Der Weg zur Selbstverwirklichung (100 - 162) - Teil 2

100

Das Selbst, in sich Selbst-enthaltend, ruft Sich selbst, um Sich zu Verwirklichen – das ist Freude.

101

Die intensive Sehnsucht nach Gottverwirklichung ist in sich selbst bereits der Weg dahin.

102

Gott, das Selbst, ist alldurchdringend. Wo ist Er nicht? In allen Formen und im Formlosen, in allen Namen und im Namenlosen, zu allen Zeiten, an allen Orten und in allen Zuständen ist Er. Wenn der Wunsch nach Erkenntnis erwacht, so ist dieser Wunsch bereits ein Ausdruck von Ihm, dem unteilbar Einen. Da alle Namen Seine Namen sind, wird Er sich durch jeden von ihnen erreichen lassen. Man muss den sehnlichen Wunsch entwickeln, das Ziel zu erreichen. Wo die Verwirklichung des unsterblichen Selbst im Innern das Ziel ist, da ist Suchen und Finden schon inbegriffen.

103

Ob ihr dazu bereit seid oder nicht, ihr werdet den Ewigen zu eurem ständigen Begleiter machen müssen: so wie eine Arznei, die eingenommen werden muss. Ohne Gott zu lieben, werdet ihr nichts erreichen.Erinnert euch stets daran.

104

Wenn du fähig bist, Gott wirklich zu lieben, ist es die Vollendung jeglicher Liebe.

105

Sei in jeder Hinsicht wahrhaftig. Ohne Reinheit kann man nicht zu Gott kommen.

106

Sprich zu allen die Wahrheit. Heimlichkeit, Hinterlist und Irreführung laufen auf Schwindel hinaus. Sie beflecken nur den Geist und lassen dich auf einem Meer des Elends treiben.
      Ein wahrhaftiges, reines und heiliges Leben führt zu Freude und höchstem Glück.

107

Die Wahrheit selbst wird in jeder Hinsicht demjenigen beistehen, der sich auf die Suche nach Wahrheit begeben hat.

108

Auf der Reise durch das Leben in dieser Welt bleibt niemand glücklich. Die Pilgerreise zum Ziel der menschlichen Existenz ist der einzige Weg zu höchstem Glück. Versuche diesen Pfad zu gehen, welcher tatsächlich für dich bestimmt ist, und wo es kein Problem von Freude und Leid gibt. Es ist dieser Pfad, der zu Freisein von Egoismus und zu höchster Glückseligkeit führt.

109

Jeder rennt hinter Glück und weltlichem Vergnügen hinterher. Jedoch sind höchste Zufriedenheit und Glückseligkeit immer da und nirgendwo anders. Das, was ewig ist, muss enthüllt werden, und dann taucht die Frage, nach etwas zu suchen, gar nicht auf.

110

Sei in Furchtlosigkeit verankert. Was ist weltliches Leben außer Angst! Wenn du von Angst beherrscht lebst, musst du dich da nicht fürchten? Es ist sinnlos, dort Furchtlosigkeit zu erwarten. Um von allen Sorgen befreit zu werden, solltest du bestrebt sein, Gott deine einzige Unterstützung sein zu lassen.

111

Es ist schwierig, auf den Schutz zu verzichten, den das Familienleben (grihastha ashrama) bietet, und stattdessen seine Tage ganz der Höchsten Suche zu widmen.
      Wenn du dazu fähig bist – sehr gut. Aber prüfe die Stimmen, die von innen kommen, sorgfältig. Sein Wille geschehe.

 

112

Wie kann man ein menschliches Wesen ohne Stärke sein? Um die Wahrheit zu erreichen, muss man alle Schwierigkeiten ertragen und immer geduldig bleiben. Es sind die Hindernisse, die zu Geduld führen.

113

Diejenigen, die von einer tiefen Sehnsucht getrieben nach der Vision des Höchsten Wesens diesen langen und schwierigen Weg beschreiten, können dies nur durch Seine Gnade. Zuflucht in Geduld zu nehmen ist die einzige annehmbare Geisteshaltung, man soll niemals Hoffnung verlieren. Wo auch immer du dich befinden magst und unter was für Umständen, lass dein Denken auf Ihn gerichtet sein, nur auf Ihn.

114

Schreibe meinem Freund und sage ihm, dass er ein Reisender auf dem Pfad werden muss, auf dem Frieden gefunden wird. Mit Sicherheit muss er die Pilgerreise dorthin unternehmen, wo kein Tod und kein Verfall existiert, wo jeder immer gegenwärtig ist. Wer ist es, der stirbt, und wer ist es, der in Form des Todes erscheint? Solange diese Dinge nicht durch direkte Wahrnehmung erfahren worden sind, kann es keine Befreiung aus diesem Ozean des Leidens geben. Lasse meinen Freund unaufhörlich danach streben, in Seiner Gegenwart zu verweilen, denn die Erinnerung an Ihn bereitet allen Sorgen für immer ein Ende.

115

Ein Wanderer auf dem Pfad zur Unsterblichkeit kontempliert niemals über den Tod. Durch die Meditation über das Unsterbliche weicht die Angst vor dem Tod weit fort, denk daran! Je ununterbrochener deine Kontemplation über das Eine wird, desto größere Fortschritte wirst du zur vollen und dauerhaften Verwirklichung machen.

116

Derjenige, der sich nach Gott sehnt, wird Ihn finden, und für denjenigen, der Ihn gefunden hat, stirbt der Tod. Man sollte auf eine solche Vision Gottes hoffen, welche der Tod des Todes ist, und sich bemühen, seinen Geist ständig in Aktivitäten oder Übungen vertieft sein zu lassen, die einen auf eine solche Vision vorbereiten können. Du weißt nicht, in welcher Form oder Weise Gott Selbst bei dir ist. Versuche immer, die ganzen 24 Stunden eines Tages, in der Versenkung und Erinnerung an das Höchste Wesen zu verbringen, in der Wiederholung von Gottes Namen oder der Lektüre von Büchern der Weisheit. Durch irgendeine Erkenntnis, durch eine göttliche Stimmung oder Erscheinung, sogar durch Tränen, die in Sehnsucht nach Ihm vergossen werden, lässt der Eine gelegentlich Seine Gegenwart fühlen. Bemühe dich, deinen Geist immer in Ihn zu vertiefen und in der Bereitschaft, Seine Berührung in allen Formen und Seinsweisen zu erfahren. Der Tag, der vergangen ist, wird nicht zurückkehren. Versuche den besten Nutzen aus jedem kostbaren Moment zu ziehen und sei immer auf die Erkenntnis deines Selbst ausgerichtet.

