auf einen Punkt, auf einen Gegenstand, entweder im Körper oder außerhalb (einen äußerer Gegenstand). Die Meditation folgt auf die Konzentration.

Samadhi wird zu Sahaja308, einem natürliche Seinszustand, durch langes Nididhyasana (tiefe Versenkung), nicht durch Pranayama oder andere Hatha Yoga Praktiken.

Es gibt für jeden Menschen eine passende Meditationsmethode. Sie hängt ganz von den Vorlieben, dem Temperament, der geistigen Beschaffenheit und den geistigen Kapazitäten jedes Individuums ab.

Ein Gläubiger meditiert über seine Schutzgottheit, seine Ishta Devata. Ein Raja Yogi meditiert über den besonderen Purusha oder Ishvara, der von Leiden, Verlangen und Karmas unberührt ist. Ein Hatha Yogi meditiert über die Chakras (Energiezentren) und die sie beherrschenden Gottheiten. Ein Jnani meditiert über sein eigenes Selbst, den Atman. Du musst selbst herausfinden, welche Art von Meditation passend für dich ist. Wenn dir das nicht möglich ist, suche Rat bei einem Lehrer oder geistigen Führer, der die Selbstverwirklichung erreicht hat. Er wird das Wesen deines Geistes erkennen können und wissen, welche die richtige Meditationsmethode für dich ist.

„Ich bin eine Verkörperung von Shanti.“ - „Ich bin eine Verkörperung von Ananda.“

Diese Methode zählt zu Vedanta-Meditation Nirguna (eigenschaftslose)- Meditation bzw. Ahamgraha Upasana311.

Wähle eine Form der Meditation aus, die im Hinblick auf dein Temperament, deine Vorlieben, deine Fähigkeiten oder deine Ausrichtung zu dir passt und erreiche das Ziel des Lebens in dieser Geburt.

Dhyana kann man in Form von Japa Sahita Dhyana (Meditation in Verbindung mit Mantrawiederholung), und Japa Rahita Dhyana (Meditation ohne Mantrawiederholung) praktizieren.

So wie ein Licht in einer Sturmlaterne brennt, so brennt auch die göttliche Flamme seit Anbeginn der Zeit in der Lampe deines Herzens. Schließe die Augen, werde eins mit der göttlichen Flamme. Tauche tief ein in den Raum deines Herzens. Meditiere über dieses göttliche Feuer und werde zu einer Flamme Gottes.

Ziehe die Indriyas (Sinnesorgane) von den Gegenständen ab. Stimme Gott mit höchstem Tapas (Askese) günstig. Meditiere über Gott, steige in den strahlenden Wagen Gottes und gelange zur höchsten Wohnstätte Vishnus.

Oh Freunde, wacht auf, schlaft nicht länger. Meditiert. Es ist Brahma Muhurta. Öffnet die Tore des Tempels Gottes in eurem Herzen mit dem Schlüssel der Liebe. Hört die Musik der Seele. Singt eurem Geliebten das Lied der Liebe (Prem). Spielt die Melodie der Unendlichkeit. Schmelzt euren Geist in Seiner Kontemplation. Werdet eins mit Ihm. Taucht ein in den Ozean von Liebe und Wonne.

Folgendes sind Zeichen dafür, dass du in deiner Meditation wächst und Gott näher kommst: Die Welt zieht dich nicht an. Sinnliche Dinge stellen keine Versuchung mehr für dich dar. Du wirst wunsch-, furcht-, ich- und geistlos. Dehaadhyasa (das dem Körper Verhaftetsein) verschwindet nach und nach. Gedanken wie: „Sie/Er ist meine Frau/mein Mann. Er ist mein Sohn. Das ist mein Haus“, hören auf. Du spürst, dass alles Manifestationen Gottes sind, bzw. Gott in allem ist; dein Körper und dein Geist werden leicht; dein Gemüt stabil, froh und glücklich sein; du wirst Gottes Namen stets auf deinen Lippen tragen; dein Geist wird stets zu den Lotosfüßen Gottes weilen; dein Geist wird ständig das Bild Gottes in sich tragen bzw. er wird das Bild Gottes ununterbrochen sehen; Du wirst spüren, das alles Sattwige -

Laut Patanjali Maharshi, dem Begründer der Raja-Yoga-Philosophie und Autor des "Yogasutra", ist das höchste Ziel menschlichen Strebens nicht die Vereinigung oder das Aufgehen in Gott, sondern Kaivalya - die völlige Loslösung, bzw. Befreiung der Seele von allem Materiellen.

Beruhige den Geist. Richte den Intellekt aus. Lass die Sinne ruhig werden. Jetzt kannst du in tiefe Meditation eintauchen. Sei wachsam. Rajas (Unruhe) wird vielleicht versuchen, einzudringen. Treibe den Eindringling gnadenlos zurück und erlange erneut geistige Gelassenheit.

Im Yoga wird der Blick nach Innen gerichtet. Die nach außen strebenden Sinne und der Geist werden vom Yogi durch beständiges Üben unter Kontrolle gehalten. Der Yogi beherrscht die Vrittis (die Wellen des Geistes) und ruht schließlich in Asamprajnata Samadhi  (im samenlosem Samadhi). Es bereitet ihm große Schwierigkeiten, die Vrittis zu kontrollieren. Die Wellen des Meeres sind nichts im Vergleich zu den Wellen des Ozean des Geistes. Der allzeit wachsame unerschrockene Yogi ist ein Seemann, er ist der Kapitän seines Ozeandampfer-Körpers, der von den Wellen des gewaltigen Samsara-Ozeanes heftig hin und hergeworfen wird. Er beruhigt die geistigen Wellen durch beständige Bharana (Konzentration des Geistes) und durch Meditation, und gelangt schließlich ans andere Ufer der Furchtlosigkeit und Unsterblichkeit.

Wenn du den spirituellen Höhepunkt des Nichtvorhandenseins der Gedanken erreicht hast, wirst du zum Wohnsitz von Unsterblichkeit, ewigem Frieden und höchster Wonne gelangen.

Oh Ram, beginne deine Reise nach Hause. Schreite mutig auf dem spirituellen Pfad voran. Hab keine Angst vor Schwierigkeiten. Sei kühn. Erklimme Berg um Berg. Durchquere die tiefen Schluchten von subtilem Moha (Täuschung) und von Stolz, die auf deinem Weg liegen. Setze zu einem großen Sprung an und überquere die mystische Grenze von Avyakta (dem Unmanifesten). Enthaupte die Gedanken, die einen Guerillakrieg gegen dich führen. Trete nun ein in die unendliche Weite reiner Wonne und höchsten Wissens. Hole deine ursprüngliche göttliche Herrlichkeit wieder zu dir zurück. Weile in deinem Satchitananda Svarupa (deiner wahren Natur als reines Sein-Wissen-Wonne).

Erkenne und verstehe die Macht der Gedanken. Gebiete den niederen Gedanken Einhalt indem du höhere Gedanken pflegst. Transzendiere auch die höheren Gedanken und tritt in einen Zustand ein, indem du frei von Gedanken bist. Identifiziere dich mit dem reinen Bewusstsein.

Selbst ein extrem sündhafter Mensch wird, wenn er nur einen Moment lang über den unveränderlichen Atman meditiert, zu einem Asketen von großer Reinheit.

Bei religiösen Opfern macht man Feuer, indem zwei hölzerne Stöcke (Arani) aneinandergerieben werden. Genauso wird das Feuer der Weisheit durch Meditation über das Höchste Selbst entzündet.

Der Geist wird zu Beginn dadurch diszipliniert, dass man ihn auf einen konkreten Gegenstand oder ein Symbol ausrichtet. Später, wenn er fest und fein geworden ist, kann man ihn an einen abstrakten Gedanken wie aham brahmaasmi ("Ich bin Brahman") heften.

Meditiere stets darüber, dass dein wahres, aus sich selbst heraus leuchtendes, unsterbliches Selbst, reines Bewusstsein, satchitananda Brahman, unveränderlich, ein stiller Beobachter der drei Seinszustände (d.h. des Wachzustandes, des Traums und des Tiefschlafes), weder Körper, noch Geist und keine der fünf Hüllen ist. Du wirst Selbstverwirklichung erlangen. Du wirst das Selbst - Brahma Jnana - erkennen.

Ein Yati (Einsiedler) sollte bewusst den Übergangszustand direkt vor dem Einschlafen wahrnehmen und darüber meditieren. So kann er befreit werden. Das ist die einzige Stütze - Alambana - um den wahren  Zustand von Nissankalpa (ohne Eindrücke) bzw. Nirdvandva (jenseits der Dualität) zu erreichen.

Im Geist steigt ein Wunsch auf. Er wird befriedigt. Ein weiterer folgt. In dem Intervall zwischen zwei Wünschen ist der Geist vollkommen ruhig. Der Geist ist dann frei von Sankalpas (Eindrücken), Anziehung und Abneigung. Vollkommener Frieden herrscht auch während des Intervalls, dem Sandhi (Übergang) zwischen zwei Gedanken.

Wenn der Geist sich auf Brahman (das höchste Selbst) konzentriert, wird er eins mit Brahman, so wie der Kampfer mit der Flamme eins wird, Salz mit Wasser oder Wasser mit Milch. Der Geist schmilzt in Brahman. Der Geist wird zu Brahman. Es gibt keine Dualität mehr. Das ist der Kaivalya Zustand.

Der ganze Mikrokosmos und Makrokosmos – mit den drei Aspekten Brahma (Schöpferprinzip), Vishnu (erhaltendes Prinzip) und Shiva (transformatorisches Prinzip), ist in om enthalten. Alle Veden und die sechs Darshanas313sind in om enthalten. Om ist alles. Om ist Brahman. Meditiere über om im Bewusstsein seiner Bedeutung und mit Bhava (Hingabe). Erkenne Brahman und sei frei.

Du wirst durch sechs Phasen der Meditation gehen müssen und dann schließlich in vollkommenen Nirvikalpa Samadhi (den überbewussten Zustand) eintreten. Die Wahrnehmung von Formen wird gänzlich aufhören. Jetzt gibt es weder Meditation noch Meditierenden. Der Meditierende und das Meditationsobjekt sind eins geworden. Du wirst nun das höchste Wissen und ewigen höchsten Frieden erlangen. Das ist das Ziel des Lebens. Du bist ein erleuchteter Weiser, der erleuchtete Jivanmukta (in diesem Leben Befreiter). Du bist vollkommen befreit von Schmerz, Kummer, Angst, Zweifel und Verblendung. Du bist mit Brahman identisch geworden. Der Tropfen ist zum Ozean geworden. Der Fluss ist in den Ozean gemündet und zum Ozean selbst geworden. Alle Unterschiede und Getrenntheit hören auf. Du erlebst jetzt: „Ich bin das Unsterbliche Selbst. Alles ist wahrhaftig Brahman. Es gibt nichts außer Brahman.“

Versuche, das Akhanda Brahman Gefühl (ununterbrochener Zustand im Absoluten) zu erweitern. Steige hoch empor. Halte diesen Zustand, so lange du kannst. Verankere dich in ihm. Habe nun immer Sahaja Avasta (natürliches, beständiges brahmisches Gefühl). Das muss nun dein Ziel und Bestreben sein.

3. Meditation über Om

Die Silbe om (Pranava) ist ein Fährschiff für Menschen, die in den bodenlosen Ozean des weltlichen Lebens gefallen sind. Viele schon haben mit Hilfe dieses Bootes den Ozean von Samsara (Kreislauf von Geburt und Tod) überquert. Auch du kannst das, wenn du willst. Meditiere beständig über om mit Bhava (Hingabe) und mit Bestimmtheit und erkenne das Selbst.

