Klassische Upanishaden
- Die Weisheit des Yoga -
Die Brihadaranyaka-Upanishad
des weißen Yajurveda
Das Madhukandam
Erster Adhyaya
Erstes Brahmanam
Om!
1. Die Morgenröte, wahrlich, ist des Opferrosses Haupt, die
Sonne sein Auge, der Wind sein Odem, sein Rachen das allverbreitete
Feuer, das Jahr ist der Leib des Opferrosses. Der Himmel ist sein
Rücken, der Luftraum seine Bauchhöhle, die Erde seines
Bauches Wölbung; die Pole sind seine Seiten, die Zwischenpole
seine Rip-pen, die Jahreszeiten seine Glieder, die Monate und Halbmonate
seine Gelenke, Tage und Nächte seine Füße, die Gestirne
seine Ge-beine, das Gewölk sein Fleisch. Das Futter, das es
verdaut, sind die Sandwüsten, die Flüsse seine Adern,
Leber und Lungen die Gebir-ge, die Kräuter und Bäume seine
Haare; die aufgehende Sonne ist sein Vorderteil, die niedergehende
sein Hinterteil. Was es bleckt, das ist Blitz, was es schauert,
ist Donner, was es wässert, Regen; seine Stimme ist Rede.
2. Der Tag, fürwahr, ist entstanden für das Ross als die
Opferschale, die vor ihm stehet: seine Wiege ist in dem Weltmeere
gen Morgen; die Nacht ist für es entstanden als die Opferschale,
die hinter ihm stehet: ihre Wiege ist in dem Weltmeere gen Abend;
diese beiden Schalen entstanden, das Ross zu umgeben. Als Ross zog
es die Götter, als Kämpfer die Gandharven, als Renner
die Dämonen, als Pferd die Menschen. Der Ozean ist sein Verwandter,
der Ozean sei-ne Wiege.
Zweites Brahmanam
1. Am Anfang war hier nichts; denn diese Welt war verhüllt von
dem Tode; von dem Hunger; denn der Tod ist Hunger. Da schuf er das
Manas (den Verstand, den Willen); denn er begehrte, selbsthaft (körperhaft)
zu sein. Er wandelte lobsingend; da er lobsang, ent-stand das Wasser;
denn er sprach: „Da ich lobsang (arc), ward mir Freude (ka).
Dieses ist das Wesen des Strahles (arka). Dem wird Freude zu teil,
der also dieses Wesen des Strahles weiß.
2. Denn der Strahl ist das Wasser. Was an dem Wasser der Rahm war,
das wurde gekernt; daraus entstand die Erde. Dabei ermüdete er.
Da er ermüdete, da er sich erhitzte, ward seine Kraft, sein Saft
zu Feuer.
3. Er zerteile sich selbst in drei, (ein Drittel Feuer), ein Drittel
Sonne, ein Drittel Wind; so war er als Lebenshauch (Prana ) dreifach
aus-gebreitet. Sein Kopf war die Gegend gen Morgen, hier und dort
wa-ren seine Vorderschenkel; sein Schweif war die Gegend gen Abend,
hier und dort waren sein Hinterschenkel; Süd und Nord waren sei-ne
Seiten, der Himmel sein Rücken, der Luftraum seine Bauchhöh-le,
diese Erde seine Brust. Derselbige stehet gegründet auf den Wassern.
– Wo immer er gehen mag, da stehet gegründet, wer sol-ches
weiß.
4. Er begehrte, ein zweites Selbst (Leib) zu haben; da pflog er als
Ma-nas mit der Rede Begattung, er, der Hunger, der Tod. Was sich als
Same ergoss, das ward das Jahr (die Zeit); denn vordem war das Jahr
nicht vorhanden. Selbiges trug er so lange Zeit, wie ein Jahr ist,
und nach Ablauf dieser Zeit ließ er es hervorgehen. Gegen sel-biges,
nachdem es geboren war, sperrte er den Rachen auf; da schrie es: bhan!
Daraus entstand die Rede (bhan, bhanati reden).
5. Er erkannte: „Wenn ich diesem nachstelle, so wird meine Speise
nur gering sein“. Da schuf er mit jener Rede (dem Veda), mit
jenem Selbste (dem Manas ) dieses Ganze, was immer vorhanden, die
Ver-se (des Rigveda), die Sprüche (des Yajurveda), die Lieder
(des Sa-maveda), die Gesänge, die Opfer, die (opfernden) Geschöpfe,
die (zu opfernden) Tiere. Alles, was er immer schuf, das beschloss
er zu verschlingen; weil er alles verschlingt (ad), darum ist er die
Aditi (die Unendlichkeit). Der wird zum Verschlinger des Weltalls,
dem dient das Weltall zur Speise, wer also das Wesen der Aditi versteht.
6. Da begehrte er, noch weiter ein größeres Opfer darzubringen;
er mühte sich ab, er kasteite sich; da er sich abmühte,
da er sich kas-teite, wichen von ihm Schönheit und Kraft. Nämlich
die Lebensgeis-ter sind Schönheit und Kraft. Indem die Lebensgeister
aus ihm wi-chen, begann sein Leib anzuschwellen; aber sein Manas war
in dem Leibe geblieben.
7. Da begehrte er: „Dieser Leib soll mir opfertauglich (medhya)
wer-den; in ihm will ich mich verkörpern“. Darauf ward
er zu einem Rosse (ashva), darum dass er angeschwollen war (ashvat).
Und er sprach: „Dieser (Leib) ist mir opfertauglich (medhya)
geworden“. Darum heißt das Rossopfer Ashra-Medha. –
Fürwahr, der versteht das Rossopfer, der es also versteht; –
Selbiges (Ross) bewachte er, ohne es zu fesseln. Nach Ablauf eines
Jahres brachte er es als Op-fer für sich selbst dar; die (übrigen,
bei der Ashvamedhafeier geop-ferten) Tiere aber überwies er den
Göttern. Darum bringt man, als ein (zugleich) allen Göttern
geweihtes, dem Prajapati dies Opfer dar. Wahrlich, jener ist das Rossopfer,
welcher dort (als Sonne) leuchtet; sein Leib ist das Jahr. Dies (irdische)
Feuer ist der Arka (das Opfer-feuer beim Rossopfer); sein Leib sind
diese Welten. Diese beiden sind das Opferfeuer und das Rossopfer.
Und wiederum sind sie nur eine einzige Gottheit, nämlich der
Tod. – (Wer solches weiß,) der wehret ab den Wiedertod;
der Tod überwältigt ihn nicht, darum dass der Tod sein Selbst
ist: zu einer jener Gottheiten (die an dem Rossopfer teilhaben) wird
er.
Drittes Brahmanam
1. Zwiefach waren die Kinder des Prajapati, Götter und Dämonen.
Von ihnen waren die schwächeren die Götter, die stärkeren
die Dämo-nen. Selbige stritten um diese Welten. Da sprachen die
Götter: „Wohlan, lasst uns die Dämonen beim Opfer
durch den Udgitha überwinden!“
2. Da sprachen sie zur Rede: „Singe du für uns den Udgitha!“
– „So sei es“, sprach sie. Da sang die Rede für
sie den Udgitha. Der Nutzen, der in der Rede ist, den ersang sie für
die Götter, dass sie Schönes redet, das für sich selbst.
– Da merkten jene (die Dämonen): „Durch diese als
Sänger werden sie uns überwinden“; drangen auf dieselbe
ein und erfüllten sie mit Übel. Das Übel, dass die
so Unziemliches redet, das eben ist jenes Übel.
3. Da sprachen sie zum Geruche (Prana ): „Singe du für
uns den Ud-githa!“ – „So sei es“, sprach er.
Da sang der Geruch für sie den Ud-githa. Der Nutzen, der in dem
Geruche ist, den ersang er für die Götter, dass er Schönes
riecht, das für sich selbst. – Da merkten jene: „Durch
diesen als Sänger werden sie uns überwinden“; dran-gen
auf denselben ein und erfüllten ihn mit Übel. Das Übel,
dass er so Unziemliches riecht, das eben ist jenes Übel.
4. Da sprachen sie zum Auge: „Singe du für uns den Udgitha!“
– „So sei es“, sprach es. Da sang das Auge für
sie den Udgitha. Der Nut-zen, der in dem Auge ist, den ersang es für
die Götter, dass es Schönes schaut, das für sich, das
für sich selbst. – Da merkten je-ne: „Durch dieses
als Sänger werden sie uns überwinden“; drangen auf
dasselbe ein und erfüllten es mit Übel. Das Übel, dass
es so Unziemliches schaut, das eben ist jenes Übel.
5. Da sprachen sie zum Ohre: „Singe du für uns den Udgitha!“
– „So sei es, sprach es. Da sang das Ohr für sie
den Udgitha. Der Nutzen, der in dem Ohre ist, den ersang es für
die Götter, dass es Schönes hört, das für sich
selbst. – Da merkten jene: „Durch dieses als Sän-ger
werden sie uns überwinden“, drangen auf dasselbe ein und
er-füllten es mit Übel. Das Übel, dass es so Unziemliches
hört, das eben ist jenes Übel.
6. Da sprachen sie zum Manas (Verstand, Willen): „Singe du für
uns den Udgitha!“ – „So, sei es“, sprach es.
Da sang das Manas für sie den Udgitha. Der Nutzen, der in dem
Manas liegt, den ersang es für die Götter, dass es Schönes
vorstellt (beschließt), das für sich selbst. – Da
merkten jene: „Durch dieses als Sänger werden sie uns überwinden“,
drangen auf dasselbe ein und erfüllten es mit Übel. Das
Übel, das es so Unziemliches vorstellt (beschließt), das
eben ist jenes Übel.
Also geschah es, dass sie diese Gottheiten mit Übeln überkamen,
dass sie dieselben mit Übel erfüllten.
7. Da sprachen sie zu diesem Lebensodem im Munde (asanya Prana ):
„Singe du für uns den Udgitha!“; – „So
sei es“, sprach er. Da sang dieser Lebensodem für sie den
Udgitha. – Da merkten jene: „Durch diesen als Sänger
werden sie uns überwinden“, drangen auf den-selben ein
und wollten ihn mit Übel erfüllen (avivyatsan). Da aber,
gleichwie ein Erdkloß, wenn er auf einen Stein trifft, zerstiebt,
also auch stoben sie auseinander und vergingen. Darum bestanden die
Götter, zu nichte waren die Dämonen. – Der besteht
durch sich selbst (Atmana), dessen Widersacher wird zu nichte, wer
solches weiß.
8. Da sprachen sie: „Wo war er doch, der sich unser also angenom-men?
Im Munde weilt er (ayam asye), darum heißt er Ayasya , und Angirasa,
denn er ist der Saft (rasa) der Glieder (anga).“
9. Wahrlich, diese Gottheit heißet Dur mit Namen, denn von ihr
bleibt der Tod ferne (duram). – Von dem bleibt der Tod ferne,
der solches weiß.
10. Nachdem diese Gottheit also von jenen Gottheiten das Übel,
den Tod, abgewehrt hatte, so versetzte sie dasselbe dorthin, wo dieser
Weltgegenden Grenze ist; dorthin verlegte sie die Übel derselben.
Darum soll man nicht gehen unter die Heiden, nicht gehen zur Grenze,
damit man nicht sich hinbegebe zu dem Übel, zu dem To-de!
11. Nachdem diese Gottheit also von jenen Gottheiten das Übel,
den Tod, abgewehrt hatte, so führte sie dieselbigen über
den Tod hin-über.
12. Zuerst führte sie die Rede hinüber; indem diese vom
Tode erlöst wurde, ward sie zu dem Feuer. Als dieses Feuer, über
den Tod hin-ausgeschritten, flammt sie.
13. Darauf führte sie den Geruch hinüber; indem dieser vom
Tode er-löst wurde, ward er zu dem Winde. Als dieser Wind, über
den Tod hinausgeschritten, reinigt er.
14. Darauf führte sie das Auge hinüber; indem dieses vom
Tode erlöst wurde, ward es zu der Sonne. Als diese Sonne, über
den Tod hin-ausgeschritten, glüht es.
15. Darauf führte sie das Ohr hinüber; indem dieses vom
Tode erlöst wurde, ward es zu den Weltgegenden. Als diese Weltgegenden
(ist es) über den Tod hinausgeschritten.
16. Darauf führte sie das Manas hinüber; indem dieses vom
Tode er-löst wurde, ward es zu dem Monde. Als dieser Mond, über
den Tod hinausgeschritten, glänzt es.
Wahrlich, den führt diese Gottheit ebenso über den Tod hinaus,
der solches weiß.
17. Darauf ersang sie für sich selbst Speise zum Essen. Denn
was im-mer an Speise gegessen wird, das wird von dem (Lebens-) Odem
ge-gessen; (dadurch) bestehet er hienieden.
18. Da sprachen jene Gottheiten: „alles dieses, was Speise ist,
so viel es ist, das hast du für dich selbst ersungen; so lass
uns mit dir an dieser Speise teilnehmen;“ – „Wohlan“,
sprach er, „so gehet alle in mich ein;“ – „So
sei es“, sprachen sie; da gingen sie von allen Seiten her in
ihn hinein.
Darum geschieht es, dass von der Speise, die man um des Lebens-hauches
willen genießt, jene andern sich sättigen.
Fürwahr, in den gehen ebenso die Seinigen ein, der ist der Ernäh-rer
der Seinigen, ist ihr Fürst, ihr Herzog, Esser der Speise und
Oberherr, der solches weiß: und wer gegen ihn, der solches weiß,
als ein Widersacher unter den Seinigen aufsteht, der vermag nicht
hinauszuhelfen denen, die ihm anhängen; aber wer jenem sich un-terordnet,
wer ihm folgend die Seinigen zu unterhalten strebt, der, fürwahr,
vermag hinauszuhelfen denen, die ihm anhängen.
19. Er ist Ayasya Angirasa, denn er ist der Saft (rasa) der Glieder
(an-ga); denn das Leben (Prana ) ist der Saft der Glieder ist, darum
ge-schieht es, dass, aus welchem Gliede immer das Leben entweicht,
das eben vertrocknet; darum ist es der Saft der Glieder.
20. Er ist aber auch Brihaspati; denn die Rede ist Brihati (Name eines
Metrums, hier für Rigveda), und er ist ihr Herr; darum ist er
auch Brihaspati.
21. Er ist aber auch Brahmanuspati; denn die Rede ist Brahman (das
Gebet, hier für Yajurveda), und er ist ihr Herr; darum ist er
auch Brahmanaspati.
22. Er ist aber auch das Saman; denn die Rede ist Saman (Gesang).
Weil er sa und ama (sie und er, d. h. Weibliches und Männliches)
ist, daher kommt der Name Saman. – Oder auch daher, weil er
gleich (sama) ist der Ameise, gleich der Mücke, gleich dem Elefan-ten,
gleich diesen drei Welträumen, gleich diesem Weltganzen. –
Der erlangt das Saman, der erwirbt mit dem Saman Lebensgemein-schaft,
Weltgemeinschaft, wer also dieses Saman kennt.
23. Er ist aber auch der Udgitha; denn der Prana ist ut, denn durch
den Prana (das Leben) wird diese ganze Welt aufrechterhalten (ut-tabdham);
und die Rede ist githa (Gesang); ut und githa aber ma-chen zusammen
Udgitha.
24. Darum auch sprach Brahmadatta, der Nachkomme des Cikitana, da
er den König (Soma) kostete: „Dieser König soll mir
das Haupt zersprengen, wenn Ayasya Angirasa mit etwas anderem als
ich hier den Udgitha gesungen hat. Denn auch er“, so sprach
er, „hat nur durch die Rede und durch den Prana den Udgitha
gesungen.“
25. Wer das Eigentümliche dieses Saman kennt, dem wird Eigentum
zu teil. Der Wohllaut ist sein Eigentümliches. Darum, wer des
Pries-teramtes walten will, der wünsche seiner Stimme Wohllaut;
mit ei-ner solchen wohllautreichen Stimme soll er des Priesteramtes
wal-ten. Darum begehrt man zum Opferdienste nur einen solchen, der
wohllautreich sei, als welcher das Eigentümliche besitzt. –
Dem wird Eigentum zu teil, wer also dieses Eigentümliche des
Saman kennt.
26. Wer das Gold dieses Saman kennt, dem wird Gold zu teil. Das Gold
des Saman ist der Wohllaut. – Dem wird Gold zu teil, wer also
die-ses Gold des Saman kennt.
27. Wer die Grundlage dieses Saman kennt, der ist wohl gegründet.
Die Grundlage des Saman ist die Rede; denn auf die Rede ist der Prana
gegründet, wenn er solchermaßen (als Saman) gesungen wird.
– Andre sagen: er ist gegründet auf die Nahrung.
28. Nunmehr folgt die Erhebung zu den Reinigungssprüchen. –
Der Prastotar also hat den Eingang des Saman zu singen. Während
derselbe ihn singt, soll er (der Yajamana) folgende (Sprüche)
mur-meln:
„Aus dem Nichtseidenden führe mich zum Seienden;
Aus der Finsternis führe mich zum Lichte;
Aus dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit!“
Wenn er sagt: „aus dem Nichtseienden führe mich zum Seienden“,
so bedeutet das Nichtseiende den Tod, das Seiende die Unsterb-lichkeit,
und er sagt damit; „aus dem Tode führe mich zur Unsterb-lichkeit,
mache mich unsterblich“. Wenn es heißt; „aus der
Fins-ternis führe mich zum Lichte“, so bedeutet die Finsternis
den Tod, das Licht die Unsterblichkeit, und er sagt damit; „aus
dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit, mache mich unsterblich“.
Wenn es heißt; „aus dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit“,
so ist darin nichts, was verborgen wäre.
Was weiter die übrigen Strophen des Preisliedes (stotram) betrifft,
so mag er (der Udgatar und seine Gehülfen) in ihnen für
sich selbst Nahrung zum Essen ersingen. Darum mag er auch in Ihnen
eine Gabe erbitten, und wenn er irgend einen Wunsch hat, so kann ihn
der solches wissende Udgatar ersingen, sei es für sich selbst
oder auch für den Veranstalter des Opfers, wenn dieser einen
Wunsch hat.
Dieses (Wissen des Saman als Prana ) erwirbt die Himmelswelt (lo-ka).
Es ist nicht zu fürchten, dass der nicht die Himmelswelt erlan-ge,
welcher also dieses Saman kennt.
Viertes Brahmanam
1. Am Anfang war diese Welt allein der Atman, in Gestalt eines Men-schen
(vgl. Ait. 1,1,4). Der blickte um sich: da sah er nichts andres als
sich selbst. Da rief er zu Anfang aus: „Das bin ich!“
Daraus ent-stand der Name Ich. – Daher auch heutzutage, wenn
einer angeru-fen wird, so sagt er zuerst: „Das bin ich!“
und dann erst nennt er den andern Namen, welchen er trägt. –
Weil er vor diesem allem al-le Sünden vorher (purra) verbrannt
hatte (ush), darum heißt er pur-ush-a (der Mensch, der Geist).
Wahrlich es verbrennt den, welcher ihm vor zu sein begehrt, wer solches
weiß.
2. Da fürchtete er sich; darum fürchtet sich einer, wenn
er allein ist. Da bedachte er: „wovor sollte ich mich fürchten,
da nichts andres außer mir da ist?“ Dadurch entwich seine
Furcht; denn wovor hätte er sich fürchten sollen? Denn vor
einem Zweiten ist ja die Furcht.
3. Aber er hatte auch keine Freude; darum hat einer keine Freude,
wenn er allein ist. Da begehrte er nach einem Zweiten. Nämlich
er war so groß wie ein Weib und ein Mann, wenn sie sich umschlun-gen
halten. Dieses, sein Selbst zerfällte er (apatayat) in zwei Teile;
daraus entstanden Gatte (pati) und Gattin (patni). Darum ist dieser
Leib an dem Selbste gleichsam eine Halbscheid; so nämlich hat
es Yajnavalkya erklärt. Darum wird dieser leere Raum hier durch
das Weib ausgefüllt. – Mit ihr begattete er sich; daraus
entstanden die Menschen.
4. Sie aber erwog: „Wie mag er sich mit mir begatten, nachdem
er mich aus sich selbst erzeugt hat? Wohlan! Ich will mich verbergen!“
– Da ward sie zu einer Kuh; er aber ward zu einem Stier und
begat-tete sich mit derselben. Daraus entstand das Rindvieh. –
Da ward sie zu einer Stute; er aber ward zu einem Hengste; sie ward
zu ei-ner Eselin, er zu einem Esel und begattete sich mit derselben.
Dar-aus entstanden die Einhufer. – Sie ward zu einer Ziege,
er zu einem Bocke; sie zu einem Schafe, er zu einem Widder und begattete
sich mit derselben; daraus entstanden die Ziegen und Schafe. –
Also ge-schah es, dass er alles, was sich paart, bis hinab zu den
Ameisen, dieses alles erschuf.
5. Da erkannte er: „Wahrlich, ich selbst bin die Schöpfung;
denn ich habe diese ganze Welt erschaffen“. – So entstand
der Name Schöp-fung. – Der, fürwahr, ist in dieser
seiner Schöpfung (Schöpfer), wer solches weiß.
6. Darauf rieb er (die vor den Mund gehaltenen Hände) so; da
brachte er aus dem Munde als Mutterschoß und aus den Händen
das Feu-er hervor; darum ist dieses beides von innen ohne Haare; denn
der Mutterschoß ist inwendig ohne Haare.
Darum, wenn die Leute von jedem einzelnen Gotte sagen: „Opfere
diesem, opfere jenem!“ so (soll man wissen, dass) diese erschaffene
Welt von ihm allein herrührt; er also allein ist alle Götter.
Alles nun, was auf der Welt feucht ist, das erschuf er aus dem Sa-menerguss;
dieser aber ist der Soma; denn diese ganze Welt ist nur dieses: Nahrung
und Nahrungesser. Der Soma ist die Nahrung, das Feuer der Nahrungesser.
Diese (Schöpfung) hier ist eine Überschöpfung des Brahman.
Weil er als höhere (als er selbst ist) die Götter schuf,
und weil er, als Sterblicher, die Unsterblichen schuf, darum heißt
sie die Über-schöpfung. – In dieser seiner Überschöpfung
ist (Schöpfer), wer sol-ches weiß.
7. Die Welt hier war damals nicht entfaltet; eben dieselbe entfaltete
sich in Namen und Gestalten, so dass es hieß: „der so
und so mit Namen Heißende hat die und die Gestalt“. Ebendieselbe
wird auch heute noch entfaltet zu Namen und Gestalten, sodass es heißt:
„der so und so mit Namen Heißende hat die und die Gestalt“
In sie ist jener (Atman) eingegangen bis in die Nagelspitzen hinein,
wie ein Messer verborgen ist in einer Messerscheide oder das allerhaltende
(Feuer) in dem feuerbewahrenden (Holze). Darum siehet man ihn nicht:
denn er ist zerteilt; als atmend heißt er Atem, als redend Re-de,
als sehend Auge, als hörend Ohr, als verstehend Verstand; alle
diese sind nur Namen für seine Wirkungen. Wer nun eines oder
das andre von diesen verehrt, der ist nicht weise; denn teilweise
nur wohnt jener in dem einen oder andern von ihnen. Darum soll man
ihn allein als den Atman verehren; denn in diesem werden je-ne alle
zu einem.
Darum ist dieses die (zu verfolgende) Wegespur des Weltalls, was hier
(in uns) der Atman ist; denn in ihm kennt man das ganze Weltall; ja,
fürwahr, wie man mittels der Fußspur (ein Stück Vieh)
auffindet, also (erkennt man mittels des Atman diese Welt). –
Ruhm und Ehre findet, wer solches weiß!
8. Darum ist dieses teurer als ein Sohn, teurer als Reichtum, teurer
als alles andre; denn es ist innerlicher, weil es diese Seele (Atman)
ist.
Wenn nun jemand einen andern als den Atman für teuer erklärt,
und von ihm einer sagt: „Verlieren wird er, was ihm teuer ist!“
der kann Herr sein, dass dies also geschehe. Darum soll man den At-man
allein als teuer verehren; wer den Atman allein als teuer ver-ehrt,
dessen Teures ist nicht vergänglich.
9. Hier sagen sie: dieweil die Menschen durch das Wissen von Brah-man
zum Weltall zu werden gedenken, was wusste denn dieses Brahman, wodurch
es zu diesem Weltall wurde? –
10. Wahrlich, diese Welt war am Anfang Brahman, dieses wusste allein
sich selbst. Und es erkannte: „Ich bin Brahman!“ –
Dadurch ward es zu diesem Weltall. Und wer immer von den Göttern
dieses (durch die Erkenntnis: „Ich bin Brahman“) inne
ward, der ward e-ben zu demselbigen; und ebenso von den Rishis, und
ebenso von den Menschen. – Dieses erkennend hub Vamadeva, der
Rishi, an:
„Ich war einst Manu, ich war einst die Sonne.“
Und auch heutzutage, wer also eben dieses erkennt: „Ich bin
Brahman!“ der wird zu diesem Weltall; und auch die Götter
haben nicht Macht, zu bewirken, dass er es nicht wird. Denn er ist
die Seele (Atman) derselben. Wer nun eine andre Gottheit (als den
At-man, das Selbst) verehrt und spricht: „Eine andre ist sie,
und ein andrer bin ich“, der ist nicht weise; sondern er ist
gleich als wie ein Haustier der Götter. So wie viele Haustiere
dem Menschen von Nut-zen sind, also auch ist jeder einzelne Mann den
Göttern von Nut-zen. Wenn auch nur ein Haustier entwendet wird,
das ist unange-nehm, wie viel mehr, wenn viele! – Darum ist
es denselben nicht angenehm, dass die Menschen dieses wissen.
11. Wahrlich, diese Welt war zu Anfang nur Brahman allein; dieses,
da es allein war, war nicht entfaltet. Selbiges schuf über sich
(über das Brahman, Priestertum, die erste Kaste) hinaus als ein
edler Gestaltetes das Kshatram (Fürstentum, die zweite Kaste);
jene, wel-che Fürsten sind unter den Göttern, mit Namen
Indra , Varuna , Soma, Rudra , Parjanya. Yama, Mrityu, Ishana. Darum
gibt es nichts Höheres als das Kshatram. Darum verehrt der Brahmane
den Kshatriya in Unterwürfigkeit bei der Königsweihe; dem
Kshatram eben zollt er diese Ehre. – Aber eben dieses Brahman
ist der Mutterschoß des Kshatram. Darum, wenn auch der König
die höchste Stelle inne hat, so nimmt er doch am Ende seine Zuflucht
zum Brahman als zu seinem Mutterschoße. Wer aber diesen (einen
Brahmanen) verletzt, der schädigt seinen Mutterschoß; er
ist um so schlimmer, je edler der war, den er verletzte.
12. Er war noch nicht entfaltet; da schuf er die Vish (den Bürgerstand,
die dritte Kaste): jene, welche, als Götter geboren, in Scharen
auf-gezählt werden, nämlich die Vasus, Rudras, Adityas.
Vishve devah und Marnts.
13. Er war noch nicht entfaltet: da schuf er als die Shudra-Kaste
den Pushan; nämlich diese (Erde) ist Pushan; denn sie ernährt
(pushya-ti) dieses alles, was vorhanden ist.
14. Er war noch nicht entfaltet; da schuf er über sich hinaus
als ein ed-ler Gestaltetes das Recht (dharma). Dieses ist Herrscher
des Herr-schers, was das Recht ist. Darum gibt es nichts Höheres
als das Recht. Daher auch der Schwächere gegen den Stärkeren
seine Hoffnung setzt auf das Recht, gleich wie auf einen König.
Fürwahr, was dieses Recht ist, das ist die Wahrheit (satyam).
Darum, wenn einer die Wahrheit spricht, so sagt man, er spricht recht;
und wenn einer recht spricht, so sagt man, er spricht die Wahrheit;
denn bei-des ist eines und dasselbige.
15. Eben dieses ist Brahman, Kshatram, Vish und Shudra. Dieses Brahman
war mittels des Agni (als Agni, Gott des Feuers) unter den Göttern,
als Bramane unter den Menschen. Als (göttlicher) Kshatriya ward
es zum (menschlichen) Kshatriya, als Vaishya zum Vaishya, als Shudra
zum Shudra. Darum wünscht man in (Gestalt des) Agni eine Stätte
unter den Göttern, in (der des) Brahmanen ei-ne Stätte unter
den Menschen; denn in diesen beiden Gestalten kam das Brahman (unmittelbar)
zur Erscheinung.
