Yoga Vibhuti - Manifestation der Yogakräfte


Ma sagt, dass Ihr Körper eine Zeitlang durch ein Stadium ging, in dem sich spontan verschiedene Yogastellungen (Asanas, Mudras usw.) formten.
      Auch wenn Sie ganz allein war und niemand Sie sah, traten sie häufig auf. Sie bemerkte einmal in diesem Zusammenhang: „So wie man ein Samenkorn im Dunkeln, unter der Erde lassen muss, bevor es sprießt, genauso finden durch die spirituellen Übungen eines Sadhakas ganz unmerklich viele subtile Veränderungen in ihm statt.“
      Manchmal waren Ihr Hals und Ihre Hände und Füße so steif und verdreht, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie sie jemals wieder ihre normale Haltung erlangen sollten. Einmal sagte Ma: „So ein strahlendes Licht leuchtete aus diesem Körper, dass der ganze Raum rundum erhellt wurde. Dieses Licht schien sich allmählich zu verbreiten und das Universum einzuhüllen“.
      In so einem Zustand pflegte Sie Ihren ganzen Körper mit einem zusätzlichen Tuch zu bedecken und sich lange Zeit ganz allein in einen einsamen Winkel des Hauses zurückzuziehen. Während dieser Zeit strahlte eine solche göttliche Kraft von Ihrem Körper aus, dass die Menschen sich bei Ihrem Anblick selbst vergaßen und in himmlische Glückseligkeit versanken. Manche wurden bewusstlos, wenn sie Ihre Füße berührten, und Stellen, an denen Sie gelegen oder gesessen hatte, wurden oft extrem heiß.
      In Dhaka war ich selbst Zeuge Ihrer verschiedenen Yogastellungen. Zeitweise hörte Ihr Atem auf oder wurde so schwach und unterbrochen, dass wir Angst hatten, Sie würde ersticken. Als ich Ihr eines Tages Abbildungen von Yogahaltungen in einem Buch zeigte, machte Sie auf bestimmte Fehler darin aufmerksam, was die jeweiligen Positionen von Kopf, Füßen, Schenkeln und anderen Körperteilen betraf.
      Die Menschen, die das Glück hatten, längere Zeit bei Ihr zu sein, werden bemerkt haben, wie Sie stundenlang ohne die geringste Bewegung in einer bestimmten Stellung sitzen oder auch mitten in der Unterhaltung in völliges Schweigen versinken konnte. In diesem Zustand wurde Ihr Körper unbeweglich wie eine Statue,
      Ihre Augen waren starr und unverwandt auf den fernen Horizont gerichtet und Ihr Anblick war voller Lieblichkeit und Reinheit. In all diesen Zuständen war ganz offensichtlich, dass Ihre Seele in höchste Glückseligkeit getaucht war, während Ihr Körper mechanisch die Pflichten des täglichen Lebens erfüllte. Wenn Sie so im Göttlichen versunken war, empfand Sie weder Sunger noch Durst, noch Hitze oder Kälte, wenn Sie nicht besonders daraufhin gewiesen wurde. Selbst wenn das Bewusstsein Ihres Körpers zurückkam, brauchte Sie lange Zeit, um wieder Ihren normalen Zustand zu erlangen.
      Wir bemerkten auch bei verschiedenen Gelegenheiten, dass Sie oft völlig vergaß, wie man redet, geht, lacht oder zwischen verschiedenen Speisen und Getränken unterscheidet, sobald man Sie während jener Zeiten der Selbst- Versunkenheit einige Tage ‚untereinander sich selbst überließ. Viele Menschen möchten Offenbarungen Ihrer übernatürlichen Kräfte sehen. Ihnen würde ich raten, einige Tage in Ihrer Nähe zu verbringen und den wunderbaren spirituellen Einfluss zu erleben, der in jedem Augenblick von Ihr ausgeht und selbst die verhärtesten Seelen zu neuem Leben erblühen lässt. Die Menschen werden durch Ihren natürlichen Impuls, das Heil aller Wesen zu fördern, fast unmerklich in den Wirkungskreis Ihres reichen spirituellen Lebens geführt.
