MeditationWie der Raja-Yoga kennt Kundalini-Yoga eine Fülle von Praktiken. Wie Raja-Yoga ist Kundalini-Yoga ein Erfahrungsweg. Ausgefeilte Praktiken führen zu vorhersehbaren Wirkungen. Die Übungen setzen nur an anderer Stelle an: Der Raja-Yogi bemüht sich, die Gedanken zu beherrschen. Wenn er beispielsweise einen Gedanken des Ärgers entdeckt, kann er diesen durch Rückführung auf seinen Ursprung zum Verlöschen bringen oder durch Meditation über Geduld umwandeln.

Schwierigkeiten beim Raja Yoga

Die Schwierigkeit beim Raja-Yoga ist jedoch oft, dass man sich zu sehr mit seinen Gedanken identifiziert, man also denkt: ‚Ich bin ärgerlich.’ Und wenn ich ärgerlich bin, hieße das ja, dass das bewusste Ändern des Ärgergedankens mich ändern würde. Und genau das will man in dem Moment nicht.

Über Meisterung der Energien kommt die Meisterung des Geistes

PranaKundalini-Yoga setzt an einer anderen Stelle an: Entdeckt der Aspirant, dass er ärgerlich ist, weiß er, dass dies Unruhe in seinem Prana in einem niederen Schwingungszustand bedeutet. Also macht er eine Energieübung (beispielsweise eine Atemübung), um die Energie zu harmonisieren und den Schwingungszustand zu heben. Und bevor er sich versieht, ist der Ärger wie von selbst verschwunden. Denn in einem harmonischen erhabenen Energiezustand kann es keinen Ärger geben.

Die 5 Yamas: Die Ethik im Raja und Kundalini Yoga

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Kundalini-Yoga und Raja-Yoga sind die so genannten Yamas und Niyamas, also die ethischen Grundsätze. Die Yamas sind die Richtlinien für den Umgang mit anderen. Die fünf Yamas laut Yoga-Sutra des Patanjali (dem Grundlagenwerk des Raja-Yoga) sind:

    • Ahimsa: Nichtverletzen sowie Liebe und Respekt gegenüber allen Wesen
    • Satya: Wahrhaftigkeit in Gedanken, Worten und Taten; auch Authentizität und Streben nach Wahrheit
    • Asteya: Nichtstehlen; nicht einem anderen etwas wegnehmen, was ihm zusteht; sich nicht mit fremden Federn schmücken
    • Brahmacharya: Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten
    • Aparigraha: Unbestechlichkeit; Nichtannehmen von Geschenken, die einen in der ethischen Freiheit behindern und mit denen man manipuliert werden kann

    >>> Das Buch "Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute" von Sukadev Bretz

    Die 5 Niyamas: Persönlicher Lebensstil im Raja und und Kundalini Yoga

    SauchaDie Niyamas sind Richtlinien für den persönlichen Lebensstil und Lebensgrundsätze. Die fünf Niyamas sind:

    • Saucha: Reinheit; dies betrifft Körperhygiene, Ernährung, Sprache/Wortwahl, persönliche und berufliche Umgebung wie auch bewusstes Ausführen von Reinigungsübungen für Körper, Energiesystem, Emotionen und Geist
    • Santosha: Entwicklung von Zufriedenheit; die Überzeugung, dass alles was geschieht, zum Besten der eigenen persönlichen und spirituellen Entwicklung ist; die Bestrebung, das Beste aus allem zu machen
    • Tapas: Disziplin und Fähigkeit zur Askese; Fähigkeit, bewusst das zu tun, was nötig ist, auch wenn es einem nicht liegt
    • Swadhyaya: Selbststudium; Fähigkeit zur Introspektion; Fähigkeit, seinen Schattenseiten ins Auge zu schauen; Fähigkeit, das Gute hinter allem zu sehen; auch eigenes Studium der Schriften
    • Ishwara Pranidhana: Hingabe an Gott

    Ethik im Kundalini Yoga

    ChakrenIm Kundalini-Yoga bedingen sich Ethik und Energieentwicklung gegenseitig: Durch mehr und ruhigere Energie sowie Erreichen eines höheren Schwingungszustandes ist es überhaupt erst möglich, an seinem Charakter und Verhalten zu arbeiten und so in Liebe und Verständnis zu wachsen. Umgekehrt gibt es wenig so Erhebendes und Energiefreisetzendes wie einen liebevollen Gedanken. So wird durch Energiestärkung mittels Kundalini-Yoga-Übungen die Liebesfähigkeit verstärkt. Durch mehr Liebe wirken die Energieübungen stärker und das Prana fließt in die höheren Chakras. Entwicklung von Ethik ist auch aus einem anderen Grunde von Anfang an wichtig: Wie oben erwähnt (und wie ich im Laufe des Buches noch öfter darlegen werde) sind Egoismus und Machtmissbrauch eine Gefahr beim Kundalini-Yoga. So ist es wichtig, von Anfang an die Kräfte von Verständnis und Selbstbeherrschung zu stärken.