Religion und Spiritualität

Was ist Religion? Was ist Spiritualität? Ist Yoga eine Religion? Ist Yoga spirituell? Das sind Fragen, die sich Yoga Aspiranten immer wieder stellen.

Was ist Religion?

Religion kommt vom Lateinischen “religio”. Religio kann sich herleiten von religare, wieder verbinden, sich rückverbinden und bedeutet dann die Wiederverbindung, die Wiedervereinigung mit einer Höheren Wirklickeit, die man Gott nennen kann. Oder Religio kann sich herleiten von relegere, bedenken, beachten und bedeutet dann Sorgfalt. Religion kann man also als Sammelbegriff verstehen von allem, was einem rückverbindet mit einem Göttlichen. Und Religion kann man verstehen als große Sorgfalt in seinem persönlichen Leben, als sorgfältige Ausrichtung an hohen ethischen Idealen, als sorgfältige Befolgung von ethischen Vorschriften, religiösen Regeln. Der ursprüngliche Religionsbegriff ist also zunächst nicht gebunden an eine konkrete Tradition. Heutzutage spricht man gerne von individueller Religiosität und von kollektiver Religion, die meist an eine konkrete Religion gebunden ist. Mehr zum Begriff der Religion aus Yoga Sicht findest du im Yoga Wiki, Stichwort Religion.

Verschiedene Religionen

Wenn man heutzutage von Religion spricht, ist meist eine konkrete Religion wie Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhimus, Taoismus gemeint. Der Begriff einer konkreten Religion ist erst mit den monotheistischen Religionen Judentum, Christentum, Islam mit ihrem Ausschließlichkeitsanspruch, ihrem andere religiöse Praktiken ausschließenden Heilsanspruch, entstanden. Außerhalb dieser drei monotheistischen Religionen gibt es diesen Ausschließlichkeitsanspruch nicht oder kaum. In der Antike z.B. gab es verschiedene Kulte, verschiedene religiöse Traditionen, die sich miteinander verbanden, sich gegenseitig inspirierten. Jemand konnte verschiedenen Kulten parallel angehören. Auch in Indien gab es breite religiöse Strömungen, die sich nicht oder kaum gegenseitig ausschlossen. In China kann jemand bis heute gleichzeitig Buddhist, Taoist und Konfuzianer sein. Wenn man heutzutage im Westen von Religion spricht, wird da meist auf das Selbstverständnis der monotheistischen Traditionen bezug genommen. Und wer mit einer konkreten Religion wenig anzufangen weiß, lehnt oft den Religionsbegriff an sich ab. Und wer sich innerhalb einer der monotheistischen Religion wie Christentum und Islam befindet, hat manchmal eine Neigung dazu sich eher über Unterschiede als Gemeinsamkeiten zu definieren.

Auch durch den Fanatismus, den Fundamentalismus und der Gewaltbereitschaft einer kleinen Anzahl von Religionsanhängern wird der Religionsbegriff heutzutage immer kritischer gesehen.

Spiritualität

Was ist Spiritualität? Der Begriff Spiritualität erfreut sich heutzutage in Yogakreisen größerer Beliebtheit als Religion und Religiosität. Spiritualität ist ein Leben, das auf Spiritus ausgerichtet ist. Spiritus wird hier verstanden als höhere Wirklichkeit, als Reiner Geist, ein Göttliches, eine höhere transzendente Wirklichkeit. Spiritualität wird dabei eher religionsübergreifend verstanden. Spiritualität betont mehr die Gemeinsamkeiten und weniger die Unterschiede. Viel zum Begriff Spiritualität findest du auch im Yoga Wiki, Stichwort Spiritualität.

Von der Wortbedeutung her sind “Religion” bzw. “Religiösität” und “Spiritualität” durchaus ähnlich, allerdings wird “Religion” und “Religosität” eher in Bezug auf Christentum, Islam, Judentum verwendet bzw. auch im Hinblick auf andere Religionsangehörigen mit einem ähnlichen Bedeutungskontext gesehen. Wenn man vom Ausrichten auf eine höhere Wirklichkeit in einer östlichen Tradition spricht, wird der Begriff “Spiritualität” verwendet. Religionswissenschaftler dagegen verwenden eher den Begriff der “Religion”, weniger den Begriff der “Spiritualität”.

Ist Yoga eine Religion?