Wer nun aus dieser Welt dahinscheidet, ohne dass er die eigne Welt
(die Welt des Atman) geschaut hat, dem hilft sie, da sie unerkannt
geblieben, nicht, wie der Veda, wenn er nicht studiert, oder ein Werk,
wenn es nicht getan wird. Und selbst wenn er, der solches nicht wissende,
ein großes gutes Werk vollbringt, so wird es ihm doch am Ende
(durch Aufzehrung des Lohnes) zu nichte. Darum soll man den Atman
allein als die Welt (zu der man im Tode ein-geht) verehren. Wer den
Atman als die Welt verehrt, dessen Werk wird nicht zu nichte; vielmehr
wird er aus diesem Atman erschaf-fen, was er immer begehrt.
16. Es ist aber sogar auch dieser Atman (der eigene Leib) eine Wohn-stätte
(Welt) für alle Wesen; sofern man opfert und opfern lässt,
ist er eine Stätte der Götter; sofern man (den Veda) hersagt,
der Ris-his; sofern man den Ahnen die Spende darbringt, sofern man
Nachkommenschaft begehrt, der Ahnen, sofern man die Menschen beherbergt
und speiset, der Menschen, sofern man für das Vieh Gras und Wasser
sucht, des Viehes; sofern in eines Hause die Tiere des Feldes und
die Vögel bis herab zu den Ameisen ihr Futter fin-den, insofern
ist er eine Stätte für diese. – Wahrlich, sowie einer
seiner eigenen Wohnstätte Wohlfahrt wünscht, also wünschen
alle Wesen Wohlfahrt dem, der solches weiß. – Das ist
gewisslich er-kannt und erforscht.
17. Diese Welt war am Anfang der Atman einzig und allein. Derselbe
begehrte: „Möge ich ein Weib haben! möge ich mich
fortpflanzen! möge ich Reichtum haben! möge ich ein Werk
vollbringen!“ So weit nämlich reicht das Begehren. Auch
wenn einer wollte, könnte er nicht mehr als dies erlangen. Darum
auch heutzutage, wenn einer allein steht, so begehrt er: „Möge
ich ein Weib haben! Möge ich mich fortpflanzen! Möge ich
Reichtum haben! Möge ich ein Werk vollbringen!“ Solange
er von diesen Stücken auch nur eines nicht erlangt, so lange
glaubt er sich unvollständig. Jedoch, seine Voll-ständigkeit
ist diese: das Manas ist sein Selbst (Atman); die Rede sein Weib;
der Odem seine Nachkommenschaft; das Auge sein menschlicher Reichtum,
denn mit dem Auge macht er ihn ausfin-dig, das Ohr sein göttlicher,
denn mit dem Ohre hört er ihn; der Leib (Atman) ist sein Werk,
denn mit dem Leibe vollbringt er das Werk. Also ist fünffach
das Opfer (an Götter, Rishis, Ahnen, Men-schen, Tiere), fünffach
das Opfertier, fünffach der Mensch (als Ma-nas , Rede, Odem,
Auge-Ohr, Leib), fünffach dieses alles, was ir-gend vorhanden
ist. – Dieses alles erlangt, wer solches weiß. –
Fünftes Brahmanam
1. Durch Geisteskraft und Anstrengung
Sieben Speisen der Vater schuf:
Die eine ist gemein allen;
Zwei teilte er den Göttern zu;
Drei hat er für sich selbst bestimmt;
Eine bot er den Tieren dar;
Auf diese gründet sich alles,
Was da atmet, und was da nicht.
Wie kommts, dass sie nicht abnehmen,
Da man sie aufzehrt allerwärts?
Wer versteht dies Nichtabnehmen,
Der isst Nahrung mit seinem Mund,
Der geht ein zu den Gottheiten,
Der ernährt aus der Fülle sich.
So lauten die Verse.
2. „Durch Geisteskraft und Anstrengung sieben Speisen der Vater
schuf“, – also durch Geisteskraft und durch Anstrengung
hat sie der Vater erschaffen. – „Die eine ist gemein allen“,
– nämlich dieses eben ist jene allen gemeinsame: die Speise,
die da gegessen wird; wer diese hochschätzt, der wird nicht von
dem Übel befreit, denn sie ist eben gemengt (nicht gewählt,
gemein). – „Zwei teilte er den Göttern zu“,
– nämlich (Feuer-)Opfer und (sonstige) Spenden, dar-um
opfert und spendet man den Göttern; – oder auch sie erklären
es als das Neu- und Vollmondsopfer. Darum soll man nicht der (auf
egoistische Zwecke gerichteten) Wunschopfer sich befleißen.
– „Eine bot er den Tieren dar“, – dies ist
die Milch; denn von Milch leben zu Anfang sowohl Menschen als auch
Tiere. Darum lassen sie ein Kind, wenn es geboren ist, zuerst Butter
lecken oder an der Brust saugen, und ein neugeborenes Kalb nennt man
„ein nicht Gras fressendes“. – „Auf diese
gründet sich alles, was da atmet, und was da nicht“, –
nämlich auf die Milch gründet sich alles, was da atmet und
was nicht atmet. Wenn es aber heißt: „wer ein Jahr lang
Milch opfert, der wehrt den Wiedertod ab“, so soll man das nicht
anneh-men; sondern vielmehr, an welchem Tage er opfert, an diesem
Tage wehrt den Wiedertod ab, wer solches weiss: denn alle Speise,
die er verzehrt, die reichet er (dem Atman und durch diesen) den Göttern
dar. – „Wie kommts, dass sie nicht abnehmen, da man sie
aufzehrt allerwärts?“ – nämlich der Purusha
(Mann, Geist) ist das Nichtab-nehmen (die Unerschöpflichkeit);
dieser erzeugt diese Speise immer wieder neu. – „Wer versteht
dies Nichtabnehmen“, - also der Purus-ha ist das Nichtabnehmen;
dieser erzeugt die Speise durch die je-desmalige Meditation als seine
Werke; denn wenn er das nicht täte, so würde sies freilich
abnehmen. – „Der isst Nahrung mit seinem Mund“;
– pratikam ist der Mund; also mit seinem Munde isst er die Nahrung.
– „Der geht ein zu den Gottheiten, der ernährt aus
der Fülle sich“, – dies ist gesagt zu seiner Verherrlichung.
3. „Drei hat er für sich selbst bestimmt“; –
diese sind: Manas , Rede und Prana ; diese hat er für sich selbst
bestimmt.
„Ich war anderswo mit meinem Verstande (Manas ), darum sah ich
nicht; ich war anderswo mit meinem Verstande, darum hörte ich
nicht“; so sagt man; denn nur mit dem Verstande sieht man und
mit dem Verstande hört man. Verlangen, Entscheidung, Zweifel,
Glaube, Unglaube, Festigkeit, Unfestigkeit, Scham, Erkenntnis, Furcht,
– alles dies ist nur Manas . Darum, wenn einer auch von hinten
berührt wird, so erkennt er es durch das Manas .
Alles was Ton ist, das ist Rede; selbige gehet zu Ende (als mensch-liche
Rede), und selbige auch wieder nicht himmlische Vac.
Aushauch, Einhauch, Zwischenhauch. Aufhauch, Allhauch: alles dieses
ist Hauch (ana), nämlich Prana .
Hieraus bestehend ist dieser Atman; aus Rede bestehend, aus Ma-nas
bestehend, aus Prana bestehend.
4. Eben diese sind die drei Welten; die Rede ist diese (Erden-)Welt,
das Manas ist die Luftraum-Welt, der Prana ist jene (Himmels-) Welt.
5. Eben diese sind die drei Veden; die Rede ist der Rigveda, das Ma-nas
der Yajurveda, der Prana der Samaveda.
6. Eben diese sind Götter, Ahnen, Menschen; die Rede ist die
Götter, das Manas die Ahnen, der Prana die Menschen.
7. Eben diese sind Vater, Mutter und Kind. Das Manas ist der Vater,
die Rede die Mutter, der Prana das Kind.
8. Eben diese sind das Erkannte, das zu Erkennende und das Uner-kannte.
Alles Erkannte ist eine Form der Rede; denn die Rede ist die er-kannte.
Indem sie dieses ist, hilft sie ihm (der sie als solche weiß).
9. Alles zu Erkennende ist eine Form des Manas ; denn das Manas ist
das zu erkennende. Indem es dieses ist, hilft es ihm (der es als sol-ches
weiß).
10. Alles Unerkannte ist eine Form des Prana ; denn der Prana ist
der unerkannte. Indem er dieses ist, hilft er ihm (der ihn als solchen
weiß).
11. Dieser Rede Leib ist die Erde, und ihre Lichtgestalt ist dieses
(irdi-sches) Feuer; darum, soweit sich die Rede erstrecket, so weit
er-strecket sich die Erde, soweit dieses Feuer.
12. Aber jenes Manas Leib ist der Himmel, und seine Lichtgestalt ist
jene Sonne; darum, soweit sich das Manas erstrecket, so weit er-strecket
sich der Himmel, so weit jene Sonne.
Diese beiden (die Rede und das Manas ) gingen eine Paarung ein; daraus
ward geboren der (Welt-)Odem (Prana ); dieser ist Indra , und der
ist ohne Nebenbuhler; nämlich ein Zweiter heißt ein Ne-benbuhler.
– Dem erstehet kein Nebenbuhler, wer solches weiß.
13. Aber jenes Prana Leib sind die Wasser, und seine Lichtgestalt
ist jener Mond; darum, soweit sich der Prana erstrecket, so weit erstrecken
sich die Wasser, so weit jener Mond.
Eben diese (Rede, Manas , Prana ) sind alle gleich groß, sind
alle unendlich. – Wer selbige als endlich verehrt, der erwirbt
eine endli-che Stätte (im Himmel); aber wer selbige als unendlich
verehrt, der erwirbt eine unendliche Stätte.
14. Eben dieser Prajapati ist das Jahr (die durch Zunahme und Ab-nahme
des Mondes gegliederte Zeit), ist sechzehnteilig. Die Nächte
(zwischen Neu- und Vollmond) sind fünfzehn Teile desselben; un-wandelbar
ist sein sechzehnter Teil; durch die Nächte wird er (der als
Mond vorgestellte Prajapati) vermehrt und wiederum vermin-dert; und
nachdem er in der Neumondnacht mit jenem sechzehn-ten Teile in alles,
was da Odem hat, eingegangen ist, so wird er am darauf folgenden Morgen
(als die neue Mondsichel) geboren. Darum soll man in jener Nacht keinem
Lebendigen das Leben rauben, wä-re es auch eine Eidechse; nämlich
aus Ehrerbietung gegen jene Gottheit.
15. Fürwahr, der dieses Jahr ist, der sechzehnteilige Prajapati,
dieser eben ist der Mann hier, der solches weiß. Seine Habe
ist die fünf-zehn Teile an ihm, seine Person (Atman) ist an ihm
der sechzehnte Teil. Nur in Bezug auf seine Habe wird er vermehrt
und wiederum vermindert. Seine Person, das ist die Radnabe, seine
Habe der Radkranz. Darum, wenn er auch in aller Weise geschunden wird,
und er bleibt seiner Person nach am Leben, so sagt man: „mit
dem Radkranze (zahlend) ist er davongekommen.“
16. Nun aber, fürwahr, sind drei Welten: die Menschenwelt, die
Väter-welt und die Götterwelt. Die eine, die Menschenwelt,
ist zu erwer-ben nur durch einen Sohn, nicht durch sonst ein Werk.
Durch das (Opfer-)Werk wird die Väterwelt, durch das Wissen die
Götterwelt erworben. Die Götterwelt aber ist unter den Welten
die beste; dar-um rühmen sie das Wissen.
17. Nunmehr das Vermächtnis (sampratti). – Wenn einer denkt,
dass es mit ihm zu Ende gehet, so spricht er zu seinem Sohne: „Du
bist das Gebet, du bist das Opfer, du bist die Welt.“ Darauf
antwortet der Sohn: „Ich bin das Gebet, ich bin das Opfer, ich
bin die Welt.“ – Nämlich, alles was (im Veda) studiert
worden ist, das wird zusam-mengefasst in das Wort „Gebet“
(Brahman); und alle Opfer werden zusammengefasst in das Wort „Opfer“;
und alle Welten werden zu-sammengefasst in das Wort „Welt“.
Denn soweit (wie diese drei Worte) erstreckt sich dieses Ganze, und
(so denkt der Vater): „so-fern er dieses Ganze ist, möge
mich dieser von hier aus fördern.“ – Darum sagt man
von einem unterrichteten Sohne, dass er Welt(-Erfahrung) habe; darum
unterrichtet man ihn.
Wenn nun der, welcher solches weiß, aus dieser Welt dahin schei-det,
dann geht er mitsamt jenen Lebensgeistern (Rede, Manas und Prana )
ein in den Sohn; und wenn von ihm irgend etwas in die Quere begangen
worden, so wird sein Sohn das alles sühnen; da-her der Name „Sohn“
(putra, wie er puranena trayati pitaram; durch den Sohn nämlich
bestehet er fort in dieser Welt. In ihn selbst aber (der seine Lebensgeister
dem Sohne vermacht hat) gehen jene gött-lichen, unsterblichen
Lebensgeister ein;
18. aus der Erde und aus dem Feuer geht in ihn ein die göttliche
Rede; dieses aber ist die göttliche Rede, durch welche, was immer
er re-den mag, das alles geschieht;
19. aus dem Himmel und aus der Sonne geht in ihn ein das göttliche
Manas ; dieses aber ist das göttliche Manas , durch welches einer
voll Wonne wird, also dass er sich nicht mehr bekümmert;
20. aus den Wassern und aus dem Monde gehet in ihn ein der göttliche
Prana (Odem), dieses aber ist der göttliche Prana , welcher,
mag er hinstreichen oder nicht hinstreichen, nicht wankt und auch
nicht Schaden leidet.
Er, der solches weiß, wird zu dem Selbste aller Kreaturen; gleichwie
jene Gottheit (Prajapati) ist, also ist auch er; gleichwie jener Gott-heit
alle Kreaturen förderlich sind, also sind auch ihm, der solches
weiß, förderlich alle Kreaturen. – Allen Schmerz
aber, den die Ge-schöpfe hier erleiden, den behalten sie für
sich, und nur ihr Gutes gehet hin zu ihm; denn das Übel gehet
nicht hin zu den Göttern.
21. Nunmehr die Betrachtung des Gelübdes (vratamimansa). –
Prajapa-ti also schuf die Verrichtungen, diese, nachdem sie erschaffen,
wetteiferten miteinander. „Ich will reden“, so strebte
die Rede, „ich will sehen“, so das Auge, „ich will
hören“, so das Ohr, und ebenso die übrigen Verrichtungen,
je nach ihrer Verrichtung. Diese über-mannte, als Müdigkeit,
der Tod, diese packte er, und nachdem er sie gepackt, hielt sie der
Tod gefangen. Darum eben ermüdet die Rede, ermüdet das Auge,
ermüdet das Ohr. Nur ihn packte er nicht, der da der Prana in
der Mitte ist (der Mukhya Prana). Da suchten ihn jene (andern) zu
erkennen. Und sie sprachen: „Für-wahr, der ist unter uns
der beste, welcher, mag er hinstreichen o-der nicht hinstreichen,
nicht wankt und auch nicht Schaden leidet; wohlan! lasset uns alle
zu seiner Natur werden!“ Da wurden sie alle zu seiner Natur.
Darum werden dieselben nach ihm benannt und heißen Pranas (Lebensgeister).
– Wahrlich, nach dem benennen sie sein Geschlecht, das Geschlecht
aus welchem er stammt, wer sol-ches weiß. Wer aber mit einem,
der solches weiß, wetteifert, der vertrocknet und geht am Ende
zu Grunde. –
So viel, in Bezug auf das Selbst.
22. Nun in Bezug auf die Götter:
„Ich will brennen“, so strebte das Feuer, „ich will
wärmen“, so die Sonne, ich will glänzen“, so
der Mond; und ebenso die übrigen Gottheiten, je nach ihrer Gottheit.
Was aber unter jenen Pranas der Prana in der Mitte ist, das ist unter
diesen Gottheiten Vayu (der Wind); denn die übrigen Gottheiten
gehen zur Rast, nicht aber der Vayu; das ist die Gottheit, welche
keinen Niedergang hat, der Vayu.
23. Darüber ist dieser Vers (vgl. Kath. 4,9):
Aus dem der Sonne Aufgang ist,
In dem sie wieder untergeht, – nämlich aus dem Prana geht
sie auf und in den Prana unter.
Den machten zum Gesetz Götter,
Er ist es heut und morgen auch.
Nämlich was dieselben ehedem festgesetzt haben, das befolgen
sie auch heute noch.
Darum soll man nur ein Gelübde befolgen: man soll (mit Unterdrü-ckung
der andern Sinnestätigkeiten, einatmen und ausatmen und wünschen:
„Möge mich nicht das Übel, der Tod, packen!“
– Wer dies Gelübde befolgt, der suche es durchzuhalten;
dann wird er dadurch mit jener Gottheit Verbindung und Zusammensein
erlan-gen, wer solches weiß.
Sechstes Brahmanam
1. Dreifach, fürwahr, ist diese Welt: Name, Gestalt und Werk.
Was unter ihnen die Namen betrifft, so ist das, was man die Rede nennt,
ihr Preislied (uktham), denn aus ihr entstehen (ut-stha) alle Namen,
ihr Gesang (Saman), denn sie ist bei allen Namen gleich (sama), ihr
Gebet (Brahman), denn sie trägt (bibharti) alle Namen.
2. Aber für die Gestalten ist das, was man das Auge nennt, ihr
Preis-lied, denn aus ihm entstehen alle Gestalten, ihr Gesang, denn
es ist bei allen Gestalten gleich, ihr Gebet, denn es trägt alle
Gestal-ten.
3. Aber für die Werke ist das, was man den Leib (Atman) nennt,
ihr Preislied, denn aus ihm entstehen alle Werke, ihr Gesang, denn
es ist bei allen Werken gleich, ihr Gebet, denn es trägt alle
Werke.
Dieses, wiewohl es dreifach ist, ist eines, nämlich der Atman,
und der Atman wiederum, wiewohl er einer ist, ist jenes Dreifache.
Das-selbige ist das Unsterbliche, verhüllt durch die Realität
(amritam, satyena channam) nämlich ist das Unsterbliche, Name
und Gestalt sind die Realität; durch diese ist jener Prana verhüllt.
Zweiter Adhyaya
Erstes Brahmanam
1. Der stolze Sohn der Blaka war ein Gelehrter (aus der Familie der)
Gargya. Der sprach zu Ajatashatru (dem König) von Kashi: „Lass
mich dir das Brahman erklären!“ – Ajatashatru sprach:
„Für diese Rede geben wir ein Tausend (Kühe); denn
(wenn man so spricht), kommen ja die Leute mit dem Rufe: „ein
Janaka, ein Janaka!“ (ein wegen seiner Freigebigkeit sprichwörtlich
gewordener König von Vi-deha) gelaufen.“
2. Da sprach Gargya: „Jener Geist (Purusha), der in der Sonne
ist, den verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! Als den Vorsteher aller Wesen,
als ihr Haupt und ihren König verehre ich ihn.“ –
Wer diesen also verehrt, der wird zum Vorsteher aller Wesen, zu ihrem
Haupte und Könige.
3. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Monde ist, den
verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashutru:
„Rede mir doch nicht von dem! als den Großen im fahlen
Kleide, als den König So-ma verehre ich ihn.“ – Wer
diesen also verehrt, dem wird er Tag für Tag gekeltert und fortgekeltert:
dessen Nahrung vergeht nicht.
4. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Blitze ist, den
verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! Als den Glanzreichen verehre ich
ihn.“ – Wer diesen also verehrt, der wird glanzreich,
und glanzreich wird seine Nach-kommenschaft.
5. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Äther (Raume,
akasha) ist, den verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach
Ajatashatru: „Rede mir doch nicht von dem! als das Volle, Unwandelbare
(vgl. Chand. 3,12,9,) verehre ich ihn.“ – Wer diesen also
verehrt, dem wird Fülle an Nachkommen und Vieh, dessen Geschlecht
besteht ohne Wandel in dieser Welt.
6. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Winde ist, den
verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! Als den Indra Vaikuntha (den Schneidigen),
als die unüberwindliche Heerschar verehre ich ihn.“ –
Wer diesen also ver-ehrt, der wird ein Überwinder, Unüberwindlicher,
seine Widersa-cher überwindend.
7. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Feuer ist, den
verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! Als den Vergewaltiger verehre
ich ihn.“ – Wer diesen also verehrt, der wird ein Vergewaltiger,
und vergewaltigend wird sein Geschlecht.
8. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in den Wassern ist, den
vereh-re ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! als den Wohlgestalteten verehre
ich ihn.“ – Wer die-sen also verehrt, dem nahet sich Wohlgestaltetes,
nicht Missgestal-tetes, und wohlgestaltet ist auch, der von ihm geboren
wird.
9. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Spiegel ist, den
verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! als den Strahlenden verehre ich
ihn.“ – Wer diesen also verehrt, der wird ein Strahlender,
und strahlend wird sein Ge-schlecht: und auch mit welchen er zusammenkommt,
die über-strahlt er alle.
10. Da sprach Gargya: „Jener da, dem da hintennach ein Ton sich
er-hebt (der Atem, welcher yantam zusammenliest, „jener Ton,
der hinter einem Gehenden her sich erhebt“), den verehre ich
als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru: „Rede
mir doch nicht von dem! Als den Lebenshauch (asu) verehre ich ihn.“
– Wer diesen also ver-ehrt, der gelangt in dieser Welt zum vollen
Lebensalter, den verlässt der Lebensodem (Prana ) nicht vor der
Zeit.
11. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in den Himmelsgegenden
ist, den verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! als unzertrennlichen Gefährten
(weil aus ihnen nicht herauszukommen ist, weil die Himmelsgegenden
un-zertrennlich zusammengehören) verehre ich ihn.“ –
Wer diesen also verehrt, der wird nicht ohne Gefährten sein,
von dem wird sein Ge-folge icht abgetrennt werden.
12. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Schatten besteht,
den verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatacatru:
„Rede mir doch nicht von dem! Als den Tod verehre ich ihn.“
–Wer diesen also verehrt, der gelangt in dieser Welt zum vollen
Lebensalter, den ü-berkommt nicht vor der Zeit der Tod.
13. Da sprach Gargya: „Jener Geist, der in dem Körper (Atman)
ist (nicht die Seele, sondern der Geist des Körpers als solchen),
den verehre ich als das Brahman.“ – Da sprach Ajatashatru:
„Rede mir doch nicht von dem! als den Körperhaften verehre
ich ihn.“ – Wer diesen also verehrt, der bleibt körperhaft,
und körperhaft bleibt sein Geschlecht.
14. Da sprach Ajatacatru: „Ist das alles?“ – „Ja,
das ist alles.“ – „Damit ist es noch nicht erkannt.“
– Da sprach Gargya: „Lass mich als Schüler dir nahen!“
15. Da sprach Ajatacatru: „Das ist doch der verkehrte Strich,
das ein Brahmane sich das Brahman erklären zu lassen! Nun, ich
will dich belehren.“ Mit diesen Worten fasste er ihn bei der
Hand und erhob sich. Da kamen die beiden zu einem Menschen, der war
eingeschla-fen. Den redete er mit jenen Namen (des Geistes, welchen
Gargya für das Brahman erklärt hatte) an: „O du Großer
im fahlen Kleide, du König Soma!“ Er aber blieb liegen.
Da weckte er ihn durch Strei-cheln mit der Hand, und er stand auf.
16. Da sprach Ajatacatru: „Als dieser hier eingeschlafen war,
wo war da jener aus Erkenntnis bestehende Geist (rijnanamayah Purushad),
und von wo ist er jetzt hergekommen? Auch dieses wusste Gargya nicht.
17. Da sprach Ajatacatru: „Wenn einer so eingeschlafen ist,
dann hat jener aus Erkenntnis bestehende Geist durch sein Erkenntnis
die Erkenntnis jener Lebensorgane an sich genommen und liegt in je-nem
Raume (akaca), welcher inwendig im Herzen ist: wenn er jene gefangen
nimmt, dann heißt es von dem Menschen, erschläft (sva-piti);
dann ist gefangen der Geruch, gefangen die Rede, gefangen das Auge,
gefangen das Ohr. Gefangen das Manas .
18. Wo er dann im Träume wandelt, das sind seine Welten; dann
ist er gleichsam ein großer König, oder gleichsam ein großer
Brahmane, oder er gehet gleichsam ein in Hohes und niederes. Und gleichwie
ein großer König seine Untergebenen mit sich nimmt und
in seinem Lande nach Belieben umherzieht, also nimmt er jene Lebensgeister
mit sich und ziehet in seinem Leibe nach Belieben umher.
19. Aber wenn er im Tiefschlafe ist, wenn er sich keines Dinges bewusst
ist, dann sind da die Hitah (die Wohlthätigen) genannten Adern,
de-ren sich zweiundsiebzigtausend vom Herzen aus in dem Perikardi-um
verbreiten: in diese schlüpft er hinein und ruht in dem Perikar-dium:
und wie ein Jüngling oder ein großer König oder ein
großer Brahmane, ein Übermaß von Wonne genießend.,
ruht, also ruht dann auch er.
20. Gleichwie die Spinne durch den Faden aus sich herausgeht, wie
aus dem Feuer die winzigen Fünklein entspringen, also auch ent-springen
aus diesem Atman alle Lebensgeister., alle Welten, alle Götter,
alle Wesen. – Sein Geheimname (upanishad) ist: „die Reali-tät
der Realität“; nämlich die Lebensgeister sind die
Realität, und er ist ihre Realität.
Zweites Brahmanam
1. Wer das junge Tier kennt und seine Behausung und seine Überda-chung
und seinen Pfosten und den Strick, mit dem es angebunden ist, der,
fürwahr, bewältigt die sieben feindlichen Vettern.
Führwahr, das junge Tier, das ist hier dieser Lebensodem in der
Mitte (der Mukhya Prana ), und dieses hier (der Leib) ist seine Be-hausung,
und dieses (der Kopf) seine Überdachung, und der Odem ist sein
Pfosten, und die Nahrung ist der Strick, mit dem es ange-bunden ist.
2. In seinem Dienste stehen diese sieben Unvergänglichkeiten:
näm-lich die roten Streifen, die da im Auge sind, durch diese
ist Rudra mit ihm verbunden, und durch das Wasser, welches im Auge
ist, ist Parjanya, und durch den Augenstern ist Aditya, und durch
das Schwarze Agni, und durch das Weiße Indra , und durch die
untere Wimper ist Prithivi (die Erde) mit ihm verbunden, und durch
die obere Dyaus (der Himmel). – Dessen Nahrung vergeht nicht,
der solches weiß.
3. Darüber ist dieser Vers:
Nach vorn die Öffnung und den Boden oben,
Ist die Schale, aller Herrlichkeit voll;
An ihrem Rande wohnen sieben Rishis,
Zu acht die Rede, dem Gebet (Brahman) verbunden.
„Nach vorn die Öffnung und den Boden oben, ist eine Schale“,
– das ist der Kopf, denn er ist eine Schale, welche die Öffnung
nach vorn und den Boden oben hat; – „aller Herrlichkeit
voll“, – die Le-bensorgane nämlich sind die mannigfache
Herrlichkeit, deren er voll ist; hiermit sind also die Lebensorgane
gemeint; – „an ihrem Rande wohnen sieben Rishis“,
– die Lebensorgane nämlich sind die sieben Rishis, hiermit
sind also die Lebensorgane gemeint; – „zu acht die Rede,
dem Gebet verbunden“, – die Rede (vac) also ist die achte,
und sie ist mit dem Gebete verbunden.
4. Nämlich diese beiden hier (auf die Ohren hinweisend) sind
Gautama und Bharadvaja; dieses nämlich ist Gautama und dieses
Bharadva-ja; und diese beiden hier (die Augen) sind Vishvamitra und
Jama-dagni, dieses nämlich ist Vishvamitra und dieses Jamadagni;
und diese beiden hier (die Nasenlöcher) sind Vasishtha und Kashyapa,
dieses nämlich ist Vasishtha und dieses Kashyapa; die Zunge (vac)
endlich ist Atri, denn mit der Zunge wird die Speise gegessen (adya-te);
nämlich Atri ist so viel wie Atti (er isst). – Der ist
ein Esser von allem, dem dient alles zur Speise, wer solches weiß.