117

Als du anfingst lesen und schreiben zu lernen, hast du sicherlich nicht die Gründe dafür und dagegen geprüft, oder? Du hast das akzeptiert, was dir gesagt wurde.
      Selbst wenn alle möglichen kritischen Gedanken aufsteigen, rufe dir ins Bewusstsein, dass sie nur deinem Mangel an Verständnis entspringen. Sie sind bestimmt nicht das Ergebnis von reiner Weisheit. Versuche so viel wie möglich zu akzeptieren, entsprechend der jeweiligen Situation. Überwinde deine Faulheit, und strenge dich an. Es ist natürlich, dass der Geist alle möglichen Gründe dafür findet, kein Sadhana zu machen; dennoch muss dein Ziel sein, durchzuhalten. „Ich werde nicht fähig sein, es zu tun; es wird nicht möglich sein,“ – solche Gedankensolltest du zurückweisen.
      Das Leiden betrifft nur den Körper. Trotz all solcher Unannehmlichkeiten erfüllen Beamte und Geschäftsleute ihre Aufgaben. Wie gewissenhaft sie sind! Schaffe Zeit für alles! Je reiner und transparenter du deinen Geist machen kannst, desto größer werden deine Möglichkeiten zu spirituellem Fortschritt sein.

118

Es ist die reine, unbefleckte Blume, die einen Platz zu Füßen Gottes findet und sonst nirgends. Achtet darauf, ein Leben makelloser Reinheit zu führen, damit es würdig wird, Gott in Verehrung hingegeben zu werden. Sprecht über Ihn, meditiert über Seine Herrlichkeit, versucht Ihn in jedem Wesen zu sehen, Ihn, der das Selbst ist, der Atem des Lebens, das Innerste aller Herzen. Ihr fühlt euch einsam? In Wirklichkeit seid ihr nicht allein. Verlässt der Höchste Freund jemals Seine Freunde?

119

Ishvara, der Herr der Welt, ist nicht etwas, was durch die Sinne wahrgenommen oder durch den Verstand begriffen werden kann. Indem man sich in das Göttliche versenkt, wird Frieden erlangt. Gott Selbst zieht dich zu sich.

120

Das Subjekt spiritueller Erforschung und das, was dich und alles Manifestierte erschaffen hat, ist Ishvara, der Herr des Universums.
      Man kann das Ganze sogar in Begriffen von Gewinn und Verlust sehen: Nicht nach Gottverwirklichung zu streben ist Verlust und danach zu streben ist Gewinn – obwohl Er selbstleuchtend ist (und deshalb kann keine Bemühung zu Erleuchtung führen). Er und nur Er ist das einzig Notwendige, der ganze Rest ist wertlos. Ohne Ihn kann man nicht leben. Wo ist ein Platz, wo Er nicht ist? Deswegen ist es unmöglich, Ihn zu verlassen, Er kann nicht ausgeschlossen werden, weil Er alles in allem ist, das ist die Natur und die Art und Weise Seines Spiels. Durch Illusion (Moha) vergisst du Ihn. Alle Schwierigkeiten entstehen nur durch Unwissenheit.
      Wenn der Mensch sich bemüht, sein Leben in der Welt entsprechend seinem Dharma zu leben, nach den Regeln der Religion und Rechtschaffenheit, wird er das Leid allmählich überwinden und zum Frieden gelangen. Ohne Ihn kann der Höchste Frieden nicht gefunden werden.

 

121

In allem und in einem jeden ist nur der Eine. Versuche dir ständig der Tatsache bewusst zu sein, dass alles, was auch immer irgendwann und auf irgendeine Weise wahrgenommen wird, nur eine Manifestation des höchsten Seins ist. Wie könnte man den Wahrnehmenden ausschließen? Ausschluss und Nicht-Ausschluss sind ebenfalls Er und kein anderer. Sogar das Gefühl der Abwesenheit Gottes ist Seine Manifestation – auf dass Seine Gegenwart erkannt werde.

122

Wir sollten unsere Aufmerksamkeit nicht planlos umherschweifen lassen, sondern an einem bestimmten Ziel festhalten. Dennoch werden wir zu Beginn einen Gegenstand wählen müssen, der unserem Sadhana entspricht. In Einsamkeit zu leben bedeutet, einzig in Gesellschaft des Einen Geliebten zu sein, nicht wahr, Vater? Nur wenn man unangehaftet und ohne Kummer und Sorgen ist, wird Freiheit von Konflikten und Schwierigkeiten möglich. Schreib ihm, dass er nicht den geringsten Anlass zur Besorgnis hat; die Gnade Gottes strömt unaufhörlich und zu allen Zeiten herab. Ein Mensch, der Gottverwirklichung zum ausschließlichen Ziel seines Lebens gemacht hat, hat bereits Zuflucht in Ihm gefunden – auch wenn Er sich zeitweilig durch Seine Abwesenheit offenbaren mag.

123

Halte Deine Aufmerksamkeit auf Dinge gerichtet, die mit dem Göttlichen zusammenhängen (Hari Katha).
      Geist, Herz und Körper Ihm hinzugeben, der ihr Herr ist, schenkt Frieden; doch von der Welt Frieden zu erwarten wird unausweichlich Leid zur Folge haben. Versuche, ein Leben der Heiligkeit und Einfachheit zu führen, mit anderen Worten, sei gegründet in Frömmigkeit und Tugend.
      Weshalb sollte man Geist und Körper durch unnötige Sorge aufreiben? Er tut unfehlbar, was zum Besten ist. Warum sollte man Leid einladen, indem man ausschließlich Wünsche und Verlangen hegt?
      In was für Umstände du auch immer gerätst, betrachte es so: „Es ist alles richtig, dies war notwendig für mich; es ist Sein Weg, mich nah zu Seinen Füßen zu ziehen“, und versuche zufrieden zu bleiben. Von Ihm allein sollte dein Herz eingenommen sein.

 

124

Wenn man sich ständig bemüht, in das Bewusstsein von Dem, was Ist, hinein zu wachsen, besteht die Hoffnung, dass dieses Bewusstsein mit der Zeit dauerhaft werden kann.

125

Sorge dafür, dass du immer in einem Zustand bleibst, der die Versenkung ins Göttliche fördert. Auf diese Weise wird dem Geist die richtige Nahrung gegeben.