Om ist das einzige Symbol für das unsterbliche alldurchdringende Selbst, den Atman. Denke an om und denke an nichts anderes mehr. Schalte alle weltlichen Gedanken aus. Sie kehren vielleicht wieder und wieder zurück. So erschaffe dann wieder und wieder Gedanken an das reine Selbst. Verbinde mit OM Gedanken von Reinheit, Vollkommenheit, Freiheit, Wissen, Unsterblichkeit, Ewigkeit, Unendlichkeit etc. Wiederhole om im Geist.

aum (om) ist alles - a steht für die physische Ebene, u für die geistige, die astrale Ebene, die Welt der Geistwesen, alle Himmel; m steht für den Zustand des Tiefschlafes und alles, was unbekannt ist, selbst im Wachzustand und alles was jenseits der Reichweite des Intellektes liegt.

oṃ umfasst alle drei Grunderfahrungen des Menschen. oṃ steht für alles, was in der Welt in Erscheinung tritt. Von oṃ aus wurde diese mit den Sinnen erlebbare Welt projiziert. oṃ ist der Name bzw. das Symbol für Gott, Ishvara oder Brahman. oṃ ist dein wahrer Name. oṃ ist das Fundament deines Lebens, deines Denkens und deiner Intelligenz. Alle Worte sind auf oṃ als ihren Mittelpunkt ausgerichtet. Damit ist die Welt aus oṃ entstanden, besteht in oṃ und löst sich in oṃ auf.

oṃ ist das Symbol vom höchsten Sein. Meditiere über oṃ. Wenn du an oṃ denkst oder mit oṃ meditierst, denke unweigerlich an Gott, an das, wofür das Symbol steht. Verbindung mit oṃ bedeutet, mit dem, wofür es steht, eins zu werden.

„tajjapaḥ tadarthabhāvanam“ („Ständige Wiederholung von oṃ mit Gefühl und Bewusstsein seiner Bedeutung [führt zu Gott]“).[YS 1.28]

Versuche dich mit dem wonnevollen Selbst zu identifizieren, wenn du an OM denkst, über OM meditierst oder OM chantest, und erkläre die fünf Koshas (Hüllen: Körper, Geist, Intellekt usw.) zu illusorischen Anhängseln, die durch Maya erzeugt werden. Du musst das Symbol  als Sat-Chit-Ananda Brahman oder Atman ansehen. Das ist seine Bedeutung. Während der Meditation solltest du fühlen, dass du pure Reinheit bist, reines Licht, allesdurchdringende Existenz etc. Meditiere täglich über das Selbst. Denke daran, dass du nicht der Körper und nicht der Geist bist. Erfahre asmi saccidānandātman („ich bin allesdurchdringendes Bewusstsein“). Das ist vedantische Meditation.

Meditiere über OM bis du Samadhi erreichst. Wenn sich dein Geist von Rajas und Tamas ablenken lässt, übe Dharana (Konzentration) und Dhyana (Meditation) wieder und wieder.

Wenn man seinen Körper oder das niedere Selbst zum unteren Feuerholz gemacht hat, und Pranava, den Klang OM, zum oberen, wird man durch das Reiben, durch beständige Meditation (Abhyasa), Gott (Atman) im Inneren entdecken (aus der "Svetasvatara-Upanishad"314).

Oh Ram, jetzt lebst du im Himalaya. Sei im Einklang mit Gottes Natur. Die luftigen Höhen werden dir die Geheimnisse des ewigen Lebens zuflüstern. Die gurgelnden Bäche um dich werden dir das Lied von Omkara315

4. Meditation - Nutzen und Erfahrungen

Selbst Indra, der Herr der Devas (Engelswesen), der sich in Reichtum und Überfluss wälzen kann, vermag nicht jene Wonne zu erleben, die einem Weisen zuteil wird, der einen in seiner Mitte ruhenden Geist hat, in seinem eigenen Svarupa (seiner wahren Natur) aufgegangen ist und alles mit den Augen der Einheit betrachtet.

Erlerne die Wissenschaft der Selbstkontrolle. Gewinne einen festen Geist durch stetiges Meditieren. Richte deinen Geist auf Gott. Du wirst ein göttliches Leben haben. Das Licht wird erstrahlen. Alle göttlichen Eigenschaften werden hereinströmen. Alle negativen Neigungen werden verschwinden. Alle sich bekämpfenden Kräfte werden versöhnt. Du wirst vollkommene Harmonie erleben, ungestörtes Glück und einen tiefen andauernden Frieden.

Meditation ist der einzig wahre Königsweg zur Erlangung von Befreiung. Meditation zerstört allen Schmerz, alles Leiden und jeden Kummer. Meditation beseitigt alle Ursachen für Trauer. Meditation verleiht dir die Sicht von Einheit. Meditation durchdringt dich mit einem Gefühl der Ganzheit. Meditation ist der Ballon, der Fallschirm oder das Flugzeug, das dem Suchenden hilft, weit ins Reich der ewigen Wonne, des unendlichen Friedens und der unsterblichen Freude hinaufzusteigen.

Meditation ist der Königsweg, um Göttlichkeit zu erreichen. Es ist die große Hauptstraße, die den Suchenden direkt an sein Ziel des göttlichen Bewusstseins führt. Sie ist die mystische Leiter, die den Yogaschüler von der Erde zum Himmel bringt. Sie ist die göttliche Leiter der Yogis, die sie zum höchsten AsamprajnataSamadhi befördert. Sie bildet die Stufen auf der Treppe von Chidakasa (Raum der Bewusstheit), die den Suchenden zur obersten Ebene, zu Advaita Nishta (Nondualität) und zu Kaivalya Mukti (Befreiung) der Vedantins (Anhänger der Vedanta-Philosophie) tragen. Ohne sie ist keine spirituelle Entwicklung möglich. Sie ist die luftige Seilbrücke, die es dem Schüler ermöglicht, mit Leichtigkeit ans andere Ufer zu gleiten, das Ufer von Bhava Samadhi, den Honig von Prem (überpersönlicher Liebe) zu trinken und vom Nektar der Unsterblichkeit zu kosten.

Regelmäßiges Meditieren öffnet die Kanäle des intuitiven Wissens, lässt den Geist ruhig und fest werden, erweckt ein Gefühl der Ekstase und bringt den Yogaschüler in Kontakt mit der Quelle, mit dem höchsten Purusha. Wenn Zweifel da sind, werden sie von selbst bereinigt, wenn du stetig auf dem Weg des Dhyana Yoga (Meditation) voranschreitest. Du wirst selbst spüren, auf welche Weise du deinen Fuß auf die nächste Sprosse der spirituellen Leiter setzen kannst. Eine geheimnisvolle innere Stimme wird dich führen. Lausche ihr aufmerksam, Oh Yogindra.

Wenn du abends deine Uhr aufziehst, wird sie vierundzwanzig Stunden lang einwandfrei laufen. In gleicher Weise kannst du, wenn du eine oder zwei Stunden während Brahmamuhurta meditierst, den ganzen Tag über friedlich arbeiten. Nichts kann deinen Geist dann stören. Dein ganzes System wird aufgeladen sein mit den spirituellen Schwingungen, mit den göttlichen Wellen.

Viele deiner Zweifel werden sich während des Meditierens von selbst auflösen. Manchmal musst du dich einige Zeit gedulden, bis gewisse Zweifel verschwinden. Egal wie viel dir dein Lehrer auch erklären mag, manches kannst du zu einem gewissen Zeitpunkt noch nicht verstehen. Du musst dich noch ein bisschen entwickeln. Wenn du dann fortgeschrittener bist, klären sich die Zweifel. Vielleicht hast du akute Schmerzen, z.B. eine Blinddarmkolik oder ein großes Geschwür. Im Schlaf empfindest du überhaupt keinen Schmerz. Wenn du mit Chloroform behandelt wirst, empfindest du ebenso keinen Schmerz. Nur wenn der Geist mit dem Körper verbunden ist, manifestiert sich der Schmerz. Wenn du den Geist vom Körper trennen kannst, verschwindet der Schmerz.  Atman ist eine Verkörperung von Wonne (Anandaghana). Wenn du den Geist von den Dingen und vom Körper zurückziehst und ihn durch beständiges Meditieren auf den Atman heftest, werden alle Schmerzen ein Ende haben. Meditation ist der einzige Weg, der alles menschliche Leiden zerstören kann. Es gibt keinen anderen Weg.

Wirkliche Ruhe kann man während der Meditation erfahren, wenn der Geist im Atman weilt. Ein Arbeitswechsel kann Ruhe bringen. Ohne Beschäftigung herumzuhängen, dem Geist zu erlauben, wild wie ein brunftiger wütender Elefant herumzurennen und  Luftschlösser zu bauen, das kann keine Ruhe bringen.

Wer seinen Geist während der Meditation nicht konzentrieren kann, kann das Selbst nicht erkennen. Ein unsteter Mensch kann nicht meditieren. Er kann sich nicht mit glühender Hingabe um die Erkenntnis des Selbst bemühen, kein brennendes Verlangen nach Befreiung, Moksha, haben. Wer keine Meditation praktiziert, kann keinen Frieden im Geist haben. Wie kann ein Mensch, der keinen Frieden hat, glücklich sein?

Auch im Traum wirst du allmählich Kontrolle gewinnen. Du wirst den Geist aufhalten, wenn er Böses tut. Die Kraft deines Sadhana (spirituelle Praxis), das du im Wachzustand gemacht hast, wird dir im Traum zu Hilfe kommen. Das ist ein Zeichen deines spirituellen Fortschritts. Beobachte deine Träume aufmerksam.

Welche Art von Träumen hast du? Welche Art von Gedanken kommt in deinem Geist auf, sobald du erwachst, wenn du alleine im Zimmer bist oder auf der Straße läufst? Kannst du denselben Geisteszustand, den du während der Meditation in einem abgeschlossenen Raum hast, auch halten, wenn du auf der Straße läufst? Schau nach innen und beobachte deinen Geist aufmerksam. Wenn der Geist gestört wird, wenn du unterwegs bist, bist du noch schwach. Du hast beim Meditieren noch keinen Fortschritt gemacht und bist noch nicht spirituell gewachsen. Mache intensiv weiter mit dem Meditieren. Ein fortgeschrittener Schüler hat während des Traumes Gedanken von Brahman.

Verstehe die Kraft der Stille. Die Kraft der Stille ist unendlich größer als alle Lehren, Gespräche, Reden und Abhandlungen. Dakshinamurti unterrichtete die vier Nachkommen Sanaka, Sanandhana, Sanatana und Sanatkumara durch Stille. Die Sprache der Stille ist die Sprache Gottes. Die Sprache der Stille ist die Sprache des Herzens. Sitze in Stille und halte das Wirken und Wandeln des Geistes zurück. Sitze in Stille und sende deine innere spirituelle Kraft hinaus in die ganze Welt. Das ganze Universum profitiert davon. Lebe in der Stille. Werde still. Weile in der Stille. Erkenne das Selbst und sei frei.

Wenn du am Morgen meditierst, schicke deine Liebe und deinen Frieden hinaus zu allen lebenden Wesen. Sage: „sarveṣāṃ śāntir bhavatu“ ("Mögen alle Frieden haben"); „sarveṣāṃ pūrṇaṃ bhavatu“ ("Mögen alle in Wohlstand leben"); „lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu“ ("Alle Wesen sollen glücklich sein“).

Im Frieden sind alle Schmerzen vernichtet; denn der Intellekt derer die im Geist ruhig und gelassen sind, wird schon bald gefestigt. Wenn geistiger Frieden einmal erreicht ist, gibt es kein Verlangen nach sinnlichen Dingen mehr. Der Yogi ist der absolute Meister seines Verstandes. Der Intellekt wohnt dann im Selbst. Er ist sehr fest. Die Schmerzen von Körper und Geist haben ein Ende.