Drittes Brahmanam
1. Fürwahr, es gibt zwei Formen des Brahman, nämlich das
Gestaltete und das Ungestaltete, das Sterbliche und das Unsterbliche,
das Stehende und das Gehende, das Seiende und das Jenseitige (tyam).
2. Dieses ist das Gestaltete, was vom Winde und vom Luftraume ver-schieden
ist (Erde, Wasser, Feuer); dieses ist das Sterbliche, dieses das Stehende,
dieses das Seiende, von diesem Gestalteten, diesem Sterblichen, diesem
Stehenden, diesem Seienden ist jener die Es-senz, der dort glüht
(die Sonne); denn er ist die Essenz des Seien-den.
3. Hingegen das Ungestaltete ist der Wind und der Luftraum; dieses
ist das Unsterbliche, dieses das Gehende, dieses das Jenseitige; von
diesem Ungestalteten, von diesem Unsterblichen, von diesem Gehenden,
von diesem Jenseitigen ist die Essenz jener Purusha (Mann, Geist),
der dort in jener (Sonnen-)Scheibe ist: denn er ist Essenz des Jenseitigen.
– So viel in Bezug auf die Gottheit.
4. Nunmehr in Bezug auf das Selbst. – Dieses ist das Gestaltete,
was vom Odem und von dem Raume im Innern des Leibes (Atman) ver-schieden
ist (Erde, Wasser und Feuer als Stoffes des Leibes); dieses ist das
Sterbliche, dieses das Stehende, dieses das Seiende; von diesem Gestalteten,
diesem Sterblichen, diesem Stehenden, diesem Seienden ist jenes die
Essenz, was das Auge ist; denn es ist die Es-senz des Seienden.
5. Hingegen das Ungestaltete ist der Odem und der Raum im Innern des
Leibes: dieses ist das Unsterbliche, dieses das Gehende, dieses das
Jenseitige; von diesem Ungestalteten, diesem Unsterblichen, diesem
Gehenden, diesem Jenseitigen ist die Essenz jener Purusha, der hier
in dem rechten Auge ist; denn er ist die Essenz des Jensei-tigen.
6. Und die Gestalt dieses Purusha ist wie ein (gelbes) Safrangewand,
wie ein weißes Schaffell, wie ein (roter) Indragopa-Käfer,
wie Feuers Flamme, wie eine (weiße) Lotusblüte, wie wenn
es plötzlich blitzet. – Fürwahr, wie wenn es plötzlich
blitzet, so wird dem Glück zu teil, der solches weiß. –
Aber die Bezeichnung für ihn (den Purusha) ist: „es ist
nicht so! es ist nicht so“ (neti, neti); denn nicht gibt es
außer dieser (Bezeichnung), dass es nicht so ist, eine andere
(na hi estasmad ‚iti na’ iti anyat param asti). Sein Name
aber ist: „die Rea-lität der Realität“; nämlich
die Lebensgeister sind die Realität, und er ist ihre Realität.
Viertes Brahmanam
1. „Maitreyi!“, So sprach Yajnavalkya, „ich werde
nun diesen Stand (des Hausvaters) aufgeben; wohlan! so will ich zwischen
dir und der Katyayani da Teilung halten.“ –
2. Da sprach Maitreyi: „Wenn mir nun, o Herr, diese ganze Erde
mit allem ihrem Reichtume angehörte, würde ich wohl dadurch
un-sterblich sein?“ – „Mit nichten!“ sprach
Yajnavalkya, „sondern wie das Leben der Wohlhabenden, also würde
dein Leben sein; auf Un-sterblichkeit aber ist keine Hoffnung durch
Reichtum.“ –
3. Da sprach Maitreyi: „Wodurch ich nicht unsterblich werde,
was soll ich damit tun? Teile mir lieber, o Herr, das Wissen mit,
welches du besitzest.“ –
4. Yajnavalkya sprach: „Lieb, fürwahr, bist du uns, und
Liebes redest du; komm, setze dich, ich werde es dir erklären,
du aber merke auf das, was ich dir sage.“
5a. Und er sprach: „Fürwahr, nicht um des Gatten willen
ist der Gatte lieb, sondern um des Selbstes willen ist der Gatte lieb;
fürwahr, nicht um der Gattin willen ist die Gattin lieb, sondern
um des Selbstes willen ist die Gatten lieb; fürwahr, nicht um
der Söhne wil-len sind die Söhne lieb, sondern um des Selbstes
willen sind die Söhne lieb, fürwahr, nicht um des Reichtums
willen ist der Reich-tum lieb, sondern um des Selbstes willen ist
der Reichtum lieb; fürwahr, nicht um des Brahmanenstandes willen
ist der Brahma-nenstand lieb, sondern um des Selbstes willen ist der
Brahmanen-stand lieb; fürwahr nicht um des Kriegerstandes willen
ist der Krie-gerstand lieb, sondern um des Selbstes willen ist der
Kriegerstand lieb; fürwahr, nicht um der Welträume willen
sind die Welträume lieb, sondern um des Selbstes willen sind
die Welträume lieb; für-wahr, nicht um der Götter willen
sind die Götter lieb, sondern um des Selbstes willen sind die
Götter lieb; fürwahr, nicht um der We-sen willen sind die
Wesen lieb, sondern um des Selbstes willen sind die Wesen lieb; führwahr,
nicht um des Weltalls willen ist da Welt-all lieb, sondern um des
Selbstes willen ist das Weltall lieb.
5b. Das Selbst, fürwahr, soll man sehen, soll man hören,
soll man ver-stehen, soll man überdenken, o Maitreyi; fürwahr,
wer das Selbst gesehen, gehört, verstanden und erkannt hat, vom
dem wird diese ganze Welt gewusst.
6. Der Brahmanenstand wird den preisgeben, der den Brahmanen-stand
außerhalb des Selbstes weiß; der Kriegerstand wird den
preisgegeben, der den Kriegerstand außerhalb des Selbstes weiß;
die Welträume werden den preisgegeben, der die Welträume
außer-halb des Selbstes weiß; die Götter werden den
preisgegeben, der die Götter außerhalb des Selbstes weiß;
die Wesen werden den preis-gegeben, der die Wesen außerhalb
des Selbstes weiß; das Weltall wird den preisgegeben, der das
Weltall außerhalb des Selbstes weiß. Dieses ist der Brahmanenstand,
dieses der Kriegerstand, die-ses die Welträume, dieses die Götter,
dieses die Wesen, dieses das Weltall, was dieses Selbst (diese Seele)
ist.
7. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Trommel gerührt wird, man
die Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die
Trommel ge-griffen oder auch den Trommelschläger, so hat man
(auch) den Ton gegriffen.
8. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Muschel geblasen wird, man die
Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die Muschel
ge-griffen oder auch den Muschelbläser, so hat man (auch) den
Ton gegriffen.
9. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Laute gespielt wird, man die
Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die Laute
gegriffen oder auch den Lautenspieler, so hat man (auch) den Ton gegriffen.
10. Mit diesem ist es, wie, wenn man ein Feuer mit dem feuchtem Holze
anlegt, die Rauchwolken sich rings umher verbreiten; ebenso, für-wahr,
ist aus diesem großen Wesen ausgebraucht worden der Rig-veda,
der Yajurveda, der Samaveda, die (Lieder) der Atharvans und der Angiras,
die Erzählungen, die Geschichten, die Wissenschaften, die Geheimlehren,
die Verse, die Sinnsprüche, die Auseinanderset-zungen und Erklärungen,
– alle diese sind aus ihm ausgehaucht worden.
11. Dieses ist, – gleichwie der Einigungsort aller Gewässer
der Ozean ist, – ebenso der Einigungsort aller Tastempfindungen
als Haut, und ebenso der Einigungsort aller Geschmacksempfindungen
als Zunge, und ebenso der Einigungsort aller Gerüche die Nase,
und ebenso der Einigungsort aller Gestalten das Auge, und ebenso der
Einigungsort aller Töne das Ohr, und ebenso der Einigungsort
aller Strebungen als Manas , und ebenso der Einigungsort aller Erinne-rungen
das Herz, und ebenso der Einigungsort aller Werke als die Hände,
und ebenso der Einigungsort aller Lüste als die Scham, und ebenso
der Einigungsort aller Entleerungen als der After, und ebenso der
Einigungsort aller Gänge als die Füße, und ebenso
der Einigungsort aller Wissenschaften als die Rede.
12. Mit diesem ist es wie mit einem Salzklumpen, der, ins Wasser ge-worfen,
sich in dem Wasser auflöst, also dass es nicht möglich ist,
ihn wieder herauszunehmen, woher man aber immer schöpfen mag,
überall ist es salzig; – also, fürwahr, geschieht
es auch, dass dieses große, endlose, uferlose, aus lauter Erkenntnis
bestehende Wesen aus diesen Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft,
Äther) sich erhebt und in sie wieder mit (dem Leibe) untergeht;
nach dem Tode ist kein Bewusstsein, so, fürwahr, sage ich.“
– Also sprach Y-ajnavalkya.
13. Da sprach Maitreyi: „Damit, o Herr, hast du mich verwirrt,
dass du sagst, nach dem Tode sei kein Bewusstsein.“ –
Aber Yajnavalkya sprach: „Nicht Verwirrung, wahrlich, rede ich;
was ich gesagt, ge-nügt zum Verständnisse:
14. denn wo eine Zweiheit gleichsam ist, da siehet einer den anderen,
da riecht einer den andern, da hört einer den andern, da redet
ei-ner den andern an, da versteht einer den andern, da erkennt einer
den andern; wo aber einem alles zum eignen Selbst geworden ist, wie
sollte er da irgend wen riechen, wie sollte er da irgend wen se-hen,
wie sollte er da irgend wen hören, wie sollte er da irgend wen
anreden, wie sollte er da irgend wen verstehen, wie sollte er da ir-gend
wen erkennen? Durch welchen er dieses alles erkennt, wie sollte er
den erkennen, wie sollte er doch den Erkenner erkennen?“
Fünftes Brahmanam
1. Diese Erde ist aller Wesen Honig, dieser Erde sind alle Wesen Ho-nig;
aber was in der Erde jener kraftvolle unsterbliche Geist ist, und
was in Bezug auf das Selbst jener aus Körper bestehende, kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese See-le ist;
diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
2. Diese Wasser sind aller Wesen Honig, diesen Wassern sind alle We-sen
Honig; aber was in den Wassern jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Samen beste-hende,
kraftvolle, unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese
Seele ist; diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das
Weltall.
3. Dieses Feuer ist aller Wesen Honig, diesem Feuer sind alle Wesen
Honig; aber was in dem Feuer jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Rede bestehende, kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese See-le ist;
dieses ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
4. Dieser Wind ist aller Wesen Honig, diesem Winde sind alle Wesen
Honig; aber was in dem Winde jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst als Odem jener kraftvolle, un-sterbliche
Geist ist, dieser ist eben das, was diese Seele ist; diese ist das
Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
5. Diese Sonne ist aller Wesen Honig, dieser Sonne sind alle Wesen
Honig; aber was in der Sonne jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener ans Auge bestehende, kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese See-le ist;
diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
6. Diese Himmelsgegenden sind aller Wesen Honig, diesem Himmels-gegenden
sind alle Wesen Honig; aber was in den Himmelsgegen-den jener kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus
Ohr bestehende, widerhallartige, kraftvolle, unsterbliche Geist ist,
dieser ist eben das, was diese Seele ist; diese ist das Unsterbliche,
diese das Brahman, diese das Weltall.
7. Dieser Mond ist aller Wesen Honig, diesem Monde sind alle Wesen
Honig; aber was in dem Monde jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Manas bestehende, kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese See-le ist;
diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
8. Dieser Blitz ist aller Wesen Honig, diesem Blitz sind alle Wesen
Ho-nig; aber was in dem Blitze jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Glut bestehende, kraft-artige,
unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese Seele ist;
diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Welt-all.
9. Dieser Donner ist aller Wesen Honig, diesem Donner sind alle We-sen
Honig; aber was in dem Donner jener kraftvolle, unsterbliche Geist
ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Schall, aus Ton bestehende,
kraftvolle, unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese
Seele ist; diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das
Weltall.
10. Dieser Raum (Äther) ist aller Wesen Honig, diesem Raume sind
alle Wesen Honig; aber was in dem Raume jener kraftvolle, unsterbliche
Geist ist, und was in Bezug auf das Selbst als der Raum im Herzen
jener kraftvolle, unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was
die-se Seele ist; diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese
das Weltall.
11. Diese Gerechtigkeit ist aller Wesen Honig, dieser Gerechtigkeit
sind alle Wesen Honig; aber was in der Gerechtigkeit jener kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus
Gerechtigkeit bestehende, kraftvolle, unsterbliche Geist ist, dieser
ist eben das, was diese Seele ist; diese ist das Unsterbliche, diese
das Brahman, diese das Weltall.
12. Diese Wahrheit ist aller Wesen Honig, dieser Wahrheit sind alle
We-sen Honig; aber was in der Wahrheit jener kraftvolle, unsterbliche
Geist ist, und was in Bezug auf das Selbst jener aus Wahrheit be-stehende,
kraftvolle, unsterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese
Seele ist; diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das
Weltall.
13. Dieses Menschheitliche ist aller Wesen Honig, diesem Menschheitli-chen
sind alle Wesen Honig; aber was in dem Menschheitlichen je-ner kraftvolle,
unsterbliche Geist ist, und was in Bezug auf das Selbst jener menschheitliche,
kraftvolle, unsterbliche Geist ist, die-ser ist eben das, was diese
Seele ist; diese ist das Unsterbliche, die-se das Brahman, diese das
Weltall.
14. Dieses Selbst ist aller Wesen Honig, diesem Selbste sind alle
Wesen Honig; aber was in dem Selbste jener kraftvolle, unsterbliche
Geist ist, und was als das Selbst jener menschheitliche, kraftvolle,
un-sterbliche Geist ist, dieser ist eben das, was diese Seele ist;
diese ist das Unsterbliche, diese das Brahman, diese das Weltall.
15. Fürwahr, dieses Selbst ist der Oberherr aller Wesen, ist
der König aller Wesen; darum, gleichwie in der Radnabe und in
der Rad-schiene alle Speichen befestigt sind, also sind in diesem
Selbste al-le Wesen, alle Götter, alle Welten, alle Lebenshauche,
alle diese Seele befestigt.
16. Dieses, fürwahr, ist jener Honig, welchen Dadhyane, den Sohn
des Atharvan, den Ashvinen verriet. Dieses schaute der Rishi und sprach:
Dies große Werk, zu Nutzen euch geschehen,
Will ich verkünden, wie der Donner Regen,
Dass euch Dadhyane, Atharvans Sohn, den Honig
Mit einem Pferdekopfe hat verraten.
17. Dieses, fürwahr, ist jener Honig, welchen Dadhyane, der Sohn
des Atharvan, den Ashvinen verriet. Dieses schaute der Rishi und sprach:
Ihr habt dem Dadhyane, des Atharvan Sohne,
Den Kopf des Pferdes aufgesetzt, o Ashvins;
Der treue zeigte euch des Tvashtar Honig,
Dass ihr ihn, Mächt’ge, als Geheimnis wahrtet.
18. Dieses, fürwahr, ist jener Honig, welchen Dadhyane, der Sohn
des Atharvan, den Ashvinen verriet. Dieses schaute der Rishi und sprach:
Als Burgen schuf Zweifüßler er,
Als Burgen die Vierfüßler auch;
In Burgen ging als Vogel er,
In Burgen er als Bürger (Purusha) ein.
Das ist, fürwahr, jener Purusha (Geist), welcher in allen Burgen
(Leibern) als Burgbewohner weilt. Nichts gibt es, womit er sich nicht
bedeckte, nichts gibt es, worein er sich nicht versteckte.
19. Dieses, fürwahr, ist jener Honig, welchen Dadhyane, der Sohn
des Atharvan, den Ashvinen verriet. Dieses schaute der Rishi und sprach:
In jeglicher Gestalt ward er sein Abbild,
Dies ist, was als Gestalt von ihm zu schauen;
Durch Zauber vielgestaltig wandelt Indra ,
Geschirrt sind seine zehnmal hundert Rosse.
Er, fürwahr, ist die Rosse, er, fürwahr, ist zehn und ist
tausend, ist vieles, ist unendliches. – Dieses Brahman ist ohne
Früheres und ohne Späteres, ohne Inneres und ohne Äußeres;
diese Seele ist das Brahman, die allvernehmende. – So lautet
die Unterweisung.
Sechstes Brahmanam
1. Nunmehr das Register (der Lehrer):
Pautimashya (wurde belehrt) von Gaupavana,
Gaupavana von Pautimashya,
Pautimashya von Gaupavana,
Gaupavana von Kaushika,
Kaushika von Kaundinya,
Kaundinya von Shandilya,
Shandilya von Kaushika und Gautama,
Gautama
2. von Agniveshya,
Agniveshya von Shandilya und Anabhimlata,
Anabhimlata von Anabhimlata,
Anabhimlata von Anabhimlata,
Anabhimlata von Gautama,
Gautama von Saitava und Pracinayogya,
Saitava und Pracinayogya von Parasharya,
Parasharya von Bharadvaja,
Bharadvaja von Bharadvaja und Gautama,
Gautama von Bharadvaja,
Bharadvaja von Parasharya,
Parasharya von Vaijavapayana,
Vaijavapayana von Kaushikayani,
Kaushikayani
3. von Ghritakaushika,
Ghritakaushika von Parasharyayana,
Parasharyayana von Parasharya,
Parasharya von Jatukarnya,
Jatukarnya von Asurayana und Yaska,
Asurayana von Traivani,
Traivani von Aupajandhani,
Aupajandhani von Asuri,
Asuri von Bharadvaja,
Bharadvaja von Atreya,
Atreya von Manti,
Manti von Gautama,
Gautama von Gautama,
Gautama von Vatsya,
Vatsya von Shandilya,
Shandilya von Kaishorya Kapya,
Kaishorya Kapya von Kumaraharita,
Kumaraharita von Galava,
Galava von Vidarbhikaundinya,
Vidarbhikaundinya von Vatsanapad Babhrava,
Vatsanapad Babhrava von Pantha Saubhara,
Pantha Saubhara von Ayasya Angirasa,
Ayasya Angirasa von Abhuti Tvashtra,
Abhuti Tvashtra von Vishvarupa Tvashtra,
Vishvarupa Tvashtra von den beiden Ashvins,
die beiden Ashvins von Dadhyanc Atharvana,
Dadhyanc Atharvana von Atharvan Daiva,
Atharvadaiva von Mrityu Pradhvansana,
Mrityu Pradhvansana von Pradhvansana,
Pradhvansana von Eka Rishi,
Eka Rishi von Vipracitti,
Vipracitti von Vyashti,
Vyashti von Sanaru,
Sanaru von Sanatana,
Sanatana von Sanaga,
Sanaga von Parameshthin,
Parameshthin von Brahman,
Brahman ist das durch sich selbst seiende; Ehre dem Brahman! –
Die Yajnavalkiyam Kandam
Dritter Adhyaya
Erstes Brahmanam
Om! Verehrung dem höchsten Atman!
1. Janaka, der König der Videhas, veranstaltete einmal ein Opfer
mit reichem Opferlohne. Daselbst hatten sich die Brahmanen der Kurus
und der Pancalas zusammengefunden. Da enstand in Janaka, dem Könige
der Videhas, die Begierde, zu erforschen, wer wohl unter diesen Brahmanen
der gelehrteste sein möchte. Und er sonderte tausend Kühe
aus, und an den Hörnern einer jeden waren zehn Padas (Gold) befestigt.
2. Und er sprach zu ihnen: „Ehrwürdige Brahmanen! Wer unter
euch der größte Brahmane ist, der mag diese Kühe heimtreiben.
- Aber die Brahmanen scheuten sich. Da sprach Yajnavalkya zu seinem
Schüler: „Treibe sie heim, lieber Samashravas!“ -
Da trieb er sie von dannen. - Aber die Brahmanen zürnten und
sprachen: „Wie darf er sich den größten Brahmanen
unter uns nennen!“ - Da war auch der Hotar (Rigvedapriester)
des Janaka, Königs der Videhas, Namens Ashvala, zugegen. Der
fragte jenen: „Du also, o Yajnaval-kya, bist unter uns der größte
Brahmane?“ - Und jener antwortete: „Wir geben eben dem
größten Brahmanen die Ehre; das macht (füg-te er spöttisch
hinzu), weil wir Lust auf die Kühe haben!“ -
Da unternahm es der Hotar Ashvala, ihm Fragen vorzulegen.
3. „Yajnavalkya“, so sprach er, „dieweil diese Welt
ganz vom Tode ge-fesselt, ganz vom Tode befallen ist, wodurch wird
der Veranstalter des Opfers von der Fesselung des Todes erlöst?“
- „Durch den Ho-tar-Priester, durch das Feuer, durch die Rede.
Denn die Rede ist beim Opfer der Hotar; was diese Rede ist, das ist
dieses Feuer, das ist der Hotar, das ist die Lösung, das ist
die Erlösung.“ -
4. „Yajnavalkya“, so sprach er, „derweil diese Welt
ganz von Tag und Nacht gefesselt, ganz von Tag und Nacht befallen
ist, wodurch wird der Veranstalter des Opfers von der Fesselung des
Tages und der Nacht erlöst?“ - „Durch den Adhvaryu-Priester,
durch das Auge, durch die Sonne. Denn das Auge ist beim Opfer der
Adhvaryu; was dieses Auge ist, das ist jene Sonne, das ist der Adhavaryu,
das ist die Lösung, das ist die Erlösung.“ -
5. „Yajnavalkya“, so sprach er, „dieweil diese Welt
ganz von der hellen und dunklen Monatshälfte gefesselt, ganz
von der hellen und dunk-len Monatshälfte befallen ist, wodurch
wird der Veranstalter des Opfers von der Fesselung der hellen und
dunklen Monatshälfte er-löst?“ - „Durch den
Udgatar -Priester, durch den Wind, durch den Odem; denn der Odem ist
beim Opfer der Udgatar ; was dieser O-dem ist, das ist der Wind, das
ist der Udgatar , das ist die Lösung, das ist die Erlösung.“
-
6. „Yajnavalkya“, so sprach er, „dieweil doch dieser
Luftraum gleich-sam ohne Sprossen ist, auf welcher Stiege steigt der
Veranstalter des Opfers zur Himmelswelt empor?“ - „Durch
den Brahman-Priester, durch das Manas , durch den Mond: denn das Manas
ist beim Opfer der Brahman; was dieses Manas ist, das ist jener Mond,
das ist der Brahman, das ist die Lösung, das ist die Erlö-sung.“
Soviel von dem Erlösen; nunmehr die Erlangungen.
7. „Yajnavalkya“, so sprach er, „mit wie vielen
Versen wird heute der Hotar bei diesem Opfer ministrieren?“
- „Mit dreien.“ - „Welches sind die drei?“
- „Der Einladungsvers, der Begleitvers und der Preisvers als
dritter.“ - „Was erwirbt er durch dieselben?“ -
„Alles was hier Odem hat.“ -
8. „Yajnavalkya“, so sprach er; „wie viele Opferspenden
wird hier heu-te der Adhvaryu ins Feuer gießen?“ –
„Drei.“ – „Welches sind die drei?“ –
„Die, welche ausgegossen emporflammen, die, welche aus-gegossen
überschäumen, die, welche ausgegossen auf (den Boden) zu
liegen kommen.“ – „Was erwirbt er mit denselben?“
– „Die, wel-che ausgegossen emporflammen, mit denen erwirbt
er die Götter-welt, denn die Götterwelt ist gleichsam glänzend;
die, welche aus-gegossen überschäumen, mit denen erwirbt
er die Väterwelt, denn die Väterwelt ist gleichsam oben
über; die, welche ausgegossen auf (den Boden) zu liegen kommen,
mit denen erwirbt er die Men-schenwelt, denn die Menschenwelt ist
gleichsam unten.“ –
9. „Yajnavalkya“, so sprach er, „durch wie viele
Gottheiten wird hier heute von dem Brahman das Opfer von rechts her
überwacht?“ – „Durch eine.“ – „Welche
ist diese eine?“ – „Das Manas ; denn un-endlich
ist das Manas , unendlich sind die Vishe Devah, unendlich ist die
Welt, die er durch dieses erwirbt.“ –
10. „Yajnavalkya“, so sprach er, „wie viele Lieder
wird hier heute der Udgatar bei diesem Opfer singen?“ –
„Drei.“ – „Welches sind diese drei?“
– „Das Eingangslied, das Begleitlied und das Preislied
als drittes.“ – „Was bedeuten diese in Bezug auf
das Selbst?“ – „Der Einhauch ist das Eingangslied,
der Aushauch das Begleitlied, der Zwischenhauch das Preislied.“
– „Was erwirbt er durch dieselben?“ – „Durch
das Eingangslied erwirbt er die Erdenwelt, durch das Be-gleitlied
die Luftraumwelt, durch das Preislied die Himmelswelt.“ –
Da schwieg der Hotar Ashvala stille.
Zweites Brahmanam
1. Da befragte ihn der Sohn des Ritabhaga aus dem Stamme der Ja-ratharu.
„Yajnavalkya“, so sprach er, „wie viele Greifer
und wie viele Über-greifer gibt es?“ – „Acht
Greifer und acht Übergreifer gibt es.“ – „Welches
sind diese acht Greifer und acht Übergreifer?“ –
2. „Der Aushauch, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist
von dem Ein-hauche als Übergreifer gefesselt; denn durch den
Einhauch riecht man den Geruch.
3. Die Rede, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch den Namen
als Übergreifer gefesselt; denn durch die Rede spricht man die
Namen aus.
4. Die Zunge, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch den
Ge-schmack als Übergreifer gefesselt; denn durch die Zunge unter-scheidet
man die Geschmäcke.
5. Das Auge, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch die Gestalt
als Übergreifer gefesselt; denn durch das Auge sieht man die
Gestal-ten.
6. Das Ohr, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch den Ton
als Ü-bergreifer gefesselt; denn durch das Ohr hört man
die Töne.
7. Das Manas , fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch die
Begierde als Übergreifer gefesselt; denn durch das Manas begehrt
man die Begierden.
8. Die Hände, fürwahr, sind ein Greifer; dieser ist durch
das Werk als Übergreifer gefesselt; denn durch die Hände
tut man das Werk.
9. Die Haut, fürwahr, ist ein Greifer; dieser ist durch die Berührung
als Übergreifer gefesselt; denn durch die Haut empfindet man
die Berührungen.
Das sind die acht Greifer und die acht Übergreifer.“
10. „Yajnavalkya“, so sprach er, „dieweil diese
ganze Welt des Todes Speise ist, welches ist wohl die Gottheit, deren
Speise der Tod ist?“ – „Fürwahr, der Tod ist
ein Feuer; dieses, indem es Speise der (betreffenden) Wasser wird,
wehrt den Wiedertod ab.“
11. „Yajnavalkya“, so sprach er, „wenn dieser Mensch
stirbt, wandern dann die Lebensgeister aus ihm aus oder nicht?“
– „Mit nichten!“ sprach Yajnavalkya, „sondern
eben daselbst bleiben sie versam-melt; er schwillt an, er bläht
sich auf, aufgebläht liegt der Tote.“
12. „Yajnavalkya“, so sprach er, „wenn dieser Mensch
stirbt, was ver-lässt ihn dann nicht?“ – „Der
Name“, so sprach er, „denn unendlich ist der Name, unendlich
sind die Vishve devah, und die unendliche Welt erwirbt er mit diesem.“
13. „Yajnavalkya“, so sprach er, „wenn nach dem
Tode dieses Men-schen seine Rede in das Feuer eingeht, sein Odem in
den Wind, sein Auge in die Sonne, sein Manas in den Mond, sein Ohr
in die Pole, sein Leib in die Erde, sein Atman in den Akasha (Weltraum),
seine Leibhaare in die Kräuter, seine Haupthaare in die Bäume,
sein Blut und Samen in das Wasser, – wo bleibt dann der Mensch?“
– Da sprach Yajnavalkya: „Fass mich, Artabhaga, mein Teurer,
an der Hand; darüber müssen wir beiden unter uns allein
uns ver-ständigen, nicht hier in der Versammlung.“ –
Da gingen die beiden hinaus und beredeten sich; und was sie sprachen,
das war Werk, und was sie priesen, das war Werk. – Fürwahr,
gut wird einer durch gutes Werk, böse durch böses.“
Da schwieg des Ritabhaga Sohn.
