Asanas der Yoga Vidya Grundreihe: Mayurasana – der Pfau

Ein Text von Angelika Jüngst:

Der Pfau (Mayurasana) ist sicher eine der eindrucksvollsten Stellungen der Yoga Vidya Grundreihe. Akrobatisch und kraftvoll fordert er Gleichgewichtssinn, stabile Gelenke, kräftige Armmuskeln und Flexibilität in den Handgelenken. Sollen die Hände doch beieinander bleiben und alle Finger Richtung Füße zeigen. Das gesamte Körpergewicht ruht im Solar Plexus Bereich, die Ellbogen konzentrieren, für die Dauer der Asana, den Blutfluss tief im Bauch.

Eine Stellung, die man definitiv nur mit sehr leerem Magen üben sollte und anfangs am besten mit Hilfe eines Yogalehrers, der einem durch Stützen der Beine das Gefühl vermitteln kann, wie man den Körper in der Asana spürt, bevor die Hände tatsächlich in der Lage sind, den Körper allein zu tragen.
Ersatzweise kann man eine Wand zur Hilfe nehmen, die Füße anfangs mit den Zehen fixieren und später lösen. Auf Plakaten der Yoga Vidya Grundreihe und in vielen Yogakursen wird der Pfau durch die Krähe ersetzt, auch keine beliebte Stellung, aber doch für die meisten machbarer.

Dabei ist es ein ganz wundervoller Anblick, wenn ein fortgeschrittener Yogi bzw. eine fortgeschrittene Yogini ausbalanciert genug ist, Ober- und Unterkörper in eine waagrechte Haltung zu bringen, nur gestützt auf die Handflächen, oder gar fähig, die Füße nach oben zu bewegen, so wie der Pfau seinen Schwanz erst nach oben bringt und dann die Federn zum Rad entfaltet.

Während beim Pfau die Bewegung allerdings Teil des Balzrituals ist, genießen Yogis und Yoginis vorrangig die positiven Wirkungen auf den eigenen Körper: Durch den nach der Stauung vermehrten Blutzufluss werden insbesondere Leber, Magen und Bauchspeicheldrüse in ihrer Funktion angeregt und die Asana gilt so als die wirksamste Übung für Verdauungs- und Entgiftungsorgane. Die Lungenkapazität wird erhöht, das Nervensystem regeneriert sich und die Stärkung der Muskulatur und des Gleichgewichtsgefühls bewirken auf geistiger Ebene Selbstbewusstsein, Willenskraft und Konzentration. Die Stellung aktiviert sehr stark, durchblutet den Kopfbereich, regt den Kreislauf an und eignet sich hervorragend für einen guten Start in den Tag.

Ersatzweise kann Kakasana, die Krähe, Gleichgewichtsgefühl und Konzentration steigern. Auch hier müssen Kraft und Gedanken ganz zentriert werden, um die Stellung einzunehmen und zu halten. Auch hier werden die Handgelenke gekräftigt, aber der Druck auf die Bauchschlagader fällt weg und da die Stellung kompakter ist, kann sie von den meisten Menschen leichter gemeistert werden.

Beide Stellungen erfordern Mut zum Ungewöhnlichen, Beharrlichkeit im Üben und Geduld.

Doch lassen sie sich erst einmal meistern und zunehmend länger halten, lohnt sich die Anstrengung allemal.

Frei wie ein Vogel hebt man die schweren Körperteile ganz leicht vom Boden ab, hat nur wenig Haftung über die vergleichsweise kleinen Handflächen und spürt seine Kraft, dem Himmel entgegen zu wachsen.

 

Unter der Kategorie „Hatha Yoga“ findest du die anderen Beiträge von Angelika Jüngst,
zu den verschiedenen Asanas der Yoga Vidya Grundreihe.

Über die Autorin:

Om Namah Shivaya!

Mein Name ist Angelika Jüngst, ich bin 1963 geboren und habe schon immer gern geschrieben. Mein Germanistikstudium habe ich allerdings schon nach einem Semester abgebrochen und lieber mein Diplom in Betriebspsychologie gemacht, dieses Studium erschien mir zum Bestreiten meines Lebensunterhalts besser geeignet. Berufserfahrungen sammeln konnte ich in den Bereichen Eigungsdiagnostik für Azubis, Organisations- und Personalentwicklung. Bis zur Geburt meines ersten Kindes habe ich einen Unternehmensberater, der vor allem als Coach bekannt ist, in einem Buchprojekt unterstützt. Klingt alles rund, aber die Sinnfrage stellte sich mir immer deutlicher, je mehr Ziele erreicht schienen. Nach Heirat, drei Kindern, vielen Sorgen um ihr Wohlergehen und gesundheitlichen Problemen kam ich 2009 endlich zum Yoga. Hier fand sich alles zusammen: Antworten auf meine Fragen nach dem Sinn des Lebens und dem Wesen des Menschen, eigene Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Herausforderungen, ein Gefühl von Angekommensein. Und es ergab sich eine für mich unglaublich befriedigende Tätigkeit: Anderen Menschen Yoga nahezubringen.

Die Anfrage, etwas über die Asanas der Yoga Vidya Grundreihe zu schreiben, hat mich gleich angesprochen.

Meine erste Erfahrung mit Yoga fand in einer Turnhalle statt. Die Bewegungen gingen dynamisch ineinander über und ich war als Anfängerin völlig überfordert. Angesagt wurden die Stellungen, aber nicht, wie ich sie am besten einnehme („und jetzt kommt ihr von der schleckenden Katze in den nach unten schauenden Hund“).
So saß ich mit Blick zur Leiterin oder den fortgeschrittenen Teilnehmerinnen schiefhalsig da und versuchte zeitverzögert die Stellungen zu imitieren. Aber selbst so machte mir Yoga Spaß. Als ich hörte, dass man bei Yoga Vidya Hatha Yoga mit genauer Anleitung und mit Hilfestellungen richtig erlernt, die Übungsreihe aus nur 12 Grundstellungen besteht und der Kursleiter selbst nicht mitpraktiziert, sondern ganz für seine Schüler da ist, wusste ich, dass ich bei Yoga Vidya richtig bin. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen fühlte ich meine Kraft, meine Beweglichkeit und meine Koordinationsfähigkeit wachsen – als früherer bekennender Sportmuffel ein Wunder.

Kein Wunder war, dass ich neugierig wurde. Wie kann das funktionieren? Was steckt dahinter? In den zwei Jahren der Yogalehrer-Ausbildung wurden zwar viele Fragen beantwortet, aber je intensiver ich mich mit Yoga beschäftige, desto mehr staune ich über die Vielschichtigkeit der Wirkungen.

Sicher habt ihr eigene Assoziationen, Erfahrungen, Einsichten oder gar Eingebungen gehabt, während ihr selbst die Yoga Vidya Grundreihe praktiziert oder unterrichtet. Ich verstehe meine Texte nur als Anregungen und hoffe, euch oder eure Schüler damit zu inspirieren.

Om Shanti!

 

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