Während der Meditation hast du kein Gefühl für die Zeit. Du vernimmst keine Geräusche. Du hast keine Vorstellung von deiner Umgebung. Du vergisst deinen Namen und alle Arten von Beziehungen mit anderen. Du erlebst Frieden und Wonne. Allmählich kommst du dahin, in Samadhi zu weilen.

Am Anfang verweilt der Schüler einige Zeit in dem Zustand der reinen Wonne. Dann kommt er davon herunter. Durch beharrliches Üben von beständiger Meditation kann er allmählich für immer in diesem erhabenen Zustand bleiben. Später verschwindet die Vorstellung vom Körper völlig.

Wenn du durch tiefe Meditation die Stille betrittst, werden die Welt im Außen und all deine Sorgen wegfallen. Du genießt größten Frieden. In dieser Stille lebt das höchste Licht. In dieser Stille liegt ewige Wonne. In dieser Stille liegt wahre Kraft und Freude.

Wenn du gewissenhaft meditierst, wird sich Kevala Kumbhaka, das natürliche Atem-Anhalten ohne Puraka (Einatmen) und ohne Rechaka (Ausatmen) von alleine einstellen. Wenn Kevala Kumbhaka eintritt, wirst du unendlichen Frieden empfinden und dein Geist wird sich auf einem einzigen Punkt konzentrieren.

Während der Meditation wirst du kleine Lichtpunkte sehen. Diese werden wachsen und so groß wie die Sonne werden wenn du fortfährst zu üben. Du wirst die leuchtenden göttlichen Gestalten Krishnas, Vishnus, Lakshmis, Kalis, Ganeshas, Ramas und anderer Gottheiten wahrnehmen. Du wirst wunderschöne Bilder von Gärten und Gebäuden sehen. Wenn du das Gayatri Mantra wiederholst oder ein anderes Mantra, wirst du einen spirituellen Strom zum Muladhara Chakra (Wurzelchakra) hin spüren. Dann wird die Energie auch zum Kopf fließen. Du wirst große Freude verspüren. Dein Herz wird von großer Liebe erfüllt sein. Du wirst spüren, wie während der Meditation ein kräftiger spiritueller Strom durch deine Wirbelsäule aufsteigt.

Du wirst spüren wie Willenskraft aus dir strahlt. Dein Bewusstsein wird nun tiefer sein. Gedanken an Gott werden die spirituellen Ströme in deinem Körper zum Fließen bringen. Kontrolliere diese Ströme nicht. Wenn sie im Kopf Hitze erzeugen, behandle ihn mit Butter, Amalaka Öl316 oder mit Brahmi Öl317. Nimm im Sommer dreimal täglich ein kühles Bad. Iss Butter und etwas Süßes.

Manchmal wirst du die Gegenwart deines Gottesbezugs in deiner Nähe spüren. Sein Bild wird beginnen, lebendig zu werden, wenn du regelmäßig meditierst. Während du mit geschlossenen Augen über das Bild von ihm in deinem Herzen meditierst, wirst du merken, wie es immer mehr zu leuchten beginnt. Selbst bei geöffneten Augen siehst du eine strahlende Sonne oder einen strahlenden Mond. Du nimmst Lichter in verschiedenen Farben wahr.

Du wirst einen kräftigen Zug nach oben in der Anusgegend und der unteren Wirbelsäule spüren. Manchmal magst du ein starkes Kribbeln am unteren Ende der Wirbelsäule fühlen. Du wirst das Gefühl haben, dass bald eine große Veränderung in deinem System eintreten wird.

Im Traum wirst du spüren, wie du versuchst, aus deinem Körper auszutreten. Du wirst am unteren Ende der Wirbelsäule einen großen Druck verspüren.

Wenn du mit geschlossenen Augen meditierst, wirst du in deinem Körper zwei leuchtende Stränge sehen, auf denen sich in Abständen strahlende Lotosse befinden und die sich durch das Bild deines Ishtas (persönlichen Gottes) ziehen, der auf einem Lotos in deiner Herzgegend sitzt.

Meditiere weiter. Du wirst spüren, dass das untere Ende der Wirbelsäule und ein Punkt oben am Kopf durch diese Stränge verbunden sind. Du magst das Gefühl bekommen, dein physisches Bewusstsein zu verlieren. Hab keine Angst. Sei mutig und forsch. Du wirst seltene spirituelle Erfahrungen machen. Du wirst mit kosmischer Wahrnehmung sehen. Öffne deine Augen jetzt nicht. Du wirst später zu normalem Bewusstsein zurückkehren.

Reine Emotionen werden in deinem Herzen aufsteigen. Du wirst anfangen, alle Wesen zu lieben. Du wirst spüren, dass die ganze Welt nichts als reines Bewusstsein ist. Tische, Stühle und andere Dinge, Männer und Frauen werden dir als Gefäße dieses Bewusstseins erscheinen, so wie Fässer einen Inhalt umschließen. Du wirst fühlen, dass alles aus diesem Bewusstsein gemacht ist. Diese außerordentliche Erfahrung wird dir große Wonne schenken. Du fühlst, dass Gott als dieses reine Bewusstsein in allen Dingen wirkt. Du wirst in der Tat das Bewusstsein von der physischen Beschaffenheit der Dinge um dich herum verlieren.

Über das Anahata Chakra (Energiezentrum am Herzen) kannst du eine Sakara318-Erfahrung machen und Bhava Samadhi erleben. Über das Sahasrara Chakra (Energiezentrum an der Fontanelle) kannst du Nirvikalpa Samadhi erfahren.

Reinige zuerst dein Herz durch selbstlosen Dienst, Kirtan, Japa, Askese und Fasten und übe dich in Yama Niyama (ethisch-moralischem Leben). Denke nicht an Samadhi. Samadhi kommt von selbst, wenn das Herz ganz rein ist.

Du wirst kein Körperbewusstsein besitzen. Selbst wenn du ein Körperbewusstsein hast, wird es die Form eines Samskara, eines geistigen Überbleibsels, annehmen. Ein Betrunkener mag kein volles Bewusstsein davon haben, dass er Kleidung am Körper trägt. Er hat vielleicht das Gefühl, dass da etwas locker um seinen Körper hängt. Genauso ein Gefühl wirst du vom Körper haben. Du wirst das Gefühl haben, dass etwas an dir hängt, wie ein lockeres Tuch oder leichte Schuhe.

Die Visionen der Rishis (Seher) über die Seele und andere transzendente Dinge tun sich einem Menschen auf, der den ständigen Pflichten, die von den Shrutis und Smritis (Schriften) vorgeschrieben werden, hingebungsvoll nachgeht, der selbstlos ist und danach strebt, das höchste Brahman zu erkennen.

Während tiefer Meditation vergisst ein Schüler zuerst die Welt im Außen und dann seinen Körper.

Das Gefühl, während der Meditation emporzusteigen ist ein Zeichen dafür, dass du über das Körper-Bewusstsein hinausgehst. Du wirst eine ganz besondere Ananda (Wonne) verspüren, wenn du dieses Gefühl erlebst. Am Anfang hält das Gefühl, emporzusteigen nur eine Minute an. Nach einer Minute spürst du, dass du wieder zum normalen Bewusstsein zurückgekommen bist.

Wenn deine Meditation tief wird, wirst du das Körperbewusstsein verlieren. Du wirst das Gefühl haben, dass da kein Körper ist. Du wirst riesige Freude empfinden. Du wirst ein rein mentales Bewusstsein haben. Einige verlieren ihr Gefühl in den Beinen, dann in der Wirbelsäule, dem Rücken, Oberkörper und in den Händen. Wenn sie in diesen Körperteilen kein Gefühl mehr haben, ist es für sie, als schwebe der Kopf in der Luft. Der Geist versucht dann vielleicht, in den Körper zurück zu streben.

Du wirst während der Meditation eine Art höheren unbeschreiblichen Frieden erleben. Du wirst jedoch viel Zeit benötigen, um wahrhaftige spirituelle Erfahrungen zu machen oder den Geist in deinem Lakshya (Konzentrationspunkt) oder einem von dir gewählten Gegenstand der Meditation aufzulösen oder völlig über die Körperbewusstheit hinauszugehen. Sei geduldig. Mach weiter. Du wirst erfolgreich sein.

In vollendeten Seelen bleibt das kosmische Bewusstsein vorhanden. Am Anfang ist es nur ein flüchtiger Eindruck. Durch beständiges Meditieren wird es dauerhaft und ganz natürlich.

5. Hindernisse beim Meditieren

Jeder Suchende muss sich auf seinem spirituellen Weg verschiedenen Hindernissen stellen. Buddha, Oddalaka und Shikhidhvaja haben große Schwierigkeiten erlebt. Du darfst über deinen jetzigen Stand nicht den Mut verlieren. Nil desperandum (lat.: verzweifle nie). Rückschläge sind Stufen auf dem Weg zum Erfolg. Nimm all deine Kraft und deinen Mut zusammen und marschiere dann aufs Neue frisch voran mit doppelter Tatkraft und Energie. Dann ruhe dich ein bisschen aus.

Man kann in einem einzigen Leben nicht die Vollkommenheit erlangen. Die vollkommen Weisen sind das lebende Ergebnis der Gesamtsumme von tugendhaftem Handeln aus mehreren Leben.

In der Bhagavad Gita steht:

     prayatnādyatamānastu yogī saṃśuddhakilbiṣaḥ
     anekajanmasaṃsiddhas tato yāti parāṃ gatim

„Ein Yogi der mit Beharrlichkeit an sich arbeitet, der von der Sünde gereinigt ist und durch viele Leben zur Vollkommenheit gelangt ist, erreicht das höchste Ziel.“ [BhG 6.45].

Wenn du belanglose Gespräche und Getratsche sein lassen kannst, sowie eitle Neugier nach Gerüchten und Neuigkeiten über andere sein lassen kannst, und wenn du dich nicht in die Belange anderer einmischst, wirst du reichlich Zeit zum Meditieren haben. Stell den Geist während der Meditation ruhig. Wenn sich während des Meditierens weltliche Gedanken in den Geist schieben wollen, schicke sie fort. Gib dich der Wahrheit hin ohne Unterlass. Sei frohgemut. Vermehre das sattvige Potential in dir. Du kannst ewige Wonne erleben.

Keine Umgebung ist schlecht, der Geist ist schlecht. Dein Geist besitzt keine rechte Disziplin. Bekämpfe diesen schrecklichen fürchterlichen Geist. Beklage dich nicht über schlechte Umstände, sondern beklage dich zuerst einmal über deinen Geist. Trainiere zuerst deinen Geist. Wenn du in widriger Umgebung Meditation übst, wird dich das stark machen, du wirst rasch Willensstärke entwickeln und eine dynamische Persönlichkeit ausbilden. Sieh das Gute in allem und verwandle Böses in Gutes. Das ist wahrer Yoga. Das ist die wirkliche Aufgabe eines Yogis.

Erkenne die Dinge in ihrem wahren Licht. Lass dich nicht täuschen. Emotionen werden als Hingabe fehlgedeutet; aufgeregtes Herumhüpfen während des Kirtansingens hält man für göttliche Ekstase, und wenn einer vor lauter Erschöpfung von diesem Herumgespringe ohnmächtig wird, gilt es als Bhava Samadhi. Rajasige Ruhelosigkeit und Umhergewirbel seien göttliche Aktivitäten und Karma Yoga; man hält einen tamasigen Menschen für einen sattvigen; rheumatische Rückenbeschwerden werden für aufsteigende Kundalini gehalten; Tandri (Schläfrigkeit) für Samadhi; Manorajya (das Bauen von Luftschlössern) wird zu Meditation; Nacktheit zum Jivanmukta-Zustand. Lerne zu unterscheiden und werde weise.

Depression, Zweifel und Angst sind einige der Haupthindernisse selbst für fortgeschrittene Schüler. Man entfernt sie am besten durch Vichara und Satsanga.