Drittes Brahmanam
1. Da befragte ihn Bhujyu, der Enkel des Lahya. – „Yajnavalkya“,
so sprach er, "als wir als fahrende Schüler im Lande der
Madras um-herwanderten, kamen wir zu dem Wohnsitze des Patancala aus
dem Geschlechte der Kapis. Der hatte eine Tochter, die von einem Gandharva
besessen war. Den fragten wir: 'Wer bist du?' Und er sprach: 'Sudhanvan,
der Nachkomme des Angiras'. Indem wir ihn sodann nach den Grenzen
der Welten fragten, sprachen wir zu ihm: 'Wohin kamen (nach dem Tode)
die Nachkommen des Parikshit?' – Wohin die Nachkommen des Parikshit
kamen, das frage ich dich, Yajnavalkya! Wohin kamen die Nachkommen
des Parikshit?" –
2. Yajnavalkya sprach: "Er hat euch gesagt, sie gelangten dorthin,
wohin (alle) die kommen, die das Rossopfer darbringen. Nämlich
diese Welt erstreckt sich soweit, wie zweiunddreißig Tage des
Göt-terwagens (der Sonne) reichen. Diese (Welt) umgibt ringsum
die Er-de zweimal so weit. Diese Erde umgibt ringsum den Ozean zweimal
soweit. Daselbst ist, breit wie die Schneide eines Schermessers oder
wie der Flügel einer Fliege, ein Raum zwischen (den beiden Schalen
des Welteies). Jene nun brachte Indra als Falke zum Winde; und der
Wind nahm sie in sich auf und führte sie dorthin, wo die Darb-ringer
des Rossopfers waren. So etwa sprach er (der Gandharva zu euch) und
pries den Wind." –
Darum ist der Wind die Besonderheit (vyashti) und der Wind die Allgemeinheit
(samashti). Der wehrt dem Wiedertode, wer solches weiß! –
Da schwieg Bhujyu, der Enkel des Lahya.
Viertes Brahmanam
1. Da befragte ihn Ushasta, der Abkömmling des Cakra. "Yajnaval-kya",
so sprach er, "das immanente, nicht transzendente Brahman, welches
als Seele allem innerlich ist, das sollst du mir erklären."
– "Es ist deine Seele, welche allem innerlich ist."
– "Welche, o Yajna-valkya, ist allem innerlich?" –
"Die durch den Einhauch einhaucht, das ist deine Seele, die allem
innerlich, die durch den Aushauch aushaucht, das ist deine Seele,
die allem innerlich, die durch den Zwischenhauch zwischenhaucht, das
ist deine Seele, die allem in-nerlich, die durch den Aufhauch aufhaucht,
das ist deine Seele, die allem innerlich, – dieses ist deine
Seele, die allem innerlich." –
2. Da sprach Ushasta, der Abkömmling des Cakra: "Damit ist
nur darauf hingewiesen, wie wenn einer sagte: 'das ist eine Kuh, das
ist ein Pferd'; aber eben das immanente, nicht transzendente Brah-man,
die Seele, welche allem innerlich ist, die sollst du mir erklä-ren!"
– "Es ist deine Seele, welche allem innerlich ist."
– "Welche, o Yajnavalkya, ist allem innerlich?" –
"Nicht sehen kannst du den Seher des Sehens, nicht hören
kannst du den Hörer des Hörens, nicht verstehen kannst du
den Versteher des Verstehens, nicht er-kennen kannst du den Erkenner
des Erkennens. Er ist deine Seele, die allem innerlich ist. –
Was von ihm verschieden, das ist leidvoll." –
Da schwieg Ushasta, der Abkömmling des Cakra.
Fünftes Brahmanam
1. Da befragte ihn Kahola, der Abkömmling des Kushitaka. "Yajnaval-kya",
so sprach er, "eben das immanente, nicht transzendente Brahman,
welches als Seele allem innerlich ist, das sollst du mir erklären."
– "Es ist deine Seele, welche allem innerlich ist."
– "Wel-che, o Yajnavalkya, ist allem innerlich?" –
"Diejenige, welche den Hunger und den Durst, das Wehe und den
Wahn, das Alter und den Tod überschreitet. – Wahrlich,
nachdem sie dieser Seele sich bewusst geworden, stehen die Brahmanen
ab vom Verlangen nach Kindern und Verlangen nach Besitz und Verlangen
nach der Welt und wandern umher als Bettler; denn das Verlangen nach
Kindern ist Verlangen nach Besitz, und das Verlangen nach Besitz ist
Ver-langen nach Welt; denn alle beide sind eitel Verlangen. –
Darum, nachdem der Brahmane von sich abgetan die Gelehrtheit, so ver-harre
er in Kindlichkeit; nachdem er abgetan die Kindlichkeit und die Gelehrtheit,
so wird er ein Schweiger (Muni); nachdem er abge-tan das Nichtschweigen
und das Schweigen, so wird er ein Brah-mana. – Worin lebt dieser
Brahmana? – Darin, worin er lebet, wie es eben kommt. –
Was von ihm verschieden, das ist leidvoll." –
Da schwieg Kahola, der Abkömmling des Kushitaka.
Sechstes Brahmanam
1. Da befragte ihn Gargi, die Tochter des Vacaknu.
"Yajnavalkya", so sprach sie, "dieweil diese ganze
Welt den Was-sern eingewoben und verwoben ist, wem sind denn aber
die Wasser eingewoben und verwoben?"
– "Dem Winde, o Gargi."
"Wem ist denn aber der Wind eingewoben und verwoben?"
– "Den Luftraumwelten, o Gargi".
Wem sind denn aber die Luftraumwelten eingewoben und verwo-ben?"
– "Den Gandharvawelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Gandharvawelten eingewoben und verwo-ben?"
– "Den Sonnenwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Sonnenwelten eingewoben und verwo-ben?"
– "Den Mondwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Mondwelten eingewoben und verwoben?"
– "Den Sternenwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Sternenwelten eingewoben und verwo-ben?"
– "Den Götterwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Götterwelten eingewoben und verwoben?"
– "Den Indrawelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Indrawelten eingewoben und verwoben?"
– "Den Prajapatiwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Prajapatiwelten eingewoben und verwo-ben?"
– "Den Brahmanwelten, o Gargi."
"Wem sind denn aber die Brahmanwelten eingewoben und verwo-ben?"
– Da sprach er: "O Gargi, überfrage nicht, damit dir
dein Kopf nicht zerspringe! Du überfragst eine Gottheit, die
man nicht überfragen darf; o Gargi, überfrage nicht!"
–
Da schwieg Gargi, die Tochter des Vacaknu.
Siebentes Brahmanam
1. Da befragte ihn Uddalaka, der Sohn des Aruna.
"Yajnavalkya", so sprach er, "wir weilten im Lande
der Madras, im Hause des Patancala, des Abkömmlings des Kapi,
um das Opfer zu erlernen; da hatte ein Weib, die war von einem Gandharva
beses-sen. Diesen fragten wir, wer er sei, und er sprach: 'Ich bin
Kaband-ha, der Nachkomme des Atharvan.' Und er sprach zu Patancala,
dem Abkömmlinge des Kapi, und zu uns Opferschülern: 'Kennst
du, o Kapya, jenen Faden, von welchem diese Welt und die andre Welt
und alle Wesen zusammengebüschelt werden?' Und Patanca-la, der
Abkömmling des Kapi, antwortete: 'Ich kenne ihn nicht, o Ehrwürdiger.'
Und jener sprach zu Patancala, dem Abkömmlinge des Kapi, und
zu uns Opferschülern: 'Kennst du, o Kapya, jenen innern Lenker,
welcher diese Welt und die andre Welt und alle We-sen innerlich regiert?'
Und Patancala, der Abkömmling des Kapi, antwortete: 'Ich kenne
ihn nicht, o Ehrwürdiger." Und jener sprach zu Patancala,
dem Abkömmlinge des Kapi, und zu uns Opferschü-lern: 'Wahrlich,
o Kapya, wer jenen Faden kennt und jenen innern Lenker, der kennt
das Brahman, der kennt die Welten, der kennt die Götter, der
kennt den Veda, der kennt die Wesen, der kennt die Seele, der kennt
alles.' Da erklärte er jenen (dort Versammelten); und so weiß
ich es. Wenn nun du, o Yajnavalkya, ohne dass du je-nen Faden kennst
und jenen innern Lenker, die Brahmanenkühe von dannen treibst,
so soll die Kopf zerspringen." – "Wohl kenne ich,
o Gautama, jenen Faden und jenen innern Lenker." – "Das
kann jeder sagen: ich kenne ihn, ich kenne ihn; wenn du ihn kennst,
so sage ihn an!" –
2. Und er sprach: "Der Wind, fürwahr, o Gautama, ist jener
Faden, denn durch den Wind, o Gautama, als Faden werden diese Welt
und die andre Welt und alle Wesen zusammengebüschelt. Darum nämlich,
o Gautama, sagt man von einem Menschen, der gestorben ist, 'seine
Glieder haben sich aufgelöst'; denn durch den Wind, o Gautama,
als Faden werden sie zusammengebüschelt." –
"So ist es, o Yajnavalkya; jetzt sprich von dem innern Lenker!"
–
3. "Der, in der Erde wohnend, von der Erde verschieden ist, den
die Erde nicht kennt, dessen Leib die Erde ist, der die Erde innerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
4. Der, in den Wassern wohnend, von den Wassern verschieden ist, den
die Wasser nicht kennen, dessen Leib die Wasser sind, der die Wasser
innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
5. Der, in dem Feuer wohnend, von dem Feuer verschieden ist, den das
Feuer nicht kennt, dessen Leib das Feuer ist, der das Feuer in-nerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbli-che.
6. Der, in dem Luftraum wohnend, von dem Luftraum verschieden ist,
den der Luftraum nicht kennt, dessen Leib der Luftraum ist, der den
Luftraum innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Len-ker,
der unsterbliche.
7. Der, in dem Winde wohnend, von dem Winde verschieden ist, den der
Wind nicht kennt, dessen Leib der Wind ist, der den Wind in-nerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbli-che.
8. Der, in dem Himmel wohnend, von dem Himmel verschieden ist, den
der Himmel nicht kennt, dessen Leib der Himmel ist, der den Himmel
innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
9. Der, in der Sonne wohnend, von der Sonne verschieden ist, den die
Sonne nicht kennt, dessen Leib die Sonne ist, der die Sonne inner-lich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
10. Der, in den Himmelsgegenden wohnend, von den Himmelsgegenden verschieden
ist, den die Himmelsgegenden nicht kennen, dessen Leib die Himmelsgegenden
sind, der die Himmelsgegenden inner-lich regiert, der ist deine Seele,
der innere Lenker, der unsterbliche.
11. Der, in Mond und Sternen wohnend, von Mond und Sternen ver-schieden
ist, den Mond und Sternen nicht kennen, dessen Leib Mond und Sternen
sind, der Mond und Sternen innerlich regiert, der ist deine Seele,
der innere Lenker, der unsterbliche.
12. Der, im Äther (Raume) wohnend, von dem Äther verschieden
ist, den der Äther nicht kennt, dessen Leib der Äther ist,
der den Äther innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere
Lenker, der un-sterbliche.
13. Der, in der Finsternis wohnend, von der Finsternis verschieden
ist, den die Finsternis nicht kennt, dessen Leib die Finsternis ist,
der die Finsternis innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere
Len-ker, der unsterbliche.
14. Der, in dem Lichte wohnend, von dem Lichte verschieden ist, den
das Licht nicht kennt, dessen Leib das Licht ist, der das Licht in-nerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbli-che.
So weit in Bezug auf die Gottheiten. – Nun in Bezug auf die
Wesen.
15. Der, in allen Wesen wohnend, von allen Wesen verschieden ist,
den alle Wesen nicht kennen, dessen Leib alle Wesen sind, der alle
We-sen innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker,
der un-sterbliche.
So viel in Bezug auf die Wesen. – Nun in Bezug auf das Selbst.
16. Der, in dem Odem wohnend, von dem Odem verschieden ist, den der
Odem nicht kennt, dessen Leib der Odem ist, der den Odem innerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der un-sterbliche.
17. Der, in der Rede wohnend, von der Rede verschieden ist, den die
Rede nicht kennt, dessen Leib die Rede ist, der die Rede innerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
18. Der, in dem Auge wohnend, von dem Auge verschieden ist, den das
Auge nicht kennt, dessen Leib das Auge ist, der das Auge innerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
19. Der, in dem Ohre wohnend, von dem Ohre verschieden ist, den das
Ohr nicht kennt, dessen Leib das Ohr ist, der das Ohr innerlich re-giert,
der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
20. Der, in dem Manas wohnend, von dem Manas verschieden ist, den
das Manas nicht kennt, dessen Leib das Manas ist, der das Ma-nas innerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche.
21. Der, in der Haut (dem Gefühlssinn) wohnend, von der Haut
ver-schieden ist, den die Haut nicht kennt, dessen Leib die Haut ist,
der die Haut innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Len-ker,
der unsterbliche.
22. Der, in der Erkenntnis wohnend, von der Erkenntnis verschieden
ist, den die Erkenntnis nicht kennt, dessen Leib die Erkenntnis ist,
der die Erkenntnis innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere
Lenker, der unsterbliche.
23. Der, in dem Samen wohnend, von dem Samen verschieden ist, den
der Same nicht kennt, dessen Leib der Same ist, der den Same in-nerlich
regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbli-che.
Er ist sehend nicht gesehen, hörend nicht gehört, verstehend
nicht verstanden, erkennend nicht erkannt. Nicht gibt es außer
ihm ei-nen Sehenden, nicht gibt es außer ihm einen Hörenden,
nicht gibt es außer ihm einen Verstehenden, nicht gibt es außer
ihm einen Erkennenden. Er ist deine Seele, der innere Lenker, der
unsterbli-che. – Was von ihm verschieden, das ist leidvoll."
Da schwieg Uddalaka, der Sohn des Aruna.
Achtes Brahmanam
1. Da sprach die Tochter des Vacaknu: "Ehrwürdige Brahmanen!
Jetzt will ich ihm zwei Fragen vorlegen; wenn er mir die beantworten
kann, so wird ihn gewiss keiner von euch je im redestreite über
die heiligen Dinge überwinden!" – "Frage, o Gargi."
–
2. Und sie sprach: "Jetzt werde ich dir, o Yajnavalkya, –
gleichwie ein Mann aus dem Lande der Kashis oder der Videhas, ein
Helden-sohn, den abgespannten Bogen anspannt und mit zwei Rohrpfeilen,
den Gegner zu durchbohren, in der Hand herankommt, – so werde
ich mit zwei Fragen gegen dich ankommen, die sollst du mir be-antworten!"
– "Frage, o Gargi." –
3. Und sie sprach: "Was oberhalb des Himmels ist, o Yajnavalkya,
und was unterhalb der Erde ist und was zwischen beiden, dem Himmel
und der Erde, ist, was sie das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige
nennen, worin ist das eingewoben und verwoben?" –
4. Und er sprach: "Was oberhalb des Himmels ist, o Gargi, und
was unterhalb der Erde ist und was zwischen beiden, dem Himmel und
der Erde, ist, was sie das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünfti-ge
nennen, das ist eingewoben und verwoben in dem Raume (Ä-ther)."
–
5. Und sie sprach: "Verehrung sei dir, o Yajnavalkya, weil du
mir die-se Frage gelöst hast. Mache dich gefasst auf die zweite!"
– "Frage, o Gargi." –
6. Und sie sprach: "Was oberhalb des Himmels ist, o Yajnavalkya,
und was unterhalb der Erde ist und was zwischen beiden, dem Himmel
und der Erde, ist, was sie das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige
nennen, worin ist das also eingewoben und verwo-ben?" –
7. Und er sprach: "Was oberhalb des Himmels ist, o Gargi, und
was unterhalb der Erde ist und was zwischen beiden, dem Himmel und
der Erde, ist, was sie das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünfti-ge
nennen, das ist eingewoben und verwoben in dem Raume." –
"A-ber worin ist denn der Raum eingewoben und verwoben?"
–
8. Und er sprach: "Es ist das, o Gargi, was die Weisen das Unvergäng-liche
(aksharam) nennen; es ist nicht grob und nicht fein, nicht kurz und
nicht lang; nicht rot (wie Feuer) und nicht anhaftend (wie Wasser);
nicht schattig und nicht finster; nicht Wind und nicht Ä-ther
(Raum); nicht anklebend (wie Lack); ohne Geschmack, ohne Geruch, ohne
Auge und ohne Ohr, ohne Rede, ohne Verstand, ohne Lebenskraft und
ohne Odem; ohne Mündung und ohne Maß, ohne Inneres und
ohne Äußeres; nicht verzehret es irgend was, nicht wird
es verzehrt von irgend wem.
9. Auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, stehen auseinander-gehalten
Sonne und Mond; auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi,
stehen auseinandergehalten Himmel und Erde; auf dieses Unvergänglichen
Geheiß, o Gargi, stehend auseinandergehalten die Minuten und
die Stunden, die Tag' und Nächte, die Halbmonate, Monate, Jahreszeiten
und Jahre; auf dieses Unvergänglichen Ge-heiß, o Gargi,
rinnen von den Schneebergen die Ströme, die einen nach Osten,
die andern nach Westen, und wohin ein jeder gehet; auf dieses Unvergänglichen
Geheiß, o Gargi, preisen die Menschen den Freigebigen, streben
die Götter nach dem Opfergeber, die Väter nach der Totenspende.
10. Wahrlich, o Gargi, wer dieses Unvergängliche nicht kennt
und in dieser Welt opfert und spendet und Buße büßt
viel tausend Jahre lang, dem bringet es nur endlichen (Lohn); wahrlich,
o Gargi, wer dieses Unvergängliche nicht kennt und aus dieser
Welt abscheidet, der ist der Notweilige (kripana); wer aber, o Gargi,
dieses Unver-gängliche kennt und aus dieser Welt abscheidet,
der ist der Gott-heilige (brahmana).
11. Wahrlich, o Gargi –, dieses Unvergängliche ist sehend
nicht gese-hen, hörend nicht gehört, verstehend nicht verstanden,
erkennend nicht erkannt. Nicht gibt es außer ihm ein Sehendes,
nicht gibt es außer ihm ein Hörendes, nicht gibt es außer
ihm ein Verstehendes, nicht gibt es außer ihm ein Erkennendes.
– Fürwahr, in diesem Unvergänglichen ist der Raum
eingewoben und verwoben, o Gargi."
12. Und sie sprach: "Ehrwürdige Brahmanen! Ihr mögt
es schon hoch aufnehmen, wenn ihr von diesem damit, dass ihr ihm huldigt
(ohne weitere Strafe), loskommt, gewiss aber wird keiner von euch
je ihn im Redestreite über die heiligen Dinge überwinden!"
–
Da schwieg die Tochter des Vacanku.
Neuntes Brahmanam
1. Da befragte ihn Vidagdha, der Nachkomme des Shakala. "Wieviel
Götter gibt es, Yajnavalkya?" – Und er antwortete
nach der Nivid (Götterverzeichnis), so viele ihrer in der Nivid
des Vaishvadevam (eines bestimmten Preisrufes beim Somakeltern) gezählt
werden, und sprach: "Drei und dreihundert und drei und dreitausend"
(3306). – "Om! (Jawohl!)", so sprach er; "wieviel
Götter gibt es also, Yajnavalkya?" – "Dreiunddreißig."
– "Om!" so sprach er, "wieviel Götter gibt
es also, Yajnavalkya?" – "Sechs." – "Om!"
so sprach er, "wieviel Götter gibt es also, Yajnavalkya?"
– "Drei." – "Om!" so sprach er, "wieviel
Götter gibt es also, Yajnavalkya?" – "Zwei."
– "Om!" so sprach er, "wieviel Götter gibt
es also, Yajnavalkya?" – "Anderthalb." –
"Om!" so sprach er, "wieviel Götter gibt es also,
Yaj-navalkya?" – "Einen." – "Om!"
so sprach er; "welches sind jene drei und dreihundert und drei
und dreitausend?" –
2. Und er sprach: "Das sind nur ihre Kräfte; Götter
aber gibt es nur dreiunddreißig." – "Welches
sind die dreiunddreißig?" – "Acht Va-sus, elf
Rudras, zwölf Adityas, macht einunddreißig, und noch Indra
und Prajapati als (zweiund) dreiunddreißigste." –
3. "Welches sind die Vasus?" – "Das Feuer, die
Erde, der Wind, der Luftraum, die Sonne, der Himmel, der Mond und
die Sterne; das sind die Vasus (die Guten), denn in ihnen ist alles
dieses Gut (vasu) enthalten, darum heißen sie Vasus." –
4. "Welches sind die Rudras?" – "Es sind die
zehn Lebensorgane am Menschen und der Atman als elftes. Wenn diese
aus dem sterbli-chen Leibe ausziehen, so machen sie weinen; weil sie
weinen ma-chen (rodayantri), darum heißen sie Rudras."
–
5. Welches sind die Adityas?" – "Die zwölf Monate
des Jahres, das sind die Adityas; diese laufen um, indem sie diese
ganze Welt mit-führen; weil sie diese ganze Welt mitführend
umlaufen (adadana yanti), darum heißen sie Adit-yas." –
6. "Welcher ist Indra und welcher ist Prajapati?" –
"Der Donner ist Indra , und das Opfer ist Prajapati." –
"Welcher ist der Donner?" – "Der Blitzstrahl"
(als Ursache des Donners). – "Welcher ist das Op-fer?"
– "Die Tiere" (als Ursache des Opfers). –
7. "Welches sind die sechs?" – "Das Feuer, die
Erde, der Wind, der Luftraum, die Sonne und der Himmel; das sind die
sechs; denn diese sechs sind diese ganze Welt." –
8. "Welches sind die drei Götter?" – "Es
sind diese drei Welten, denn in ihnen sind alle diese Götter
enthalten." – "Welches sind die zwei Götter?"
– "Die Nahrung und der Odem (Prana )." – "Welches
sind die anderthalb?" – "Der da reinigt (der Wind).
9. Da sagen sie: Weil es doch gewissermaßen nur einer ist, der
da rei-nigt, wie sind es denn anderthalb? Weil in ihm diese ganze
Welt überaus gedeiht (adhyardhnot), darum sind es anderthalb
(adhy-ardha)." – "Welches ist der eine Gott?"
– "Das Leben (Prana )", so sprach er, "dieses
nennen sie das Brahman, das Jenseitige (tyad)."
10. "Der die Erde als Grundlage, das Feuer als Reich, den Verstand
als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit höchster
Gip-fel ist, der, fürwahr ist ein Wissender, o Yajnavalkya!"
– Wohl ken-ne ich diesen Geist, von dem du behauptest, dass
er aller Selbstheit höchster Gipfel sei; es ist derjenige, welcher
der Geist der Körperlichkeit ist. So sage denn nun du, Shakalya,
wer dessen Gottheit ist!" – "Die Unsterblichkeit",
so sprach er.
11. Der die Begierde als Grundlage, das Herz als Reich, den Verstand
als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der Selbstheit höchster
Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o Yajnavalkya!"
– "Wohl kenne ich diesen Geist, von dem du behauptest,
dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei; es ist derjenige,
welcher der aus Begierde be-stehende Geist ist. So sage denn nun du,
Shakalya, wer dessen Gottheit ist!" – "Die Weiber",
so sprach er.
12. "Der die Gestalten als Grundlage, das Auge als Reich, den
Verstand als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit
höchster Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o
Yajnavalkya!" – "Wohl kenne ich diesen Geist, von
dem du behauptest, dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei;
es ist derjenige, welcher jener Geist in der Sonne ist. So sage denn
nun du, Shakalya, wer dessen Gott-heit ist!" – "Die
Wahrheit", so sprach er.
13. "Der den Äther als Grundlage, das Ohr als Reich, den
Verstand als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit
höchster Gip-fel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o
Yajnavalkya!" – "Wohl kenne ich diesen Geist, von
dem du behauptest, dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei;
es ist derjenige, welcher der Geist des Gehörs, des Widerhalles
ist. So sage denn nun du, Shakalya, wer dessen Gottheit ist!"
– "Die Himmelsgegenden", so sprach er.
14. "Der die Finsternis als Grundlage, das Herz als reich, den
Verstand als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit
höchster Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o
Yajnavalkya!" – "Wohl kenne ich diesen Geist, von
dem du behauptest, dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei;
es ist derjenige, welcher der Geist des Schattens ist. So sage denn
nun du, Shakalya, wer dessen Gottheit ist!" – "Der
Tod", so sprach er.
15. "Der die Gestalten als Grundlage, das Auge als Reich, den
Verstand als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit
höchster Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o
Yajnavalkya!" – "Wohl kenne ich diesen Geist, von
dem du behauptest, dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei;
es ist derjenige, welcher der Geist im Spiegel ist! So sage denn nun
du, Shakalya, wer dessen Gottheit ist!" – "Das Leben
(asu)", so sprach er.
16. "Der die Wasser als Grundlage, das Herz als Reich, den Verstand
als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit höchster
Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o Yajnavalkya!"
– "Wohl kenne ich diesen Geist, von dem du behauptest,
dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei; es ist derjenige,
welcher der Geist in den Wassern ist! So sage denn nun du, Shakalya,
wer dessen Gottheit ist!" – "Varuna ", so sprach
er.
17. "Der den Samen als Grundlage, das Herz als Reich, den Verstand
als Licht hat, wer diesen Geist kennt, der aller Selbstheit höchster
Gipfel ist, der, fürwahr, ist ein Wissender, o Yajnavalkya!"
– "Wohl kenne ich diesen Geist, von dem du behauptest,
dass er aller Selbstheit höchster Gipfel sei; es ist derjenige,
welcher der aus dem Sohne bestehende Geist ist So sage denn nun du,
Shakalya, wer dessen Gottheit ist!" – "Prajapati",
so sprach er. –
18. "Also du, o Shakalya, bist derjenige, welchen diese Brahmanen
er-wählt haben, die Kohlen für sie zu löschen!"
– so sprach Yajnaval-kya.
19. "Yajnavalkya", so sprach der Abkömmling des Shakala,
"da du die-se Brahmanen der Kurus und Pancalas niedergeredet
hast, welche heilige Lehre (Brahman)weißt denn du?" –
"Ich weiß die Himmelsge-genden mit ihren Göttern und
ihren Standorten." – "Da du die Himmelsgegenden weißt
mit ihren Göttern und Standorten,
20. welche (Schutz-)Gottheit hast du in dieser östlichen Himmelsge-gend?"
– "Die Gottheit Aditya (die Sonne)." – "Worin
hat dieser Adi-tya seinen Standort?" – "Im Auge."
– "Worin hat denn das Auge sei-nen Standort?" –
"In den Gestalten; denn mit dem Auge sieht man die Gestalten."
– "Worin haben denn die Gestalten ihren Standort?"
– "Im Herzen", so sprach er, "denn mit dem Herzen
(dem Sitze des Manas ) erkennt man die Gestalten; im Herzen also haben
die Ges-talten ihren Standort," – "So ist es, o Yajnavalkya."
21. "Welche (Schutz-)Gottheit hast du in der südlichen (dakshina)
Himmelsgegend?" – "Die Gottheit Yama (den Todesgott)."
– "Worin hat dieser Yama seinen Standort?" –
"Im Opfer." – "Worin hat denn das Opfer seinen
Standort?" – Im Opferlohne (dakshina)." – "Worin
hat denn der Opferlohn seinen Standort?" – "Im Glauben;
denn wenn einer glaubt, so spendet er Opferlohn; im Glauben also hat
der Opferlohn seinen Standort." – "Worin hat denn
der Glaube sei-nen Standort?" – "Im Herzen",
so sprach er, "denn durch das Herz erkennt man den Glauben; im
Herzen also hat der Glaube seinen Standort." – "So
ist es, o Yajnavalkya."
22. "Welche (Schutz-)Gottheit hast du in der westlichen Himmelsge-gend?"
– "Die Gottheit Varuna ." – "Worin hat
dieser Varuna seinen Standort?" – "In den Wassern."
– "Worin haben denn die Wasser ih-ren Standort?" –
"In dem Sperma." – "Worin hat denn das Sperma
seinen Standort?" – "Im Herzen; darum auch, wenn einem
ein ähn-licher Sohn geboren ist, so sagt man, er ist ihm gleichsam
aus dem Herzen geschlüpft, ist ihm gleichsam aus dem Herzen geschaffen;
im Herzen also hat das Sperma seinen Standort." – "So
ist es, o Y-ajnavalkya."
