Wichtig zum Verständnis von Tantra, der Kundalini-Erweckungsphänomene wieEnergiekörper auch für die Wirkung der Yoga-Praktiken ist eine Kenntnis der Feinstoffphysiologie, also des Astralkörpers. So wie der physische Körper Organe hat, hat der Astralkörper die Chakras genannten Energiezentren. So wie der physische Körper Leitungssysteme wie Blutgefäße, Lymphgefäße und Nerven hat, hat der Astralkörper Nadis genannte Energiekanäle. Und so wie im physischen Körper Blut, Lymphe und Nervenimpulse zirkulieren, so zirkuliert im Astralkörper die Lebensenergie Prana.

Drei Körper und fünf Hüllen in Vedanta und Tantra

Das Konzept der 3 Körper und fünf Hüllen kommt eigentlich aus dem Vedanta. Ein Verständnis dieses Konzeptes hilft aber für das Verständnis der Tantra Feinstoffphysiologie.

In der Vedanta Philosophie werden drei Körper (Shariras) und fünf Hüllen (Koshas) unterschieden. Sharira bedeutet auch „Träger“: Shariras sind die Träger der unsterblichen Seele (Atman, Brahman, Shiva, Purusha). Koshas sind die „Hüllen“, welche die Seele umhüllen und verhüllen. 

  • Sthula-Sharira („grobstofflicher Körper“) ist der physische Körper, er wird auch als Annamaya-Kosha („aus Nahrung gemachte Hülle“) bezeichnet. Sie besteht aus den fünf grobstofflichen Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther und ist den Prozessen Geburt, Wachstum, Veränderung, Alter, Krankheit und Tod unterworfen.
  • Sukshma-Sharira („feinstofflicher Körper“) wird auch als Linga-Sharira („strahlender Körper“, „Astralkörper“) bezeichnet. Denn wenn man in anderen Bewusstseinsebenen den Feinstoffkörper wahrnimmt, wird dieser als strahlend, leuchtend gesehen. Sukshma-Sharira enthält drei Koshas:
    • Die Pranamaya-Kosha („aus Prana gemachte Hülle“) besteht aus den fünf Haupt-Pranas und den fünf Neben-Pranas, die in den 72 000 Nadis zirkulieren und in den zahllosen Chakras (darunter die sieben Haupt-Chakras) aufgespeichert sind und wirken. Sie entspricht der oben genannten „niederen Astralebene“.
    • Die Manomaya-Kosha („aus dem niederen Geist gemachte Hülle“) enthält Manas (das Denkprinzip einschießlich. Emotionen, Gefühle, einfaches Denken), Wahrnehmungsverarbeitung (Jnana Indriyas), Instinkte, die feinstofflichen Handlungsorgane (Karma Indriyas), das Unterbewusstsein (Chitta) einschließlich seiner Neigungen, Fähigkeiten und Erinnerungen (Samskaras) aus diesem und früheren Leben.
    • Die Vijnanamaya-Kosha („aus Erkenntnisfähigkeit gemachte Hülle“) besteht aus Buddhi (Intellekt, Vernunft, das heißt praktische Vernunft wie auch Unterscheidungskraft) und Ahamkara (Ego, Selbstbewusstsein, Individualität, Identifikation).
  • Karana-Sharira („Ursachenkörper“) ist der Kausalkörper und wird auch als Anandamaya-Kosha („aus Wonne gemachte Hülle“) bezeichnet. In diesem Körper sind die Ursachen und Urprinzipien beziehungsweise Gesetze der anderen Körper enthalten sowie das Karma, also die Lektionen, die der Mensch zukünftig auf seinem Weg zur Befreiung noch lernen muss. Erfahrungen auf dieser Ebene schließen Wonne und höhere Intuition ein. Normalerweise wird diese Ebene von den meisten Menschen nur gelegentlich in den wenigen Momenten des wunschlosen Glücks, der Inspiration, der erwartungslosen Liebe und höheren Intuition erfahren. In der Vedanta-Philosophie wird nur eine kausale Ebene genannt. Vom Standpunkt des Kundalini-Yoga aus sind die ersten beiden Schöpfungsebenen unterhalb der Ureinheit in der Karana-Sharira.

3 Körper und 5 Hüllen

Alle Körper und Hüllen als Schwingungszustände der Shakti

Letztlich bestehen alle drei Körper, fünf Hüllen und sechs Schöpfungsebenen aus dem gleichen „Material“, der gleichen Energie, der gleichen Kosmischen Shakti. Auf der physischen Ebene schwingt die Shakti am langsamsten, auf der Kausalebene schwingt sie am schnellsten.