Manchmal wird sich Depression einschleichen und dich quälen. Der Geist wird sich sträuben. Die Indriyas werden dir am Bein hängen. Die Unterströmungen der Vasanas (Samen von Wünschen) werden an der Oberfläche des Geistes hervorsprudeln und dich verwirren. Sinnliche Gedanken werden den Geist erregen und versuchen, dich zu überwältigen. Sei mutig. Stehe felsenfest. Stelle dich diesen vorübergehenden Schocks. Halte den Geist ruhig. Identifiziere dich nicht mit diesen Hindernissen. Dehne deine Zeit für Japa und für Meditation aus. Stärke Vairagya und deine Unterscheidungskraft. Bete inbrünstig. Lebe von Milch und Früchten. All diese Hindernisse werden wie Wolken vorübergehen. Sind alle Schwierigkeiten beseitigt, wirst du ruhmreich erstrahlen. Du wirst die Fortschritte erkennen. Dein Geist, deine Sprache und dein Tun werden sich gewandelt haben.

Zweifel und Unsicherheit sind ein großes Hindernis auf dem Weg zur Selbstverwirklichung. Sie blockieren den spirituellen Fortschritt. Man muss sie durch Satsanga, das Lesen spiritueller Bücher, durch Vichara und durch scharfsinniges Nachdenken beseitigen. Sie werden wieder und wieder ihren Kopf hervorstrecken, um den Suchenden in die Irre zu führen. Sie sollten fern jeder Möglichkeit zur Wiederauferstehung durch eine feste Überzeugung und einen starken unerschütterlichen Glauben, der auf logischem Denken fußt, vernichtet werden.

Der Zweifel ist dein Erzfeind. Zweifel machen den Geist rastlos. Zerstöre alle Zweifel durch Vichara und Jnana.

Ein schwacher Schüler, mag er auch große Konzentrationskraft besitzen, wird von Trägheit übermannt. Ein starker Schüler hingegen, der keine starke Konzentrationskraft besitzt, wird von Vikshepa, dem rastlosen Hin und Her des Geistes übermannt. Konzentrationskraft und Energieniveau sollten daher gut ausgeglichen sein.

Die Vasanas (subtile Wünsche) sind sehr mächtig. Sinne und Geist sind turbulent und hitzig. Man muss den Kampf wieder und wieder kämpfen und gewinnen. Aus diesem Grund wird der spirituelle Pfad in der "Katha-Upanishad": "Der Pfad auf Messers Schneide" genannt. Doch für einen Menschen mit festem Entschluss und eisernem Willen gibt es auch auf diesem schmalen Pfad keine Schwierigkeiten. Mit jedem Schritt fließt Kraft von innen.

Im Yoga ist Erfolg nur möglich, wenn der Schüler regelmäßig und tief meditiert. Er muss beständige Selbstkontrolle üben, da die Sinne urplötzlich aufbrausen können. Aus diesem Grund rät Krishna Arjuna:(siehe Zitat auf S.220)

Wenn du meditierst, wenn du göttliche, sattvige Tugenden entwickelst, wird eine spirituelle Straße in deinen Geist gebahnt. Wenn du nicht regelmäßig meditierst, wenn dein Enthusiasmus schwindet, wenn du achtlos und unaufmerksam wirst, wird die spirituelle Straße von unreinen Gedanken und negativen Vasanas hinweggeschwemmt. Darum meditiere regelmäßig. Regelmäßigkeit im Meditieren ist von größter Wichtigkeit.

Während der Meditation tritt der Schüler in einen Zustand von Tandri (Halbschlaf) ein. Man zweifelt, ob man meditiert oder geschlafen hat. Wenn man wirklich meditiert hat, ist der Körper leicht und der Geist fröhlich. Wenn man schläft, ist der Körper schwer, der Geist trübe und die Augenlieder bleiern.

Wenn der Schlaf droht, dich zu übermannen, wiederhole ein paar Mal laut ein Mantra. Sitze in Vajrasana (Fersensitz). Spritze dir kaltes Wasser ins Gesicht. Stehe auf und mache für zehn Minuten Japa. Singe Kirtan. Praktiziere Pranayama. All das wird dir dabei helfen, den Schlaf zu kontrollieren. Wiederhole den Mantra so viele Lakhs (hunderttausend Mal) wie der Mantra Silben hat. Gayatri Purascharana319 besteht z.B. aus 24 Mal hunderttausend Wiederholungen. Panchakshara Purascharana (Wiederholung des Shiva-Mantras „Namah Shivaya“) ergibt 5 Mal hunderttausend usw.

So kannst du den Schlaf vermindern: Die ersten vier Monate gehe um 23 Uhr zu Bett und stehe um vier Uhr morgens auf. Schlafe fünf Stunden. Die folgenden vier Monate gehe um 24 Uhr zu Bett und stehe um vier Uhr morgens auf. Schlafe vier Stunden. Die folgenden vier Monate wiederum gehe um 24 Uhr zu Bett und stehe um drei Uhr morgens auf. Reduziere so schrittweise deinen Schlaf.

Verwechsle Tandri (Schläfrigkeit, Halbschlaf) nicht mit Savikalpa Samadhi und Tiefschlaf nicht mit Nirvikalpa Samadhi. Die Herrlichkeit des Turiya Zustandes bzw. von Bhuma (Fülle), ist unbeschreiblich. Sein Glanz ist unsagbar. Wenn der Körper leicht und der Geist klar ist und Frohsinn dich durchdringt, weißt du, dass du meditierst. Wenn der Körper schwer ist und der Geist trübe, weißt du, dass du während der Meditation geschlafen hast.

Wer noch kein Yoga oder eine andere Disziplin zur Beherrschung von Geist, Vrittis und der  Unreinheiten praktiziert hat, wird es schwierig finden, Konzentration und Meditation zu üben. Der Geist wird wie ein wilder Stier oder wie ein Affe hin und herrennen.

Während der Meditation versuche, einen beständigen Fluss von Gedanken ausschließlich an Gott, bzw. an Brahman zu haben. Jedes Mal wenn der Geist abschweift, bringe ihn zurück. Wenn du ihn nicht genau beobachtest, wirst du nicht feststellen können, wann der Geist abdriftet. Manchmal wirst du dir vorstellen, du meditierst, doch der Geist ist entweder damit beschäftigt, Luftschlösser zu bauen oder er geht in den Halb- oder Tiefschlaf.

Wenn du im Alltag viel zu tun hast, gehst du vielleicht keinen unreinen Gedanken nach, doch wenn du dich ausruhst und den Geist leerlaufen lässt, werden die unreinen Gedanken heimtückisch versuchen, sich einzuschleichen. Du musst den Geist beständig beobachten. Sei wachsam, wenn der Geist entspannt ist.

Trishna (Verlangen, das Dürsten nach Dingen) ist der Feind des Friedens. Es kann für einen Menschen, der nach sinnlichen Dingen dürstet kein Fünkchen Glück geben. Sein Geist wird andauernd unruhig sein und sich nach Dingen sehnen. Nur wenn dieser Durst erlischt, findet ein Mensch Frieden. Erst jetzt kann er meditieren und in seinem Selbst zur Ruhe kommen.

Der Geist verändert sich dauernd, unablässig wandert er umher. Diese Angewohnheit des Geistes, dauernd herumzuwandern, offenbart sich auf verschiedene Weise. Du musst immer wachsam sein, um diese Angewohnheit des Geistes einzudämmen. Ein Yogaschüler, der im weltlichen Leben steht, wandert in seinem Geist zum Kino, Theater, Zirkus etc. Ein Sadhu (Wandermönch) ist mit dem Geist in Benares, Brindavan und Nasik. Viele Sadhus bleiben während ihres Sadhana nicht an einem Ort. Man muss das gewohnheitsmäßige Umherschweifen des Geistes unter Kontrolle bringen, indem man ihn auf einen einzigen Ort fixiert, auf eine Methode von Sadhana, einen Guru und eine Form von Yoga. Unstetigkeit führt zu keinem Ergebnis. Wenn du ein Buch nimmst um es zu studieren, lies es erst fertig, bevor du ein neues aufschlägst. Wenn du mit einer Arbeit anfängst, bringe dich vollständig darin ein und bringe sie zu Ende, bevor du mit etwas Neuem beginnst. „Eins nach dem anderen und Jedes recht vollbracht“, das ist ein guter Leitsatz wie viele bezeugen können. So macht es ein Yogi.

Zentriere deine Ideen und entwickle dadurch die innere Kraft des Selbst. Diese Zentrierung der Gedanken unterbindet den gewohnheitsmäßigen Drang des Geistes, nach außen zu streben, und entwickelt die geistigen Kräfte. Seine Vorstellungen zu zentrieren heißt, seine Energien zu zentrieren.

Der Anblick einer wunderschönen Form macht dem Geist Freude. Letztlich sucht er das Vergnügen. Wenn der Geist durch Meditation trainiert wird, die Wonne des formlosen Brahman, des Selbst das im Herzen von allen wohnt, zu erfahren und zu genießen, wird er nicht mehr zu den schönen Formen im Außen fliehen.

Durch regelmäßiges Meditieren wird das Herumschweifen des Geistes schrittweise aufhören. Meditation beseitigt auch Reizbarkeit und vergrößert den Frieden im Geist erheblich.

Wenn du nicht vermagst, dir das Bild deines Ishta Devata vorzustellen, wenn du den Geist nicht auf deine Schutzgottheit ausrichten kannst, kannst du versuchen, dich auf den Klang eines von dir rezitierten Mantras oder auf die Buchstaben des Mantras zu konzentrieren. Das wird das Wandern des Geistes beend

Versuche, dich mit dem ewigen, unsterblichen, vollkommen reinen Atman zu identifizieren, der in deinem Herzen wohnt. Denke stets: „Ich bin der vollkommen reine Atman.“ Dieser eine Gedanke wird all deine Schwierigkeiten und eitlen Gedanken beseitigen. Der Geist will dich täuschen. Beginnst du den Gegenstrom positiven Denkens, wird der Geist sich wie ein Dieb auf die Lauer legen.

Es gibt kein wirksameres Wundermittel gegen die Krankheit Vikshepa (geistige Zerstreutheit) als Alleinsein.

Sagen wir einmal, der Geist flieht während einer Meditation vierzig Mal in der Stunde nach außen. Wenn du es schaffst, ihn nur 38 Mal abschweifen zu lassen, ist das wahrlich ein großer Fortschritt. Du hast dann eine gewisse Kontrolle über den Geist gewonnen. Es bedarf energischen Übens über eine lange Zeit um das Wandern des Geistes im Zaum zu halten. Vikshepa ist sehr mächtig. Doch Sattva ist noch mächtiger als Vikshepa. Erhöhe dein Sattva. Dann kannst du sehr leicht dieses Flattern des Geistes kontrollieren.

Angenommen, negative Gedanken bleiben zwölf Stunden lang in deinem Geist und kommen alle drei Tage wieder. Wenn du es durch tägliche Konzentrations- und Meditationsübung schaffst, sie nur zehn Stunden präsent sein zu lassen und sie nur einmal in der Woche wiederkehren, ist das eine deutliche Verbesserung. Wenn du mit deiner Praxis fortfährst werden sich allmählich ihre Verweildauer und ihr Wiederkehren verringern. Schließlich werden sie ganz verschwinden. Vergleiche deinen Geisteszustand mit dem vom letzen Jahr oder dem von vor zwei Jahren. So kannst du deinen Fortschritt festmachen. Zu Anfang wird sich ein Fortschritt sehr langsam einstellen. Es wird dir schwerfallen, dein Wachsen und Fortschreiten zu bemessen.