23. "Welche (Schutz-)Gottheit hast du in der nördlichen
Himmelsge-gend?" – "Die Gottheit Soma (den Somatrank
oder den Mond)." – "Worin hat dieser Soma seinen Standort?"
– "In der Weihe." – "Wor-in hat denn die
Weihe ihren Standort?" – "In der Wahrheit; darum auch
sagt man zu einem, der geweiht wird: rede die Wahrheit; denn in der
Wahrheit hat die Weihe ihren Standort." – "Worin hat
denn die Wahrheit ihren Standort?" – "Im Herzen",
so sprach er, "denn durch das Herz erkennt man die Wahrheit;
im Herzen also hat die Wahrheit ihren Standort." – "So
ist es, Yajnavalkya."
24. "Welche (Schutz-)Gottheit hast du in der feststehenden (zentralen)
Himmelsgegend?" – "Die Gottheit Agni (Feuer)."
– "Worin hat dieser Agni seinen Standort?" –
"In der Rede." – "Worin hat denn die Rede ihren
Standort?" – "Im Herzen."
– "Worin hat denn das Herz seinen Standort?" –
25. "O du Tagedieb!", so sprach Yajnavalkya, "der du
wähnest, es kön-ne anderswo sein als in uns; wäre es
anderswo als in uns, die Hunde würden es ja fressen oder die
Vögel es zerfleischen." –
26. "Worin hast denn du und dein Atman (Selbst) seinen Standort?"
– "Im Aushauche." – "Worin hat denn der
Aushauch seinen Stand-ort?" – "Im Einhauche."
– "Worin hat denn der Einhauch seinen Standort?" –
"Im Zwischenhauche." – "Worin hat denn der Zwi-schenhauch
seinen Standort?" – "Im Aufhauche." – "Worin
hat denn der Aufhauch seinen Standort?" – "Im Allhauche."
–
"Er aber, der Atman, ist nicht so und ist nicht so. Er ist ungreifbar,
denn er wird nicht gegriffen; unzerstörbar, denn er wird nicht
zer-stört; unhaftbar, denn es haftet nichts an ihm; er ist nicht
gebun-den, er wankt nicht, er leidet keinen Schaden!"
"Das sind also (oben §10-17) die acht Grundlagen, die acht
Reiche, die acht Götter, die acht Geister. Der aber, diese Geister
auseinan-dertreibend, zurücktreibend, über sie hinausschreitet,
nach diesem Geiste der Upanishadlehre frage ich dich! Wenn du mir
diesen nicht ansagen kannst, so muss dein Kopf zerspringen!"
–
Den wusste der Nachkomme des Shakala nicht. Und sein Kopf zer-sprang.
Und Räuber stahlen seine Gebeine, die sie für etwas ande-res
(Besseres) gehalten.
27. Und er sprach: "Ehrwürdige Brahmanen, wer unter euch
wünscht, der mag mich fragen, oder ihr alle mögt mich fragen;
wer unter euch wünscht, den will ich fragen!" – Aber
die Brahmanen wagten es nicht.
28. Da befragte er sie mit diesen Versen:
"Gleichwie ein Baum, des Waldes Fürst,
So ist der Mensch, dass ist gewiss.
Die Haare sind an ihm Blätter,
Die Haut der Außenrinde gleicht.
Aus seiner Haut entströmt das Blut,
Wie aus des Baumes Haut der Saft;
Es fließt aus dem Verwundeten,
Wie Saft des Baums, wenn der verletzt.
Das Fleisch dem Holz vergleichbar ist,
Dem Bast die Sehne, darum stark.
Die Knochen sind das Innenholz,
Das Mark vergleicht dem Marke sich.
Es wächst der Baum, wenn man ihn fällt,
Aus seiner Wurzel wieder neu. –
Aus welcher Wurzel wächst hervor
Der Mensch, wenn ihn der Tod gefällt? –
Sagt nicht, dass es der Same sei;
Denn er entspringt dem Lebenden,
Wie aus dem Samenkorn der Baum,
Noch eh er tot ist, neu erwächst (apretya-sambhavah).
Reißt man ihn mit der Wurzel aus,
So kann der Baum nicht wachsen mehr: –
Aus welcher Wurzel wächst hervor
Der Mensch, wenn ihn der Tod gefällt? –
Nicht wird geboren, wer geboren;
Wer sollte neu erzeugen ihn?" –
"Brahman ist Wonne und Erkenntnis,
Des Gabenspenders höchstes Gut
Und des, der absteht und erkennt."
Vierter Adhyaya
Erstes Brahmanam
1. Einstmals erteilte Janaka, der König der Videha, Audienz.
Da ge-schah es, dass Yajnavalkya zu ihm herantrat. Zu dem sprach er:
" Yajnavalkya, warum bist du hergekommen? Verlangt dich nach
Kühen oder nach Fragen mit feinen Lösungen?" –
"Nach beidem, o Großfürst", so sprach er.
2. "Was dir schon sonst einer gesagt hat, dass lass uns hören!"
so sprach (Yajnavalkya). – "Jitvan, der Abkömmling
des Shilina, sagte mir, das Brahman sei die Rede." – "Wie
einer spricht, der eine Mut-ter hat, einen Vater hat, einen Lehrer
hat, so hat der Abkömmling des Shilina dies gesagt, dass das
Brahman die Rede sei; denn er mochte denken: wer nicht reden kann,
was hat der? Hat er dir denn aber auch seinen Stützpunkt (ayatanam)
und seinen Stand-ort (pratishtu) genannt?" – "Die
hat er mir nicht genannt." – "Dann steht es nur auf
einem Fuße, o Großfürst." – "So sage
du sie uns, o Yajnavalkya!" – "Die Rede eben ist sein
Stützpunkt, der Raum (Ä-ther) sein Standort; es selbst soll
man verehren als die Erkenntnis." – "Worin besteht
sein Erkenntnis-sein, o Yajnavalkya?" – "Eben in der
Rede, o Großfürst, so sprach er, "denn durch die Rede,
o Groß-fürst, wird der Angehörige erkannt, der Rigveda,
der Yajurveda, der Samaveda, die (Lieder) der Atharvans und der Angiras,
die Erzäh-lungen, die Geschichten, die Wissenschaften, die Geheimlehren,
die Verse, die Sinnsprüche, die Auseinandersetzungen und Erklärun-gen
(vgl. Brih. 2,4,10), das Geopferte und das Gespendete, die Speisung
und die Tränkung, diese Welt und jene Welt und alle We-sen; durch
die Rede eben, o Großfürst, wird das Brahman erkannt, die
Rede also, o Großfürst, ist das höchste Brahman! Den
verlässt die Rede nicht, dem strömen alle Wesen zu, und,
ein Gott gewor-den, geht er zu den Göttern ein, wer, solches
wissend, jenes ver-ehrt." – "Eintausend Kühe
mit einem Stiere wie ein Elefant schenke ich dir", so sprach
Janaka, der König der Videhas. – Er aber, Yaj-navalkya,
sprach: "Mein Vater meinte: ehe man belehrt hat, soll man nicht
nehmen!"
3. "Was dir also sonst schon einer gesagt hat, dass lass uns
hören!" so sprach (Yajnavalkya). – "Udanka, der
Abkömmling des Shulba, sagte mir, das Brahman sei das Leben."
– "Wie einer spricht, der ei-ne Mutter hat, der einen Vater
hat, einen Lehrer hat, so hat der Abkömmling des Shulba dies
gesagt, dass das Brahman das Leben sei; denn er mochte denken, wer
nicht lebt, was hat der? Hat er dir denn aber auch seinen Stützpunkt
und seinen Standort genannt?" – "Die hat er mir nicht
genannt." – "Dann steht es nur auf einem Fuße,
o Großfürst." – "Sage du sie uns, o Yajnavalkya!"
– "Das Le-ben eben ist sein Stützpunkt, der Raum sein
Standort; es selbst soll man verehren als das Liebe." –
"Worin besteht sein Liebes-sein, o Yajnavalkya?" –
"Eben in dem Leben, o Großfürst", so sprach er,
"denn dem Leben zuliebe, o Großfürst, opfert man für
den man nicht opfern darf, nimmt man an, was man nicht annehmen darf,
und wenn man Furcht hegt vor Ermordung, wohin man immer ge-het, so
ist es, o Großfürst, dem Leben zuliebe; das Leben also,
o Großfürst, ist das höchste Brahman! Den verlässt
das Leben nicht, dem strömen alle Wesen zu, und, ein Gott geworden,
geht er zu den Göttern ein, wer, solches wissend, jenes verehrt."
– "Eintausend Kühe mit einem Stiere wie ein Elefant
schenke ich dir", so sprach Janaka, der König der Videhas.
– Er aber, Yajnavalkya, sprach: "Mein Vater meinte: ehe
man belehrt hat, soll man nicht nehmen."
4. "Was dir also sonst schon einer gesagt hat, dass lass uns
hören", so sprach (Yajnavalkya). – "Barku, der
Abkömmling des Vrishna, sagte mir, das Brahman sei das Auge."
– "Wie einer spricht, der eine Mutter hat, einen Vater
hat, einen Lehrer hat, so hat der Abkömm-ling des Vrishna dies
gesagt, dass das Brahman das Auge sei; denn er mochte denken, wer
nicht sieht, was hat der? Hat er dir denn aber auch seinen Stützpunkt
und seinen Standort genannt?" – "Die hat er mir nicht
genannt." – "Dann steht es nur auf einem Fuße,
o Großfürst." – "So sage du sie uns, o
Yajnavalkya!" – "Das Auge e-ben ist sein Stützpunkt,
der Raum sein Standort; es selbst soll man verehren als die Wahrheit."
– "Worin besteht sein Wahrheit-sein, o Yajnavalkya?"
– "Eben in dem Auge, o Großfürst", so sprach
er, "denn wer etwas mit den Augen gesehen hat, o Großfürst,
zu dem sagt man: hast du es gesehen? Und wenn er sagt: ich habe es
gesehen! So ist es die Wahrheit; das Auge also, o Großfürst,
ist das höchste Brahman! Den verlässt das Auge nicht, dem
strömen alle Wesen zu, und, ein Gott geworden, geht er zu den
Göttern ein, wer, solches wissend, jenes verehrt." –
"Eintausend Kühe mit einem Stier wie ein Elefant schenke
ich dir", so sprach Janaka, der König der Videhas. –
Er aber, Yajnavalkya, sprach: "Mein Vater meinte, ehe man belehrt
hat, soll man nicht nehmen."
5. "Was dir also sonst schon einer gesagt hat, dass lass uns
hören", so sprach (Yajnavalkya). – "Gardabhivipita,
der Abkömmling des Bharadvaja, sagte mir, das Brahman sei das
Ohr." – "Wie einer spricht, der eine Mutter hat, einen
Vater hat, einen Lehrer hat so hat der Abkömmling des Bharadvaja
dies gesagt, dass das Brah-man das Ohr sei; denn er mochte denken,
wer nicht hört, was hat der? Hat er dir denn aber auch seinen
Stützpunkt und seinen Standort genannt?" – "Die
hat er mir nicht genannt." – "Dann steht es nur auf
einem Fuße, o Großfürst." – "So sage
du sie uns, o Yaj-navalkya!" – "Das Ohr eben ist sein
Stützpunkt, der Raum sein Standortes selbst soll man verehren
als den Unendlichen." – "Worin besteht sein Unendlich-sein,
o Yajnavalkya?" – "In den Himmelsge-genden, o Großfürst",
so sprach er, "daher kommt es, o Großfürst, dass,
nach welcher Himmelsgegend man immer gehen mag, in der kommt man an
kein Ende, denn die Himmelsgegenden sind unend-lich. Die Himmelsgegenden
aber, o Großfürst, sind das Ohr, das Ohr also, o Großfürst,
ist das höchste Brahman! Den verlässt das Ohr nicht, dem
strömen alle Wesen zu, und, ein Gott geworden, geht er zu den
Göttern ein, wer, solches wissend, jenes verehrt." –
"Eintausend Kühe mit einem Stiere wie ein Elefant schenke
ich dir", so sprach Janaka, der König der Videhas. –
Er aber, Yajnaval-kya, sprach: "Mein Vater meinte, ehe man belehrt
hat, soll man nicht nehmen."
6. "Was dir also sonst schon einer gesagt hat, dass lass uns
hören", so sprach (Yajnavalkya). – "Satyakama,
der Sohn der Jabala, sagte mir, das Brahman sei das Manas ."
– "Wie einer spricht, der eine Mutter hat, einen Vater
hat, einen Lehrer hat, so hat der Sohn der Jabala dies gesagt, dass
das Brahman das Manas sei; denn er mochte denken, wer kein Manas (Verstand)
hat, was ist der? Hat er dir denn aber auch seinen Stützpunkt
und seinen Standort ge-nannt?" – "Die hat er mir nicht
genannt." – "Dann steht es nur auf einem Fuße,
o Großfürst." – "So sage du sie uns, o
Yajnavalkya." – "Das Manas eben ist sein Stützpunkt,
der Raum sein Standort, es selbst soll man verehren als die Wonne."
– "Worin besteht sein Wonne-sein, o Yajnavalkya?"
– "Eben in dem Manas , o Großfürst", so
sprach er, "denn durch das Manas , o Großfürst, lässt
man sich fortreißen zu einem Weibe und zeugt mit ihr einen Sohn,
der einem ähnlich ist; der ist die Wonne; das Manas also, o Großfürst,
ist das höchste Brahman! Den verlässt das Manas nicht, dem
strömen alle Wesen zu, und, ein Gott geworden, geht er zu den
Göttern ein, wer, solches wissend, jenes verehrt." –
"Eintausend Kühe mit einem Stiere wie ein Elefant schenke
ich dir", so sprach Janaka, der König der Videhas. –
Er aber, Yajnavalkya sprach: "Mein Vater meinte, ehe man belehrt
hat, soll man nicht nehmen."
7. "Was dir also schon sonst einer gesagt hat, dass lass uns
hören", so sprach (Yajnavalkya). – "Vidagdha,
der Abkömmling des Shaka-la, sagte mir, das Brahman sei das Herz."
– "Wie einer spricht, der eine Mutter hat, einen Vater
hat, einen Lehrer hat, so hat der Ab-kömmling des Shakala dies
gesagt, dass das Brahman das Herz sei, denn er mochte denken, wer
kein Herz hat, was ist der? Hat er dir denn aber seinen Stützpunkt,
seinen Standort genannt?" – "Die hat er mir nicht
genannt." – "Dann steht es nur auf einem Fuße,
o Großfürst." – "So sage du sie uns, o
Yajnavalkya!" – "Das Herz eben ist sein Stützpunkt,
der Raum sein Standort, es selbst soll man verehren als die Beständigkeit."
– "Worin besteht sein Beständig-sein, o Yajnavalkya?"
– "Eben in dem Herzen, o Großfürst", so
sprach er, "denn das Herz, o Großfürst, ist der Stützpunkt
aller Wesen, dass Herz, o Großfürst, ist der Standort aller
Wesen, in dem Herzen, o Großfürst, sind alle Wesen gegründet;
das Herz also, o Großfürst, ist das höchste Brahman!
Den verlässt das Herz nicht, dem strömen alle Wesen zu,
und, ein Gott geworden, geht er zu den Göttern ein, wer, solches
wissend, jenes verehrt." – "Eintausend Kühe mit
einem Stiere wie ein Elefant schenke ich dir", so sprach Janaka,
der König der Videhas. – Er aber, Yajnavalkya, sprach:
"Mein Vater meinte, ehe man belehrt hat, soll man nicht nehmen."
Zweites Brahmanam
1. Da verließ Janaka, der König der Videhas, sein Polster,
kam auf den Knien heran und sprach: "Verehrung sei dir, o Yajnavalkya,
wolle mich belehren!" – Und er sprach: "Gleichwie
einer, o Groß-fürst, der eine große Reise unternehmen
will, einen Wagen oder ein Schiff sich verschafft, also hast du deine
Seele mit jenen Geheim-lehren ausgerüstet. Dieweil du nun also
reich bist an Gefolge und Gütern, die Veden studiert und die
Geheimlehren gehört hast, so sage mir: wohin wirst du, wenn du
einmal von hier abscheiden wirst, gelangen?" – "Das
weiß ich nicht, o Heiliger, wohin ich gelan-gen werde."
– "So will ich es dir sagen, wohin du gelangen wirst."
– "O Heiliger, sage es!" –
2. "Der Mann, der hier mit dem rechten Auge ist, der heißt
mit Namen Indha (der Zünder); wiewohl er aber der Indha ist,
so nennen sie ihn verhüllter Weise Indra ; denn die Götter
lieben das Verhüllte und scheuen das Offenbare.
3. Ferner die Menschengestalt hier in dem linken Auge, die ist seine
Gemahlin, die Viraj (Strahlerin). Der Zusammenklang dieser beiden
ist der Äther im Herzen, ihre Nahrung ist die Blutmasse im Herzen,
ihre Bedeckung ist das, was wie ein Geflecht in dem Herzen ist, und
der Pfad, auf dem sie einherwandeln, das ist die Ader, welche aus
dem Herzen nach oben verläuft. Gleichwie ein Haar, wenn es tausendmal
gespalten ist, so sind einem im Herzen die, Hitah ge-nannten, Adern
(vgl. Brih. 2,1,19) gegründet; durch diese fließt (ih-nen)
jenes Zufließende (die Nahrung) zu. Darum hat er (der aus Indha
und Viraj bestehende individuelle Atman) gleichsam eine auserlesenere
Nahrung als jenes körperliche Selbst.
4. Die vordere (östliche) Himmelsgegend sind seine vorderen Organe,
die rechtsseitige (südliche) Himmelsgegend sind seine rechtsseiti-gen
Organe, die hintere (westliche) Himmelsgegend sind seine hin-teren
Organe, die linksseitige (nördliche) Himmelsgegend sind seine
linksseitigen Organe, die Himmelsgegend nach oben sind seine o-beren
Organe, die Himmelsgegend nach unten sind seine unteren Organe, alle
Himmelsgegenden sind alle seine Organe. Er aber, der Atman, ist nicht
so und ist nicht so. Er ist ungreifbar, denn er wird nicht gegriffen;
unzerstörbar, denn er wird nicht zerstört; unhaft-bar, denn
es haftet nichts an ihm; er ist nicht gebunden, er wankt nicht, er
leidet keinen Schaden. – O Janaka! du hast den Frieden erlangt!"
Also sprach Yajnavalkya. – Er aber, Janaka, der König der
Videhas, sprach: "Friede sei mit dir, o Yajnavalkya, der du uns,
o Heiliger, den Frieden kund tust. Verehrung sei dir! Da hast du die
Videhas und da hast du mich selbst." –
Drittes Brahmanam
I. Einleitung
1. Einstmals kam zu Janaka, dem Könige der Videhas, Yajnavalkya
mit dem Vorsatze, nicht zu reden. Es hatte aber, als einst Janaka,
der König der Videhas, und Yajnavalkya sich beim Feueropfer un-terredeten,
Yajnavalkya jenem eine Gabe bewilligt, und er hatte als solche die
Beantwortung einer Frage gewählt, und diese hatte er ihm zugestanden.
Darum richtete der Großfürst zuerst an ihn das Wort:
2. "Yajnavalkya!", so sprach er, "was dient dem Menschen
(oder Geis-te, Purusha) als Licht?" – "Die Sonne dient
ihm als Licht, o Groß-fürst", so sprach er, "denn
bei dem Licht der Sonne sitzt er und ge-het umher, treibt seine Arbeit
und kehret heim." – "So ist es, o Yaj-navalkya.
3. Aber wenn die Sonne untergegangen ist, o Yajnavalkya, was dient
dann dem Menschen als Licht?" – "Dann dient ihm der
Mond als Licht; denn bei dem Lichte des Mondes sitzt er und gehet
umher, treibt seine Arbeit und kehret heim." – "So
ist es, o Yajnavalkya.
4. Aber wenn die Sonne untergegangen ist, o Yajnavalkya, und wenn
der Mond untergegangen ist, was dient dann dem Menschen als Licht?"
– "Dann dient ihm das Feuer als Licht; denn bei dem Lichte
des Feuers sitzt er und gehet umher, treibt seine Arbeit und kehret
heim." – "So ist es, o Yajnavalkya.
5. Aber wenn die Sonne untergegangen ist, o Yajnavalkya, und der Mond
untergegangen ist und das Feuer erloschen ist, was dient dann dem
Menschen als Licht?" –Dann dient ihm die Rede als Licht;
denn bei dem Lichte der Rede sitzt er und gehet umher, treibt seine
Arbeit und kehret heim. Darum, o Großfürst, wenn man seine
eigene Hand nicht unterscheiden kann, und es erhebt sich (uccarati)
irgendwoher eine Stimme, so gehet man auf dieselbe zu." –
"So ist es, o Yajnavalkya.
6. Aber wenn die Sonne untergegangen ist, o Yajnavalkya, und der Mond
untergegangen ist, und das Feuer erloschen, und die Stimme verstummt
ist, was dient dann dem Menschen als Licht?" – "Dann
dient er sich selbst (Atman) als Licht; denn bei dem Lichte des Selbstes
(der Seele) sitzt er und gehet umher, treibt seine Arbeit und kehret
heim."
7. "Was ist das für ein Selbst?" – "Es ist
unter den Lebensorganen der aus Erkenntnis bestehende, in dem Herzen
innerlich leuchtende Geist. Dieser durchwandert, derselbe bleibend,
beide Welten (diese Welt im Wachen und Träume, jene, die Brahmanwelt,
im Tiefschla-fe und Tode); es ist, als ob er sänne, es ist, als
ob er umherschweif-te (in Wahrheit ist der Atman ohne individuelle
Erkenntnis und Bewegung); denn wenn er Schlaf geworden ist, so übersteigt
er, (im Tiefschlafe) diese Welt, die Gestalten des Todes (der Vergänglich-keit,
des Übels).
8. Nämlich, wenn dieser Geist geboren wird, wenn er eingeht in
den Leib, so wird er mit den Übeln zusammengeknetet; wenn er
aus-zieht, wenn er stirbt, so lässet er die Übel hinter
sich.
9. Zwei Zustände sind dieses Geistes: der gegenwärtige und
der in der andern Welt; ein mittlerer Zustand, als dritter, ist der
des Schlafes. Wenn in diesem mittleren Zustande weilt, so schaut er
jene beiden Zustände, den gegenwärtigen (im Träume)
und den in der andern Welt (im Tiefschlafe). Je nachdem er nun (einschlafend)
einen An-lauf nimmt gegen den Zustand der andern Welt, diesem Anlaufe
entsprechend bekommt er beide zu schauen, die Übel (dieser Welt,
im Träume) und die Wonne (jener Welt, im Tiefschlafe).
II. Der Traumschlaf
Wenn er nun einschläft, dann entnimmt er aus dieser allenthaltenden
Welt das Bauholz (matram, materiem), fällt es selbst und baut
es selber auf vermöge seines eigenen Glanzes, seines eigenen
Lichtes; – wenn er so schläft, dann dient dieser Geist
sich selbst als Licht.
10. Daselbst sind nicht Wagen, nicht Gespanne, nicht Straßen,
son-dern Wagen, Gespanne und Straßen schafft er sich; daselbst
ist nicht Wonne, Freude und Lust, sondern Wonne, Freude und Lust schafft
er sich; daselbst sind nicht Brunnen, Teiche und Flüsse, sondern
Brunnen, Teiche und Flüsse schafft er sich, – denn er ist
der Schöpfer.
11. Darüber sind diese Verse:
Abwerfend was des Leibes ist im Schlafe,
Schaut schlaflos er die schlafenden Organe;
Ihr Licht entlehnend kehrt zum Ort dann wieder
Der gold'ge Geist, der ein'ge Wandervogel.
12. Das niedre Nest lässt er vom Leben hüten
Und schwingt unsterblich aus dem Nest empor sich.
Unsterblich schweift er, wo es ihm beliebet,
Der gold'ge Geist, der ein'ge Wandervogel.
13. Im Traumesstande schweift er auf und nieder
Und schafft als Gott sich vielerlei Gestalten,
Bald gleichsam wohlgemut mit Frauen scherzend,
Bald wieder gleichsam Schreckliches erschauend. –
14. Nur seinen Spielplatz hier sieht man,
Nicht sieht ihn selber irgendwer. –
Darum heißt es: "man soll ihn nicht jährlings wecken",
denn schwer ist einer zu heilen, zu welchem er sich nicht zurück
findet. – Darum sagt man auch: 'der (Schlaf) ist für ihn
nur eine Stätte des Wachens', denn was er im Wachen sieht, dasselbige
siehet er auch im Schlafe. So also dient daselbst dieser Geist sich
selbst als Licht." – "O Heiliger, ich gebe die eintausend
(Kühe), rede was, höher als dieses, zur Erlösung dient!"
15. "Nachdem er nun so in der Vollberuhigung (d.h. dem Tiefschlafe)
sich ergötzt und umhergetrieben hat, und nachdem er geschaut
hat Gutes und Übles, so eilte er, je nach seinem Eingang, je
nach seinem Platze, zurück zum Zustande des Traumes; und alles,
was er in diesem schaut, davon wird er nicht berührt; denn diesem
Geiste haftet nichts an." – "So ist es, o Yajnavalkya.
Ich gebe dir, o Heiliger, eintausend, rede was, höher als dieses,
zur Erlösung dient!" –
16. "Nachdem er nun so im Träume sich ergötzt und umhergetrieben
hat, und nachdem er geschaut hat Gutes und Übles, so eilt er,
je nach seinem Eingang, je nach seinem Platze, zurück zum Zustande
des Wachens; und alles, was er in diesem schaut, davon wird er nicht
berührt; denn diesem Geiste haftet nichts an." – "So
ist es, o Yajnavalkya. Ich gebe dir, o Heiliger, eintausend, rede
was, höher als dieses, zur Erlösung dient!" –
17. "Nachdem er nun so im Zustande des Wachens sich ergötzt
und umhergetrieben hat, und nachdem er geschaut hat Gutes und Üb-les,
so eilt er, je nach seinem Eingang, je nach seinem Platze, zu-rück
zum Zustande des Traumes.
18. Und gleichwie ein großer Fisch an beiden Ufern entlang gleitet,
an dem diesseitigen und an dem jenseitigen, so gleitet der Geist an
den beiden Zuständen entlang, an dem des Traumes und an dem des
Wachens (ohne von ihnen berührt zu werden).
III. Der Tiefschlaf
19. Aber gleichwie dort im Luftraume ein Falke oder ein Adler, nach-dem
er umhergeflogen ist, ermüdet seine Fittiche zusammenfaltet und
sich zur Niederkauerung begibt, also eilt auch der Geist in je-nem
Zustande, wo er, eingeschlafen, keine Begierde mehr empfin-det und
kein Traumbild schaut.
20. Nämlich da sind in ihm (im Leibe) jene Hitah genannten Adern;
wie ein Haar, welches tausendmal gespalten ist, von solcher Feinheit
sind sie; und angefüllt sind sie mit heller, dunkler, gelber,
grüner und roter (Flüssigkeit). Wenn es nun (im Träume)
ist, als wenn man ihn tötete, als wenn man ihn schünde,
als wenn ein Elefant ihn bedrängte, als wenn er in eine Grube
stürzte, – alles was er im Wachen fürchtet, das hält
er daselbst in seinem Nichtwissen für wirklich; – oder
aber wenn es ist, als wäre er ein Gott, als wäre er ein
König, – wenn er sich bewusst wird: 'ich allein (aham sarvo)
bin dieses Weltall', – das ist seine höchste Stätte;
–
(wenn er dann, eingeschlafen, keine Begierde mehr empfindet und kein
Traumbild schaut, –).
21. Das ist die Wesensform desselben, in der er über das Verlangen
er-haben, von Übel frei und ohne Furcht ist. Denn so wie einer,
von einem geliebten Weibe umschlungen, kein Bewusstsein hat von dem,
was außen oder innen ist, so auch hat der Geist, von dem er-kenntnisartigen
Selbste (prajnena Atmana d. i. dem Brahman) um-schlungen, kein Bewusstsein
von dem, was außen oder innen ist. Das ist die Wesensform desselben,
in der er gestillten Verlangens, selbst sein Verlangen, ohne Verlangen
ist und von Kummer ge-schieden.
22. Dann ist der Vater nicht Vater und die Mutter nicht Mutter, die
Welten sind nicht Welten, die Götter nicht Götter, die Veden
nicht Veden; dann ist der Dieb nicht Dieb, der Mörder nicht Mörder,
der Candala nicht Candala, der Paulkasa nicht Paulkasa, der Asket
nicht Asket, der Büßer nicht Büßer; dann ist
Unberührtheit vom Guten und Unberührtheit vom Bösen,
dann hat er überwunden al-le Qualen seines Herzens.