126

Wer bin ich? Bemühe dich mit dieser Haltung deinen Geist wie einen Zeugen zurückzunehmen. Suche nach deinem Selbst. Sitze so lange es möglich ist in Meditation versunken, bis du ganz still, standfest und vollkommen konzentriert geworden bist.

127

Tauche die ganzen 24 Stunden in das Gewahrsein von der Gegenwart Gottes ein. Nur dann kann es Hoffnung auf Verwirklichung geben. Wer kann schon voraussagen, welchen Augenblick er wählen wird, um Sich Selbst zu enthüllen? Deshalb muss man immer wachsam sein.

128

Lass deine Gedanken ständig bei der Höchsten Wirklichkeit verweilen – versuche deine Aufmerksamkeit darin zu versenken. Sprich immer die Wahrheit, sei ohne Kompromisse in der Selbstdisziplin, und widme dich dem Studium weiser Bücher und Satsang. Pflege die Gesellschaft derer, die eine Hilfe bei deiner Suche sind, vermeide jene, die dich ablenken – mit anderen Worten, halte am Guten fest, und vermeide das lediglich Angenehme. Wenn du in diesem Sinne lebst, wird dir die Hilfe, die du brauchst, von selbst und ungebeten zuteil werden.

 

129

Tag und Nacht sollten in der Suche nach Gott (Sadhana-bhajana) verbracht werden. Der Wunsch, Ihn zu finden, muss gezielt entwickelt werden. Ein menschliches Wesen zu sein beinhaltet, den Wunsch zur Selbsterkenntnis an erste Stelle zu setzen.
      Abgesehen von der wenigen Zeit, die notwendig ist, um der Familie zu dienen, sollte die gesamte restliche Zeit für Japa, Meditation, das Lesen von heiligen Schriften, Verehrung, Gebet und Selbsthingabe verwendet werden. Sehne dich und rufe nach Ihm um Seiner Selbst willen.
      Wenn sich die Möglichkeit ergibt, suche Satsang. Wenn dies nicht möglich ist, bemühe dich um ein ständiges Gewahrsein der göttlichen Gegenwart in deinem Herzen.

130

In Gesellschaft von Heiligen, Weisen und Wahrheitssuchern zu verweilen, ist des Menschen Pflicht. Solche Verbindungen werden dazu beitragen, sein Interesse am Wirklichen zu wecken. Je beharrlicher man die Gemeinschaft mit spirituell gesinnten Menschen sucht, desto größer wird der Nutzen sein.

131

Sich mit Pilgern auf dem Pfad der Selbsterkenntnis zu verbinden bedeutet, sich selbst einem wirklichen Verstehen und richtiger Unterscheidung zu öffnen. Aber den falschen Pfad zu nehmen, führt zu Ablenkung und Ruhelosigkeit.

132

Wenn keine Gelegenheit zu finden ist, in die physische Nähe von Heiligen und Weisen zu kommen, sollte man über Vasudeva, den Göttlichen Bewohner jedes menschlichen Herzens, meditieren. Indem man ein Gefühl für Seine Gegenwart entwickelt, bereitet man sich selbst vor.
      Man sollte solche Aktivität und Umgebung bevorzugen, die geeignet ist, heilige Gedanken und Bestrebungen (Sad Bhava) zu erwecken.

 

133

So, wie man ohne Hilfe von Lehrern und Experten nicht im weltlichen Wissen, das an den Universitäten gelehrt wird, erfahren werden kann, genau so kann das erhabene Wissen des Absoluten nicht ohne die Führung eines erfahrenen Gurus erkannt werden. Ihn zu finden, ist das Problem, egal ob es spirituellem Fortschritt, Befreiung oder irgendwelchen anderen Gründen dient, egal wie unbedeutend sie auch sein mögen.

134

In der einen oder anderen Weise muss die Gnade des Gurus erlangt werden. Solange man keinen Guru gefunden hat, sollte man Gott anrufen und versuchen, Ihn zu erkennen, indem alle Formen als Seine Formen, alle Namen als Seine Namen und alle Arten des Daseins als die Seinen betrachtet werden.

135

Wenn es euch gelingt, dem Ziel eure ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und unerschütterlich in dieser Sammlung zu bleiben, werdet ihr trotz aller Schwierigkeiten durchhalten.
      Die Umgebung, in der man lebt, und der Umgang, den man in dieser Welt pflegt, üben selbstverständlich einen machtvollen Einfluss auf das eigene Denken und den Charakter aus. Wenn man in engen Kontakt zu seinem wirklichen Guru getreten ist – vorausgesetzt, Er hat diese enge Beziehung entstehen lassen, dann liegt die Verantwortung für die eigenen Handlungen nicht länger bei einem selbst, denn Er vermag alles zu tun. Welche Weise Er auch wählen mag, um einer bestimmten Person Seine Unterweisung zu erteilen – denn manchmal wird einem Kind das Gehen beigebracht, indem man es an der Hand hält und ein anderes Mal überlässt man es sich selbst – das Ziel wird immer und in jedem Fall dasselbesein, denn der Schüler gehört ganz dem Guru an.
      Er Selbst wählt die Methode, mit der Er Seine Kinder zu sich heranzieht, die Methode, die für einen jeden am besten geeignet ist. So ist Sein eigener, freier und absoluter Wille.
      Jene, die die Verantwortung auf ihre eigene Schulter nehmen und von ihrer eigenen Ebene aus urteilen wollen, werden die Folgen ihres Verhaltens erleben. Zweifelsohne ist es für den gewöhnlichen Menschen schwierig, alles Geschehen zu begreifen, denn er weiß nicht, welche Handlungsweise zu welchem Zweck angebracht ist.
      Aus diesem Grund erscheint der Eine ihm in Gestalt von Enttäuschung und Fehlschlag.

 

136

Setze dein Vertrauen in deinen Guru, praktiziere das Keimmantra, das du von ihm erhalten hast, und meditiere über den Geliebten (Ishta). Es ist unbedingt erforderlich, unerschütterliches Vertrauen in den eigenen Ishta zu haben.
      Was bringt es, sich immer wieder neu initiieren zu lassen? Ist es nicht vielmehr am wichtigsten, intensiv nach der vollen Offenbarung jener Form[ 01] zu streben, in der Er Sich dir gezeigt hat?
      Wann immer es möglich ist, suche Satsang auf.