Dein Geist wird manchmal erschaudern, wenn negative Gedanken in ihm aufrauchen. Das ist ein Zeichen für spirituellen Fortschritt. Du wächst spirituell. Es wird dich quälen, wenn du an deine schlechten Handlungen aus der Vergangenheit denkst. Auch das ist ein Zeichen für deinen spirituellen Umbruch. Du wirst dieselben Taten nun nicht mehr wiederholen. Dein Geist wird zurückschrecken. Dein Körper wird sich jedes Mal, wenn ein falscher Samskara (Unterbewusster Eindruck) einer schlechten Tat dich aus gewohnheitsmäßigem Zwang dazu drängt, das Gleiche wieder zu tun, schütteln. Meditiere weiter mit ganzem Einsatz und vollem Ernst. Alle Erinnerungen an schlechte Taten, alle schlechten Gedanken, alle negativen Einflüsterungen werden von selbst absterben. Du wirst dich in tadelloser Reinheit und vollkommenem Frieden erlangen.

Ein Schüler klagt: „Sowie ich meine Meditation fortsetze, kommt eine Unreinheit nach der anderen aus dem Unterbewusstsein nach oben. Manchmal so stark und gewaltig, dass ich nicht weiß, wie ich sie eindämmen soll. Ich bin nicht in der Wahrheit und in Brahmacharya verankert. Die alten Angewohnheiten, zu lügen und Gelüste zu haben lauern in meinem Geist. Die Begierde setzt mir mächtig zu, wenn all die latenten Samskaras der Lust nach oben steigen. Die gesamte Meditation ist dahin und der Tag verdorben. Ich rede meinem Geist zu, betöre ihn, drohe ihm, doch das bringt alles nichts. Mein Geist sträubt sich. Ich weiß nicht, wie ich meine Leidenschaft kontrollieren soll. Reizbarkeit, Selbstbezogenheit, Wut, Geiz, Hass, Anhaftung etc. liegen alle noch in mir auf der Lauer. So weit ich meinen Geist analysieren konnte, ist die Lust mein größter Feind und ein sehr mächtiger noch dazu. Ich bitte dich, rate mir, wie ich mich davon befreien kann.“

Zu Beginn werden alle möglichen schlechten Gedanken in deinem Geist aufsteigen sobald du dich nur zum Meditieren hinsetzt. Warum geschieht das während der Meditation, wenn du versuchst, reine Gedanken zu entwickeln? Es gibt Schüler, die ihre Meditation deswegen aufgeben. Wenn du versuchst, einen Affen zu jagen, versucht er aus Rache, auf dich loszugehen. Genauso versuchen die alten schlechten Samskaras und Gedanken, dich rachsüchtig anzugreifen, wenn du versuchst, gute, göttliche Gedanken zu entwickeln. Dein Feind leistet heftigen Widerstand, wenn du versuchst, ihn aus dem Haus zu werfen. Das ist das Gesetz des Widerstandes.

Die alten Gedanken sagen: „Oh Mensch, sei nicht so gemein. Du hast uns seit Anbeginn der Zeit erlaubt, in deiner geistigen Fabrik zu leben. Wir haben nun jedes Recht, hier zu bleiben. Wir haben dir bisher immer in all deinen schlechten Taten geholfen. Warum willst du uns aus unserem Wohnort vertreiben? Wir werden unser Heim nicht aufgeben.“ Verliere nicht den Mut. Mache weiter damit, regelmäßig zu meditieren. Diese Gedanken werden immer weniger werden. Schließlich werden sie alle absterben. Das Positive siegt immer über das Negative. Das ist ein Naturgesetz. Negative schlechte Gedanken können vor positiven guten nicht bestehen. Mut siegt über Angst. Geduld siegt über Zorn und Gereiztheit. Liebe siegt über Hass. Reinheit siegt über Lust. Allein schon die Tatsache, dass du dich jetzt unbehaglich fühlst, wenn ein schlechter Gedanke während der Meditation an die Oberfläche tritt, zeigt, dass du an Spiritualität wächst. Vorher hast du bewusst schlechte Gedanken unterhalten. Du hast sie willkommen geheißen und sie genährt. Fahre fort in deiner spirituellen Praktik. Sei hartnäckig und ausdauernd. Du kannst nur Erfolg haben. Selbst ein minderbemittelter Schüler kann eine Veränderung in sich feststellen, wenn er Japa und Meditation zwei bis drei Jahre lang in ununterbrochenem Fluss praktiziert. Jetzt kann er nicht mehr damit aufhören. Selbst wenn er einmal einen Tag lang nicht meditiert, wird er das Gefühl haben, an diesem Tag etwas verloren zu haben. Sein Geist wird sich nicht wohl fühlen.

Leidenschaft liegt in dir auf der Lauer. Du fragst mich, warum du so oft ärgerlich wirst? Ärger ist nur eine Veränderung in deinem Geist, hervorgerufen durch die Leidenschaft. Wenn leidenschaftliches Verlangen nicht befriedigt wird, nimmt es die Form von Ärger an. Der wahre Grund für den Ärger ist eine unerfüllte Leidenschaft. Sie drückt sich in Form von Ärger aus, wenn du dich z.B. mit den Fehlern deiner Untergebenen beschäftigst. Das ist ein indirekter Grund, ein Stimulus von außen, für sein Auftreten. Da sind die Raga-Dvesha Ströme (Zu- und Abneigung) noch nicht zur Gänze ausgemerzt. Sie sind nur zu einem gewissen Grade gemildert bzw. ausgedünnt. Die Indriyas, die Sinne, sind immer noch wild. Sie sind nur zu einem kleinen Teil unterworfen. Es gibt immer noch Unterströmungen von Vasanas und Trishnas. Der Hang der Sinne nach außen zu fliehen ist noch nicht völlig unter Kontrolle. Man ist noch nicht in Pratyahara verankert. Die Vrittis sind immer noch mächtig. Es gibt keine starke und langanhaltende Unterscheidungskraft bzw. Leidenschaftslosigkeit. Der Drang nach dem Göttlichen ist noch nicht intensiv genug geworden. Rajas (Unruhe) und Tamas (Trägheit) wüten immer noch. Es gibt nur eine geringe Zunahme von Sattva (Reinheit). Negative Vrittis sind noch nicht ausgedünnt. Sie sind immer noch mächtig. Positive Tugenden sind noch nicht zu einem beachtlichen Grade entwickelt worden. Das ist der Grund dafür, warum du noch keine vollkommene Konzentration erreichen konntest. Reinige zuerst den Geist. Dann kommt die Konzentration von alleine.


Weltliche Gedanken werden dich zu Beginn beim Meditieren erheblich stören. Wenn du regelmäßig meditierst, werden diese Gedanken von selbst absterben. Meditation ist das Feuer mit dem man diese Gedanken verbrennt. Versuche nicht, alle weltlichen Gedanken aus deinem Geist zu vertreiben. Konzentriere dich viel mehr auf Gedanken, die mit dem Gegenstand deiner Meditation zu tun haben.

Beobachte deinen Geist stets sehr sorgfältig. Sei wachsam. Sei auf der Hut. Gestatte den Wogen der Gereiztheit, der Eifersucht, des Ärgers, des Hasses und der Lust nicht, in deinem Geist aufzusteigen. Diese dunklen Wellen sind Feinde der Meditation, des Friedens und der Weisheit. Unterdrücke sie sofort, indem du dich erhabenen göttlichen Gedanken zuwendest. Sind negative Gedanken aufgekommen, kann man sie zerstören, indem man gute Gedanken entwickelt und sie durch Rezitieren eines Mantras oder Gottes Namen aufrechterhält oder indem man an die Gestalt Gottes denkt, Gutes tut, über das Leid reflektiert, das aus negativen Gedanken resultiert, indem man den Geist von den Dingen abzieht, den Ursprung der Gedanken analysiert, sich fragt „Wer bin ich?“ oder auch per Willenskraft diese negativen Gedanken unterdrückt.

Wenn du den Zustand der Reinheit erreichst, werden keine negativen Gedanken mehr in deinem Geist aufsteigen. So wie es einfach ist, einen Eindringling oder Feind noch am Tor aufzuhalten, so wird es dir möglich sein, einen negativen Gedanken aufzuhalten, sobald er aufkommt. Zerstöre ihn im Keim. Lass nicht zu, dass er tiefe Wurzeln schlägt.

Wenn du meditierst, Japa, Kirtana und Pranayama übst oder Erkenntnisfragen nachgehst, werden weltliche Gedanken, Gelüste und Vasanas unterdrückt. Wenn du unbeständig im Meditieren bist und deine Leidenschaftslosigkeit schwindet, versuchen sie, sich wieder zu manifestieren. Sie sind beharrlich und leisten Widerstand. Meditiere darum regelmäßig und mache noch strengeres Sadhana. Lass die Leidenschaftslosigkeit noch größer werden. Mit der Zeit werden sie ausgedünnt und schließlich ganz wegfallen.

Es bedarf beständiger Anstrengung und unaufhörlicher Bemühung, wenn man Gott erkennen möchte. Vasanas (Wünsche) und Trishnas (Gelüste) sowie alte weltliche Samskaras (Eindrücke) sind Hindernisse auf dem Weg. Man muss den inneren Kampf wieder und wieder fechten.

Energieverlust, versteckte Unterströmungen von Vasanas, mangelnde Kontrolle über die Sinne, Nachlässigkeit beim Sadhana, verblassende Leidenschaftslosigkeit, Mangel an intensivem spirituellem Streben, das sind die unterschiedlichen Hindernisse auf dem Weg zur Konzentration.

Alle Vrittis, wie Ärger, Eifersucht, Hass etc. nehmen subtile Formen an, wenn man Japa und Meditation übt. Sie werden ausgedünnt. Vernichte sie in toto durch Samadhi, die wonnevolle Vereinigung mit Gott. Nur dann bist du sicher. Schlafende Vrittis werden immer auf eine Gelegenheit warten, eine ausgedehntere Form anzunehmen. Sei stets sehr aufmerksam und wachsam.

Widerstehe durch regelmäßiges Meditieren dem fatalen Zug in die Tiefe, den dunkle, gegenspielerische Kräfte ausüben. Kontrolliere das ziellose Herumwandern des Geistes durch klares geordnetes Denken. Höre nicht auf die falschen Einflüsterungen des niederen Geistes. Lenke deinen inneren Blick auf das göttliche Zentrum. Habe keine Angst vor den schweren Rückfällen, die du auf deinem Weg unweigerlich erleben wirst. Sei mutig. Schreite forsch voran bis du schließlich in deinem Zentrum in ewiger Wonne ruhst.

In einer Großstadt herrscht um 8 Uhr morgens viel Lärm und Treiben. Um 9 Uhr ist schon nicht mehr so viel Lärm und Hektik. Um 10 Uhr ist es noch weniger und um 11 Uhr sehr viel weniger. Um 13 Uhr ist es überall friedlich316. Genauso sind im Yoga am Anfang zahllose Vrittis im Geist. Es herrscht Aufruhr und Gewusel. Langsam ebben dann die Wellen des Geistes ab. Am Ende ist alles geistige Wirken unter Kontrolle. Und der Yogi erlebt vollkommenen Frieden.

Wenn du in einer Großstadt auf dem Markt bist, nimmst du keine kleinen Geräusche wahr. Doch wenn du mit einigen Freunden morgens in einem stillen Raum in Meditation sitzt, wirst du selbst das kleinste Schniefen oder Husten hören. Ebenso kannst du deine negativen Gedanken nicht ausfindig machen, während du in die Arbeit vertieft bist, doch es ist dir möglich, wenn du meditierst. Hab keine Angst, wenn dir während der Meditation negative Gedanken durch den Kopf gehen. Mache intensiven Japa und meditiere. Sie werden schon bald verklingen.

Wenn du meditierst, schenke dem, was auf den unteren geistigen Schichten durch die Sinne aufgeweckt wird keine Beachtung. Vermeide wachsam alle anderen gedanklichen Assoziationen und Erinnerungen. Richte deine gesamte Energie auf Gott, ohne irgendwelche Verbindungen mit anderen Gedanken und Ideen zuzulassen.