Yoga ist sicherlich keine “Religion”. Yoga ist eine religionsübergreifende Tradition, die auch in Indien von Angehörigen des Hinduismus, des Sikhismus, des Jainismus, des Buddhismus praktiziert wird.

Ist Yoga spirituell?

Yoga kann spirituell sein, muss es aber auch nicht. Es gibt säkularen Yoga und spirituellen Yoga.

  • Yoga ist säkular, wenn es einem um Gesundheit geht, um Wohlbefinden, mehr Energie, Gelassenheit, Entspannung. Säkularer Yoga kann einen auch dazu befähigen, sich selbst mehr kennenzulernen, sich zu entwickeln, bewusster zu leben. Im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizin, wurde Yoga säkular praktiziert – und wird es von der Mehrheit der Yoga Übenden auch heute sowohl in Indien als auch im Westen. Säkulare Elemente des Yoga können sein Hatha Yoga (Asanas, Pranayama, Tiefenentspannung, Reinigungsübungen) und Meditation – wobei Hatha Yoga und Meditation auch auf spirituelle Erfahrung ausgerichtet sein kann, aber nicht muss.
  • Yoga ist spirituell, wenn es beim Yoga darum geht, einen tieferen Sinn zu finden, ein Göttliches zu erfahren, eine höhere Wirklichkeit. In diesem Sinn kann Yoga spirituell sein, muss es aber nicht

Ist Yoga religiös?

Normalerweise sagen Yoga Übende gerne, dass Yoga nichts mit Religion zu tun hat. Allerdings sind die beiden Wortbedeutungen des Wortes Yoga durchaus ähnlich wie die beiden Wortbedeutungen von Religio:

  • Yoga kann heißen Einheit, Verbindung, Vereinigung – ähnlich wie “Religio” Wiederverbindung, Vereinigung heißen kann
  • Yoga kann auch heißen Disziplin, Bemühung – ähnlich wie der lateinische Begriff “Religio” auch Sorgfalt, genaue Beachtung heißen kann

Wenn man Yoga mit spiritueller Zielsetzung praktiziert, kann man Yoga also als religiös bezeichnen. Yoga mit spiritueller Zielsetzung zu praktizieren, macht einen aber nicht zu einem Angehörigen einer bestimmten Religion. Nichtmonotheistische Religionen haben damit gar kein Problem: Ob Buddhismus, Taoismus, Jainismus, Konfuzianismus, verschiedenste Ausprägungen des Schamanismus, sogar monotheistische Relgionen wie Sikhismus und die Bahai Tradition haben keine Probleme mit der Praxis auch von spirituellem Yoga. Im Christentum, Judentum und Islam gibt es erhebliche Diskussionen und unterschiedliche Meinungen. Die meisten Yogameister lehren, dass Angehörige jeder Religion und auch nicht Religionsgebundene spirituelle Yoga Übungen machen können. Swami Sivananda betonte, dass Yoga einen Christen zu einem besseren Christen, einen Moslem zu einem besseren Moslem, einen Hindu zu einem besseren Hindu machen kann. Ergänzen kann man, dass Yoga einen Religionsungebundenen zu einem spirituelleren, glücklicheren Menschen machen kann.

Verwendung des Religionsbegriffs in Yoga Kreisen

Normalerweise vermeidet man in Yoga Kreisen den Religionsbegriff, um schwierige Diskussionen zu vermeiden – und weil Yoga Übende ihre Yoga Praxis nicht mit Religion verbinden.

Allerdings kennt z.B. das deutsche Vereinsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht und die deutsche Gesetzgebung den Begriff “Spiritualität” nicht. Daher finden sich in einigen gemeinnützigen Yoga Vereinen als Vereinszweck die “Förderung der Religion”. Dabei ist nicht die Förderung einer bestimmten Religion gemeint, schon gar nicht der “Yoga Religion”, sondern die Förderung des spirituellen Lebens, der Ausrichtung an einer höheren Wirklichkeit.

Was meinst du?

Was meinst du zu den Begriffen Religion, Spiritualität, Yoga? Was ist für dich Yoga? Was ist für dich Religion? Schreibe doch etwas als Kommentar unter diesen Beitrag!