137

Auf die Frage, ob Diksha (Initiation durch ein Mantra) notwendig sei, antwortete Mataji: „Wenn Diksha notwendig ist, ereignet sie sich zur rechten Zeit. Man sollte versuchen, das Denken auf Gott zu richten und unerschütterlichen Glauben daran haben, dass Er alles, was notwendig ist, im richtigen Augenblick gewähren wird.“

138

Die Erkenntnis der Göttlichen Kraft kann durch jedes Mittel herbeigeführt werden, das einer bestimmten Person zusagt. Wenn man innerlich in diese Richtung neigt, kann es durch Initiation (Diksha) bewirkt werden, oder auch die Berührung des Gurus mag sie hervorrufen. Es ist unwesentlich, durch welche Methode man die Fähigkeit zu entfalten versucht, ein gottgeweihtes Leben zu führen. Das Wichtige ist, stets in Kontemplation über Ihn versunken zu bleiben und Glückseligkeit darin zu finden. Das ist wirklich ein Anlass zu großer Freude.

139

Es ist nur natürlich, dass immer mehr Glückseligkeit durch Yogapraxis erfahren werden sollte. Solange der Eine sich nicht offenbart hat, werden Störungen auftreten.
      Aber der Guru allein kann einschätzen, ob man genau auf die richtige Art vorgeht. Transformation bedeutet, dass weltliche Interessen ihre Faszination verloren haben.
      In dem Ausmaß, in dem man gleichgültig gegenüber weltlichen Beschäftigungen wird, wird man Fortschritte zur wirklichen Glückseligkeit machen.

 

140

Lautloses Japa sollte zu allen Zeiten geübt werden. Man sollte den Atem nicht ungenutzt lassen: Wann immer man nichts Besonderes zu tun hat, sollte man still Japa im Rhythmus des Atems üben. Tatsächlich sollte dies eine fortlaufende Übung sein, bis Japa so natürlich wie das Atmen geworden ist.
      Es ist wertvoll, heilige Texte und Bücher der Weisheit zu lesen. Sprich die Wahrheit. Denk daran, dass Gottes Name ein Ausdruck Seiner Selbst ist; lass ihn dein unzertrennlicher Begleiter sein. Versuche dein Äußerstes, nie ohne Ihn zu sein.
      Je intensiver und ausdauernder deine Bemühungen sind, in Seiner Gegenwart zu bleiben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du an Freude und heiterer Gelassenheit zunimmst. Wenn dein Geist leer wird, so versuche ihn mit dem Gewahrsein Gottes und der Kontemplation über Ihn zu erfüllen.

141

Man mag wohl sagen: Was kann es schaden, Kirtana, Japa, Meditation usw. mit anderen gemeinsam zu üben? Aber die Anziehung von Gesellschaft zu fühlen bildet ein Hindernis. Es wird ganz natürlich Unstetigkeit mit sich bringen. Überdies, wenn latent ein Wunsch besteht oder erwacht, Oberhaupt oder Leiter einer Gemeinschaft zu sein, so ist auch das schädlich. Dies gilt sowohl für Frauen als auch für Männer.Wenn du diesen Körper um Rat fragst, wird er dir sagen, ruhig an einem Ort zu bleiben und als aufrichtig und ernsthaft Strebender Sadhana zu üben und zuerst einmal deine eigene Leere zu füllen; dann wird der Schatz, den du angesammelt hast, aus eigenem Antrieb einen Durchlass suchen und sich so von selbst anderen mitteilen.
      Wenn du jedoch gleich von Anfang an durch Dienen und spirituelle Unterweisung mit dem Austeilen beginnst, wirst du bald selbst leer sein, und Reue wird zwangsläufig folgen.
      Wenn natürlich dein Ziel im Dienen und Lehren besteht, so ist das etwas ganz anderes.
      Aber wenn du Vollkommenheit anstrebst, ist deine Vorgehensweise nicht richtig, denn sie schafft Hindernisse. Dieser Körper besteht darauf: Bleibe demjenigen Pfad treu, den du bevorzugst. Immer wieder seinen Entschluss zu ändern, wird zu nichts führen. Was immer man tut, muss zielgerichtet getan werden. Wenn man sich von weltlichem Vergnügen abgewandt und begonnen hat, dem Ziel des menschlichen Lebens zuzustreben, sollte man sich bemühen, Selbstverwirklichung zu erlangen.

 

142

Durch die Suche nach Selbsterkenntnis kann die Große Mutter von allen gefunden werden.

143

Deine Mutter mag ihre Gefühle nicht nach außen zeigen, jedoch wird sie immer deine tatsächliche Mutter bleiben. Sogar dann, wenn du Gott, die Mutter, beiseite schieben möchtest, wird Sie dich niemals verlassen. Bist du nicht Ihr Kind? Denk daran, dass alles Ihrer Arrangierung untersteht; Sie gibt jedem das Richtige, zur richtigen Zeit und auf richtige Weise. Ja, es ist natürlich zu begrüßen, wenn der Wunsch nach Wirklichkeit erwacht. Eine Mutter ist diejenige, die die Fähigkeit hat, genau zu wissen und einzuschätzen, was ihr Kind genau braucht. Weil sie weiß, wie man die Fehler des Kindes berücksichtigt, wie man vergibt, wird sie „Mutter“ genannt.

144

Ja, wenn du Stille bewahren und in Harmonie mit jedem in deiner Umgebung sein kannst, so wird das ausgezeichnet sein. Versuche, solange wie möglich ohne die Hilfe von Zeichen und Gesten auszukommen.

145

Am Anfang behalte deine Gewohnheiten hinsichtlich körperlicher Hygiene und Ernährung bei, damit du ungestört schlafen kannst. Dies wird es dir erleichtern, an Gott zu denken und zu meditieren. Ein gesunder Körper trägt dazu bei, deinen Geist auf Ihn zu richten. In dem Maße, wie du Fortschritte in deinem Sadhana machst, werden sich automatisch gewisse notwendige Veränderungen in deiner Ernährung und in deinem Schlaf ergeben.

146

Je nach eigener Kraft sollte man versuchen, einen Tag speziell der Selbstbeherrschung (Samyam) zu widmen, wenn nicht einmal wöchentlich, dann alle vierzehn Tage oder wenigstens einmal im Monat. An diesen Tagen sollte strikte Beherrschung hinsichtlich Essen und Trinken, Sprechen und Verhalten, Besuchen von Orten und Leuten, ja in jeglicher Hinsicht, geübt werden. Auf diese Weise kann es einem allmählich gelingen, Herrschaft über sich selbst zu entwickeln, und man vermag unter Umständen ganz mühelos diesen Regeln gemäß zu leben oder zumindest mit einiger Leichtigkeit zwei oder drei Monate in jedem Jahr. Später mag es vielleicht möglich werden, ständig eine solche Lebenshaltung aufrechtzuerhalten, die einen Strom in Bewegung setzt, der zur Selbstverwirklichung führt. Die Folge von Disziplinlosigkeit und Genußsucht ist Leid, es bedeutet, sich vom eigenen Selbst zu entfernen.