Wenn du dich zum Meditieren hinsetzt, beginnen Gedanken an Freunde und Arbeitskollegen oder die Erinnerungen an die Unterhaltung mit Freunden und Verwandten am Vorabend deinen Geist in Unruhe zu versetzen und ihn abzulenken. Du musst den Geist ganz achtsam wieder und wieder von diesen irrelevanten weltlichen Gedanken abziehen und ihn auf dein Lakshya, deinen Meditations-Punkt, ausrichten.

Du darfst den weltlichen Gedanken keine Beachtung geben, ignoriere sie. Strafe sie mit Gleichgültigkeit. Heiße sie nicht willkommen. Identifiziere dich nicht ihnen. Sage dir: „Ich will diese Gedanken nicht. Ich habe mit diesen Gedanken nichts zu tun.“ Sie werden allmählich verschwinden.

Du lebst vielleicht in einer einsamen Höhle im Himalaya und meditierst. Wenn die Erinnerung an dein altes Leben in der dichtbesiedelten Ebene aufkommt, wenn du dem Geist gestattest, sie immer wieder abzuspielen, dann lebst du in Wirklichkeit in der Ebene, auch wenn du dir zurückgezogen in der Einsamkeit des Himalaya deine Bleibe gesucht hast. Und es geht noch weiter: du lebst in deiner Höhle kein vollendetes göttliches Leben, da du subjektiv dein vergangenes weltliches Leben in der heiligen Höhle wiedererlebst. Gedanken sind die wahren Taten.

Zu Beginn deiner Übung die Gedanken zu kontrollieren, wirst du große Schwierigkeiten erleben. Du wirst Krieg gegen sie führen müssen. Sie werden alles Mögliche in Bewegung setzen, um ihre Existenz zu wahren. Sie werden sagen: „Wir haben alles Recht der Welt, hier an diesem Ort deines Geistes wohnen zu bleiben. Wir haben seit Anbeginn der Zeit ein alleiniges Monopol, diesen Raum hier zu besetzen. Warum sollten wir jetzt unser Domizil verlassen? Wir werden bis zum bitteren Ende um unser Geburtsrecht kämpfen.“ Sie werden dich mit heftiger Bissigkeit anspringen. Wenn du in Meditation sitzt, werden alle möglichen negativen Gedanken aufkeimen. Und versuchst du, sie zu unterdrücken, wollen sie dich mit doppelt so viel Kraft und Elan angreifen. Doch Positives siegt immer über Negatives. So wie Dunkelheit vor der Sonne nicht bestehen kann, so wie der Leopard vor dem Löwen keine Chance hat, genauso können all diese dunklen negativen Gedanken, diese unsichtbaren Eindringlinge, Feinde des Friedens, vor erhabenen Gedanken nicht bestehen. Sie müssen von selbst absterben.

Dhyana ist Meditation. Es kommt nach der Konzentration. Wenn du das Meditieren nicht gewöhnt bist, wirst du dich müde und hungrig fühlen, wenn du sitzt und meditierst. Das wird schon bald vorüberziehen. Mach weiter mit deiner Praxis.

Wenn du die Yoga-Leiter erklimmst, wenn du den spirituellen Pfad gehst, dann schaue nicht zurück und erinnere dich nicht an deine vergangenen Erfahrungen. Vernichte alle Erinnerungen an deine vergangenen Erfahrungen. Baue stattdessen eine starke Überzeugung von Brahman auf. Stärke diese Haltung. Erzeuge wieder und wieder Brahmakara Vritti (den ständigen Gedanken an das Höchste). Halte dies durch regelmäßige, beständige Meditation aufrecht. Ein einziger Gedanke an deine vergangenen Erfahrungen gibt dem Gedanken oder dem Erinnerungsbild eine neue Existenzberechtigung, frischt sie auf, stärkt sie und wird dich nach unten ziehen. Dann wird es schwierig für dich, wieder nach oben zu kommen.

Wenn du zur Meditation in deiner Asana (Sitzhaltung) sitzt, möchtest du bald wieder aufstehen, nicht weil du in den Beinen Schmerzen hättest, sondern weil Ungeduld dich treibt. Bezwinge diesen unerwünschten negativen Hang indem du allmählich Geduld entwickelst. Dann wirst du drei oder vier Stunden lang ohne Unterbrechung in Meditation sitzen können.

Wenn du dich für intensives Tapas und Meditation zurückziehst oder wenn du in einem stillen Raum meditierst, kümmere dich nicht darum, frisch rasiert zu sein. Lass die Haare wachsen. Diese mechanischen Gedanken, wie z.B. an Rasieren etc. erzeugen eine große Ablenkung im Geist und stören den kontinuierlichen Fluss göttlicher Gedanken. Denke nicht viel an den Körper, an Brot, Kleidung etc. Denke mehr an Gott, an Atman.

Manchmal beginnen selbst fortgeschrittene Schüler zu denken: „ Wie wird er wohl sein, der Zustand der Gottesverwirklichung? Wie wird Gott mir erscheinen? Welche Gestalt wird er für mich haben?“ Gottesverwirklichung entzieht sich jeglicher Beschreibung. Es gibt kein Mittel, mit dem man sie schildern könnte. Sie ist vollkommener Frieden. Sie ist unsagbare Wonne. Sie ist tiefste Stille. Spirituelles Wissen dämmert auf. Der Geist, der Intellekt und die Sinne hören auf, zu arbeiten. Intuitive innere Erfahrung offenbart sich. Nur so viel kann ich dazu sagen. Du musst es selbst in Samadhi, dem überbewussten Zustand, erleben.

Ich habe viele Jahre gebraucht, um das geheime subtile Wirken des Geistes gründlich zu verstehen. Der Geist wütet durch die Kraft der Vorstellung. Imaginäre Ängste verschiedenster Art, Übertreibungen, geistige Dramatisierungen, Luftschlösser, all das geht auf die Vorstellungskraft zurück. Selbst ein vollkommen gesunder Mensch hat die ein oder andere imaginäre Krankheit aufgrund der geistigen Vorstellungskraft. Ein Mensch mag eine kleine Schwäche haben, ein Dosha (Fehler). Wird er zu deinem Feind, beginnst du sofort, die Schwäche und den Fehler zu übertreiben und zu vergrößern. Du fabrizierst und schichtest sogar noch viele weitere Schwächen und Fehler hinzu. All das aufgrund der Vorstellung. Viel Energie wird verschwendet aufgrund imaginärer Ängste.

Wenn die Erinnerung an vergangene Ereignisse immer wieder zurückkehrt, erhalten die alten geistigen Bilder Energie oder werden wachgerüttelt. Sie werden sich dann mit doppelter Kraft  äußern. Sie werden sich zusammenfinden und als Rudel oder große Horde oder als Bande ankommen und mit gewaltiger Wucht angreifen. Darum schau nicht zurück. Ersetze die Erinnerung an Vergangenes durch die Erinnerung an Gott.

Sich den Magen voll zu schlagen, ermüdende Arbeit oder Überarbeitung, zu viel Reden, am Abend schweres Essen zu sich zu nehmen und zu viel unter Leuten zu sein, das sind alles Hindernisse auf dem Pfad des Yoga.  Du solltest kein Yoga praktizieren, wenn du unter Verdauungsstörungen oder unter saurem Aufstoßen leidest, dich übergibst, Durchfall hast oder eine andere Krankheit und wenn du zu deprimiert oder zu müde bist.

Wenn du Samadhi praktizierst werden dich viele Hindernisse befallen, wie z.B. Trägheit, Unterbrechung der Regelmäßigkeit im Praktizieren, Verwirrung, Versuchung, Verblendung, Verlangen nach weltlichen Freuden und ein Gefühl der inneren Leere. Du must wachsam sein. Du musst aufpassen und Umsicht walten lassen. Du musst mit geduldigem und beherztem Einsatz Schritt für Schritt über diese Hindernisse hinwegkommen. Auch die Leere wirst du durchschreiten müssen. Was dir wie das Nichts vorkommt, wenn alle Vrittis abgestorben sind, ist in Wirklichkeit kein Vakuum. Es ist Avyakta (das Unmanifeste). Wenn du auch diese Leere durchquert hast, kommst du in die Geborgenheit deines wahren Selbst. Schreckliche Angst wird versuchen, dich zu bezwingen, wenn du Auge in Auge mit der Leere kommst, denn nun bist du ganz alleine. Es gibt nichts mehr zu hören oder zu sehen für dich. Es gibt keinen, der dich anfeuert. Du bist auf dich allein gestellt. An dieser kritischen Wegkreuzung brauchst du Geistesgegenwart. Schöpfe Mut und Kraft aus deinem Inneren. Der Weise Uddalaka hatte auch große Schwierigkeiten, die Leere zu durchqueren. Doch kein Hindernis kann einen Menschen aufhalten, der brennende Entschlossenheit und eisernen Willen besitzt.

Bereite keinem Lebewesen Leiden und verursache keinen Schmerz aufgrund von Gier, Selbstbezogenheit, Gereiztheit oder Verstimmung. Gib jeglichen Ärger und Groll auf. Gib den hitzigen Kampfgeist in Diskussionen auf. Streite nicht. Wenn du mit jemandem Streit hast oder mit jemandem eine hitzige Debatte führst, kannst du danach drei oder vier Tage lang nicht meditieren. Du hast deine geistige Ausgewogenheit verspielt. Viel Energie wird in nutzlosen Kanälen verfließen. Dein Blut wird sich erhitzen. Die Nerven werden zerrüttet sein. Du musst dein Bestes geben, um immer einen ruhigen Geist zu behalten. Meditation ist nur mit einem friedlichen Geist möglich. Ein ruhiger Geist ist ein wertvoller spiritueller Gewinn für dich.

Ein Suchender muss sensibel sein und doch Geist und Körper unter vollkommener Kontrolle haben. Je mehr die Sensibilität wächst, desto schwieriger ist diese Aufgabe; es gibt viele Geräusche die an einem gewöhnlichen Menschen unbeachtet vorbeiziehen, die aber eine Qual für einen sehr empfindsamen Menschen ist.

Während der Meditation wirst du oft im Geist mit jemandem sprechen. Unterbinde diese negative Gewohnheit. Wache aufmerksam über den Geist.

Ein Yogaschüler sollte keinen großen weltlichen Besitz haben, da er ihn in weltliche Versuchungen ziehen würde. Er kann eine kleine Summe haben, um für die Bedürfnisse des Körpers zu sorgen. Finanzielle Unabhängigkeit macht den Geist frei von Furcht und erlaubt, das Sadhana ohne Unterbrechung durchzuführen.

Als ein Resultat des Reinigungsprozesses wird der Geist sensibler und daher leichter durch ein Geräusch oder eine Erschütterung gestört, und er empfindet jegliche Berührung intensiv.

Wenn sich junge Schüler in absolute Einsamkeit und Stille zurückziehen, müssen sie mutig drei Hindernissen ins Auge sehen: der Depression, dem Bauen von Luftschlössern (Manorajya, Rasavada) und der Überheblichkeit gegenüber Menschen im Berufs- und Familienleben, Männern und Frauen. Sie werden menschenfeindlich. Sie sollten fröhliche Gedanken pflegen. Beobachte den Geist genau und strahle reine Liebe für alle aus. Wenn eine Methode allein nicht ausreicht, um Brahmacharya einzuhalten, solltest du dich auf eine Kombination verschiedener Sadhanas (spiritueller Übungen) besinnen, wie z.B. Beten, Meditation, Pranayama, Satsanga, eine sattvige Ernährung, Zurückgezogenheit, Vichara, Sirshasana (Kopfstand), Sarvangasana (Schulterstand), Uddiyana Bandha321, Nauli, Asvini Mudra, Yoga Mudra (Yoga- und Atemtechniken) etc. Nur dann wirst du Erfolg haben.