23. Wenn er dann nicht sieht, so ist er doch sehend, obschon er nicht
sieht; denn für den Sehenden ist keine Unterbrechung des Sehens,
weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites außer
ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er sehen könnte.
24. Wenn er dann nicht riecht, so ist er doch riechend, obschon er
nicht riecht; denn für den Riechenden ist keine Unterbrechung
des Riechens, weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites
außer ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er riechen
könnte.
25. Wenn er dann nicht schmeckt, so ist er doch schmeckend, obschon
er nicht schmeckt; denn für den Schmeckenden ist keine Unterbre-chung
des Schmeckens, weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites
außer ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er schmecken
könnte.
26. Wenn er dann nicht redet, so ist er doch redend, obschon er nicht
redet; denn für den Redenden ist keine Unterbrechung des Redens,
weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites außer
ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er reden könnte.
27. Wenn er dann nicht hört, so ist er doch hörend, obschon
er nicht hört; denn für den Hörenden ist keine Unterbrechung
des Hörens, weil er unvergänglich ist; aber es ist kein
Zweites außer ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er
hören könnte.
28. Wenn er dann nicht denkt, so ist er doch denkend, obschon er nicht
denkt; denn für den Denkenden ist keine Unterbrechung des Denkens,
weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites außer
ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er denken könnte.
29. Wenn er dann nicht fühlt, so ist er doch fühlend, obschon
er nicht fühlt; denn für den Fühlenden ist keine Unterbrechung
des Füh-lens, weil er unvergänglich ist; aber es ist kein
Zweites außer ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er
fühlen könnte.
30. Wenn er dann nicht erkennt, so ist er doch erkennend, obschon
er nicht erkennt; denn für den Erkennenden ist keine Unterbrechung
des Erkennens, weil er unvergänglich ist; aber es ist kein Zweites
außer ihm, kein andres, von ihm verschiedenes, das er erkennen
könnte.
31. Denn (nur) wo ein andres gleichsam ist, sieht einer das andre,
riecht einer das andre, schmeckt einer das andre, redet einer das
andre, hört einer das andre, denkt einer das andre, fühlt
einer das andre, erkennt einer das andre.
32. Wie Wasser (rein, vgl. Kath. 4,15) stehet er als Schauender allein
und ohne Zweiten, er, o Großfürst, dessen Welt das Brahman
ist;" – so belehrte ihn Yajnavalkya, – "dieses
ist sein höchstes Ziel, dieses ist sein höchstes Glück,
dieses ist seine höchste Welt, dieses ist seine höchste
Wonne; durch ein kleines Teilchen nur dieser Wonne haben ihr Leben
die andern Kreaturen.
33. Wenn unter den Menschen einer glücklich ist und reich, König
ü-ber die andern und mit allen menschlichen Genüssen überhäuft,
so ist das die höchste Wonne der Menschen. Aber hundert Wonnen
der Menschen sind eine Wonne der Väter, die den Himmel erwor-ben
haben; und hundert Wonnen der Väter, die den Himmel erwor-ben
haben, sind eine Wonne in der Gandharva-Welt; und hundert Wonnen in
der Gandharva-Welt sind eine Wonne der Götter durch Werke, die
durch ihre Werke das Gottsein erlangen; und hundert Wonnen der Götter
durch werke sind eine Wonne der Götter von Geburt und eines der
schriftgelehrt und ohne Falsch und frei von Begierde ist; und hundert
Wonnen der Götter von Geburt sind eine Wonne in Prajapatis Welt
und eines der schriftgelehrt und ohne Falsch und frei von Begierde
ist; und hundert Wonnen in Prajapatis Welt sind eine Wonne in der
Brahman-Welt und eines der schriftge-lehrt und ohne Falsch und frei
von Begierde ist. Und dieses ist die höchste Wonne, dieses ist
die Brahman-Welt, o Großfürst!" – So sprach
Yajnavalkya. – "O Heiliger, ich gebe dir eintausend, rede
was, höher als dieses, zur Erlösung dient!" –
Da fing Yajnavalkya an zu fürchten und dachte: dieser einsichtsvolle
König hat mich aus allen Verschanzungen (oder: Schlupfwinkeln,
antebhyah) her-ausgetrieben.
34. "Nachdem er nun in jenem Zustande des Traumes sich ergötzt
und umhergetrieben hat, und nachdem er geschaut hat Gutes und Üb-les,
so eilt er, je nach seinem Eingange, je nach seinem Platze, zu-rück
zum Zustande des Wachens."
IV. Das Sterben des Nichterlösten
35. "Wie nun ein Wagen, wenn er schwer beladen ist, knarrend
geht, also auch gehet dieses körperliche Selbst, von dem erkenntnisarti-gen
Selbste belastet, knarrend (röchelnd), wenn es soweit ist, dass
einer in den letzten Zügen liegt.
36. Wenn er nun in Schwäche verfällt, sei es durch Alter
oder durch Krankheit, dass er in Schwäche verfällt, dann,
so wie eine Mango-frucht, eine Feige, eine Beere ihren Stiel loslässt,
also lässt auch der Geist die Glieder los und eilt wiederum,
je nach seinem Eingan-ge, je nach seinem Platze, zurück zum Leben.
37. Gleichwie aber einem Fürsten, wenn er herangezogen kommt,
die Vornehmen und die Polizeileute und die Wagenlenker und Dorf-schulzen
mit Speise und Trank und Wohnung aufwarten und ru-fen: 'Da kommt er
heran, da kommt er gezogen', ebenso warten dem, der solches weiß,
alle Elemente auf und rufen: 'Da kommt das Brahman heran, da kommt
es gezogen!'
38. Und gleichwie zu einem Fürsten, wenn er fortziehen will,
die Vor-nehmen und die Polizeileute und die Wagenlenker und die Dorf-schulzen
sich zusammenscharen, also auch scharen zur Zeit des Endes zu der
Seele alle Lebensorgane sich zusammen, wenn es so weit ist, dass einer
in den letzten Zügen liegt.
Viertes Brahmanam
1. Wenn nämlich die Seele in Ohnmacht verfällt, und es ist,
als käme sie von Sinnen, dann eben scharen diese Lebensorgane
sich zu ihr zusammen, sie aber nimmt diese Kraftelemente in sich auf
und ziehet sich zurück auf das Herz; der Geist aber, der im Auge
wohn-te, kehrt nach auswärts zurück; – alsdann erkennt
einer keine Ges-talt mehr.
2. Weil er eins geworden ist, darum siehet er nicht, wie sie sagen;
weil er eins geworden ist, darum riecht er nicht, wie sie sagen; weil
er eins geworden ist, darum riecht er nicht, wie sie sagen; weil er
eins geworden ist, darum schmeckt er nicht, wie sie sagen; weil er
eins geworden ist, darum hört er nicht, wie sie sagen; weil er
eins ge-worden ist, darum denkt er nicht, wie sie sagen; weil er eins
gewor-den ist, darum fühlt er nicht, wie sie sagen; weil er eins
geworden ist, darum erkennt er nicht, wie sie sagen. – Alsdann
wird die Spit-ze des Herzens leuchtend; aus dieser, nachdem sie leuchtend
ge-worden, ziehet der Atman (die Seele) aus, sei es durch das Auge
o-der durch den Schädel, oder durch andre Körperteile. Indem
er auszieht, ziehen alle Lebensorgane mit ihm aus. Er ist von Er-kenntnisart,
und was von Erkenntnisart ist, das ziehet ihm nach.
V. Die nichterlöste Seele nach dem Tode
Dann nehmen ihn das Wissen und die Werke bei der Hand und seine vormalige
Erfahrung.
3. Wie eine Raupe, nachdem sie zur Spitze des Blattes gelangt ist,
ei-nen andern Anfang ergreift und sich selbst dazu hinüberzieht,
so auch die Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das
Nichtwissen (zeitweilig) losgelassen hat, ergreift sie einen andern
Anfang und zieht sich selbst dazu hinüber.
4. Wie ein Goldschmied von einem Bildwerke den Stoff nimmt und daraus
eine andre, neuere, schönere Gestalt hämmert, so auch diese
Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das Nichtwis-sen
(zeitweilig) losgelassen hat, so schafft sie sich eine andre, neue-re,
schönere Gestalt, sei es der Väter oder der Gandharven oder
der Götter oder des Prajapati oder des Brahman oder andrer Wesen.
5. Wahrlich dieses Selbst ist das Brahman, bestehend aus Erkennt-nis,
aus Manas , aus Leben, aus Auge, aus Ohr, bestehend aus Er-de, aus
Wasser, aus Wind, aus Äther, bestehend aus Feuer und nicht aus
Feuer, aus Lust und nicht aus Lust, aus Zorn und nicht aus Zorn, aus
Gerechtigkeit und nicht aus Gerechtigkeit, beste-hend aus allem. Je
nachdem einer nun besteht aus diesem oder aus jenem, je nachdem er
handelt, je nachdem er wandelt, danach wird er geboren; wer Gutes
tat, wird als Guter geboren, wer Böses tat, wird als Böser
geboren, heilig wird er durch heiliges Werk, böse durch böses.
Darum, fürwahr, heißt es: 'Der Mensch ist ganz und gar
gebildet aus Begierde (kama); je nachdem seine Begierde ist, danach
ist seine Einsicht (kratu), je nachdem seine Einsicht ist, danach
tut er das Werk (Karman), je nachdem er das Werk tut, da-nach ergehet
es ihm'.
6. Darüber ist dieser Vers:
Dem hängt er nach, dem strebt er zu mit Taten,
Wonach sein inn'rer Mensch und sein Begehr steht; –
Wer angelangt zum Endziele
Der Werke, die er hier begeht,
Der kommt aus jener Welt wieder
Zu dieser Welt des Werks zurück.
So geht es mit dem Verlangenden (kamayamana).
VI. Die Erlösung
Nunmehr von dem Nichtverlangenden (akamayamana).
Wer ohne Verlangen, frei von Verlangen, gestillten Verlangens, selbst
sein Verlangen ist, dessen Lebensgeister ziehen nicht aus; sondern
Brahman ist er, und in Brahman geht er auf.
7. Darüber ist dieser Vers:
Wenn alle Leidenschaft schwindet,
Die nistet in des Menschen Herz,
Dann wird, wer sterblich, unsterblich,
Schon hier erlangt das Brahman er.
Wie eine Schlangenhaut tot und abgeworfen auf einem Ameisen-haufen
liegt, also liegt dann dieser Körper; aber das Körperlose,
das Unsterbliche, das Leben ist lauter Brahman, ist lauter Licht."
–
– "O Heiliger, ich gebe dir eintausend", – so
sprach Janaka, der Kö-nig der Videhas.
8. "Darüber sind diese Verse:
Ein Weg erstreckt schwer sichtbar sich, ein alter,
Er reicht in mich, er ward von mir gefunden;
Auf ihm die Weisen geh'n, die Brahmanwisser,
Zur Welt des Himmels aufwärts, zur Erlösung.
9. Auf ihm befindet sich, was, wie sie sagen,
Weiß, dunkelblau und rotbraun, grün und rot ist.
Es ist der Weg, den man durch Brahman findet,
Den Weise geh'n und Heilige, zu Glut (Chand. 6,15,2) geworden.
10. In blinde Finsternis fahren,
Die dem Nichtwissen huldigen;
In blindere wohl noch jene,
Die am Wissen genügten sich.
11. Ja, diese Welten sind freudlos,
Von blinder Finsternis bedeckt;
In sie geh'n nach dem Tod alle,
Die nichterweckt, nichtwissend sind.
12. Doch wer des Atman ward inne
Und sich bewusst ist; 'ich bin er!'
Was wünschend, wem zulieb möchte
Der nachkranken dem Leibe noch?
13. Doch wer, versenkt in dieses Leib-Geknetes
Abgrund, den Atman fand, zu ihm aufwachte,
Der ist allmächtig, ist des Weltalls Schöpfer,
Die Welt gehört ihm, weil er selbst die Welt ist.
14. Dieweil wir hier sind, mögen wir es Wissen;
Wo nicht, so bleibt der Wahn, ein großes Verderben!
Unsterblich werden, die es hier erkannten;
Die andern gehen ein in lauter Schmerzen.
15. Doch wer den Atman anschaute
Als Gott unmittelbar in sich,
Herrn des Vergangnen und Künft'gen,
Der änstigt sich vor keinem mehr.
16. Zu dessen Füßen hinrollend
In Jahr und Tagen geht die Zeit,
Den als der Lichter Licht Götter
Anbeten, als Unsterblichkeit,
17. In dem der Wesen fünffach Heer
Mitsamt dem Raum (Brih. 3,8) gegründet stehn,
Den weiß als meine Seele ich,
Unsterblich, den Unstreblichen.
18. Wer Odem nur als Odem, Aug' als Auge,
Ohr nur als Ohr, Verstand weiß als Verstand,
Wer diese so durchschaut, der hat das Brahman,
Das alte, uranfängliche erkannt.
19. Im Geiste soll man dies merken:
Nicht ist hier Vielheit irgendwie!
Von Tod in neuen Tod stürzt sich,
Wer hier Verschied'nes meint zu sehn.
20. Als Einheit soll man anschauen,
Unvergänglich, unwandelbar,
Ewig, nichtwerdend, nichtalternd,
Raumerhaben das große Selbst.
21. Ihm forsche nach, wer als Weiser,
Als Brahmane nach Weisheit ringt,
Nicht trachte er nach Schriftwissen,
Das nur Reden ohn' Ende bringt!
22. Wahrlich, dieses große, ungeborne Selbst ist unter den Lebensor-ganen
jener aus Erkenntnis bestehende (selbstleuchtende Geist)! Hier, inwendig
im Herzen ist ein Raum, darin liegt er, der Herr des Weltalls, der
Gebieter des Weltalls, der Fürst des Weltalls; er wird nicht
höher durch gute Werke, er wird nicht geringer durch böse
Werke; er ist der Herr des Weltalls, er ist der Gebieter der Wesen,
er ist der Hüter der Wesen; er ist die Brücke, welche (der
Damm, wel-cher) diese Welten auseinanderhält, dass sie nicht
verfließen.
Ihn suchen durch Vedastudium die Brahmanen zu erkennen, durch Opfer,
durch Almosen, durch Büßen, durch Fasten; wer ihn erkannt
hat, der wird ein Muni. Zu ihm auch pilgern hin die Pilger, als die
nach der Heimat sich sehnen.
Dieses wussten die Altvordern, wenn sie nicht nach Nachkommen-schaft
begehrten und sprachen: 'Wozu brauchen wir Nachkommen, wir, deren
Seele diese Welt ist!" Und sie standen ab von dem Ver-langen
nach Kindern, von dem Verlangen nach Besitz, von dem Verlangen nach
der Welt und wanderten umher als Bettler. Denn Verlangen nach Kindern
ist Verlangen nach Besitz, und Verlangen nach Besitz ist Verlangen
nach der Welt; denn eines wie das andre ist eitel Verlangen.
Er aber, der Atman, ist nicht so und ist nicht so. Er ist unangreif-bar,
denn er wird nicht gegriffen, unzerstörbar, denn er wird nicht
zerstört, unanhaftbar, denn es haftet nichts an ihm; er ist nicht
gebunden, er wankt nicht, er leidet keinen Schaden.
(Wer solches weiß,) den überwältigt beides nicht,
ob er darum (weil er im Leibe war) das Böse getan hat oder ob
er das Gute getan hat; sondern er überwältigt beides; ihn
brennet nicht, was er getan und nicht getan hat.
23. Das sagt auch der Vers:
Das ist des Brahmanenfreunde ew'ge Größe,
Die nicht durch Werke zunimmt oder abnimmt;
Man folge ihrer Spur, wer sie gefunden,
Wird durch das Werk nicht mehr befleckt, das böse.
Darum, wer solches weiß, der ist beruhigt, bezähmt, entsagend,
geduldig und gesammelt; nur in sich selbst sieht er das Selbst, al-les
sieht er an als das Selbst; nicht überwindet ihn das Böse,
er überwindet alles Böse, nicht verbrennet ihn das Böse,
er verbren-net alles Böse; frei von Bösem, frei von Leidenschaft
und frei von Zweifel, wird er ein Brahmana, o König, er, dessen
Welt das Brah-man ist." –
Also sprach Yajnavalkya. Da sprach der König: "O Heiliger,
ich ge-be dir mein Volk in Knechtschaft und mich selbst dazu."
–
24. Fürwahr, dies ist das große, ungeborne Selbst, welches
(in allem Lebenden) die Nahrung genießt und der Geber des Guten
ist. Der findet Gutes, der solches weiß.
25. Fürwahr, dieses große, ungeborne Selbst ist nicht alternd,
nicht welkend, unsterblich, furchtlos, ist das Brahman. Furchtlos,
für-wahr, ist das Brahman; und zu diesem furchtlosen Brahman
wird, wer solches weiß.
Fünftes Brahmanam
1. Yajnavalkya hatte zwei Gattinnen, Maitreyi und Katyayani; von ih-nen
war Maitreyi der Rede vom Brahman kundig, Katyayani hinge-gen wusste
nur, was die Weiber wissen. Nun wollte Yajnavalkya in den andern Lebensstand
(aus dem Stande des Hausvaters in den des Einsiedlers) übergehen.
2. "Maitreyi!" so sprach Yajnavalkya, "ich werde nun
aus diesem Stande ausziehen; wohlan! so will ich zwischen dir und
der Katy-ayani da Teilung halten."
3. Da sprach Maitreyi: "Wenn mir nun, o Herr, diese ganze Erde
mit allem ihrem Reichtume angehörte, würde ich etwa dadurch
un-sterblich sein, oder nicht?" – "Mit nichten",
sprach Yajnavalkya, "sondern wie das Leben der Wohlhabenden,
also würde dein Leben sein; auf Unsterblichkeit aber ist keine
Hoffnung aber ist keine Hoffnung durch Reichtum." –
4. Da sprach Maitreyi: "Wodurch ich nicht unsterblich werde,
was soll ich damit tun? Lege mir lieber, o Herr, das Wissen aus, welches
du besitzest!" –
5. Yajnavalkya sprach: "Lieb warst du uns wahrlich schon, o Herrin,
und du hast die Lieb noch vergrößert; wohlan denn, o Herrin,
ich will es dir erklären; du aber merke auf das, was ich dir
sage."
6. Und er sprach: "Fürwahr, nicht um des Gatten willen ist
der Gatte lieb, sondern um des Selbstes willen ist der Gatte lieb;
fürwahr, nicht um der Gattin willen ist die Gattin lieb, sondern
um des Selbstes willen ist die Gattin lieb; fürwahr, nicht um
der Söhne wil-len sind die Söhne lieb, sondern um des Selbstes
willen sind die Söhne lieb; fürwahr, nicht um des Reichtums
willen ist der Reich-tum lieb, sondern um des Selbstes willen ist
der Reichtum lieb; fürwahr, nicht um der Tiere willen sind die
Tiere lieb, sondern um des Selbstes willen sind die Tiere lieb; fürwahr,
nicht um des Brahmanstandes willen ist der Brahmanstand lieb, sondern
um des Selbstes willen ist der Brahmanstand lieb; fürwahr, nicht
um des Kriegerstandes willen ist der Kriegerstand lieb, sondern um
des Selbstes willen ist der Kriegerstand lieb; fürwahr, nicht
um der Welten willen sind die Welten lieb, sondern um des Selbstes
willen sind die Welten lieb; fürwahr, nicht um der Götter
willen sind die Götter lieb, sondern um des Selbstes willen sind
die Götter lieb; fürwahr, nicht um der Veden willen sind
die Veden lieb, sondern um des Selbstes willen sind die Veden lieb;
fürwahr, nicht um der Wesen willen sind die Wesen lieb, sondern
um des Selbstes willen sind die Wesen lieb; fürwahr, nicht um
des Weltalls willen ist das Weltall lieb, sondern um des Selbstes
willen ist das Weltall lieb.
Das Selbst, fürwahr, soll man sehen, soll man hören, soll
man ver-stehen, soll man überdenken, o Maitreyi; fürwahr,
von wem das selbst gesehen, gehört, verstanden und erkannt worden
ist, von dem wird diese ganze Welt gewusst.
7. Der Brahmanenstand wird den preisgegeben, der den Brahmanen-stand
außerhalb des Selbstes weiß; der Kriegerstand wird den
preisgegeben, der den Kriegerstand außerhalb des Selbstes weiß;
die Welten werden den preisgegeben, der die Welten außerhalb
des Selbstes weiß; die Götter werden den preisgegeben,
der die Götter außerhalb des Selbstes weiß; die Veden
werden den preisgegeben, der die Veden außerhalb des Selbstes
weiß; die Wesen werden den preisgegeben, der die Veden außerhalb
des Selbstes weiß; das Weltall wird den preisgegeben, der das
Weltall außerhalb des Selbstes weiß. Dieses ist der Brahmanenstand,
dieses der Krieger-stand, dieses die Welten, dieses die Götter,
dieses die Veden, dieses alle Wesen, dieses das Weltall, was dieses
Selbst (die Seele) ist.
8. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Trommel gerührt wird, man
die Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die
Trommel ge-griffen oder auch den Trommelschläger, so hat man
(auch) den Ton gegriffen.
9. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Muschel geblasen wird, man die
Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die Muschel
ge-griffen oder auch den Muschelbläser, so hat man (auch) den
Ton gegriffen.
10. Mit diesem ist es, wie, wenn eine Laute gespielt wird, man die
Töne da draußen nicht greifen kann; hat man aber die Laute
gegriffen oder auch den Lautenspieler, so hat man (auch) den Ton gegriffen.
11. Mit diesem ist es, wie, wenn man ein Feuer mit feuchtem Holze
an-legt, die Rauchwolken sich ringsumher verbreiten; ebenso, fürwahr,
ist aus diesem großen Wesen ausgehaucht worden der Rigveda,
der Yajurveda, der Samaveda, die (Lieder) der Atharvans und der Angi-ras,
die Erzählungen, die Geschichten, die Wissenschaften, die Ge-heimlehren,
die Verse, die Sinnsprüche, die Auseinandersetzungen und Erklärungen,
das Geopferte und Gespendete, die Speisung und die Tränkung,
diese Welt und jene Welt und alle Wesen, – alle diese sind aus
ihm ausgehaucht worden.
12. Dieses ist, – gleichwie der Einigungsort der Gewässer
der Ozean ist, – ebenso der Einigungsort aller Tastempfindungen
als Haut, und ebenso der Einigungsort aller Geschmacksempfindungen
als Zun-ge, und ebenso der Einigungsort aller Gerüche als Nase,
und eben-so der Einigungsort aller Gestalten als Auge, und ebenso
der Eini-gungsort aller Töne als Ohr, und ebenso der Einigungsort
aller Strebungen als Manas , und ebenso der Einigungsort aller Erinne-rungen
als Herz, und ebenso der Einigungsort aller Werke als die Hände,
und ebenso der Einigungsort aller Lüste als die Scham, und ebenso
der Einigungsort aller Entleerungen als der After, und ebenso der
Einigungsort aller Gänge als die Füße, und ebenso
der Einigungsort aller Wissenschaften als die Rede.
13. Mit diesem ist es wie mit einem Salzklumpen, der kein (unter-schiedliches)
Inneres oder Äußeres hat, sondern durch und durch ganz
aus Geschmack besteht; – also, fürwahr, hat auch dieser
At-man kein (unterschiedliches) Inneres oder Äußeres, sondern
beste-het durch und durch ganz aus Erkenntnis: aus diesen Elementen
(Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther) erhebt er sich, und in sie
geht er wieder mit (dem Leibe) unter; nach dem Tode ist kein Bewusstsein,
so, fürwahr, sage ich." – Also sprach Yajnavalkya.
14. Da sprach Maitreyi: „Damit, o Herr, hast du mich in einen
Zustand der Verwirrung gesetzt; diesem (Atman) begreife ich freilich
nicht.“ – Er aber sprach: „Nicht Verwirrung, wahrlich,
rede ich; unvergäng-lich, wahrlich, ist dieser Atman unzerstörbaren
Wesens.
15. Denn wo eine Zweiheit gleichsam ist, da siehet einer den andern,
da riecht einer den andern, da schmeckt einer den andern, da redet
einer den andern an, da hört einer den andern, da versteht einer
den andern, da betastet einer den andern, da erkennt einer den andern;
wo hingegen einem alles zum eigenen Selbste geworden ist, wie sollte
er da irgendwen sehen, wie sollte er da igendwen riechen, wie sollte
er da irgendwen schmecken, wie sollte er da irgendwen anreden, wie
sollte er da irgendwen verstehen, wie sollte er da ir-gendwen betasten,
wie sollte er da irgendwen erkennen? Durch welchen er dieses alles
erkennt, wie sollte er den erkennen? – Er, der Atman, ist nicht
so und ist nicht so; er ist ungreifbar, denn er wird nicht gegriffen,
unzerstörbar, denn er wird nicht zerstört, un-haftbar, denn
es haftet nichts an ihm, er ist nicht gebunden, er wankt nicht, er
leidet keinen Schaden. – Wie sollte einer doch den Erkenner
erkennen? –
Nun weißt du die Lehre, o Maitreyi; dieses, fürwahr, reichet
hin zur Unsterblichkeit.“ –
Also sprach Yajnavalkya und zog von dannen.
Sechstes Brahmanam
1. Nunmehr das Register (der Lehrer):
Pautimashya (wurde belehrt) von Gaupavana,
Gaupavana von Pautimashya,
Pautimashya von Gaupavana,
Gaupavana von Kaushika,
Kaushika von Kaundinya,
Kaundinya von Shandilya,
Shandilya von Kaushika und Gautama,
Gautama
2. von Agniveshya,
Agniveshya von Gargya,
Gargya von Gargya,
Gargya von Gautama,
Gautama von Saitava,
Saitava von Parasharyayana,
Parasharyayana von Gargyayana,
Gargyayana von Uddalakayana,
Uddalakayana von Jabalayana,
Jabalayana und Madhyandinayana,
Madhyandinayana von Saukarayana,
Saukarayana von Kashayana,
Kashayana von Sayakayana,
Sayakayana von Kaushikayani,
Kaushikayani
3. von Ghritakaushika,
Ghritakaushika von Parasharyayana,
Parasharyayana von Parasharya,
Parasharya von Jatukarnya,
Jatukarnya von Asurayana und Yaska,
Asurayana von Traivani,
Traivani von Aupajandhani,
Aupajandhani und Asuri,
Asuri von Bharadvaja,
Bharadvaja von Atreya,
Atreya von Manti,
Manti von Gautama,
Gautama von Gautama,
Gautama von Vatsya,
Vatsya von Shandilya,
Shandilya von Kaishorya Kapya,
Kaishorya Kapya von Kumaraharita,
Kumaraharita von Galava,
Galava von Vidarbhikaundinya,
Vidarbhikaundinya von Vatsanapat Vabhrava,
Vatsanapat Vabhrava von Pantha Saubhara,
Pantha Saubhara von Ayasya Angirasa,
Ayasya Angirasa von Abhuti Tvashtra,
Abhuti Tvashtra von Vishvarupa Tvashtra,
Vishvarupa Tvashtra von den beiden Ashvins,
die Ashvins von Dadhyanc Atharvana,
Dadhyanc Atharvana von Atharvan Daiva,
Atharvan Daiva von Mrityu Pradhvansana,
Mrityu Pradhvansana von Pradhvansana,
Pradhvansana von Eka Rishi,
Eka Rishi von Vipracitti,
Vipracitti von Vyashti,
Vyashti von Sanaru,
Sanaru von Sanatana,
Sanatana von Sanaga,
Sanaga von Parameshthin,
Parameshthin von Brahman,
Brahman ist das durch sich selbst seiende; Ehre dem Brahman! –
Das Khilakandam
Fünfter Adhayaya
Erstes Brahmanam
Harih! Om!
Jenes ist voll, und voll dieses,
Aus Vollem Volles wird geschöpft:
Zieht man von Vollem ab Volles,
Bleibt doch das Volle übrig noch.
Om! Die Weite ist Brahman, die Weite; die uranfängliche, lufterfüllte
Weite! – So sprach Kauravyayaniputra. – Das Wissen (Veda),
welches die Brahmanen wissen, durch dieses weiß ich, was zu
wissen ist.