Aggregatzustände als Analogien

Als Analogie mögen die drei Aggregatzustände des Wassers gelten: Eis, Wasser und Wasserdampf bestehen alle aus dem gleichen Material, nämlich H2O. Dieses H2O schwingt aber bei verschiedenen Temperaturen in unterschiedlicher Intensität. Unter null Grad Celsius schwingt das Wasser sehr langsam. Daher werden die einzelnen Moleküle in einem Kristallgitter relativ fest gehalten. Das Wasser ist fest, also Eis. Ab null Grad schwingen die einzelnen Moleküle so schnell, dass sie nicht mehr in einem Kristallgitter gehalten werden können und sich relativ frei bewegen. Allerdings bleiben sie sich innerhalb der Reichweite der anderen Moleküle, also ist das Wasser flüssig. Ab zirka hundert Grad Celsius schwingen die H2O-Moleküle so machtvoll, dass sie gar nicht mehr zusammenbleiben und in alle Richtungen strömen. So wird Wasser zu Wasserdampf, also gasförmig. 

Alle Materie besteht aus Shakti

Ähnlich besteht physische, astrale und kausale Materie letztlich aus der gleichen Energie, der Shakti. Je nachdem, wie schnell Shakti schwingt, bildet sie physische, astrale oder kausale Materie beziehungsweise Körper. Auf der physischen Ebene ist laut Einstein die Lichtgeschwindigkeit die schnellstmögliche Geschwindigkeit. Vielleicht ist es so, dass die Shakti sich in astrale Energie verwandelt, wenn sie schneller als Lichtgeschwindigkeit schwingt. Swami Vishnu-devananda erwähnte manchmal, dass alte Schriften verschiedene Geschwindigkeiten beschreiben: Vayuvega ist die Geschwindigkeit des Klanges in der Luft – also die Schallgeschwindigkeit. Tejasvega ist die Geschwindigkeit des Lichtes – also die Lichtgeschwindigkeit. Manovega ist die Geschwindigkeit der Gedanken in der Astralwelt. Und es heißt, dass Manovega ähnlich viel größer ist als Tejasvega wie Tejasvega größer ist als Vayuvega. Ob das nur als Analogie zu verstehen oder wörtlich zu nehmen ist, sei dahin gestellt.

Physischer Körper und Astralkörper aus derselben Energie

Chakras im AstralkörperWichtig zu verstehen ist, dass physischer und astraler Körper räumlich nicht gänzlich verschieden sind. So wie Magnet- und Röntgenstrahlen feste Körper zu durchdringen vermögen und die Frequenzen der verschiedenen Radio- und Fernsehstationen gleichzeitig das gleiche Zimmer durchdringen, so befinden sich physischer, astraler und kausaler Körper an der gleichen Stelle. 

 

Chakras im Astralkörper

An der gleichen Stelle wie die Brustwirbelsäule im physischen Körper befindet sich das Anahata-Chakra im Astralkörper. Die Chakras sind also nicht im physischen Körper, sie werden nach dem Tod durch Sezieren nicht auffindbar sein. Denn im Moment des Todes verlässt die Seele zusammen mit dem Astralkörper und dem Kausalkörper den physischen Körper. 

Tod ist das Lösen des Astralkörpers vom physischen Körper

Der physische Körper löst sich nach dem Tod auf. Im Astralkörper ist alles Wichtige aus dem letzten und allen vorhergehenden Leben gespeichert: Erinnerungen, gelernte Lektionen, Temperament, Neigungen, Fähigkeiten, Persönlichkeitsanteile und so weiter. Im Kausalkörper ist das weitere Karma gespeichert, also die künftigen noch zu lernenden Lektionen. Nach dem Tod verweilt die Seele mit dem Astralkörper eine Weile in der Astralwelt, bis sie sich wieder einen neuen Körper sucht, um sich dann in zwei Schritten (Empfängnis und Geburt) wieder in der physischen Welt zu inkarnieren. Die Spanne zwischen Tod und Reinkarnation kann zwischen wenigen Tagen bis zu Jahrhunderten oder Jahrtausenden dauern. Da auf der Astralebene Zeit anders erfahren wird, ist die physische Zeit, die während des Aufenthalts auf der Astralebene abläuft, letztlich unerheblich. Die Reinkarnation erfolgt, wenn die Seele dafür reif ist und ein passender Körper gefunden wird, der die richtigen karmischen Lektionen ermöglicht.