      Eines Nachmittags ging ich mit Niranjan nach Shahbag. Ma und Bholanath saßen auf dem Boden, auf dem einige Bilder gezeichnet waren. Bholanath sagte: „Eure Mutter hat hier die Energiezentren (Cakras) des menschlichen Körpers gezeichnet.“ Ma sagte daraufhin: „Als ich heute Mittag spazierenging, setzte ich mich hier in einer Yogahaltung nieder und nahm einige lotusgleiche Energiezentren wahr, angefangen vom höchsten Zentrum am Kopf und die Wirbelsäule herab bis zum untersten Ende, jeweils mehrere Zentimeter voneinander entfernt. Ich sah deutlich, dass sich vom untersten Punkt der Wirbelsäule aufwärts viele kleinere Zentren befanden, von denen nur die sechs Hauptzentren hier gezeichnet sind. Ich habe sie nicht absichtlich gezeichnet, sondern meine Hand bewegte sich automatisch über den Boden, und so entstanden diese Bilder.

Ihr solltet wissen, dass durch die Energiezentren dieser Nervengeflechte die ererbten Impulse, erworbenen Neigungen, Gefühle und Bedürfnisse ebenso wie Gedankengängeund Vorstellungen über Leben und Tod usw. erst in Funktion treten und vom höchsten Zentrum am Haupt ihren Weg abwärts finden, sobald sie durch die Sinnesorgane angeregt werden. Ströme von Lebensenergie und Impulse gleiten schnell oder langsam durch diese Kanäle und lenken die Lebensprozesse und Gedankengängedes Menschen. Ebenso, wie sich Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther gegenseitig durchdringen, so liegen diese sechs Hauptzentren innerhalb des Körpers zwar offensichtlich eines über dem anderen, doch arbeiten sie in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander als eine Kette der Lebensenergie. Ein wenig Nachdenken wird euch davon überzeugen, dass sich das Leben in den höchsten Zentren des Körpers abspielt, wenn eure Gedanken rein und voller Glückseligkeit sind. So wie Wasserquellen am Grund eines Brunnens oder Teichs ein ständiges Reservoir bilden, oder wie die pflanzliche Lebnskraft tief unten in den Wurzeln zu finden ist, so schlummert auch am untersten Ende der Wirbelsäule (Muladhara) die Quelle der gewaltigen Lebenskräfte, die letztlich von der Sonne stammen, von der all unser Leben ausgeht. Wenn ihr euch mit großer Geduld und Aufrichtigkeit bemüht, euch innerlich und äußerlich zu läutern, erreichen die daraus entstehenden Schwingungen eurer Gedanken immer höhere Zentren, lösen Spannungen und ermöglichen dadurch der eingeschlossenen Lebenskraft am untersten Zentrum, sich nach oben zu bewegen. Dann verschwinden allmählich Trägheit, Begierden und Asanas, Samskaras des Devotees, so wie Nebel den Strahlen der Sonne weicht. Zusammen mit der Lösung der Blockaden lässt unsere Anhaftung an Sinnesobjekte nach, und das innere Leben beginnt, Gestalt anzunehmen.
      Wenn die aufsteigende Lebenskraft das Energiezentrum zwischen den Augenbrauen erreicht, fließt der innere Strom des Lebensfluidums völlig gleichmäßig, leicht und rein durch das gesamte menschliche Nervensystem mit dem Ergebnis, dass der Devotee langsam beginnt, die Natur des Egos, der Welt und der Schöpfung zu erkennen. Wenn jemand lange in diesem Zustand bleiben kann, werden all seine Samskaras, seine übernommenen Prägungen aus früheren Leben und aus der Gegenwart, und all seine Triebe allmählich schwächer und schwächer. Sein Geist erreicht immer höhere Ebenen der Meditation und mächtigere Zentren der Lebenskraft.

Wenn der Devotee sich über das höchste Energiezentrum, welches zwischen den Augenbrauen liegt (Dvidala Cakra), hinaus erhebt, verschmilzt sein Geist mit dem Supramentalen, sein Ego löst sich in Mahabhava, höchster Gottesliebe auf, und er findet ewigen Frieden in Svarupa, seinem eigenen wahren Selbst. Dann versinkt er in Samadhi, einem Zustand immerwährender Glückseligkeit.
      Wenn sich die verschiedenen Energiezentren zu öffnen beginnen, werden innerlich verschiedene Klänge vernommen wie Muschelhörner, Glocken, Flöten usw., die schließlich alle im kosmischen Rythmus einer großen Stimme unendlicher Stille aufgehen. Auf dieser Stufe kann kein Gedanke oder Objekt der Außenwelt seine Aufmerksamkeit ablenken. Wenn er noch weiter vordringt, geht sein Wesen in der unergründlichen Tiefe jener seligen Musik auf, die das ganze Universum durchdringt, und er findet ewigen Frieden.