9 Kommentare zu “Religion und Spiritualität

  1. Hallo Claudia,
    können denn die Ruhe und Erdung, die du im Yoga findest nicht deine Brücke sein?
    Für mich ist Yoga eine Hilfe, ein Weg nach Innen. Die körperliche Praxis hält mich zum einen beweglich, lindert Rückenschmerzen und andere Zipperlein und gleichzeitig arbeite ich diszipliniert mit Körper und Geist. Yoga verbindet mich mit meinem Wesenskern (wahren Selbst); ich bin allein mit meinem Atem und richte meinen Fokus auf das Unendliche. Ich sehe es so: Es gibt mehr Wege zu Gott als Menschen auf der Erde, jeder der es möchte kann seinen eigenen Zugang finden. Ich habe Respekt vor Gläubigen aller Konfessionen. Fühle mich von Gedichten großer Sufimystiker tief im Inneren berührt, genauso wie durch Musik von z.B. Snatam Kaur oder Ajeet Kaur, die ja nun im Sikhismus beheimatet sind. Ich habe mir Übersetzungen von verschiedenen Mantras heruntergeladen und einige singe ich sehr gerne, andere wieder bleiben mir fremd.
    Wenn ich meditiere, dann ist es meistens nicht das Om, welches mich durch die Meditation trägt, sondern mein Atem oder das ständige Rezitieren des Vater unser oder eine ständige Anrufung Jesu Christ. Ich finde Weite und Geborgenheit in der Mettameditation, im Lesen der Bhagawadgita, dem Studieren der Veden genauso wie der Bibel.
    Yoga ist so groß und weit in seinen verschiedenen Stilen und Richtungen. Klammere dich aus was dich stört oder in deiner Entwicklung behindert und suche unbeirrt deinen eigenen Weg.
    Liebe Grüße
    Lupine

  2. Ich mag Yoga. Ich mag die Ruhe und Erdung die es geben kann und würde es gern als Freund sehen. Das gelingt, ob der vielen Gottheiten, die ständig einfliessen, leider nicht. Das gleiche gilt für die gängigen Mantras. Ich kann da keine Brücke für mich finden.

  3. Rainer Ostendorf

    “Ist es nicht sonderbar, daß die Menschen so gerne für die Religion fechten, und so ungerne nach ihren Vorschriften leben?” Georg Christoph Lichtenberg

    Schöne Grüsse aus der Ausstellung “Religionskritik”

  4. hallo liebe yogafreunde ich buin ein sehr großer freund des yogas und mag es, yogs ost gott

  5. mustafa.2.00

    ich versteh das nicht kann mir jemand yoga erklären

  6. Murkes Merkes

    Das Wort Religion wird oft von lateinisch “religare” “zurückverbinden” hergeleitet. Diese Etymo­logie findet besonders in reli­giösen Kreisen Anklang, weil sie sich für die Vor­stel­lung von einem per­sön­lichen Band zwischen Mensch und Gott und die Behaup­tung ver­untreu­en läßt, Religion würde Menschen ver­binden. Sie ist sogar in Wör­ter­bücher und die Wissen­schaft vor­gedrun­gen – dabei ist sie allein aus christ­lichem Dogma abgeleitet und hält keiner wissen­schaft­lichen Überprüfung stand.