 

147

Zu sehen wie Mahadeva (Shiva) erscheint und sich in deinem Körper auflöst, begleitet von einer Manifestation des Lichts, ist zweifellos ein gutes Zeichen. Selbst eine schwache Vision einer spirituellen Form (Cinmayi Murti) ist sehr zu begrüßen.
      Meditierende erfahren tatsächlich manchmal die Erscheinung von Kashi Vishvanatha (Beiname Shivas, Schutzgottheit der Stadt Benares) im Zentrum zwischen den Augenbrauen. Recht häufig erblicken Sadhakas Gestalten von der Hüfte bis zum Haupt in vielfältiger Form. Wenn du keinen endgültigen Beweis für die Identität einer bestimmten Erscheinung hast, darfst du nicht beim bloßen Anblick der Gestalt für erwiesen halten, dass es diejenige ist, die du vermutest, und keine andere. Tatsächlich ist es so, dass sich die spirituelle Energie (Shakti) des Sadhakas auf unendlich vielfältige Weise seiner speziellen Methode der Annäherung entsprechend manifestiert. Wenn du über die geschaute Form meditierst, welche, wenn auch verhüllt, die äußere Manifestation jener spirituellen Energie darstellt, die zutiefst mit der eingeborenen Sehnsucht des Menschen nach Gott (Bhagavad Bhava) verbunden ist, so wird dich das zu ständigem Gesammeltsein in Gott führen und dir zu den Dingen verhelfen, die ein geweihtes Leben begünstigen. Man sollte versuchen, sich dessen bewusst zu sein, dass Er Sich in einem jeden auf diese Weise durch Entfaltung Seiner göttlichen Energie (Tat Shakti) manifestiert. Mit ganzem Herzen und ganzer Seele muss man sich bemühen, religiöse Übungen wie Puja, Japa und Dhyana in lebendige Erfahrungen zu verwandeln, damit ihre innere Bedeutung offenbar wird.

148

Wenn du in dir eine Kraft spürst, wenn sich dir innerlich ein neues Licht offenbart, so wird diese Erfahrung umso intensiver werden, je mehr du sie in völliger Ruhe und Stille für dich behalten kannst. Selbst wenn man nur ein bisschen verrät, besteht immer die Gefahr, dass sie wieder vergeht. Sei wachsam! Er Selbst wird für alles Notwendige sorgen – sei es Initiation, Unterweisung, was auch immer.

 

149

Trägheit und Begierde sind die zwei größten Hindernisse auf dem Weg zur Selbstverwirklichung. Geduld und seelische Kraft hingegen sind äußerst hilfreich. Wenn jemandem die Gnade zuteil wurde, dass er den spirituellen Weg in jeder Hinsicht als segensreich empfindet – wenn Gott jemandem Seine Gunst auf diese Weise gewährt – , dann ist es notwendig, dass er seinen Willen nach besten Kräften gebraucht, um Tag und Nacht dem Dienst Gottes zu weihen. Die verschiedenen Tätigkeiten, die ein spirituelles Leben unterstützen, müssen mit stets erneuter Bemühung eng miteinander verknüpft werden, lückenlos wie in einer sorgfältig aufgezogenen Blumengirlande, bei der der Faden nicht mehr zu sehen ist. Sobald eine Lücke in der Aufmerksamkeit entsteht, werden sich alle Handlungen wieder auf eine niedrigere Ebene, zum Vergänglichen richten. Fahre daher unbeirrt mit großer Hartnäckigkeit fort, auch wenn die Meditation nie erfolgreich sein mag; man sollte Japa und Anbetung üben, heilige Texte (Patha) rezitieren, den Lobpreis Gottes (Kirtana) singen oder Bücher über spirituelle Themen lesen.

Wähle sorgfältig und halte strikt an solchen Beschäftigungen fest, die fromme Gedanken und Gefühle erwecken. Sei fest entschlossen, dich soviel wie möglich jenen Handlungen zu widmen, die Gott mehr und mehr in den Mittelpunkt deines Lebens stellen. Beschäftige dich in dieser Weise, selbst wenn kein Wunsch dazu besteht, ebenso wie man Medizin einnimmt. Ob du dich dazu geneigt fühlst oder nicht, halte an ihrer Ausübung fest, damit gar keine Zeit für das Aufkommen von Ruhelosigkeit bleibt.

Dem physischen Wohlergehen zu frönen bedeutet, sich von der Vereinigung mit Gott abzuwenden; den Vorlieben und Abneigungen der Zunge nachzugeben und zu kosten, um den Gaumen zu befriedigen, heißt, sich im selben Maße des Geschmacks am Göttlichen zu berauben. Daher sollte alles Essen und Trinken Gott geweiht werden, und man sollte es als Sein Prasada zu sich nehmen. Esse nichts, was dir nicht zuträglich ist. Nimm mittags eine volle Mahlzeit zu dir, Milch am Nachmittag und Obst oder eine leichte Erfrischung und Wasser am Abend.

 

 

Kultiviere dein Denken auf einer sehr hohen Ebene. Lob und Tadel, Schmutz und Sandelpaste müssen gleich werden. Nichts in der Welt sollte dir abstoßend erscheinen. Schau in dein eigenes Herz und werde von dem Widerwillen abgestoßen. Nur solange der Geist von Gott erfüllt ist, vom Bewusstsein Seiner Gegenwart, ist wahre Ruhe möglich. Nahrung, Schlaf, körperliche Hygiene, Kleidung usw. sollte nur soviel Aufmerksamkeit geschenkt werden, wie zur Aufrechterhaltung der Gesundheit nötig ist. Was nützt ein lediglich guternährter Körper? Vielmehr sollte er eine Hilfe für das spirituelle Streben sein. Ausschließlich auf dieses Ziel hin muss der Fluss des Lebens gelenkt werden, weg von der Welt, sich ganz in die Richtung des Göttlichen bewegend. Gib dir Mühe, für dich selbst die verschiedenen Dinge herauszufinden, die du mit wirklicher Freude tun kannst und die dich Gott näher bringen. Hat schon einmal jemand eine hohe Entwicklungsstufe erreicht, indem er sich hinsetzte und sagte: „Ich kann nicht“?

