Wie Kundalini Yoga wirkt und deine Lebensenergie steigern kann

Eng verwandt mit dem Hatha Yoga ist Kundalini Yoga, einer der 6 Yogawege des ganzheitlichen Yoga nach Swami Sivananda. Kundalini Yoga ist eine Yogapraxis zur Steigerung der Lebensenergie (Prana). Kundala bedeutet aufgerollt. Wie eine Schlange, die sich zum Ausruhen in sich zusammenrollt, so stellt man sich vor, ruht die Kundalini Energie am unteren Ende der feinstofflichen Wirbelsäule

So funktioniert Kundalini Yoga: 

Kundalini Yoga arbeitet also mit dem feinstofflichen Astralkörper und seinen Chakras (Energiezentren) und Nadis (Energiekanälen). Seine Übungen zielen darauf ab, den Astralkörper zu reinigen und die Chakras zu harmonisieren und zu öffnen, so dass das Prana erhöht wird und entlang der Wirbelsäule nach oben steigen kann. Wenn wir bereit sind, erwacht die Kundalini Energie entweder allmählich oder plötzlich. Das Erwachen der Kundalini ist mit vielen überwältigenden, auch außersinnlichen Erfahrungen, einem starken Glücksgefühl, Erweiterung des Bewusstseins und Entfaltung neuer Fähigkeiten verbunden. 

Der philosophische Hintergrund

Der Tantrismus geht von der Dualität von Shiva und Shakti aus. Shiva steht für das Männliche, das reine Bewusstsein, Shakti für den weiblichen Gegenpol und die Energie. Beide sind aufeinander bezogen. Die Kundalini wird mit der Shakti gleichgesetzt, verortet am unteren Ende der Wirbelsäule im Muladhara Chakra. Der Gegenpol befindet sich im Sahasrara Chakra am Scheitel des Menschen. Es muss also die Energie vom einen Ende der Wirbelsäule durch die feinstofflichen Kanäle der Sushumna wieder mit dem Bewusstsein vereint werden. Das ist – stark vereinfacht – Sinn und Zweck des Kundalini Yogas.

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Es gibt fünf „Arten“ von Kundalini Yoga:

  1. Hatha Yoga: Das sind alle Praktiken, die den Körper vorbereiten, also Yogastellungen, Atemübungen, yogische Ernährung, Entspannung, Positives Denken und Meditation.
  2. Mantra Yoga: Dabei werden Klangenergien benutzt. Diese wirken direkt auf die Nadis (Kanäle der feinstofflichen Energie) und Chakras (Energiezentren).
  3. Nada Yoga: Im Nada Yoga wiederholt man keine Worte und Buchstaben sondern arbeitet mit Noten und Musikinstrumenten oder hört auf den inneren Klang (Nada).
  4. Yantra Yoga: Mit Meditation bzw. Konzentration auf geometrische Figuren (Yantras), Farben und Symbole werden die Energien erweckt. Beispiele sind die Chakra-Darstellungen und Darstellungen göttlicher Aspekte, z.B. der göttlichen Mutter Devi.
  5. Laya Yoga: Ist der Prozess der Auflösung (Laya) grobstofflicherer Energien in feinstoffliche und schließlich in Shiva, dem Bewusstsein selbst. Im Laya Yoga gibt es sowohl Meditationstechniken als auch Übungen für das tägliche Leben.

In einem Kundalini Yoga Seminar kannst du Folgendes kennen lernen und auch selber praktizieren: 