Das Selbst ist jenseit der Körper und Hüllen

Jenseits der drei Körper, fünf Hüllen und sechs Schöpfungsebenen befindet sich das eigentliche „Ich“, das Selbst, das Bewusstsein, genannt Atman, Brahman, Shiva oder Purusha. Die Verwirklichung dieses Selbst ist das Ziel aller Leben. Dorthin will uns Shakti, Kundalini, bringen.

Einwände gegen die Theorie des Astralkörpers

Einwände gegen die Theorie von Astralkörper und Kausalkörper kommen oft aus der Physik und aus der Hirnphysiologie. Da heißt es, dass menschliches Denken und Fühlen, letztlich jede bewusste und unbewusste Erfahrung des Menschen eine Manifestation des Gehirns sei. 

Indizien für die Existenz des Astralkörpers

Es gibt jedoch einige Indizien, die nahe legen, dass es Bewusstsein jenseits des Gehirns und Wahrnehmung jenseits der physischen Sinne gibt: In der Nahtoderfahrung ist der Mensch klinisch tot, es herrscht also Herzstillstand, und auch im Gehirn zeigt sich wenig Aktivität. Dennoch berichten Patienten nachher über lebhafte Erfahrungen, die nicht alle als nachträgliche Halluzinationen des Gehirns gedeutet werden können: 

  • Manche Patienten berichten von Lichtwesen, die sie besucht, die ihnen wichtige Informationen und ihrem Leben eine neue Richtung gegeben haben.
  • Manche berichten davon, dass sie ihren physischen Körper verlassen hatten und wie die Operation/Hilfsmaßnahmen der Ärzte verlaufen sind.
  • Manche erzählen den Inhalt der Gespräche der Ärzte oder sogar ihrer Verwandten im Nachbarzimmer.
  • Es gibt zahlreiche Berichte über Patienten in Narkose oder im Koma, die teilweise keine besonderen EEG-Ausschläge hatten und dennoch nachher berichten, dass sie vieles mitbekommen haben, und zwar von einer Warte außerhalb des physischen Körpers aus.
  • Andere Menschen sind in der Lage, ihren physischen Körper willkürlich zu verlassen, bewusst auf Astralreise zu gehen und beispielsweise nachher zu berichten, welche Spielkarten im Nachbarraum gerade auf den Tisch gelegt worden sind.
  • Manche Menschen berichten, dass sie mit bestimmten Verstorbenen in Kontakt getreten sind, sie können Details aus deren Lebensgeschichte nennen, die sie vorher unmöglich gekannt haben können.
  • Manche Menschen können sich an frühere Leben erinnern, und zwar in solchen Details, dass sie mit Menschen, die in der Zeit tatsächlich gelebt haben, in Übereinstimmung gebracht werden konnten (Ian Stevenson hat zahlreiche Beispiele davon in seinen Büchern zu Reinkarnationen dargelegt).

parapsychologische UntersuchungenEs gibt inzwischen umfangreiche parapsychologische Forschungen auf diversen Gebieten, die Phänomene untersuchen, welche durch die bisherige Naturwissenschaft nicht erklärt werden können.

Glaube an Astralkörper nicht notwendig für die Yoga Praxis

Noch eine kleine Anmerkung: Um Kundalini-Yoga gewinnbringend zu praktizieren, ist es nicht notwendig, an Astralkörper, Reinkarnation und so fort zu glauben. Meine Darlegungen können auch historisch-ideengeschichtlich verstanden werden. In zahlreichen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass sich durch die Praxis von Yoga Gesundheit, Lebenszufriedenheit und Leistungsfähigkeit verbessern lassen und dass die Yoga-Übenden das Gefühl haben, mehr zu sich selbst zu kommen. Wer weiß, vielleicht findet die Hirnphysiologie sogar noch biologische Erklärungen für Kundalini-Erweckungsphänome, für Erfahrungen der Bewusstseinserweiterung, für außersinnliche Wahrnehmung, heilerische Fähigkeiten und die grenzenlose Liebesfähigkeit des Erleuchteten. Bis dahin allerdings halte ich die Erklärungsmodelle der Tantra-Philosophie für schlüssiger und zudem meinen eigenen Erfahrungen entsprechend.