Zorn, Gier und ähnliche Laster müssen gänzlich aufgegeben werden. Ebenso wenig sollte man von Lob und Prestige beeinflusst werden. Entgegne nicht in Widerspruch auf etwas Gesagtes. Antworte höflich mit einem Lächeln und sage nichts mehr.

Jede Arbeit muss als Gottesdienst getan werden. Je länger du innerlich vom Gefühl Seiner Gegenwart bewegt bleiben kannst, desto mehr werden sich dein Körper, dein Geist und deine Handlungen zum Göttlichen Seinszustand (Divya Bhava) hin entwickeln. Stimme dich nur auf Gott ein. Wo der Gedanke an Gott ist, da ist Er Selber gegenwärtig in der Form dieses Gedankens. Die Wahrheit zu suchen ist des Menschen einzige Pflicht.

Lerne die Hymnen und Verse auswendig, die Gott preisen, und wiederhole sie während deiner Aktivität. Erlaube deinem Geist niemals, müßig zu sein. Halte ihn beschäftigt mit der Wiederholung eines Mantras, eines Göttlichen Namens, heiligen Hymnen und ähnlichem, oder sonst in reinem Gewahrsein.

Und noch etwas: Freuden und Kummer sind zeitbedingt, und es ist offenkundig, dass sie nicht andauern können. Lass dich daher nicht von ihnen beeinflussen und glücklich oder traurig machen. Denk daran, dass sie mit der Zeit vergehen müssen. Richte dein Streben auf das Höchste, verfolge deinen Weg beharrlich weiter und verrichte deine Arbeit, ganz unbesorgt um die Ergebnisse. Darüber hinaus bedenke: Es ist wahrlich Er, der sich selbst in allen Wesensarten und Formen manifestiert: Wen immer du hasst, du hasst nur deinen eigenen Göttlichen Geliebten (Ishta).

Im ganzen Universum, in allen Daseinszuständen, in allen Formen ist Er. Alle Namen sind Seine Namen, alle Formen sind Seine Formen, alle Eigenschaften sind Seine Eigenschaften und alle Existenzweisen sind wahrlich die Seinen.

 

 

Um die Selbsterkenntnis zu unterstützen, erscheint er verschiedenen Individuen auf verschiedene Weise: als Guru, als Mantra, als Ishta (das Objekt der eigenen Verehrung) und als Bhava (Hingabe, Inspiration). Selbst wenn du nicht von Natur aus zu Hingabe und Ehrfurcht veranlagt bist, versuche sie zu kultivieren, indem du ihre Notwendigkeit erkennst. Verrichte all deine Arbeit mit dieser Einstellung. Je größer die Schwierigkeiten und Hindernisse sind, und je intensiver dein Bestreben ist, an Seinen Füßen festzuhalten, desto mehr wird deine Kraft von innen heraus wachsen. Zeit ist kostbar und sollte gut genutzt werden. Der Tag und die Stunden, die vergangen sind, kehren nicht zurück.

150

Es ist notwendig zu versuchen, dem Höchsten jede einzelne Handlung des täglichen Lebens zu weihen.
      Vom Augenblick an, da man des Morgens erwacht, bis zum Einschlafen am Abend sollte man bestrebt sein, diese Geisteshaltung aufrechtzuerhalten. Allmählich wird man dabei zu fühlen beginnen: „Wie kann ich Ihm Gier, Zorn und andere solch unerwünschten Eigenschaften darbringen? Ihm, der mir so unendlich lieb ist, der so ganz zu mir gehört?“
      Gibt man jenen, die man liebt, etwas Schlechtes? Wenn man das immer mehr bedenkt, wird man schließlich unfähig, irgendetwas Schlechtes oder Unwünschenswertes zu tun.
      Dann, wenn man ohne jeden Vorbehalt auch nur die geringste Kraft, die man besitzt, zu Seinen Lotosfüßen geopfert hat, so dass nichts geblieben ist, das man sein Eigen nennen kann, wisst ihr, was Er in jenem glücklichen Augenblick tut? Aus eurer Begrenztheit heraus macht Er euch vollkommen, ganz, und dann bleibt nichts, was noch zu wünschen oder zu erreichen wäre. Wenn die Hingabe deiner selbst vollkommen wird, genau in jenem Moment vollzieht sich die Offenbarung der unteilbaren, unversehrten Vollkommenheit, die ständig durch das Selbst offenbart wird.

151

Was auch immer durch Gottes Willen geschieht, der der Wille schlechthin ist, ist heilsam. In einem Leben, das nach weltlichen Gesichtspunkten gelebt wird, ist Konflikt natürlich. Es ist die Aufgabe des Menschen, stetig an der Entwicklung weiter zu arbeiten, die zur Selbsterkenntnis führt. Bereits ein flüchtiger Einblick in die eigene essentielle Natur schenkt Glückseligkeit. Der Geist, der sich nach Glückseligkeit sehnt, verlangt in Wirklichkeit nach seinem eigenen Selbst, welches seine Mutter ist – selbst wenn die Sichtweise, der Geist sei das Kind des eigenen Selbst eine Vorstellung ist. Von wem stammen letzten Endes die Bewegungen des Geistes? Wenn man jedoch immer in dem Rhythmus der eigenen wahren Natur[ 02] eingetaucht bleibt, wie sollte man sich da irren oder Unglück erfahren oder seinen Weg verlieren? Wie kann man auch nur daran denken? Wenn man diesen Pfad geht, mit anderen Worten, Sadhana übt, ist es nicht die Aufgabe, seinen Blick ständig auf das eigene erwählte Ideal auszurichten? Zugegebenermaßen findet man ohne den Geschmack, die Erfahrung der inneren Freude, nicht die Energie vorwärts zu schreiten. Doch wenn Sadhana der einzige Sinn des Lebens ist, darf man nicht zulassen, dass es welkt und kränkelt: Es ist die unaufhörliche Aufgabe des Menschen, es immer mit stärkender Nahrung zu erhalten. Es ist die Unterbrechung, die Krankheit hervorruft. Obwohl es wahr ist, dass sich das „Kind“ Sadhana ohne Gottes Berührung nicht offenbaren kann, muss man seinen Blick dennoch unverwandt auf das Licht richten, das man bis jetzt erlangt hat. Jeder Moment ist von Ihm durchdrungen, von Seinem Kontakt, Seiner Berührung, Seiner Ankunft, Seiner Akzeptanz, Seinem Sieg.