  1. Kriyas – Reinigungsübungen, die den physischen Körper entschlacken und Energien fließen lassen. Die wichtigsten werden auch Shatkriyas genannt. Dazu zählen die Reinigung der Nase – Neti, Reinigung der Lungen – Kapalabhati, Reinigung der Augen – Tratak, Reinigung des Magens – Dhauti, Reinigung des Darms – Nauli, und Basti – Reinigung des Enddarms. Neben den Shatkriyas gibt es zahllose weitere Kriyas. Zu den einfachen gehören: Zungenreinigung: Zunge schaben mit Löffel oder Zungenschaber. Kehlreinigung: Mit Salzwasser gurgeln. Reinigung der Zähne und des Zahnfleisches: Zähne mit Finger putzen und Zahnfleisch massieren mit einer Mischung aus Olivenöl und Salz. Reinigung der Kehle und der Luftröhre: Bhramari (Biene) ist zwar hauptsächlich ein Pranayama (Atemübung), hilft aber auch Kehle und Luftröhre zu reinigen: Schnarchend einatmen und summend ausatmen.
  2. AsanasYogastellungen wirken ja körperlich, energetisch und geistig. Im Kundalini Yoga werden die Stellungen lange (mindestens fünf Minuten, bis zu zwei Stunden!) gehalten. Dies wird verbunden mit besonderen Atem- und Konzentrationstechniken, oder auch mit Mudras (s.u.), speziellen Mantras und Bandhas (Verschlüsse, s.u.). Zum Beispiel kannst du versuchen, möglichst lange in der sitzenden Vorwärtsbeuge zu bleiben. Konzentriere dich zunächst auf die korrekte Haltung. Danach kannst du dich auf ein bestimmtes Chakra einstimmen und dort ein Mantra wiederholen. In diesem Fall besonders auf dein Muladhara, Swadhisthana , Manipura oder Ajna Chakra. Du kannst dir auch das Symbol des jeweiligen Chakras vorstellen etc.
  3. Pranayama – Atemübungen zur Kontrolle (Ayama) der Lebensenergie (Prana). Insbesondere die sogenannten acht Mahakumbhakas (Übungen mit Luft anhalten):
    Bhramari: (Biene): Einatmen mit Schnarchton, Ausatmen mit Summton
    Shitali/Sitkari: Zunge rollen (spitze Rolle=Shitali, Zunge gegen Zahnansatz=Sitkari), einatmen über die Zunge mit Zischlaut. Ausatmen über die Nase
    Ujjayi: Vollständig einatmen, dabei Atem in der Kehle steuern, leichtes Geräusch machen. Dann vollständig ausatmen, dabei Atem in der Kehle steuern, leichtes Geräusch machen.
    Surya Bheda: Rechts vollständig einatmen mit Mula Bandha (s.u.). Atem anhalten mit allen Bandhas. Dabei Hände auf die Oberschenkel abstützen. Links ausatmen ohne Bandhas.
    Bhastrika: (Blasebalg) Langsam und fest mit dem Bauch ausatmen, fest einatmen. Ein- und Ausatmung sind gleich lang.
    Murccha: (Große Freude, Verzückung) Einatmen, alle 3 Bandhas durchführen (s.u.), die Luft solange anhalten, wie es geht und wieder ausatmen.
    Plavini: (Schweben) Tief einatmen. Lungen zu 80-100% füllen. Wenig Luft einatmen, wenig Luft ausatmen, die ganze Zeit die Lungen recht gefüllt halten.
    Anmerkung: Es gibt jeweils weitere Variationen der oben beschriebenen Übungen. Sie setzen alle mindestens 3 Runden Kapalabhati (Schnellatmung) und mindestens 15-20 Minuten Anuloma Viloma (Wechselatmung) voraus!
  4. Bandhas – Verschlüsse, um zu verhindern, dass Prana nach unten oder oben austritt, bzw. um das Prana in bestimmte Richtungen zu lenken, besonders vom Beckenbereich Richtung Scheitel. Mula Bandha: Kontraktion im Bereich der Wurzel (Mula), d.h. des Wurzelchakras. Zusammenziehen der gesamten Beckenbodenmuskulatur. Dadurch wird das Prana nach oben gezogen und die Sushumna (feinstofflicher Kanal entlang der Wirbelsäule) geöffnet. Uddiyana Bandha: Bauch hoch- und einziehen nach dem Ausatmen mit leeren Lungen. Jalandhara Bandha: Nach vollständiger Einatmung Brustkorb nach vorne wölben, Kinn auf die Brust senken, Zungenoberseite an den Gaumen legen und zurückziehen, Kehle zusammenziehen. Vor dem Ausatmen Kopf heben und Muskeln entspannen. Maha Bandha: Wenn man alle drei Bandhas zusammen übt.
  5. Mudras – Energieerweckende und leitende Übungen. Kleine Mudras: Die kleinen Mudras betreffen einzelne Körperteile (Augen, Zunge, Hals, Finger, Hand, Bauch, Beckenboden). Mit bestimmten Haltungen kann man Energien und Bewusstsein beeinflussen. Viele kennen das Vishnu-Mudra bei der Wechselatmung, mit dem die Nase verschlossen wird. Große Mudras: Sind eine Kombination verschiedener kleiner Mudras mit Atemtechniken, Bewusstseinslenkung, Mantra und Visualisierung. Die Hatha Yoga Pradipika zählt diese Haupt-Mudras auf: Mahamudra, Maha Bandha, Maha Vedha, Shakti Chalini, Vajroli, Viparita Karani und Maha Khechari.

Soweit dieser kurze Überblick. Vieles konnte in diesem Artikel nur angedeutet werden. Der Besuch eines Kundalini Seminars lohnt sich. Fortgeschrittene Praktiken solltest du erst nach genauer persönlicher Anleitung üben. Mit Kundalini Yoga kannst du aber auf jeden Fall dein Energieniveau erhöhen.

Ein Artikel von Guido Telscher, erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 32

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Dr. Guido Telscher – Theologe und Yogalehrer (BYV); hat viele Jahre in verschiedenen Klöstern im In- und Ausland gelebt, am Gymnasium unterrichtet und sich lange mit Spiritualität, Philosophie und den Weltreligionen beschäftigt. Derzeit redigiert er bei Yoga Vidya Bad Meinberg Printmedien. Sein Schwerpunkt ist Jnana Yoga.

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