Zweites Brahmanam
1. Drei Arten von Söhnen des Prajapati wohnten bei ihrem Vater
Pra-japati als Brahmanschüler, die Götter, die Menschen
und die Dä-monen. Nachdem sie als Brahmanschüler bei ihm
gewohnt, spra-chen die Götter: „Sage es uns an, o Herr!“
Da sprach er zu ihnen die eine Silbe „da“. – „Habt
ihr das verstanden?“ sprach er. – „Wir haben es
verstanden“, sprachen sie, „du hast uns gesagt, wir sollen
uns bezähmen“ (damyata). – „Jawohl“,
sprach er, „ihr habt es ver-standen.“
2. Da sprachen zu ihm die Menschen: „Sage es uns an, o Herr!“
Da sprach er zu ihnen eben diese eine Silbe „da“. –
„Habt ihr das ver-standen?“ sprach er. – „Wir
haben es verstanden“, sprachen sie, „du hast uns gesagt,
wir sollen (Almosen) geben“ (datta). – „Ja-wohl“,
sprach er, „ihr habt es verstanden.“
3. Da sprachen zu ihm die Dämonen: „Sage es uns an, o Herr!“
Da sprach er zu ihnen eben diese eine Silbe „da“. –
„Habt ihr das ver-standen?“ sprach er. – „Wir
haben es verstanden“, sprachen sie, „du hast uns gesagt,
wir sollen Mitleid haben“ (dayadhvam). – „Ja-wohl“,
sprach er, „ihr habt es verstanden.“ Eben dieses wiederholt
jene göttliche Stimme, der Donner, wenn er sagt: „da, da,
da“, das heißt: „bezähmt euch, gebt Almosen,
habt Mitleid“. – Darum soll man diese drei Stücke
üben: Bezähmung, Almosengeben, Mitleid.
Drittes Brahmanam
Das Herz (hridayam), das ist der Prajapati, das ist das Brahman, das
ist das All. Dasselbe besteht aus drei Silben: hri-da-yam. Die erste
Silbe ist hri ; dem spenden (abhiharanti) die Seinigen und die Fremden,
wer sol-ches weiß. Die andre Silbe ist da; – dem geben
(dadati) die Seinigen und die Fremden, wer solches weiß. Die
dritte Silbe ist yam; – der geht (eti) in den Himmel ein, wer
solches weiß.
Viertes Brahmanam
Fürwahr, dieses ist das. Nämlich dieses (diese Welt) war
jenes (das Brahman), nämlich das Reale (satyam). Wer jenes große
Wunderding als Erstgeborenes weiß, und dass das Brahman das
Reale ist, der überwin-det diese Welten; denn könnte wohl
der überwunden werden, welcher also jenes große Wunderding
als Erstgeborenes weiß, und dass das Brahman das Reale ist?
Denn Brahman ist eben das Reale.
Fünftes Brahmanam
1. Diese Welt war zu Anfang Wasser; dieses Wasser ließ das Reale
hervorheben, das Reale, (nämlich) das Brahman. Das Brahman (schuf)
den Prajapati, Prajapati die Götter. Diese Götter verehren
das Reale. Daselbige (Reale, satyam) besteht aus drei Silben saty-am;
die eine Silbe sa, die andre Silbe ti, die dritte Silbe yam. Die erste
und letzte Silbe sind die Wahrheit (satyam), in der Mitte ist die
Unwahrheit; diese Unwahrheit ist an beiden Seiten von der Wahrheit
eingefasst; dadurch wird sie zu einem wahrheitlichen Sein (wird sie
von der Wahrheit übermeistert). Einen solchen (d.h. solches)
Wissenden schädigt die Unwahrheit nicht.
2. Dieses Reale ist jene Sonne dort. Und jener Mann (oder Geist, Pu-rusha),
welcher in der Sonnenscheibe ist, und dieser Mann, wel-cher im rechten
Auge ist, diesen beiden fußen aufeinander. Jener fußt
durch die Strahlen in diesem, dieser durch die Lebenshauche (Prana
) in jenem. Dieser, wenn er im Begriffe steht, auszuziehen, erblickt
jene Sonnenscheibe rein (von Strahlen); ihm treten jene Strahlen nicht
in den Weg.
3. Der Mann, der in jener Sonnenscheibe ist, dessen Haupt ist bhur
(Erde); das eine Haupt ist diese eine Silbe; seine Arme sind bhuvar
(Luftraum); die zwei Arme sind diese zwei Silben; seine Beine sind
svar (Himmel); die zwei Beine sind diese zwei Silben (suar); sein
Geheimname ist ahar (der Tag): der tötet (han) das Böse
und ent-weicht ihm (ha), wer solches weiß.
4. Der Mann, der im rechten Auge ist, dessen Haupt ist bhur (Erde),
das eine Haupt ist diese eine Silbe; seine Arme sind bhuvar (Luft-raum);
die zwei Arme sind diese zwei Silben: seine Beine sind svar (Himmel);
die zwei Beine sind diese zwei Silben; sein Geheimname ist aham (ich);
der tötet das Böse und entweicht ihm, wer solches weiß.
Sechstes Brahmanam
Dieser Geist (Purusha), dessen Stoff Verstand, dessen Wesenheit Licht
ist, wohnt hier innen im Herzen, (groß) wie ein Reiskorn oder
Gersten-korn, – und ebenderselbe ist der Herr des Weltalls,
der Fürst des Welt-alls, er regiert dieses Ganze, was immer vorhanden
ist.
Siebentes Brahmanam
Das Brahman ist der Blitz, so sagen ist, wegen des Losbindens; den
bin-det der Blitz (vidyat) vom Übel los (vidyati), der solches
weiß, dass das Brahman der Blitz ist: denn das Brahman ist der
Blitz.
Achtes Brahmanam
Die Rede soll man verehren als Milchkuh. Dieselbe hat vier Euter,
näm-lich den Laut svaha, den Laut vashat, den Laut hanta und
den Laut svadha. Von zweien ihrer Euter leben die Götter, von
dem Laute svaha und dem Laute vashat; von dem hanta leben die Menschen,
von dem Laute svadha die Väter. Der Prana ist ihr Stier, das
Manas ihr Kalb.
Neuntes Brahmanam
Dieses ist das Feuer Vaishvanara (das allen Menschen gemeinsame),
welches hier inwendig im Menschen ist, durch welches diese Nahrung
verdaut wird, die man so isst. Vom ihm rührt jenes Geräusch
her, wel-ches man höret, wenn man sich so die Ohren zuhält.
– Wenn er (der Atman) im Begriffe steht, auszuziehen, so hört
man jenes Geräusch nicht (mehr).
Zehntes Brahmanam
Fürwahr, wenn der Mensch (Purusha) aus dieser Welt dahinscheidet,
so gelangt er zum Winde; dieser tut sich ihm daselbst auf so weit,
wie die Öffnung eines Wagenrades ist; durch diese steigt er empor
und gelangt zur Sonne; diese tut sich ihm daselbst auf so weit, wie
die (mit Leder überspannte) Öffnung einer Trommel ist; durch
diese steigt er empor und gelangt zum Monde; dieser tut sich ihm daselbst
auf so weit, wie die Öffnung einer Pauke ist; durch diese steigt
er empor und gelangt zu der Welt, welche ohne Hitze und ohne Kälte
ist; daselbst weilet er un-aufhörliche Jahre.
Elftes Brahmanam
Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass man von Krankheit
ge-quält wird, die höchste Welt erwirbt, wer solches weiß.
– Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass sie
einen, der dahingeschieden ist, in die Einöde (zur Verbrennung)
schleppen; die höchste Welt erwirbt, wer sol-ches weiß.
– Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass sie
einen, der dahingeschieden ist, aufs Feuer (des Scheiterhaufens) legen;
die höchste Welt erwirbt, wer solches weiß.
Zwölftes Brahmanam
Das Brahman ist die Nahrung, so sagen einige; aber dem ist nicht so;
denn die Nahrung verweset ohne das Leben. Das Brahman ist das Le-ben,
so sagen einige; aber dem ist nicht so; denn das Leben verdorret ohne
die Nahrung. So sind es wohl diese beiden Gottheiten (Nahrung und
Leben), welche, zu einem einheitlichen Wesen geworden, zum höchsten
Sein gelangen? Denn dieses sagte einmal Pratrida zu seinem Vater und
sprach: „Was könnte ich wohl einem, der solches weiß,
noch Gutes tun, oder was könnte ich ihm Böses tun?“
(Er ist über beides er-haben). – Jener aber antwortete
(durch ein abwehrendes Winken) mit der Hand, gleich als wollte er
sagen: „Nicht doch, Pratrida! Wer möchte wohl dadurch,
dass er mit jenen beiden zu einem einheitlichen Wesen geworden, zum
höchsten Sein gelangen?“ Und weiter sprach er zu ihm da
Wort „vi“. Nämlich vi ist die Nahrung; denn alle
diese Wesen sind eingegangen (vish) in die Nahrung (bestehen aus ihr,
sind in ihr enthal-ten). Und er sprach noch das Wort: „Ram“.
Nämlich ram ist das Leben; denn alle diese Wesen freuen sich
(ram) an dem Leben. – Fürwahr, in den gehen alle Wesen
ein, an dem freuen sich alle Wesen, der solches weiß.
Dreizehntes Brahmanam
1. Uktham (Rezitation): Fürwahr, das Uktham ist Leben (Prana
); denn das Leben hält diese ganze Welt aufrecht (uthapayati).
Dem ersteht (ut stha) ein ukthakundiger, weiser Sohn, der erlangt
mit dem Uktham Verbindung und Zusammensein, wer solches weiß.
2. Yajus (Opferspruch): Fürwahr, das Yajus ist Leben; denn in
dem Leben werden alle diese Kreaturen vereinigt (yujyante) Dem zum
Heile werden vereinigt alle Kreaturen, der erlangt mit dem Yajus Verbindung
und Zusammensein, wer solches weiß.
3. Saman (Gesang): Fürwahr, das Saman ist Leben; denn in dem
Le-ben sind alle diese Kreaturen konvergierend (samyanci). Dem die-nen,
konvergierend, alle Kreaturen zum Heile, der erwirbt mit dem Saman
Verbindung und Zusammensein, wer solches weiß.
4. Kshatram (Regierung): Fürwahr, das Kshatram ist Leben; denn
das Kshatram ist eben Leben. Den schützet (trayate) das Leben
vor Versehrung (kshanitoh), der erlangt furchtlose Regierung (kshatram
atram), der erwirbt mit dem Kshatram Verbindung und Zusammen-sein,
wer solches weiß.
Vierzehntes Brahmanam
1. Bhumir (Erde), antariksham (Luftraum), diaur (Himmel), das sind
acht Silben. Achtsilbig nämlich ist der eine Fuß der Gayatri;
und dieser an ihr ist jenes (Erde, Luftraum, Himmel). – Derjenige,
soviel in diesen drei Welten ist, soviel erwirbt er, welcher an ihr
diesen Fuß also weiß.
2. Rico (Verse), yajunshi (Sprüche), samani (Lieder), das sind
acht Sil-ben. Achtsilbig nämlich ist der andre Fuß der
Gayatri; und dieser an ihr ist jenes (der Inhalt der drei Veden).
– Derjenige, soweit diese dreifache Wissenschaft reicht, soviel
erwirbt er, welcher an ihr die-sen Fuß also weiß.
3. Prana (Aushauch), Apana (Einhauch), viana (Zwischenhauch), das
sind acht Silben. Achtsilbig nämlich ist der dritte Fuß
der Gayatri; und dieser an ihr ist jenes (das dreifache Prinzip des
Lebens). – Derjenige, soweit dieses Lebendige sich erstreckt,
soviel erwirbt er, welcher an ihr diesen Fuß also weiß.
Weiter aber ist an ihr der quaterne (turiya), glanzreiche, stauberha-bene
Fuß jener, der dort glühet (die Sonne); nämlich „der
quaterne“ ist der vierte; „glanzreich“ ist der Fuß,
weil er gleichsam erglänzet; und „der stauberhabene“
heißt er, weil er (die Sonne) hoch erhaben über allem Staube
glühet. Ebenso aber glühet die Schönheit und Ruhm,
welcher an ihr diesen Fuß also weiß.
4. Diese Gayatri nun ist auf jenen quaternen, glanzreichen, stauber-habenen
Fuß gegründet; dieser aber selbst (der Fuß, d.h.
die Son-ne) ist gegründet auf die Wahrheit; nämlich die
Wahrheit ist das Auge, denn die Wahrheit ist eben das Auge. Darum,
wenn jetzt zwei daherkämen und stritten: „ich habe es gesehen!“
– „ich habe es ge-hört!“, so würden wir
dem glauben, der da sagt: „ich habe es ge-hört“,
so würden wir dem glauben, der da sagt: „ich habe es gese-hen“.
Die Wahrheit aber selber ist gegründet auf die Kraft; die Kraft
aber ist das Leben; darum ist die gegründet auf das Leben. Darum
sagen sie: „Kraft geht über Wahrheit“. In dieser
Weise ist jene Gay-atri gegründet in dem auf das Selbst Bezüglichen
(adhyAtman). Dieselbige behütet (tra) das Gesinde (gaya); nämlich
das Gesinde sind die Lebensorgane; weil sie die Lebensorgane behütet,
darum heißet sie Gaya-tri. Wenn einer (ein Lehrer) eben jene
Sonnenstro-phe (savitri) einem (Schüler) vorsagt, so behütet
dieselbige dem, welchem er sie vorsagt, seine Lebensorgane.
5. Diese Sonnenstrophe lehren einige in der Form einer Anushtubh (Versmaß);
denn sie sagen: „die Rede (das Veda) ist Anushtubh, und dieses
lehren wir als die Rede“; aber das soll man nicht tun! Son-dern
als eine Gayatri (Versmaß) soll man die Sonnenstrophe lehren!
Fürwahr, wenn einer (ein Lehrer), der das weiß, auch viel
nimmt, so ist das doch auch noch nicht einen Fuß Gayatri aufwiegend.
6. Wenn einer (ein Lehrer) diese drei Welten (Erde, Luftraum, Himmel)
mit all ihrem Inhalte nähme, so hätte er damit (an Gegenwart)
erst jenen ersten Fuß derselben. Und wenn einer so viel nähme,
wie sich diese dreifache Wissenschaft (des Veda) weit erstreckt, so
hät-te er damit erst jenen zweiten Fuß derselben. Und wenn
einer so viel nähme, wie sich dieses Lebendige weit erstreckt,
so hätte er damit erst jenen dritten Fuß derselben. Was
aber an ihr jenen qua-ternen, glanzvollen, stauberhabenen Fuß
betrifft, der dort glühet, der ist nicht für irgend etwas,
was es auch sei, zu haben; woher al-so sollte einer so viel nehmen?
7. Ihre Verehrung lautet: „Du bist die Gayatri, bist einfüßig,
zweifü-ßig, dreifüßig, vierfüßig,
bist fußlos, denn du gehest nicht auf Fü-ßen; Verehrung
sei deinem quaternen, glanzvollen Fuße, dem stauberhabenen!
Möge jener jenes nicht erlangen!“ – nämlich
der, welchen man hasst; oder auch – „möge jenem sein
Wunsch nicht in Erfüllung gehen!“ – Fürwahr,
dem geht jener Wunsch nicht in Er-füllung, gegen welchen also
(gesonnen) man die Verehrung übt, o-der auch so: „möge
ich jenes (was der andere hat) erlangen!“
8. Folgendes war es, was einstmals Janaka, der Fürst der Videhas,
zu Budila Ashvatarashvi sprach: „Dieweil du doch dich ausgegeben
hast für einen, der jene Gayatri wusste, wie kommt es, dass du
zu einem Elefanten geworden bist und Lasten schleppen musst?“
– „Weil ich ihren Mund nicht gekannt habe (und dennoch
als Lehrer derselben Geschenke angenommen habe), o Großfürst“,
erwiderte er. Nämlich ihr Mund ist das Feuer. Nämlich, wenn
man auch vie-les in das Feuer hineinlegt, so verbrennet es doch dieses
alles. Also auch ein solches Wissender, wenn er auch viel Böses
getan; so ver-dauet er doch dieses alles und erstehet rein und lauter,
ohne Alter und ohne Tod.
Fünfzehntes Brahmanam
Mit einer Schale ganz aus Gold
Ist zugedeckt der Wahrheit Mund;
O öffne, Pusham, diese mir,
Dem Wahrheitsteuen mach sie kund!
Sechster Adhyaya
Erstes Brahmanam
Rührtrankzeremonie (s. auch. Chandogya 5,1,1-5)
1. Fürwahr, wer da kennet den Edelsten und Besten, der wird zum
Edelsten und Besten unter den Seinigen. Der Lebenshauch, wahr-lich,
ist der Edelste und Beste. Zum Edelsten und Besten unter den Seinigen
und unter welchen er will, wird der, welcher solches weiß.
2. Fürwahr, wer da kennet die Reichste, der wird zum Reichsten
un-ter den Seinigen. Die Rede, fürwahr, ist die Reichste. Zum
Reichs-ten unter den Seinigen und unter welchen er will, wird der,
welcher solches weiß.
3. Fürwahr, wer da kennet den Standort, der stehet fest auf Ebenem
und Unebenem. Das Auge, wahrlich, ist der Standort, denn durch das
Auge (durch den Gesichtssinn) stehet man fest auf Ebenem und Unebenem.
Der stehet fest auf Ebenem und stehet fest auf Unebenem, wer solches
weiß.
4. Fürwahr, wer da kennet die Erlangung, der erlanget jeden Wunsch,
den er wünschet. Das Ohr, fürwahr, ist die Erlangung, denn
zu dem Ohre gelangt sind alle diese Veden. Jeder Wunsch, den er wünschet,
gedeihet dem, welcher solches weiß.
5. Fürwahr, wer da kennet den Stützpunkt, der wird zum Stützpunk-te
der Seinigen und zum Stützpunkt der Leute. Das Manas , wahr-lich,
ist der Stützpunkt. Zum Stützpunkte der Seinigen und zum
Stützpunkte der Leute wird der, welcher solches weiß.
6. Fürwahr, wer da kennet die Fortpflanzung (prajati), der pflanzt
sich fort an Nachkommenschaft und Vieh. Der Same, wahrlich, ist die
Fortpflanzung. An Nachkommenschaft und Vieh pflanzt sich fort, wer
solches weiß.
Der Rangstreit der Organe (s. auch Chandogya 5,1,6-2,2)
7. Eben diese Lebensorgane stritten einstmals um den Vorrang. Und
sie gingen zu dem Brahman (neutr.) und sprachen zu ihm: „Wer
ist unter uns der beste?“ Und es antwortete: „Derjenige
unter euch, nach dessen Auszuge sich dieser Leib am übelsten
befindet, der ist unter euch der beste.“
8. Da zog die Rede aus, weilte ein Jahr lang in der Fremde, kam zu-rück
und sprach: „Wie habt ihr ohne mich leben können?“
- Und sie antworteten: „So wie die Stummen, welche nicht mit
der Rede reden und doch mit dem Odem atmen, mit dem Auge sehen, mit
dem Ohre hören, mit dem Manas erkennen, mit dem Samen sich fortpflanzen,
also haben wir gelebt.“ - Da fuhr die Rede wieder hin-ein.
9. Da zog das Auge aus, weilte ein Jahr lang in der Fremde, kam zu-rück
und sprach: „Wie habt ihr ohne mich leben können?“
- Und sie antworteten: „So wie die Blinden, welche nicht mit
dem Auge sehen und doch mit dem Odem atmen, mit der Rede reden, mit
dem Ohre hören, mit dem Manas erkennen, mit dem Samen sich fortpflanzen,
also haben wir gelebt.“ - Da fuhr das Auge wieder hinein.
10. Da zog das Ohr aus, weilte ein Jahr lang in der Fremde, kam zu-rück
und sprach: „Wie habt ihr ohne mich leben können?“
- Und sie antworteten: „So wie die Tauben, welche nicht mit
dem Ohre hören und doch mit dem Odem atmen, mit der Rede reden,
mit dem Auge sehen, mit dem Manas erkennen, mit dem Samen sich fortpflanzen,
also haben wir gelebt.“ - Da fuhr das Ohr wieder hin-ein.
11. Da zog das Manas aus, weilte ein Jahr lang in der Fremde, kam
zurück und sprach: „Wie habt ihr ohne mich leben können?“
- Und sie antworteten: „So wie die Irren, welche nicht mit dem
Manas er-kennen und doch mit dem Odem atmen, mit der Rede reden, mit
dem Auge sehen, mit dem Ohre hören, mit dem Samen sich fort-pflanzen,
also haben wir gelebt.“ - Da fuhr das Manas wieder hin-ein.
12. Da zog der Same aus, weilte ein Jahr lang in der Fremde, kam zu-rück
und sprach: „Wie habt ihr ohne mich leben können?“
- Und sie antworteten: „So wie die Entmannten, welche nicht
mit dem Samen sich fortpflanzen und doch mit dem Odem atmen, mit der
Rede reden, mit dem Auge sehen, mit dem Ohre hören, mit dem Manas
erkennen, also haben wir gelebt.“ - Da fuhr der Same wie-der
hinein.
13. Da wollte der Odem ausziehen, aber gleichwie ein großes,
schönes Ross aus dem Induslande (wenn es sich losreißt)
die Pflöcke der Fußfesseln mit herauszieht, also geschah
es, dass er jene Lebens-hauche mit herauszog; und sie sprachen: „Ziehe
nicht aus, o Ehr-würdiger, wir können ohne dich nicht leben!“
- „So bringt mir eure Huldigungsgabe dar“, sprach er.
- „So sei es“, sprachen sie.
14. Da sprach die Rede: „Womit ich die Reichste bin, damit bist
du der Reichste.“ - Und das Auge sprach: „Womit ich der
Standort bin, damit bist du der Standort.“ - Und das Ohr sprach:
„Womit ich die Erlangung bin, damit bist du die Erlangung.“
- Und das Manas sprach: „Womit ich der Stützpunkt bin,
damit bist du der Stütz-punkt.“ - Und der Same sprach:
„Womit ich die Fortpflanzung bin, damit bist du die Fortpflanzung.“
- Und er (der Prana) sprach: „Dieweil ich ein solcher bin, welches
ist meine Speise, welches mei-ne Kleidung?“ - Und sie sprachen:
„Alles was hier vorhanden ist bis herab zu den Hunden, zu den
Würmern, bis zu dem, was kreucht und fleugt, das ist deine Speise,
und das Wasser ist deine Klei-dung.“ - Wahrlich, von dem wird
keine Unspeise gegessen, keine Unspeise zu sich genommen, wer also
dieses als Speise des Le-benshauches (ana) kennt. Darum die Wissenden,
Schriftkundigen, wenn sie essen wollen, so spülen sie den Mund
aus, und wenn sie gegessen haben, so spülen sie den Mund aus;
damit meinen sie, dass sie eben jenen Lebenshauch zu einem Nichtnackten
machen.
Zweites Brahmanam
Die Fünferlehre (s. auch Chandogya 5,3-10)
1. Es begab sich, dass Shvetaketu, Sohn des Aruni, zu einer Ver-sammlung
der Pancalas ging und vor den Pravahana, Sohn des Ji-bala (den König
der Pancalas) trat, wie er Cercle hielt (paricaraya-manam). Der, als
er ihn erblickte, sprach zu ihm: „Nun, Knabe!“ - Und er
antwortete: „Mein Herr?“ - „Bist du von deinem Vater
be-lehrt worden?“ - „Jawohl!“ sprach er.
2. „Weißt du, wie diese Kreaturen, wenn sie dahinscheiden,
nach ver-schiedenen Richtungen auseinandergehen?“
- „Nein“, so sprach er.
„Weißt du, wie sie wiederum zu dieser Welt gelangen?“
- „Nein“, so sprach er wieder.
„Weißt du, warum jene Welt, da doch also viele immer fort
und fort hinübergehen, nicht voll wird?“
- „Nein“, so sprach er wieder.
„Weißt du, nach der wievielten Opferung die Wasser Menschen-stimmen
annehmen, sich erheben und reden?“
- „Nein“, so sprach er wieder. „Weißt du den
Zutritt zum Götterwe-ge oder Väterwege, und was zu tun ist,
um entweder den Götterweg oder den Väterweg zu betreten?
Und hast du wohl auch das Wort des Weisen nicht vernommen, der da
spricht:
Zwei Wege, hört ich, gibt es für die Menschen:
Den Weg der Väter und den Weg der Götter.
Auf diesen findet alles sich zusammen,
Was zwischen Vater sich und Mutter reget.“
- „Ich weiß von allem dem auch nicht eines“, so
sprach er.
3. Und er lud ihn ein, zu bleiben. Aber der Knabe wollte nicht bleiben
und lief von dannen. Und er kam zu seinem Vater und sprach zu ihm:
„So also war es gemeint, wenn du schon vordem erklärt hast,
dass meine Belehrung fertig sei!“ - „Wie das, du mein
Verständi-ger?“ - „Nun, der Königsmann hat mir
fünf Fragen gestellt, und ich weiß keine einzige davon!“
- „Was waren das für Fragen?“ - „Die-se“,
sprach er und wiederholte die Hauptpunkte.
4. Und jener sprach: „Dafür solltest du mich kennen, mein
Lieber, dass ich alles, was ich selbst weiß, auch dir mitgeteilt
habe. Aber komm, wir wollen hingehen und uns zu ihm in die Lehre begeben!“
- „Gehe du lieber allein!“ sprach er. - Da ging Gautama
(Aruni) dorthin, wo Pravahana, Sohn des Jibala, sein Wesen hatte.
Der bot ihm einen Sitz an, ließ das (Fuß-)Wasser bringen,
bot ihm sodann die Gastspende und sprach: „Ehrwürdiger
Gautama, ich bewillige dir einen Wunsch.“
5. Dieser versetzte: „Einen Wunsch zu tun, ist mir willkommen.
Es soll aber die Sache sein, welche du in Gegenwart des Knaben zur
Sprache gebracht hast, die mögest du mir auslegen.“ -
6. Und jener sprach: „Fürwahr, das gehört zu den göttlichen
Wün-schen, o Gautama; du aber wünsche eines der menschlichen
Din-ge.“ -
7. Und er antwortete: „Du weißt wohl, an Gold habe ich
mein Teil, und ebenso an Kühen, Pferden und Sklavinnen, an Teppichen
und Gewändern. Sei nicht kärglich zumessend gegen uns, o
Herr, wo es sich um ein Großes, Unendliches, Unermessliches
handelt!“ - „So mögest du denn, o Gautama, es in
der üblichen Weise nachsu-chen!“ - „Ich nahe dir
als Schüler, o Herr!“ sprach er. Nämlich mit diesem
Worte pflegten die Altvorderen in die Lehre einzutreten. Und so wurde
er durch dieses Bekenntnis der Schülerschaft sein Lehr-ling.
8. Und er sprach: „So wahr wie ich wünsche, dass du, gleichwie
deine Vorfahren, uns wohlgesinnt bleibest, so wahr ist diese Wissen-schaft
bis auf diesen Tag noch nie von einem Brahmanen besessen worden. Dir
aber will ich sie mitteilen; denn wer könnte dich ab-weisen,
wenn du also redest?“ - Und er sprach:
9. „Fürwahr, jene Welt, o Gautama, ist ein Opferfeuer;
die Sonne ist sein Brennholz, die Strahlen sein Rauch, der Tag seine
Flamme, die Pole seine Kohlen, die Zwischenpole seine Funken. In diesem
Feuer opfern die Götter den Glauben. Aus dieser Opferspende entsteht
der König Soma.
10. Fürwahr, Parjanya, o Gautama, ist ein Opferfeuer; das Jahr
ist sein Brennholz, die Wolken sein Rauch, der Blitz seine Flamme,
der Donnerkeil seine Kohlen, die Schloßen seine Funken. In diesem
Feuer opfern die Götter den König Soma. Aus dieser Opferspende
entsteht der Regen.
11. Fürwahr, diese Welt, o Gautama, ist ein Opferfeuer; die Erde
ist sein Brennholz, das Feuer sein Rauch, die Nacht seine Flamme,
der Mond seine Kohlen, die Sterne seine Funken. In diesem Feuer op-fern
die Götter den Regen. Aus dieser Opferspende entsteht die Nahrung.
12. Fürwahr, der Mann, o Gautama, ist ein Opferfeuer; der offene
Mund ist sein Brennholz, der Odem sein Rauch, die rede seine Flamme,
das Auge seine Kohlen, das Ohr seine Funken. In diesem Feuer opfern
die Götter die Nahrung. Aus dieser Opferspende ent-steht der
Same.