      Zwei oder drei Jahre nach diesen Aussagen zeigte ich Ma die Bilder der sechs Cakras in Richter Woodroffe‘s Buch „Die Schlangenkraft.“ Ma warf keinen einzigenBlick darauf und sagte herzlich lachend: „Hör, was dieser Körper dir sagt.“ Sodann beschrieb Sie jedes Cakra, die Art der Lotosse, ihre Farbe und die Anzahl der Blätter sowie die zugehörigen Yantras[29], und Mantras. Ich stellte fest, dass die Bilder im Buch genau das darstellten, was Ma beschrieben hatte.
      Sie fügte hinzu: „Ich habe in keinem Buch etwas über diese Zentren gelesen, noch habe ich je zuvor etwas von irgend jemanden darüber erfahren. Die Beschreibung, dieich gab, stammt aus meiner eigenen Erfahrung.“ Weiter danach befragt, erklärte Sie: „Die Farben jener Energiezentren wie sie dort abgebildet sind, geben nur den äußeren Eindruck wieder. Die gleiche Substanz, aus der euer Gehirn entstanden ist, bildet auch diese Zentren, nur ihre Formen, Strukturen und Funktionen sind unterschiedlich. Jedes Zentrum besitzt charakterische Eigenschaften, die es von anderen unterscheiden, ebenso wie das Auge, das Ohr, der Nabel oder sogar die Handlinien sie aufweisen. In den Cakras findet ein sich ständig veränderndes Spiel verschiedener Farben, Klänge und ihrer Symbole, d.h. den Keimmantras, statt, das sich spontan aus der Bewegung der Lebenskraft, dem Fließen des Vitalfluidums, ergibt. Als früher verschiedene Mantras über meine Lippen kamen, begleitet von Veränderungen im Atem, tauchten in mir Fragen auf wie: Was bedeuten diese?‘ Dann kam die Antwort aus dem Innern, und die innern Struktur all dieser Cakras offenbarte sich mir genauso deutlich wie die Bilder, die du mir gezeigt hast. Wenn jemand regelmäßig betet, Pujas und Yogaübungen macht, meditiert und mit ausreichender Konzentration über die höheren Wahrheiten des Daseins nachsinnt, wird sein Geist gereinigt, die Gedanken werden verfeinert und die Zentren öffnen sich von selbst. Andernfalls kann kein Mensch dem Sturm und der Bedrängnis solch physischer Triebe wie Lust, Gier und Zorn entgehen.“
      Eines Tages ging Ma mit allen, die anwesend waren, zum Siddheshvari Ashram. Der Ort war damals in sehr vernachlässigtem Zustand. Eine altarartige Erhebung befand sich dort, etwa 90 cm im Quadrat und 35 cm hoch. Ma ließ sich darauf nieder, und alle Devotees saßen um Sie herum, schweigend und in ihre eigenen Gedanken versunken. Ihr Körper schrumpfte nach und nach so sehr, dass jeder den Eindruck bekam, nur Ihr Sari sei auf dem Altar zurückgeblieben. Niemand konnte Sie sehen. Ganz langsam regte es sich unter dem Tuch, allmählich und sanft nahm ein Körper Gestalt an, und Sie erschien, aufrecht sitzend. Etwa eine halbe Stunde lang blickte Sie unverwandt in den Himmel und sagte dann: „Damit sich das Ziel eures Lebens erfüllt, habt ihr diesen Körper herabgeholt.“      

Ma sagt: „So wie ein Papierdrachen hoch in den Himmel emporfliegt und nur an einem dünnen Faden gehaltenwird, so kann ein Yogi in der Luft schweben, während seine Existenz nur noch vom Lebensatem und einem dünnen Faden von Samskara aufrechterhalten wird. Er kann seinen Körper zu einem Staubkörnchen verkleinern, eine riesige Gestalt annehmen oder sogar unsichtbar werden.“
      Wir haben erfahren, dass viele Menschen während des Traumes Initiation von Ma erhielten, während andere Blumen zusammen mit Mantras bekamen und diese Blumen tatsächlich vorfanden, wenn sie erwachten. Aber keiner von uns kennt Devotees, die Ma direkt in der physischen Welt initiiert hat[30].