Untrainierte Schüler halten oft ihre eigenen Fantasiebilder und ihre Impulse für „die innere Stimme“ oder für „Adesh“ (göttliche Anordnung) bzw. für Intuition.

Wenn dein Sadhana unterbrochen wird, mache den Verlust am Abend oder in der Nacht oder am folgenden Morgen wieder wett. Meditation ist der einzige Gewinn für dich, der Wert hat.

Eine unangenehme Stimmung ringsum, eine unfreundliche Umgebung und Hürden helfen dir dabei, deinen Kampf noch kraftvoller und sorgfältiger weiterzuführen. Du wirst dich schnell entwickeln und starke Willenskraft sowie großes Durchhaltevermögen erlangen.

Suchende sollten sich nicht auf alle möglichen Gespräche einlassen und keine Gedankenvielfalt zulassen, nur um den Geist zu entspannen. Sie sollten ernsthaft sein. Sie sollten an Gott denken und von Gott reden, und zwar nur von Gott.

Hör auf mit Streiten. Werde still. Schau nach innen. All deine Zweifel werden sich klären. Du wirst einen Lichtstrahl göttlichen Wissens erhalten. Die Seiten des inneren Buches, göttlichen Wissens, werden dir klar enthüllt werden. Übe und fühle es.

Sei vorsichtig in der Wahl deiner Freunde. Unliebsame Menschen erschüttern leicht dein Vertrauen und deinen Glauben. Vertraue ganz deinem spirituellen Lehrer und dem spirituellen Sadhana, das du übst. Erlaube nicht, dass deine eigenen Überzeugungen von außen verändert werden. Mache dein Sadhana weiter mit Eifer und mit Enthusiasmus. Dein spiritueller Fortschritt wird rasch sein. Du erklimmst die spirituelle Leiter Sprosse für Sprosse und erlangst schließlich dein Ziel.

Macht, Ruf, Berühmtheit und Reichtum stärken das Ego und die relative Persönlichkeit. Darum entsage ihnen, wenn du Unsterblichkeit und ewigen Frieden erreichen willst.

Der Wunsch nach magischen Kräften gleicht Windstößen, die die wohlgehütete Öllampe des Yoga ausblasen können. Jegliches Unterlassen des Nachfüllens der Lampe gründet in leichtsinnigen oder selbstbezogenen Gelüsten nach Siddhis (Kräften) und wird die kleine spirituelle Flamme ausblasen, die der Yogi durch so große Anstrengung genährt hat und wird den Schüler in den tiefen Abgrund der Unwissenheit stürzen. Er kann sich dann nicht wieder zu der ursprünglichen Höhe aufraffen, die er am Berg des Yoga schon erklommen hatte. Versuchungen warten nur darauf, den unachtsamen Yogi zu überwältigen. Versuchungen aus der astralen und geistigen und der Gandharva322 Welt (der himmlischen Wesen) sind mächtiger als die Versuchungen der irdischen Welt.

Verschiedene Siddhis und andere Kräfte kommen zu einem Yogi, der seine Sinne, den Prana und seinen Geist unter Kontrolle gebracht hat. Doch sie alle sind Hindernisse zur Erkenntnis. Sie sind Stolpersteine. Sie verlocken den Yogaschüler. Sadhakas sollten sehr vorsichtig sein. Sie sollten sie als Lapalie und als wertlos ansehen und ihnen entschieden aus dem Weg gehen.

Visionen und Erfahrungen kommen und gehen. Sie sind nicht an sich der Höhepunkt des Sadhanas. Wer diesen kleinen Visionen zu viel Beachtung schenkt, bewegt sich nicht zielgerichtet auf dem Pfad. Gib daher den Wunsch nach solchen Erfahrungen auf. Allein die endgültige Erfahrung des Höchsten, die sich intuitiv und direkt einstellt, ist wahrhaftig.

Wenn der Geist sattvig ist kann die Intuition aufleuchten. Du schreibst Gedichte. Du verstehst die Bedeutung der Upanishaden wunderbar. Doch bei Anfängern hält dieser Zustand nicht lange an. Tamas und Rajas werden versuchen, in die geistige Fabrik einzudringen. Am Anfang mag der Fortschritt wie bei einem Frosch sein, nie gleichmäßig und konstant. Du glaubst, das Ziel schon erreicht zu haben, und die nächsten fünfzehn bis zwanzig Tage erlebst du nichts als Enttäuschungen. Es wird Sprünge von Position zu Position geben, doch keine kontinuierliche Entwicklung. Halte intensives andauerndes Vairagya (Nichtanhaften) und mache intensives ausgedehntes Sadhana. Begib dich ein paar Jahre unter die direkte Führung und den nahen Kontakt mit deinem Guru. Dein Fortschritt wird stetig und beständig sein.

Wenn du im Bett liegst wird manchmal ein großes Licht über deine Stirn fließen. Sobald du versuchst, das Licht zu sehen, wenn du im Sitzen meditierst verschwindet es eventuell. Du fragst vielleicht: „Warum schaffe ich es nicht, das Licht festzuhalten, wenn ich mich anstrenge, während es von alleine erscheint wenn ich ohne jegliche Anstrengung da liege?“ Der Grund ist, dass du die Konzentration verlierst sobald du dich zum Meditieren hinsetzt und Rajas (Unruhe) eintritt mit dem Gedanken: „Ich tue es.“

Wenn du in der Meditation Wonne erlebst verwirrt dich auf einmal ein seltsames Gefühl und mit dieser Störung verschwindet der erhabene Wonnezustand. Während der Meditation nimmt Sattva (Reinheit) zu, doch Rajas (Aktivität, Unruhe) versucht beständig, Sattva zu besiegen. Du spürst die seltsame Empfindung einer Störung wegen des Auftretens von Rajas. Auch der Gedanke an anstehende Arbeit kann Störempfindungen auslösen. Vergiss alle Arbeit und sage zum Geist: „Es gibt für mich nichts mehr zu tun. Ich habe schon alles getan.“ Wenn Sattva durch Hinterfragen, strenges Sadhana und erhöhtes Vairagya zunimmt, werden die Störungen aufhören und du wirst tiefe Meditation erleben. Auch das Wonnegefühl wird lange Zeit anhalten.

Erhebe dich über die Visionen. Die Visionen die du während der Meditation hast sind nur Hindernisse auf dem Weg zu Samadhi, zur Gotteserkenntnis. Wenn du Visionen siehst heftet sich der Geist an sie und bleibt den ganzen Tag bei ihnen, anstatt bei Gott. Vermeide diese Visionen und Gedanken an sie. Sei gleichgültig. Ersetze sie durch Gedanken an Gott.


Beschäftige dich nur mit dem gegenwärtigen Augenblick. Schau nicht zurück auf die Vergangenheit oder in die Zukunft. Nur dann wirst du wahrhaft glücklich sein. Du wirst frei sein von Sorgen, Ängsten und allem Bemühen. Du wirst ein langes Leben haben. Zerstöre die Sankalpas (unterbewussten Eindrücke) durch energisches Bestreben. Meditiere ohne Unterlass über Satchitananda Brahman und gelange zu diesem höchsten und vollkommenen Thron. Mögest du dich glorreich entwickeln! Mögest du aufgehen im Ozean brahmischer Wonne und in Erleuchtung leben!

Übe Vichara und Viveka bei allem was du unternimmst. Denke nicht an die Vergangenheit oder Zukunft. Die vergangenen Tage deiner Kindheit, deine Schulzeit, das sind alles Träume, wenn du vierzig bist. Das ganze Leben ist Dirgha Svapna (ein langer Traum). Die Vergangenheit ist jetzt ein Traum für dich. Die Zukunft wird es einmal ebenso sein. Du kannst dich nur mit der Gegenwart beschäftigen. Du musst die zwei Flügel des Geist-Vogels beschneiden, die die Vergangenheit und die Zukunft symbolisieren, und er wird doch noch herumflattern, da es die „Gegenwart“ gibt. Halte alle äußeren Eindrücke fern. Halte die Vrittis an. Bringe den Geist in die Stille. Kontrolliere das Wirken des Geistes. Konzentriere dich. Schreite über die mannigfaltige Schar von Ideen hinweg, die von den Eindrücken resultieren. Gib dem Geist jetzt gute Nahrung – wie erhabene Gedanken aus der "Bhagavad Gita", "Avadhuta Gita", die Bedeutung von om etc. – über die er nachdenken kann. Nach geraumer Zeit wird auch die lockende Gegenwart verschwinden. Der Geist wird vollkommen ruhig und still werden. Das höchste Wissen vom Selbst wird dann in deinem reinen Geist aufgehen. Du wirst in Brahman weilen, dem Adhishtana, der Quelle, der Essenz und tragenden Kraft von allem, was ist. Du wirst Jnana Nishta erlangen bzw. Svarupa-Sthiti (den Satchitananda Zustand).

6. Rückzug und Meditation

Ekanath, König Janaka und andere erkannten Gott durch Sadhana (spirituelle Praxis) während sie in der Welt weiter wirkten. Die zentrale Lehre der Gita ist, in und durch die Welt zu Gott zu finden. Das ist plausibel und klingt ganz richtig, ist aber für die Mehrheit nicht machbar. Es ist leichter gesagt als getan. Wie viele Janakas und Ekanaths hast du schon erlebt? Sie waren wahrhafte Yoga Bhrashtas (schon in früheren Leben weit entwickelt). Es ist absolut unmöglich für die große Mehrheit.

Jesus war achtzehn Jahre lang weg. Buddha zog sich acht Jahre lang in den Uruvala Wald zurück. Swami Rama Tirtha lebte zwei Jahre lang als Einsiedler im Brahmapuri Wald. Sri Aurobindo lehrt, dass man Erleuchtung inmitten des Lebens und der Arbeit finden soll, hat sich aber selbst die letzten zwanzig Jahre in einen Raum eingeschlossen. Viele haben für eine intensive Sadhana-Zeit den Rückzug gewählt. Du kannst in der Welt den Anfang machen, doch wenn du einen gewissen Fortschritt gemacht hast, musst du dich für fortgeschrittenes Üben an einen passenden Ort begeben, an dem du spirituelle Schwingung und Einsamkeit findest.

Da die Willenskraft in vielen Menschen sehr schwach geworden ist, weil sie keine religiöse Disziplin kennen und als sie jung waren in der Schule oder im College kein derartiges Training hatten, weil sie im Bann materialistischer Einflüsse stehen, ist es nötig, dass sie sich für ein paar Wochen, Monate oder Jahre in Zurückgezogenheit begeben, um intensiv Japa zu machen und ungestört zu meditieren.

Beruhige die sprudelnden Emotionen, Gefühle, Instinkte und Impulse durch stille Meditation. Du kannst deinen Gefühlen eine neue Richtung geben, wenn du schrittweise und systematisch übst. Du kannst deine weltliche Natur zur Gänze in göttliches Sein transformieren. Du kannst durch Meditation die höchste Kontrolle über die Nervenzentren, Nerven, Muskeln, die fünf Koshas (Hüllen), die Emotionen, Impulse und Instinkte gewinnen.

Wer seine Kinder im Leben versorgt weiß, aus dem Arbeitsleben zurückgetreten ist und keine Bindung an die Welt hat, kann vier oder fünf Jahre lang in Zurückgezogenheit bleiben, intensiv meditieren und Tapas zur Selbstreinigung und Gotteserkenntnis machen. Wenn das Tapas vorüber ist und man Gotteserkenntnis erlangt hat, sollte man wieder zurückkommen und sein Wissen und seine Wonne mit anderen teilen. Man sollte nach seinen Möglichkeiten und Wünschen das Wissen vom Selbst durch Vorträge, Gespräche, Diskurse oder persönliche Beratung verbreiten.