 

152

Schreibe Vater etwas von den unkonventionellen Aussagen dieses kleinen Mädchens: „Dieses kleine Kind[ 03] ist ihrem Vater immer nah. Die Qual des Geistes, dem Gerede der Menschen zu zuhören und zu sprechen, all dies geschieht in einem selbst. Nah und fern sind ebenso nur in einem selbst: Du solltest nicht nur während deiner spirituellen Übungen ein Sadhaka sein – auch wenn alles in allem enthalten ist. Die Fähigkeit zu ununterbrochenem Sadhana liegt auch potentiell in uns: Sie wird durch weise Unterscheidung entdeckt werden. Man sollte ständig in das jeweilige Sadhana eingetaucht sein, das einem ermöglichen wird, von dem Höchsten Schatz eingenommen zu werden, der uns von Natur aus gehört. Immer ist es das Selbst, das innerhalb eines Selbst als Ego (ahamkara) und als Intelligenz (buddhi) spielt. Nutze die Gegenwart geschickt. Der Eine, der sich in den (unreinen) Handlungen der Ichheit manifestiert, erscheint auch als Reine Handlung. Um dies zu enthüllen, wird der Intellekt sich der Ruhe in der Bewegung gewahr, und in der Bewegung der vom Selbst ausgehenden Aktivität wird das weise Unterscheidungsvermögen seine eigene wahre Natur erkennen. Wenn dies geschieht, dann wird sowohl in Torheit wie in Weisheit Er erkannt, der Eine, der offenbar wird, der ist. Er ist unendlich und auch endlich. Immer sollte man in Seine Richtung gehen, ohne jemals anzuhalten, frei geworden von Behinderungen und Hemmungen. Hat man sich einmal in den Strom begeben, so kann jede Form, die von einem gereinigten Gemüt und vom Intellekt wahrgenommen wird, als Erfahrung auf dem Weg der Selbst-Bewußtwerdung aufgefasst werden.

Wenn man still geworden ist, d.h. gefestigt in einem Zustand von Ruhe, dann werden die Aktivität der Natur, die in jedem Moment vor sich geht, ob man wacht oder schläft, und der denkende Geist in jenem Strom aufgefangen und für ewig von ihm getragen. Das Denken immer in der Ausgeglichenheit des Selbst zu bewahren, hellwach im Strom der Wirklichkeit, wo der Unergründliche, der Eine ohne Ende, stets in Seiner Unendlichkeit offenbar ist – dies muss mit der Intensität einer Besessenheit dein einziges und ständiges Streben sein.

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Wenn man nicht einen Zustand von Stille erreicht, wird sich Aufregung im ganzen System durch jeden Nerv und jede Faser des Körpers manifestieren und uns unfähig machen. Wenn man seine Energie nicht bewahrt, ist ein harmonisches Funktionieren dieser Energie in völliger Gelassenheit nicht möglich. Das Interesse an der Höchsten Suche und Übungen, die man zur Suche nach Wahrheit praktiziert, haben natürlicherweise eine beruhigende Wirkung. Das Erhalten von Energie ist wesentlich.
      Wenn Kirtan als hilfreich empfunden wird, sollte man zu der Zeit, wenn Kirtan gesungen wird, versuchen, völlig still in einer festen und konzentrierten Haltung zu sitzen. Ein gestörter Zustand von Geist und Körper ist nicht günstig.

 

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Diejenigen, die versuchen, Brahmacharis zu sein, müssen ein Leben der Entsagung führen. Trägheit, Gier, Ungeduld, Lob und Ruhm sind ernste Hindernisse. Du solltest sie sorgfältig vermeiden, jede Arbeit sollte mit der Einstellung des Dienens verrichtet werden. Ferner sollten die Regeln für Brahmacaris und Sadhus besonders beachtet werden. Was andere als eine Beleidigung auffassen könnten, sollte man vermeiden und auch was einem selbst auch nur etwas schaden könnte.

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Bloß die Kleidung eines Sadhus zu tragen, ohne die geistige Haltung der Entsagung, wird nichts bewirken. Sannyasa zu nehmen und spontan ein Sannyasi zu werden, sind wirklich nicht dasselbe.

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Inneres Sannyasa ist wirkliches Sannyasa. Ein Sannyasi zu werden ist sehr glücksverheißend, es ist wirklich ein Anlass zu höchster Freude.
      Aber fühlst du, dass der richtige Moment zu einem solchen Schritt für dich gekommen ist? Sannyasa bedeutet völliger Verzicht, die Auslöschung von allem: Sogar die Vorstellung von Verzicht muss ausgelöscht werden.

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Wie kann ein Mensch, der Gedanken an Selbstmord hegt, erwarten, ein Sannyasi zu werden?
      Der Gedanke von Selbstmord kommt denjenigen, die sich um Sannyasa bemühen, nicht einmal in den Sinn. Ein Geist von extremer Selbstverleugnung und Verzicht ist die Haltung, die diesen erhobenen Zustand am meisten unterstützt. Versprich, ehrlich in deinen Worten zu sein und schreibe keine Briefe. Rede nicht zu Frauen und lasse deinen Blick nicht bei ihnen verweilen.

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Was bedeutet es, in sein eigenes wahres Wesen (Svarupa) einzutreten? Zu verwirklichen, was Ist: dass Er, der Selbst-Leuchtende Eine, alldurchdringend ist, gegenwärtig in allen Formen, Geisteszuständen und Arten der Existenz. Dort haben Worte keinen Platz. Denn kann die wesenhafte Form (Svarupa) oder Formlosigkeit (Arupa) in irgendeiner Sprache beschrieben werden?
      Er und Er allein existiert.

 

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Wenn Menschen über die Schau des Selbst (Atma darshana) und Selbsterkenntnis sprechen, ist das nur vom Hörensagen; dennoch ist es notwendig, einen Weg zur Erfahrung aus erster Hand zu finden. Deshalb sollten wir uns aller Mittel oder Methoden bedienen, die uns dabei helfen können, dies zu erreichen.
      Du kannst es selbst nachprüfen – bedenk einmal: Es gibt Luft und ohne Luft kann unser Körper nicht leben. Erfasse das: Durchdringt die Luft nicht alles? Pflanzen, Mineralien, Tiere, ja, alle Geschöpfe? Du unterscheidest zwischen Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther und so weiter, nicht wahr? Sie getrennt voneinander zu betrachten, hilft uns, sie zu verstehen. Es wird gesagt, dass die Essenz WahrheitBewusstseinGlückseligkeit (Saccidananda) ist. Nur wenn das Bewusstsein in der Wahrheit wurzelt, kann es Glückseligkeit geben.