      Auch haben wir von vielen Menschen gehört, denen Ma‘s Gestalt zu ihrer Überraschung ganz lebendig für kurze Zeit zuhause erschien, obwohl sie weit entfernt von Ihr wohnten. Während ich in Dhaka ernstlich an akuter Tuberkulose erkrankt war, befand sich Ma in Nordwestindien. Als Sie nach Dhaka zurückkam, sagte Sie zu mir: „An zwei bestimmten Tagen betrat dieser Körper deinen Raum durch eine bestimmte Tür des Hauses um Mitternacht und verließ ihn wiederum durch eine andere. Dein Zustand an jenen zwei Tagen war sehr kritisch.“ Anhand des Rechnungsbuches, in dem die täglichen Ausgaben einschließlich der Gebühren für den Arzt und die Medikamente eingetragen waren, wurde festgestellt, dass an diesen beiden Tagen tatsächlich nachts der Arzt gerufen werden musste.
      Es gab auch Fälle, bei denen Ma an einer Gruppe von Menschen vorbeiging, und nur einer oder zwei von ihnen konnte Sie sehen. Sie sagt dazu: „Ich bin immer bei euch, aber ihr habt so wenig den Wunsch mich zu sehen. Was kann ich da tun? Doch ihr könnt sicher sein, dass ich alles sehe, was ihr tut oder unterlasst.“
      Einmal sollte Ma in den Zug nach Goalundo steigen. Das Trittbrett der Tür befand sich recht hoch über dem Bahnsteig. Damals hatte Sie Rheuma in Ihrem rechten Arm. Als Gurupriya Devi auf Ihre Bitte hin Ihre linke Hand nahm und Sie in das Abteil zog, schien Ma‘s Körper so leicht wie ein Baby zu sein. Bei anderen Gelegenheiten wiederum war er manchmal außerordentlich schwer.
      Ma sagt uns, dass nichts irgendeine Veränderung in Ihr bewirkt, ob Sie äußerlich aktiv ist oder ruht. Sie ist immer wach und bewusst. Wenn Sie manchmal vom Bett aufsteht, sagt Sie, dass Sie bestimmte Ereignisse an bestimmten Orten geschehen sah. Nachforschungen bestätigen dann die Wahrheit Ihrer Aussagen.
      Ich pflegte Ma entweder wie in einem Lichtblitz oder wie eine gleichbleibende Schattengestalt neben mir zu erblicken. Manchmal verdichtete sich Ihre Erscheinung zu einer fest umrissenen Form, die sich bewegte und Veränderungen in meiner Umgebung vornahm, die sogar nach Ihrem Verschwinden noch existierten.
      Ende 1930 hielt Ma sich in Cox‘s Bazar, etwa 500 km von Dhaka entfernt auf. Während ich in den frühen Morgenstunden in Dhaka auf meinem Bett saß und an Sie dachte, hörte ich Sie flüstern: „Errichte einen Tempel auf dem Ashramgelände.“
      Ich wunderte mich, als ich das hörte. Ich wusste, dass Ma niemals jemandem befiehlt, etwas zu tun. Ich grübelte und grübelte darüber nach. Ich hatte zwar das gefühl, dass das Flüstern von Ma gekommen war, aber ein Zweifel beunruhigte mich: „Warum sollte Ma so undeutlich geflüstert haben?“ Normalerweise war Ihre Stimme deutlich, klar, lebendig und klangvoll. Nachdem ich jedoch einen Brief nach Cox‘s Bazar schrieb, erfuhr ich, dass Sie seit einigen Tagen Schweigen bewahrt und an jenem besonderen Morgen um acht Uhr wieder zu sprechen begonnen hatte. Als Ma nach Dhaka zurückkehrte, sagte man mir, dass Sie noch früher an jenem Morgen bereits einige Worte gemurmelt habe, die aber kaum jemand verstehen konnte. Aufgrund dieser Anweisung von Ma wurde daraufhin ernstlich mit dem Bau des Tempels begonnen.