13. Fürwahr, das Weib, o Gautama, ist ein Opferfeuer; der Schoß
ist sein Brennholz, die Haare sein Rauch, die Scham seine Flamme,
die Einfügung seine Kohlen, das Lustgefühl die Funken. In
diesem Feuer opfern die Götter den Samen. Aus dieser Opferspende
ent-steht der Mensch.
Derselbige lebet, solange es dauert. Sodann, nachdem er gestorben,
14. so trägt man ihn in das (Opfer-)Feuer (des Scheiterhaufens);
dessen Feuer ist eben das Feuer, sein Brennholz das Brennholz, seine
Flamme die Flamme, seine Kohlen sind die Kohlen, seine Funken die
Funken. In diesem Feuer opfern die Götter den Menschen; aus dieser
Opferspende entsteht in lichtfarbiger Gestalt der Mensch.
15. Die nun, welche solches also wissen, und jene dort, welche im
Wal-de Glauben und Wahrheit üben, die gehen ein in die Flamme
(des Leichenfeuers), aus der Flamme in den Tag, aus dem Tage in die
lichte Hälfte des Monats, aus der lichten Hälfte des Monats
in das Halbjahr, in welchem die Sonne nordwärts gehet, aus dem
Halb-jahre in die Götterwelt, aus der Götterwelt in die
Sonne, aus der Sonne in die Blitzregion; zu ihnen, wenn sie in die
Blitzregion ge-langt sind, gesellet sich ein Mann, ein intelligibeler;
der führet sie in die Brahmanwelten. Dort in den Brahmanwelten
bewohnen sie die höchsten Fernen. Für solche ist keine Wiederkehr.
16. Hingegen diejenigen, welche durch Opfer, Almosen und Askese die
(Himmels-)Welten erwerben, die gehen ein in den Rauch (des Lei-chenfeuers),
aus dem Rauche in die Nacht, aus der Nacht in die dunkle Hälfte
des Monats, aus der dunklen Hälfte des Monats in das Halbjahr,
in welchem die Sonne südwärts gehet, aus dem Halbjahre in
die Väterwelt, aus der Väterwelt in den Mond. Wenn sie in
den Mond gelangt sind, werden sie Nahrung: daselbst, gleichwie man
den König Soma mit den Worten: ‚schwill an und schwinde’
genießt, also werden sie von den Göttern genossen. Sel-bige,
nachdem dieses verstrichen, so gehen sie ein hier in den Ä-ther,
aus dem Äther in den Wind, aus dem Winde in den Regen, aus dem
Regen in die Erde. Nachdem sie in die Erde gelangt, so werden sie
zur Nahrung und werden abermals in dem Mannfeuer geopfert und darauf
in dem Weibfeuer gezeugt, und erstehen aufs Neue zu den Welten. In
dieser Weise laufen sie um im Kreise.
Aber die, welche diese beiden Pfade nicht kennen, die werden zu dem,
was da kreucht und fleugt und was da beißet.“
Drittes Brahmanam
Rührtrankzeremonie (s. auch Chandogya 5,2,4-9,3)
1. Wenn nun einer wünscht: „ich möchte Großes
erlangen“, so soll er in der Zeit, wo die Sonne nordwärts
zieht, aus einem reinen Tage der lichten Monatshälfte, nachdem
er zwölf Tage lang das Gelübde der Upasad-Feier gehalten
hat, in einer Schale oder einem Becher aus Feigenholz allerlei Kräuter
und Früchte, - diese zusammen-bringen, rund herum fegen und sprengen,
das Feuer anlegen, (mit Darbhagras) streuen, die Opferbutter zubereiten,
wie es Brauch ist, und dieselbe unter einem männlichen (Sternbilde
(in dem der Mond steht), nachdem er den Rührtrank herangebracht
hat, ins Feuer gießen (mit den Worten):
„So viel in dir, o Wesenkenner, Götter sind,
Die eines Menschen Wünsche kreuzend schädigen,
An diese spende ich ihr Teil, damit sie mich,
Gesättiget, mit allen Wünschen sättigen.
Svaha (Heil)!“
„Und dich, die quer herein sich drängt
Und spricht: ‚ich bin die Teilende’,
Dir opfre ich der Butter Guss,
Dass du mir seist die Heilende.
Svaha!“
2. „Dem Edelsten Svaha! Dem Besten Svaha!“ so spricht
er, spendet (von der Butter) ins Feuer und lässt die (im Löffel
zurückbleibende) Neige in den Rührtrank tropfen. „Dem
Prana Svaha!“ -
„Der Reichsten Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. „Der
Rede Svaha!“
„Dem Standorte Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. „Dem
Auge Svaha!“
„Der Erlangung Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. „Dem
Ohre Svaha!“
„Dem Stützpunkte Svaha!“ so spricht er, spendet ins
Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. „Dem
Manas Svaha!“
„Der Fortpflanzung Svaha!“ so spricht er, spendet ins
Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. „Dem
Samen Svaha!“
In dieser Weise spendet er ins Feuer und lässt die Neige in den
Rührtrank tropfen.
3. „Dem Feuer Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Soma Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer und
lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Der Erde Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer und
lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Luftraum Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Himmel Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer und
lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Erde, Luftraum und Himmel Svaha!“ so spricht er, spendet
ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Brahmanenstande Svaha!“ so spricht er, spendet ins
Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Kriegerstande Svaha!“ so spricht er, spendet ins
Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Vergangenen Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Zukünftigen Svaha!“ so spricht er, spendet ins
Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem All Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer und
lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Ganzen Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer und
lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
„Dem Prajapati Svaha!“ so spricht er, spendet ins Feuer
und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.
4. Dann fasst er ihn an mit den Worten: „Du bist das Wogende
(der Odem), du bist das Flammende (das Feuer), du bist das Volle (Brahman),
du bist das Gefestete (das Firmament), du bist das zu Bejauchzende
(vom Udgatar durch den Laut hin zu Anfang und im Fortgange des Opfers),
du bist das Besungene, du bist das zu Be-singende (vom Udgatar ),
du bist das Gerufene und das Gegengeru-fene (vom Adhvaryu und Agnidhra),
du bist der Lichtglanz im Feuchten (der Wolke), du bist durchdringend,
du bist bezwingend, du bist die Nahrung, du bist das Licht, du bist
der Tod, du bist die Allverschlingung.“
5. Dann erhebt er ihn mit den Worten: „amanas i amanhi te mahi
(et-wa: ‚du denkst, so denke deiner Kraft!’); ja er ist
König, Herr, Gebie-ter, und er, der Herr und König, soll
mich zum Gebieter machen.“
6. Dann trinkt er ihn unter den Worten:
„’Lass an das liebenswerte Licht’ -
Die Winde triefen Süßigkeit,
Die Ströme für den frommen Mann,
Ihr Kräuter seid uns süßereich!
Der Erde Svaha!
- ‚des Sonnengottes denken uns’ -
Süß sei uns Nacht und Morgenrot,
Voll Süßigkeit der Erde Reich,
Süß sei der Vater Himmel uns!
Dem Luftraum Svaha!
- ‚er möge fördern unsern Geist!’ -
Der Baum sei uns voll Süßigkeit,
Voll Süßigkeit die Sonne uns,
Und süßreich die Kühe auch!
Dem Himmel Svaha!“
Hierauf wiederholt er die ganze Sonnenstrophe und die sämtlichen
Verse von der Süßigkeit und spricht:
„Möge ich zu diesem Weltall werden!“
„Erde, Luftraum, Himmel Svaha!“
Damit trinkt er den Rest, wäscht sich die Hände und setzt
sich hin-ter dem Feuer nieder mit dem Angesichte gegen Osten. Wenn
es Morgen geworden ist, verehrt er die Sonne und spricht: „Der
Him-melsräume einige Lotosblume bist du; der Menschen einige
Lotos-blume möge ich sein!“ - Dann geht er denselben Weg
zurück, setzt sich wieder hinter das Feuer und sagt die Liste
(der Lehrer) her (wahrscheinlich die folgende).
7. Diesen, fürwahr, (den Rührtrank und seine Ausführung)
erklärte Uddalaka, der Sohn des Aruna, dem Yajnavalkya Vajasaneya,
sei-nem Schüler, und sprach: „Selbst wenn man ihn auf einen
dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen
und seine Blät-ter sprießen.“
8. Diesen, fürwahr, erklärte Yajnavalkya Vajasaneya dem
Madhuka Paingya, seinem Schüler, und sprach: „Selbst wenn
man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden
seine Äste wachsen und seine Blätter sprießen.“
9. Diesen, fürwahr, erklärte Madhuka Paingya dem Cula Bhagavitti,
seinem Schüler, und sprach: „Selbst wenn man ihn auf einen
dür-ren Baumstamm gösse, so würden seine Äste
wachsen und seine Blätter sprießen.“
10. Diesen, fürwahr, erklärte Cula Bhagavitti dem Janaki
Ayasthuna, seinem Schüler, und sprach: „Selbst wenn man
ihn auf einen dür-ren Baumstamm gösse, so würden seine
Äste wachsen und seine Blätter sprießen.“
11. Diesen, fürwahr, erklärte Janaki Ayasthuna dem Satyakama,
Soh-ne der Jabala, seinem Schüler, und sprach: „Selbst
wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden
seine Äste wach-sen und seine Blätter sprießen.“
12. Diesen, fürwahr, erklärte Satyakama, der Sohn der Jabala,
seinen Schülern und sprach: „Selbst wenn man ihn auf einen
dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen
und seine Blät-ter sprießen.“ -
Diesen soll man keinem mitteilen, außer seinem Sohne oder sei-nem
Schüler!
13. Vierfach wird das Feigenholz (bei dieser Zeremonie verwendet):
aus Feigenholz ist der Löffel, aus Feigenholz der Becher, aus
Feigenholz der Brennstoff und aus Feigenholz die beiden Rührstäbchen.
Zehn sind der zahm wachsenden Getreidearten (die außer den wild
wachsenden in den Rührtrank kommen?): Reis und Gerste, Sesam
und Bohnen, Hirse und Fench, Weizen, Linsen, Erbsen und Wi-cken. Diese
werden zerstampft und mit saurer Milch, Honig und Butter benetzt,
(wobei) etwas zerlassene Butter ins Feuer gegossen wird.
Viertes Brahmanam.
1. Wahrlich, die Essenz dieser Geschöpfe ist die Erde, die der
Erde das Wasser, die des Wassers die Pflanzen, die der Pflanzen die
Blü-ten, die der Blüten die Früchte, die der Früchte
der Mensch, die des Menschen der Same.
2. Einstmals erwog Prajapati: „wohlan, ich will diesem eine
Wohnstät-te bereiten!“ und er schuf das Weib. Nachdem er
es erschaffen, ver-ehrte er dasselbe nach unten zu. Darum soll man
das Weib nach unten zu verehren (die Begattung als ein Akt religiöser
Verehrung). Und er streckte diesen vorgeneigten Somapressstein von
sich aus; damit überkam er sie.
3. Ihr Schoß ist das Opferbett, ihre Haare die Opferstreu, ihre
Haut die Somapresse, ihre Schamteile das Feuer in der Mitte.
So weit das Reich ist, welches der Veranstalter durch das Vaja-peya-Opfer
erwirbt, so weit ist das Reich dessen, welcher, solches wissend, das
Lustgeschäft ausübt; er neigt die guten Werke der Weiber
zu sich herüber. Wer aber, ohne solches zu wissen, das Lustgeschäft
ausübt, dessen gute Werke neigen die Weiber zu sich herüber.
4. Darum, fürwahr, sprach, solches wissend, Uddalaka, der Sohn
des Aruna, - darum, fürwahr, sprach, solches wissend, Naka aus
dem Stamme des Mudgala, - darum, fürwahr, sprach, solches wissend,
Kumaraharita: „Viele Sterbliche, nur der Geburt nach Brahmanen
und ohne (wahre) Zeugungskraft, scheiden, ohne Täter guter Werke
zu sein, aus dieser Welt ab; diejenigen nämlich, welche, solches
nicht wissend, das Lustgeschäft ausüben.“
Wenn einem, viel oder wenig, im Schlafe oder im Wachen der Same abgeht,
5. so soll er ihn anrühren oder auch (ohne dies zu tun) besprechen
mit dem Verse:
„Der Same, der zur Erde heute mir entwich,
Der in die Kräuter oder in das Wasser rann,
Den nehme ich zurück zu mir;
Zurück soll kehren meine Kraft,
Zurück der Glanz, zurück das Glück.
Zurück, wie auf dem Herd das Feuer,
An ihrer Stätte sollen sie wieder sein!“
Mit diesen Worten soll er mit dem Ringfinger und dem Daumen da-von
nehmen und es sich zwischen die Brüste oder die Augenbrauen wischen.
6. Ferner: wenn einer sich selber im Wasser sieht, so soll er folgenden
Spruch dazu sagen: „Mir werde Glanz und Kraft, Schönheit,
Ver-mögen und gutes Werk!“
Fürwahr, dann ist eine die Zierde unter den Weibern, wenn sie
(nach der Menstruation) die befleckten Kleider abgelegt hat . Dar-um,
wenn sie die befleckten Kleider abgelegt hat und voll Schönheit
ist, so soll er sich an sie machen und sie dazu auffordern.
7. Will sie ihm den Willen nicht tun, so mag er ihre Gunst erkaufen.
Wenn sie ihm dann den Willen noch nicht tut, so mag er sie, nach-dem
er sie mit einem Stock oder mit der Hand geschlagen hat, nicht beachten
(atikramet) und sprechen: „Mit Kraft und Glanz nehme ich dir
den Glanz.“ Dann wird sie glanzlos sein.
8. Tut sie ihm aber den Willen, so soll er sprechen: „Mit Kraft
und Glanz gebe ich dir Glanz.“ Dann werden sie beide glanzvoll
sein.
9. Wenn er wünscht, dass sie ihn lieb gewinnen soll, so muss
er, nachdem er die Sache in sie getan und den Mund auf Mund gefügt
hat, ihren Schoß streicheln und dazu murmeln:
„Der du aus jedem Glied entstehst
Und aus dem Herzen trittst hervor,
Du bist der Glieder Quintessenz!
Dem Wild gleich, das der Giftpfeil traf,
Mach rasend diese da auf mich.“
10. Wenn er wünscht, dass sie kein Kind bekommen soll, so muss
er, nachdem er die Sache in sie getan und Mund auf Mund gefügt
hat, erst einatmen, dann ausatmen und sprechen: „Durch meine
Kraft, durch meinen Saft nehm ich von dir hinweg den Saft“;
so bleibt sie unbefruchtet.
11. Wenn er hingegen wünscht, dass sie ein Kind bekommen soll,
so muss er, nachdem er die Sache in sie getan und Mund auf Mund gefügt
hat, erst ausatmen, dann einatmen und sprechen: „Durch meine
Kraft, durch meinen Saft leg ich in dich hinein den Saft“; so
wird sie schwanger werden.
12. Ferner: wenn sein Weib einen Buhlen hat, und er hasset denselbi-gen,
so soll er in einem ungebrannten Gefäße ein Feuer anlegen,
eine Streu von Rohrhalmen in verkehrter Richtung ausbreiten und in
selbigem Feuer die betreffenden Spitzen der Rohrhalme, nach-dem er
sie verkehrt mit Butter gesalbt hat, opfern und dazu spre-chen:
„Weil du in meinem Feuer geopfert,
nehme ich Ausatmung und Einatmung von dir, du da! -
Weil du in meinem Feuer geopfert,
nehme ich Söhne und Vieh von dir, du da! -
Weil du in meinem Feuer geopfert,
nehme ich Opfer und gute Werke von dir, du da! -
Weil du in meinem Feuer geopfert,
nehme ich Hoffnung und Zuversicht von dir, du da!“ -
Fürwahr, der scheidet ohne Kraft und ohne gute Werke aus dieser
Welt ab, welchem, solches wissend, ein Brahmane flucht! Darum soll
man mit der Gattin eines solches wissenden Schriftkundigen nicht zu
schäkern suchen, denn sonst wird der solches Wissende einem zum
Feinde.
13. Ferner: wenn jemandes Weib von dem Monatlichen überkommen
wird, so soll sie drei tage lang nicht aus Metall trinken und ihre
Kleider nicht waschen. Kein Untermensch und keines Untermen-schen
Weib (aus der Shudrakaste) darf mit ihr zusammentreffen. Nachdem die
drei Nächte vorüber, soll sie sich baden, und man soll sie
den (zur weiteren Zeremonie erforderlichen) Reis ausdreschen lassen.
14. Wünscht er nun, dass ihm ein weißer Sohn geboren werde,
der ei-nen der Veden studiere und zur vollen Lebensdauer gelange,
so müssen beide Reis, mit Milch gekocht und mit Butter übergossen,
essen, so werden sie vermögend sein, einen solchen zu zeugen.
15. Oder wünscht er, dass ihm ein bräunlicher Sohn und dunkelfarbig
(an Augen) geboren werde, der zwei Veden studiere und zur vollen Lebensdauer
gelange, so müssen beide Reis, mit saurer Milch ge-kocht und
mit Butter übergossen, essen, so werden sie vermögend sein,
einen solchen zu zeugen.
16. Oder wünscht er, dass ihm ein schwärzlicher Sohn und
rotäugig geboren werde, der drei Veden studiere und zur vollen
Lebensdauer gelange, so müssen beide Reis, mit Wasser gekocht
und mit Butter übergossen, essen, so werden sie vermögend
sein, einen solchen zu zeugen.
17. Oder wünscht er, dass ihm eine gelehrte Tochter geboren werde,
die zur vollen Lebensdauer gelange, so müssen beide Reis, mit
Se-sam gekocht und mit Butter übergossen essen, so werden sie
ver-mögend sein, eine solche zu zeugen.
18. Oder wünscht er, dass ihm ein gelehrter und gefeierter Sohn
gebo-ren werde, ein Besucher der Ratsversammlungen und beliebter Redner,
der alle Veden studiere und zur vollen Lebensdauer gelan-ge, so müssen
beide Reis, mit Fleisch gekocht und mit Butter über-gossen, essen,
so werden sie vermögend sein, einen solchen zu zeugen; - sei
es Fleisch vom Stier oder vom Farren.
19. Ferner (was die nähere Ausführung betrifft): wenn der
Morgen her-annaht, so richtet er wie bei einer (gewöhnlichen,
aus Milch und Reis bestehenden) Topfspeise die zerlassene Butter zu
und bringt von seiner Topfspeise jedes Mal einen Löffel voll
dar, indem er spricht: „Dem Agni Svaha! Der Anumati (Göttin
der Liebeskunst) Svaha! Dem Gotte Savitar (Erreger), dessen Erregung
die wahre ist, Svaha! - Nachdem er mit diesen Worten geopfert, holt
er (das Übri-ge) heraus und isst und reicht, nachdem er gegessen,
auch ihr da-von dar. Nachdem er sich sodann die Hände gewaschen,
füllt er ein Gefäß mit Wasser und besprengt sie damit
dreimal, indem er spricht:
„Heb dich hinweg Vishvavasu,
Such andre Mädchen dir für dich
Voll Üppigkeit; lass einen du
Die Gattin mit dem Gatten sich!“
20. Sodann macht er sich an sie und spricht: „Ich bin ama (Er),
und du bist sa (Sie); du bist sa, und ich bin ama (vgl. Brih. 1,3,22);
ich bin das Saman, und du bist die Ric (auf der das Saman ruht); ich
bin der Himmel, und du bist die Erde:
„So lass uns denn zum Werke schreiten,
Die Samen ineinander leiten,
Ein Kind, ein männliches bereiten!“
21. Dann tut er ihre Schenkel auseinander und spricht: „Tut
euch auseinander, Himmel und Erde!“ - Nachdem er sodann die
Sache in sie getan und Mund auf Mund gefügt hat, so streichelt
er sie dreimal dem Haarstriche nach (von oben nach unten) und spricht:
„Vishnu soll deinen Schoß erbauen,
Tvashtar die Formen wohl behauen,
Prajapati soll dich benetzen,
Dhatar in dich den Fruchtkeim setzen!
Reich, Göttin mit den breiten Zöpfen,
Reich, Sinivali, Frucht ihr dar!
Frucht soll dir der Ashvinen schöpfen
Lotosbekränztes Götterpaar!
22. Gold ist das Holz, des sich bedienen
Zur Sonnenquirlung die Ashvinen;
Das, flehn wir, lasse dir gelingen,
Im zehnten Monat Frucht zu bringen!
Wie Feuerkeim die Erde hegt,
Das Himmelsweib den Blitzgott trägt,
Und wie der Pole Frucht der Wind,
So lege ich in dich, - N.N.! - das Kind.“
23. Wenn sodann die Zeit kommt, wo sie gebären soll, so besprengt
er sie mit Wasser und spricht:
„Wie einen Lotosteich der Wind
Von allen Seiten sanft bewegt,
So mit der Hülle soll das Kind
Austreten, das sich in dir regt. -
Sie, welche Indra schuf aufs beste
Mit Tür und Schloss als schützend Haus,
Die Fruchthaut treibe samt dem Reste,
O Indra ! mit dem Kinde aus!“
24. Nachdem das Kind geboren, legt er Feuer an, nimmt es auf den Schoß,
bereitet in einem Metallgefäße Milchbuttermischung, opfert
von der Milchbuttermischung löffelweise und spricht dabei:
„In dir will ich zu Tausend mich erweitern,
Fortblühend in des eignen Hauses Macht!
Kein Unheil bring in deinem Stamm zum Scheitern
Jemals der Kinder und der Herden Pracht!
Svaha!
Die Lebenskräfte in mir, die opfere ich im Geiste in dir.
Svaha!
Wo ich gehemmt des Opferwerks Gelingen
Durch ein Zuwenig oder auch Zuviel,
Da führ als Opfermeister das Vollbringen
Der weise Agni selbst für uns zum Ziel.
Svaha!“
25. Dann nähert er den Mund dem rechten Ohre des Kindes und sagt
dreimal: „Sprache! Sprache!“ - Hierauf bereitet er die
Milchhonig-butter und füttert damit das Kind unmittelbar aus
dem Golde (des Löffels), indem er spricht: „Ich lege in
dich die Erde, ich lege in dich den Luftraum, ich lege in dich den
Himmel. Die Erde, den Luft-raum, den Himmel, alles lege ich in dich.“
-
26. Dann gibt er ihm den Namen, indem er spricht: „Du bist der
Veda!“ - Dieses ist sein Geheimname (die eigentliche Namengebung
erfolgt erst zehn Tage nach der Geburt).
27. Hierauf übergibt er das Kind der Mutter, reicht ihm ihre
Brust dar und spricht:
„Die Brust, die unversiegliche zum Laben,
Die schätzereiche, voll von Gut und Gaben,
Durch die du förderst alles Heils Erfüllung,
Die reiche hier, Sarasvati, zur Stillung.“
28. Hierauf spricht er zur Mutter des Kindes:
„Ila, die Labung, bist du ja
Von Mitras Stamm von Varuna !
Die einen Mann dem Mann gebar,
Du bleibe mannhaft immerdar,
Die unsre Mannheit machtest wahr!“
Wahrlich von dem sagen die Leute: „Fürwahr, du bist deinem
Vater überlegen, deinem Großvater überlegen geworden“;
- fürwahr, der ist zum höchsten Gipfel gelangt an Schönheit,
Ruhm und Heilig-keit, wer als der Sohn eines Brahmanen geboren wurde,
der solches weiß!
Fünftes Brahmanam
1. Nunmehr das Register (der Lehrer):
Der Sohn der Pautimashi (wurde belehrt) vom Sohne der Katyaya-ni,
der Sohn der Katyayani vom Sohne der Gautami,
der Sohn der Gautami vom Sohne der Bharadvaji,
der Sohn der Bharadvaji vom Sohne der Parashari,
der Sohn der Parashari vom Sohne der Aupasvasti,
der Sohn der Aupasvasti vom Sohne der Parashari,
der Sohn der Parashari vom Sohne der Katyayani,
der Sohn der Katyayani vom Sohne der Kaushiki,
der Sohn der Kaushiki vom Sohne der Alambi und dem der Vaiy-agrapadi,
der Sohn der Vaiyagrapadi vom Sohne der Kanvi umd dem der Ka-pi,
der Sohn der Kapi
2. vom Sohne der Atreyi,
der Sohn der Atreyi vom Sohne der Gautami,
der Sohn der Gautami vom Sohne der Bharadvaji,
der Sohn der Bharadvaji vom Sohne der Parashari,
der Sohn der Parashari vom Sohne der Vatsi,
der Sohn der Vatsi vom Sohne der Parashari,
der Sohn der Parashari vom Sohne der Varkaruni,
der Sohn der Varkaruni vom Sohne der Varkaruni,
der Sohn der Varkaruni vom Sohne der Artabhagi,
der Sohn der Artabhagi vom Sohne der Shaungi,
der Sohn der Shaungi vom Sohne der Sankriti,
der Sohn der Sankriti vom Sohne der Alambayani,
der Sohn der Alambayani vom Sohne der Alambi,
der Sohn der Alambi vom Sohne der Jayanti,
der Sohn der Jayanti vom Sohne der Mandukayani,
der Sohn der Mandukayani vom Sohne der Manduki,
der Sohn der Manduki vom Sohne der Shandili,
der Sohn der Shandili vom Sohne der Rathitari,
der Sohn der Rathitari vom Sohne der Bhaluki,
der Sohn der Bhaluki von den beiden Söhnen der Kraunciki,
die beiden Söhne der Kraunciki vom Sohne der Vaidribhati,
der Sohn der Vaidribhati vom Sohne der Karshkeyi,
der Sohn der Karshkeyi vom Sohne der Pracinayogi,
der Sohn der Pracinayogi vom Sohne der Sanjivi,
der Sohn der Sanjivi vom Sohne der Prashni, dem Asurivasin,
der Sohn der Prashni von Asurayana,
Asurayana von Asuri,
Asuri
3. von Yajnavalkya,
Yajnavalkya von Uddalaka,
Uddalaka von Aruna,
Aruna von Upaveshi,
Upaveshi von Kushri,
Kushri von Vajashravas,
Vajashravas von Jihvavant Vadhyoga,
Jihvavant Vadhyoga von Asita Varshagana,
Asita Varshagana von Harita Kashyapa,
Harita Kashyapa von Shilpa Kashyapa,
Shilpa Kashyapa von Kashyapa Naidhruvi,
Kashyapa Naidhruvi von der Vac (Rede),
die Vac von der Ambhini,
Ambhini von Aditya.
Diese von Aditya stammenden weißen (d.h. geordneten, nicht mit
Brahmanas vermischten) Opfersprüche (yajus) werden als von Va-jasaneya
Yajnavalkya herrührend verkündigt.
4. Bis auf den Sohn der Sanjivi ist es ebenso.
Der Sohn der Sanjivi von Mandukayani,
Mandukayani von Mandavya,
Mandavya von Kautsa,
Kautsa von Mahitthi,
Mahitthi von Vamakakshayana,
Vamakakshayana von Shandilya,
Shandilya von Vatsya,
Vatsya von Kushri,
Kushri von Yajnavacas Rajastambayana,
Yajnavacas Rajastambayana von Tura Kavasheya,
Tura Kavasheya von Prajapati,
Prajapati von Brahman,
das Brahman ist das durch sich selbst Seiende. Verehrung dem Brahman!
Om! Tat! Sat!
|
|

Hier kostenlosen
Yoga Gesamtkatalog
anfordern





Broschüre und kostenlose Übungspläne anfordern
|
|
- Yoga Übungen lernst du am besten bei einem Yogalehrer
- Yoga Einführungs-Seminare gibt es in den Yoga Vidya Seminarhäusern als Wochenend- und Wochenkurse. Diese werden auch von Krankenkassen bezuschusst
- Bei Yoga Vidya findest du jährlich fast 3000 Seminare zu Yoga, Meditation und Ayurveda, darunter auch das umfangreichste Yogalehrer Weiterbildungs-Angebot
- In den Yogalehrer Ausbildungen beim Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/innen in 50 verschiedenen Städten lernst Du Yoga, Meditation, Yoga Philosophie, spirituelles Leben und auch, wie Du sie anleiten kannst
- In den Yoga Vidya Zentren gibt es regelmäßige Einführungskurse
- Im Yogalehrer-Verzeichnis findest Du eine/n qualifizierte/n Yogalehrer/in in Deiner Nähe
- Im Yoga-Shop findest Du DVDs, Bücher, Yoga-Matten, Kissen, CDs und vieles mehr für deine Yoga-Praxis
Auf unseren Internet-Seiten findest du viele weitere Informationen:
Yoga Vidya findest du auch in vielen sozialen Netzwerken
|