Von unserer weltlichen Betrachtungsweise nehmen wir überall lebende oder unbelebte Dinge wahr; aber in Wirklichkeit durchdringt Er, der Wahrheit und Bewusstsein ist, alles; nur kann das von der Durchschnittsperson nicht erkannt werden. Sobald der Verstand die Tatsache Seiner innewohnenden Gegenwart versteht, wird Er gleichsam in uns wirksam und zwar zuerst durch das Instrument des Atems, der ein Ausdruck der Lebenskraft (Prana) ist. Dies ist damit vergleichbar, wenn bei einer Bildgestalt, die verehrt werden soll, ihr zuerst durch Prana Pratishtha Leben eingehaucht wird. Das Wort „in“ wurde nur benutzt, weil wir in Begriffen wie „innen“ und „außen“ denken. Deshalb sprechen wir von „ich“ und „du“, von Gott „mit Form“ (sakara) und „ohne Form“ (nirakara).

Sei dir immer bewusst: Der sogenannte Lebensatem ist in Wirklichkeit ein Aspekt der universellen, alldurchdringenden Kraft, die unaufhörlich wirkt.
      Es ist Er in einer Seiner Formen; Er offenbart Sich auf diese Weise. Wenn wir mit Hilfe eines Mantras, das wir von einem Guru erhalten haben, auf den Atem konzentriert bleiben können, oder wenn wir sogar ohne Mantra einfach die Bewegung des Atems beobachten, wird uns das helfen, den Geist zu festigen, und es wird auch eine Hilfe bei der Suche nach Ihm sein, der das Leben unseres Lebens ist, der das Ganze, das Ewige ist.

Die Schau des Ewigen Spiels (Lila) des Höchsten Wesens, dessen Essenz Bewusstsein und Glückseligkeit ist, ist unmöglich, solange man nicht Seine Wonne in Seiner eigenen Universalität und Selbstgenügsamkeit gesehen hat und diese Freude wiederum nicht in sich selbst in Vereinigung mit dem Ganzen und als sein Teil entdeckt. Wie können wir mit dem Höchsten Selbst eins werden, solange wir unsere Sinne nicht gemeistert und die Leidenschaft transzendiert haben?

Der sich ständig bewegende Atem wechselt seinen Rhythmus entsprechend dem, was wir tun, fühlen und denken mit der Genauigkeit eines Uhrenpendels, welches ohne Unterbrechung schlägt, obwohl es manchmal schnell oder langsam geht. Mit einer ähnlichen Beständigkeit bemühe dich, dich auf den Atem zu konzentrieren; dies wird das Denken eindämmen und verhindern, dass es zu äußeren Objekten wandert. Schau, wenn ein unruhiges Kind nach Hause gebracht wird und man ihm ein Spielzeug gibt, so wird es, zumindest für eine kurze Zeit, ruhig und vertieft bleiben. Um die Rastlosigkeit zu beruhigen, ist es notwendig sich nur auf ein einziges Ziel auszurichten.

Göttliche Gedanken und Bestrebungen (sadbhava) sind die Essenz von Satsang; je mehr wir sie kultivieren, desto mehr wird das Verlangen unseres Herzens gestillt und der Geist beruhigt werden. Versuche mit Hilfe deiner Intelligenz und individuellen Fähigkeit, den Geist mit dem Atem zu verbinden. Weißt du, was das Wesentliche ist? Zu erkennen, dass der ununterbrochene Strom des Strebens selbst eine Offenbarung Gottes ist, der das unteilbar Ganze ist.

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Mahashunya – die Große Leere – ist nur eine Form Gottes. Aber sie muss von der gewöhnlichen Leere, die der Welt angehört, unterschieden werden; wo die gewöhnliche Leere herrscht, kann die Große Leere nicht verstanden werden. Was existiert und was nicht? Und doch ist alles und ist auch nicht – und weder ist es nicht noch ist es. Dennoch besteht das Ziel darin, alles zu finden, indem man alles verliert.

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Gott allein ist Wahrheit, Glück, Wonne. Setze deine Hoffnung einzig auf die Höchste Glückseligkeit, die Seligkeit des Selbst. Nichts anderes existiert. Was außerhalb Dessen zu existieren scheint, ist lediglich ein Trugbild. Versuche dein Selbst zu finden! All dies Geklage liegt in der Natur des Menschen. Immer wieder revoltiert er, um sich von seinem Gefühl der Leere zu befreien.

Das wahre Ziel menschlichen Lebens ist Gottverwirklichung. Das Problem der Entsagung erhebt sich nur im Hinblick auf das, was ohnehin wegfallen muss. Das, was ewig ist, was die Wahrheit ist, muss man in sich aufnehmen.

Wer selbst begrenzt ist, wird immer von Begrenztem angezogen werden. So ist einfach die Natur des Individuums. Mit Hilfe des Gurus erkennt man allmählich die Unbeständigkeit der Dinge. Alles ist möglich durch die Kraft des Gurus. Selbst wenn du das Gefühl hast, die Geduld verloren zu haben, lasse nicht in deinen Bemühungen nach, versuche es vielmehr immer wieder. Bis zu deinem letzten Atemzug darfst du niemals aufhören, dich zu bemühen. Bete zu Ihm, die ganzen 24 Stunden hindurch bei Seinen Füßen verweilen zu können.

Wer von einem Guru initiiert wurde, sollte unter Seiner Anleitung versuchen, seine Aufmerksamkeit in jeder Minute seines Lebens auf spirituelle Bestrebungen zu konzentrieren wie Anbetung, Japa, Meditation, Lesen heiliger Schriften, Kirtana, Satsang und ähnliches.

Bemüht euch mit all eurer Kraft, wie schwach sie auch sein mag; Er ist da, um zu erfüllen, was ungetan geblieben ist.

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Oh Höchster Wille, Dein Wille siegt. Die Quelle der Güte vollendet alles, wenn die Zeit reif ist.Nach der Ewigen Wahrheit zu streben, ist die Aufgabe jedes Menschen. Nur von Dir, Gott, sollte man sprechen, alles andere ist überflüssig und schmerzvoll.

Fussnoten

[⇑ 01]       Das Mantra und der Ishta sind eins, das Mantra ist der Klangaspekt und der Ishta ist der Formaspekt von ein und demselben.

[⇑ 02]       „des Menschens wahre Natur fließt nur zu Gott allein“ – Worte von Shri Anandamayi Ma.

[⇑ 03]      Ma