      Ma sagt immer, dass Sie die feinstofflichen Gestalten vieler längst verstorbener Heiliger sehen kann. Eines Tages bemerkte Sie: „So wie ihr alle um mich herumsitzt, so drängen sich auch dort viele Wesen, die ihren physischen Körper bereits verlassen haben. Sie sind genauso real wie Ihr.“
      Sie sagt auch, dass Sie die Wesensgestalten der verschiedenen Krankheiten sehen kann. Wenn sie in Ihren Körper eingehen möchten, lässt Sie ihnen freien Spielraum. „Da es nur EIN LEBEN in diesem Universum gibt, rufe ich Krankheiten weder herbei, noch schicke ich sie fort. Genauso wie ihr alle eine Quelle der Glückseligkeit für mich seid, so bereiten auch sie mir die gleiche Freude.“

Im Mai 1929 verließ Ma Dhaka, aber aus verschiedenen Gründen stellten sich Ihrem spontanen Impuls zahlreiche Hindernisse entgegen. Als Sie im August nach Dhaka zurückkam, hatte sie Fieber. Viele übernatürliche Symptome begannen sich in Ihrem Körper zu manifestieren. Sie gab die Anweisung, Ihren Körper verschiedene Asanas einnehmen zu lassen, sei es im Sitzen oder flach auf dem Boden liegend, je nach seinem spontanen Bedürfnis. Dies ging eine ganze Stunde lang so. Ma sagte später, all das seien Yogastellungen gewesen. Beim Anblick dieser Manifestationen fürchteten die Menschen, Sie könne Ihren Körper aufgeben. Danach konnten sich Ihre Glieder nicht mehr zusammenhängend bewegen: Ob im Sitzen oder Stehen, all Ihre Gliedmaßen hingen ständig lose herab und konnten nicht ohne Unterstützung bewegt werden. Zusammen mit diesen Reaktionen hatte Sie hohes Fieber, Durchfall, blutige Ausscheidungen und alle Symptome von Wassersucht. Auf diese Weise vergingen vier oder fünf Tage, bis Brahmacarini Gurupriya Devi Sie anflehte: „Ma, wir können Dich in diesem Zustand nicht pflegen, hab Erbarmen mit uns!“ Nach dieser Bitte verschwand die Schlaffheit Ihres Körpers, doch das Fieber und andere Symptome blieben weiterhin. Fünf oder sechs Tage lang wurden von 11 bis 17 Uhr sechzig bis siebzig Eimer Wasser zur Kühlung über Ihr Haupt gegossen, aber die Temperatur senkte sich nicht. Trotz allem verweigerte Sie jede Medizin. Ein ayurvedischer Arzt wurde gerufen. Er untersuchte Sie und sagte schließlich: „Wir können normale Menschen behandeln, aber bei Ma ist alles völlig anders.“ Als die Devotees Sie ausgestreckt auf dem Krankenbett liegen sahen, waren alle zutiefst besorgt und beteten zu Ihr, Ihren Körper selbst zu heilen.
      Am folgenden Morgen sagte Ma: „Bereitet ein Reisgericht für diesen Körper.“ Sie, die ganze siebzehn oder achtzehn Tage lang fast unbeweglich mit hohem Fieber und Wassersucht daniedergelegen hatte, verordnete sich selbst Ihr normales Essen: Reis mit Dal und Gemüse! Alle wunderten sich.
      Dennoch bereitete man auf Ihre Anweisung hin Reis, Dal und Gemüse zu. Drei oder vier Personen hielten Ihren Körper aufrecht und fütterten Sie. Sie aß ein bißchen von jeder Zubereitung. Viele befürchteten, dass diese Nahrung nach so langem Fieber ernsthafte Komplikationen hervorrufen würde. Aber Sie erholte sich allmählich.
      Auf diese Krankheit zurückkommend, bemerkte Ma einmal: „Dieser Körper verhält sich spontan im Einklang mit der Natur, so muss sein natürliches Verhalten auf irgendeine Weise an seiner normalen Entfaltung gehindert worden sein. Um euch die unglücklichen Folgen erkennen zu lassen, die eine Behinderung seiner natürlichen Impulse nach sich zieht, traten diese Störungen all seiner Lebensfunktionen auf. Hätte es sich um eine wirkliche Krankheit gehandelt, so wäre dieser Körper entweder gestorben oder behindert geblieben. Als ich im Bett lag, war ich mir keiner Beschwerde oder Krankheit bewusst. Ich fühlte mich genauso wie in gesundem Zustand. Inmitten Eures ängstlichen Hin und Her und der Veränderungen, die dieser Körper durchmachte, erfüllte mich eine Symphonie von Musik und Freude.“
      Aus all dem geht hervor, dass die Natur, die Ihrem Willen folgt, sozusagen Ihren Körper gesund erhält. Meine Überzeugung ist daher: Wenn wir Ihre spontanen Willensäußerungen wirklich beachten und es unterlassen, die Atmosphäre um Sie herum durch unsere individuellen Vorlieben und Abneigungen zu stören, und wenn wir vorbehaltlos das tun, was Sie sagt, so können wir auf unendlich beglückende Weise Zeugen der wunderbaren Auswirkungen Ihres Willens werden. Gleichzeitig werden wir viele gute Gelegenheiten erhalten, uns selber zu vervollkommnen.