  7. Josef Berres

    Wer zurück will zu seinem Ursprung, zu seiner ewigen Heimat, sein wahres Zuhause, benötigt eine Religio = (Zurückverbindung).Für den wirklich Suchenden stellt sich die Frage, wer ist in der Lage mich wieder mit Gott – von dem ich durch meine eigene Schuld getrennt wurde – wie- der zurückverbinden zu können? Vor über 2000 Jahre gab es einen Guru der die Menschen wieder mit Gott zurückverbinden konnte.Dieser Guru hieß “Jesus Christus.” Unwissende mögen mich vielleicht kritisieren und sagen, wie kann ich es wagen, Jesus als einen “Guru”zu bezeichnen. Hierzu folgende Erklärung. Das Wort Guru stammt aus dem Sanskrit. Gu heisst Finsternis und ru heisst Licht. Wer ist nun ein Guru? Ein Guru ist der, der das Licht in die Finsternis bringt. D.h., das göttliche Licht, das in dir scheint, in deiner inneren Finsternis wieder entzündet. Jesus behauptet selbst ein Guru zu sein. Er sagte: ” Ich bin das Licht der Welt,derweil (solange) ich in der Welt bin.” ” Wer mir folgt wird nicht wandeln in der Finsternis. Diese Aussagen Jesus Christus sind gültig für die Seinen die Er vor 2000 Jahren mit Gott wieder zurückverbunden hat. Diese Zurückverbindung mit Gott wird auch Initiation genannt und ist ein spiritueller Vorgang. Die von Jesus Initiierten wurden von Ihm als ” Kinder des Lichts bezeichnet.Er sagte desweiteren: ” Wer mir folgt nicht nicht wandeln in der Finsternis.”Desweiteren wurde den Initiierten auferlegt, sich durch tägliche Meditationen zu reinigen. Warum? ” Damit das Licht in dir nicht wieder Finsternis wird. ” Jesus Christus, Gottes Selbst hat Fleisch angenommen,d.h., Jesus hatte einen begrenz- ten materiellen Körper mit und durch den Gott nur eine beschränkte Zeit wirken konnte. Nachdem Jesus seinen materiellen pysischen Körper verlassen hat, manifestierte Sich Gott wieder in einem anderen – von Ihm erwählten Körper – um die Menschheit wieder mit Sich und seinem Selbst zurückzuverbinden. Wie geschrieben steht:” Als die vier Engel der Zerstörung an den vier Enden der Welt standen, sandte Gott einen Boten und Er befahl: Vernichtet nicht das Wasser, die Bäume, noch die Luft, nicht bevor die Diener Gottes – die sich Gott zuwenden – in der Stirn – dem Sitz der Seele – verbunden sind. Diese Rückver- bindung kann nur durch einen Guru – und von keiner Religionsgesellschaft auf der ganzen Welt – erfolgen. Welcher Guru aber verbindet mich wieder mit Vater Gott zurück? Jesus sagte hierzu folgendes: Hütet euch vor den falschen Propheten. Wer ist derrn der Guru, der mich wieder mit Gott zurückverbindet? Es ist der Körper in dem sich Gott offenbart und geschrieben steht:” Siehe die Hütte Gottes bei den Menschen und Er wird ihr Gott sein, und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein, und Er Selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein, und Gott wird abwischen (tätig im Guru) alle Tränen und der Tod wird nicht mehr sein, noch leid noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. D.h., der Initiierte, der mit Gott zurückverbundene, der nach den Anweisungen seines Gurus seinen Meditationen (innere Reinigungen) nachkommt Erlösung findet, und nicht mehr hier- hin in das Tal des Todes und der Leiden geschickt wird. Mit freundlichen und nachdenken- den Grüßen Josef

  8. Björn Ufer

    Danke Sukadev für diesen wunderbar klärenden Artikel. So viele Streitereien werden ausgefochten wegen diesen Begriffen und Einordnungen- dabei sollte eben diese Ansicht und Wahrnehmung sich verbreiten um dieses Begriffe- Samsara zu sprengen 🙂

    Ich persönlich denke, das Yoga, Religionen und Wissenschaften allesamt mit dem Begriff Philosophiesysteme einigermaßen zutreffend erfasst werden.
    (Vor allem die Wissenschaft lässt sich noch etwas konkreter den Religionen zuordnen- mit dem Wissen als ihrem höchsten Gott sowie dem Experiment als Ihrem Propheten.)

    Alle sind Systeme, die durch Worte und Erfahrungen (wie der Erfahrung der Einheit im Yoga, der Erfahrung der Zugehörigkeit in einigen Religionen, der Erfahrung des Wissens und der Macht in den Wissenschaften…) die Welt derart ordnen, dass wir nicht jeden Tag unser Welt neu erfinden müssten…
    Grüße aus Berlin 🙂

  9. Andre Schmidt

    Eine sehr gute und umfassende Erklärung der drei Themen.
    Ich komme selbst komme von der Christlichen Mystik mit Jacob Böhme und Meister Eckardt.
    Da fand ich eines Tages zufällig per Literatur die starken Paralellen zum Bhakti Yoga und wollte mehr über Joga wissen. Der Jnana Yoga wurde sofort mit mir eins, und ich mit beidem und der Yoga Vasishtha plus Gita im Ranzen die Verkörperung Yorganums in Deutschland, wenn nicht der ganzen Welt 😏 Spirituell fühlte ich dabei schon immer, aber nie abgehoben.
    Joga ist für mich ein Dach, unter dem alle Schafe Zuflucht finden können
    Yoga ist unparteiisch und verlässlich. Kann Halt geben wenn mann Trost braucht, und Stärke wenn man sich schwach fühlt. Kann Einsamen Gemeinschaft bieten und Schwachen ihre Kräfte aufbauen. Es ist für mich ein Universalschlüssel, da er köperliches, seelisches und geistiges Lösungsmittel parat hält.

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