Ein Grihastha325Fußnoten, ein Mensch der einen Haushalt führt, und yogische Neigungen und spirituelles Interesse hat, kann in einem abgeschiedenen stillen Raum seines eigenen Hauses oder an einem einsamen Platz an einem heiligen Fluß meditieren üben, während der Ferien oder auch das ganze Jahr über, wenn er ein Vollzeit-Aspirant ist oder sich aus der Berufswelt zurückgezogen hat.

Wenn du zum Meditieren in die Abgeschiedenheit gehen willst und eine Familie hast, kannst du nicht mit einem Mal deine Verbindung zu deiner Familie abbrechen. Ein plötzlicher Bruch mit weltlichen Bindungen und Besitztümern wird dir geistig großen Schmerz bereiten und deinen Familienangehörigen einen Schock versetzen. Du musst die Bindungen allmählich lösen.  Bleibe zu Anfang eine Woche oder einen Monat in Abgeschiedenheit. Dann lass die Dauer des Rückzugs immer länger werden. So werden sie keine Schmerzen der Trennung fühlen.

Ein Schüler sollte frei von Hoffen, Wünschen und Gier sein. Nur dann kann er einen festen Geist haben. Hoffnung, Verlangen und Gier machen den Geist rastlos und aufgewühlt, sie sind die Feinde des Friedens und der Selbsterkenntnis. Der Schüler sollte auch nicht viel Besitz haben. Er behält am besten nur die Dinge, die für das materielle Leben absolut notwendig sind. Wenn man viel Besitztümer hat wird der Geist immer an all die Gegenstände denken und versuchen, sie zu sichern. Wer schnellen Fortschritt beim Meditieren in der Abgeschiedenheit wünscht, sollte keinerlei Verbindung mit der Welt aufrecht erhalten, wie z.B. durch Briefverkehr, Zeitunglesen oder Gedanken an Familienmitglieder und Besitz.

Wer seine Wünsche eingegrenzt hat, wer keinerlei Anziehung durch die Welt verspürt, wer Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit besitzt, ein brennendes Verlangen nach Befreiung, wer monatelang Mouna gehalten hat, der kann in Zurückgezogenheit leben.

Ein Suchender braucht Gelassenheit. Das göttliche Licht kann nur in einen gelassenen Geist herabsteigen. Gelassenheit erlangt man durch das Ausmerzen der Vasanas, der Wünsche und Sehnsüchte. Man braucht auch Furchtlosigkeit. Das ist die wichtigste Eigenschaft. Ein schüchterner oder feiger Schüler ist weit von der Selbstverwirklichung entfernt.

Ein Suchender sollte sich über die Bedürfnisse des Körpers keine Sorgen machen. Für alles wird durch Gott gesorgt. Alles ist durch Mutter Prakriti schon vorbereitet. Sie sorgt für das körperliche Wohlergehen von allen viel wirksamer als das jeder für sich vermag. Prakriti weiß besser, was man braucht und schenkt es einem hier und jetzt. Verstehe die geheimnisvollen Wege der Mutter und werde weise. Sei ihr dankbar für ihre einzigartige Güte, Gnade und Milde.

Samen, die Vitalenergie, stärkt die Nerven und das Gehirn und energetisiert das System. Wer seine Lebenskraft durch Enthaltsamkeit bewahrt und sie in Ojas Shakti (spirituelle Energie) umgewandelt hat, kann eine lange Zeit durchweg meditieren. Nur er kann die Leiter des Yoga erklimmen. Ohne Brahmacharya ist spiritueller Fortschritt schwierig und langsam. Brahmacharya ist die Basis für das Gerüst der Meditation und des Samadhi. Viele Menschen verschleudern diese Lebensenergie – wahrlich ein großer spiritueller Schatz – wenn sie in der Erregung blind werden und ihren Verstand verlieren. Sie sind wirklich zu bemitleiden! Sie können keinen echten Fortschritt im Yoga mach

Du solltest den Körper durch regelmäßiges Praktizieren von Asana beherrschen, bevor du mit ernsthaftem dauerhaftem Meditieren beginnst. Du kannst nicht meditieren wenn du nicht fest dasitzen kannst. Wenn der Körper wackelt, wackelt auch der Geist. Die Verbindung zwischen Körper und Geist ist sehr eng. Du solltest deinen Körper nicht im Geringsten bewegen. Du solltest die Asana meistern, indem du täglich übst, d.h. Asana Jaya (Meisterung der Sitzhaltung). Du solltest fest wie eine Statue oder wie ein Stein sein. Wenn du den Körper aufrecht hältst, Kopf und Nacken gerade, dann ist auch die Wirkbelsäule gerade ausgerichtet und die Kundalini (Energie) steigt kontinuierlich durch die Sushumna (feinstoffliche Wirbelsäule) hinauf. Schlaf kann dich nicht überkommen.

Wenn du Pratyahara (Zurückziehen der Sinne) gut beherrschst, wenn du die Sinne unter Kontrolle hast, kannst du vollkommenes Alleinsein und Frieden selbst an den bevölkertsten und lautesten Orten einer Großstadt finden. Wenn die Sinne aufgewühlt sind, wenn dir die Kraft fehlt, die Sinne zurückzuziehen, dann findest du selbst in einer einsamen Höhle im Himalaya keinen Frieden. Ein disziplinierter Yogi der seine Sinne und seinen Geist beherrscht, hat kann in einer einsamen Höhle geistigen Frieden erfahren. Ein leidenschaftlicher Mensch, der seine Sinne und seinen Geist nicht kontrollieren kann wird nur Luftschlösser bauen, auch wenn er in einer einsamen Höhle in den Bergen lebt.

Richte deinen Blick auf die Nasenspitze (Nasikagra Drishti) und halten den Geist fest auf das Selbst gerichtet und auf nichts anderes. Dies wird auch von Krishna in der "Bhagavad Gita" beschrieben: „Wenn er (der Geist) im Selbst zur Ruhe gebracht ist, lass ihn an nichts denken.“ Die andere Blickrichtung (Drishti) ist Bhrumadhya Drishti, bei der man auf den Punkt zwischen den Augenbrauen (Ajna Chakra) schaut.

Für diese Drishti lenke den Blick bei geschlossenen Augen auf das Ajna Chakra. Wenn du die Drishti mit geöffneten Augen durchführst, kann das Kopfschmerzen hervorrufen. Fremdkörper könnten ins Auge fallen. Der Geist kann auch abgelenkt werden. Überanstrenge die Augen nicht. Übe sanft. Wenn du die Konzentration auf die Nasenspitze übst wirst du verschiedene Düfte wahrnehmen, d.h. Divya Gandha („göttlichen Geruch“) erleben. Wenn du dich auf das Ajna Chakra konzentrierst wirst du Divya Jyoti („göttliches Licht“) sehen. Diese Erfahrung ermutigt einen, treibt einen voran auf dem spirituellen Pfad und überzeugt von der Existenz transzendenter Dinge jenseits der physischen Welt. Höre hier nicht mit deinem Sadhana auf. Yogis oder Bhaktas, die über Shiva meditieren konzentrieren sich auf das Ajna Chakra. Du kannst die Drishti wählen, die dir am besten liegt.

Zentriere den Geist in einem Punkt indem du all seine verstreuten Strahlen bündelst. Ziehe den Geist wieder und wieder von allen Sinnesobjekten ab und versuche, ihn auf dein Lakshya, deinen Meditationspunkt oder dein Meditationszentrum, auszurichten. Du wirst allmählich die Konzentration des Geistes, sein Zentriertsein in einem Punkt, erreichen. Du brauchst Geduld und Ausdauer. Dein Üben braucht Regelmäßigkeit. Nur dann wirst du Erfolg haben. Regelmäßigkeit ist von größter Wichtigkeit.

Erkenne die Gewohnheiten und Wirkungsweisen des Geistes durch tägliche Innenschau, Selbstanalyse und Selbstprüfung. Lerne die Gesetze des Geistes kennen. Dann wird es dir leicht fallen, das Umherschweifen des Geistes zu kontrollieren. Wenn du meditierst, wenn du bewusst versuchst, die weltlichen Dinge hinter dir zu lassen, werden alle möglichen weltlichen Gedanken, irrelevante und unsinnige Gedanken in deinem Geist aufkommen und deine Meditation stören. Du wirst dich sehr wundern. Alte Gedanken, die du Jahre zuvor hattest, alte Erinnerungen an vergangenes Glück werden wie Blasen aufsteigen und deinen Geist zwingen, in alle möglichen Richtungen abzuschweifen. Du wirst das Gefühl haben, dass die Falltüre zum tiefen Keller von Gedanken und Erinnerungen im Unterbewusstsein geöffnet wurde oder die Tür zum inneren Gedankenlager aufgestoßen und die Gedanken in einem unaufhörlichen Schwall herausquillen. Und je mehr du versuchst, sie abzustellen, umso heftiger sprudeln sie mit doppelter Gewalt und Kraft herauf.

Lass dich nicht entmutigen. Gib die Hoffnung nie auf. Durch regelmäßige und beständige Meditation kannst du das Unterbewusstsein reinigen und alle Gedanken und Erinnerungen kontrollieren. Das Feuer der Meditation wird alle Gedanken verbrennen. Dessen kannst du sicher sein. Meditation ist ein wirksames Gegenmittel, um die giftigen weltlichen Gedanken auszumerzen. Sei dir dessen gewiss.

Während deiner Innenschau kannst du den Geist ganz klar dabei beobachten, wie er von einer Gedankenlinie zur anderen übergeht. Darin liegt die Chance für dich, den Geist richtig zu formen und die Gedanken und die Mentalenergie in den göttlichen Kanal zu lenken. Du kannst die Gedanken neu anordnen und auf neuer sattviger Basis neue Assoziationen kreieren. Du kannst unnütze weltliche Gedanken wegwerfen wie man Unkraut ausreißt und wegwirft. Du kannst erhabene göttliche Gedanken im göttlichen Garten deines Geistes, dem Antahkarana, gedeihen lassen. Das ist Arbeit die Geduld braucht. Es ist wirklich eine riesige Aufgabe. Doch für einen Yogi, der aus sich selbst heraus fest entschlossen ist, der Gottes Gnade gefunden hat und der eisernen Willen besitzt, ist das gar nichts.

Meditation über das Unsterbliche Selbst zündet wie Dynamit und jagt alle Gedanken und Erinnerungen des Unterbewusstseins in die Luft. Wenn diese Gedanken dich sehr quälen, unterdrücke sie nicht mit Gewalt. Sei ein stiller Beobachter, wie in einem Bioskop. Sie werden allmählich nachlassen. Dann versuche, sie durch regelmäßiges stilles Meditieren auszureißen.

Die Übung braucht Regelmäßigkeit. Nur dann kann man mit Gewissheit schnell Selbstverwirklichung erreichen. Wer sporadisch mal ein paar Minuten täglich meditiert kann im Yoga keine spürbaren Erfolge erzielen.

Wie kann man in einem einsamen Wald die Kontrolle der Sinne prüfen, wo es doch keine Versuchungen gibt? Ein Yogaschüler, der in einer Höhle, d.h. in Abgeschiedenheit lebt, sollte sich im besiedelten Flachland einer Prüfung unterziehen, nachdem er sich ausreichend entwickelt hat. Doch er sollte sich auch nicht andauernd testen, wie jener Mann, der täglich nach dem Wässern die junge Pflanze aushob, um zu sehen, ob sie schon tiefe Wurzeln geschlagen hätte oder nicht.

Mögest du im Yoga erfolgreich sein und in Nirvikalpa Samadhi eintreten, die wonnereiche Vereinigung mit Gott, die man durch die Kontrolle der Sinne und des Geistes erreicht, und indem man regelmäßig und beständig meditiert!