      In unserer Kindheit spielten wir nach Lust und Laune mit unseren Puppen: Wir bauten Häuschen aus Sand und Lehm, um uns einen Augenblick daran zu vergnügen und griffen dann zu neuem Spielzeug. Selbst jetzt treiben wir in unserem Umgang mit Ma das gleiche unbedachte, impulsive Spiel, so kommt es mir zuweilen vor.
      Einmal sagte Ma im Vindhyachal Ashram während eines Gespräches zu Brahmacari Kamalakanta: „Selbst nach so vielen Jahren erkennen nur wenige, was ich möchte. Wären sie sich dessen bewusst, würden sie nie so gedankenlos fragen: „Was möchtest Du? Was ist Dein Wunsch?“ Man muss aufrichtig bestrebt sein, mich zu verstehen, so sehr es im Vermögen des Einzelnen liegt, und um zu begreifen, was ich wirklich will, muss man allen Stolz, Anerkennungsbedürfnis, Ärger, Sorgen und Eigendünkel abschütteln und letztlich auch den eigenen Willen, der den Menschen meinen lässt, er könne frei handeln.“
      Wenn wir uns unter Ihrem tiefgehenden Einfluss ständig läutern könnten, indem wir stillschweigend befolgen, was Sie uns sagt, so würden wir den Sinn unseres Lebens erfüllen und in unserem eigenen Leben Gelegenheit finden, das strahlende Wunder Ihrer universalen Mutterschaft bestätigt zu sehen.
      Einmal ging ich mit Ma auf den Ramna-Wiesen spazieren. Sie sprach kein Wort, und ich erkannte, dass ein Zustand absoluter Stille über Sie gekommen war. Nachdem Sie eine Weile ziellos umhergestreift war, kehrte Sie um. Acht bis zehn Tage lang blieb Sie absolut stumm. Keine Zeichen, Gesten oder Winke, nicht einmal ein Lächeln, kamen von Ihr. Sie saß die ganze Zeitlang still versunken in sich selbst. Wenn jemand zu Ihr sprach, vermochte das weder Ihren Blick, noch Ihre Aufmerksamkeit dorthin zu lenken. Sie saß da wie die Statue Lord Buddhas, völlig bedürfnislos, sich selbst genügend und in tiefster Versunkenheit. Beim Essen öffneten sich Ihre Lippen nur ein wenig, um sich alsbald wieder zu schließen, wenn Sie einen ganz kleinen Bissen genommen hatte. Während dieses Schweigens schien es, als sei Ihre ganze Verbindung zur Außenwelt vollständig abgeschnitten. Nach acht oder zehn Tagen begann Sie einige gebrochene Worte zu murmeln. Wir hatten den Eindruck, als ob Sie erneut lernte, Ihre Stimmbänder zu benutzen, um wiedersprechen zu können. Drei Tage vergingen, bis Sie allmählich wieder Ihre normale Art zu sprechen wiedergewann. Ich hatte das Glück, Ma zwei oder drei Mal in solchen Zuständen zu sehen.
      In solchen Zeiten des Schweigens erweckten die tiefe Stille Ihrer Erscheinung, Ihre heitere Gelassenheit, Ihranmutiger Blick und Ihr leuchtendes Gesicht unsere Liebe und Ehrfurcht. Je mehr man Sie voller Sehnsucht betrachtete, um so stärker wurde der Wunsch, Ihr Gesicht zu sehen. Als Ma nach Ihrer Heirat damals drei Jahre lang geschwiegen hatte, glaubten viele voller Bedauern, Sie sei ganz stumm, und sagten: „Ach, wie ist es jammerschade und eine große Ungerechtigkeit von Gott! Er hat dies schöne Mädchen stumm geschaffen, obwohl er Ihr die besten weiblichen Tugenden verliehen hat!“
      Ma sagt: „Wenn ihr wirklich schweigen wollt, müssen Herz und Geist so vollständig in einen Zustand der Kontemplation verschmelzen, dass euer ganzes Wesen, innerlich und äußerlich, wie zu Stein erstarrt. Doch wenn es euch nur darum geht, nicht zu sprechen, so ist das eine völlig andere Angelegenheit.“