Yoga im Herbst: Echte und andere Narren

Heute ist der 11.11., was bedeutet – man ahnt es schon – Karneval fängt wieder an. Und schon sieht man einige eingefleischte Yoga Fans bei diesem Stichwort zusammenzucken. Oh nein, das schon wieder! Die massenhaft zügellose Triebhaftigkeit dieser Tage mitsamt ihrem Lärm, Grölen und ihrem respektlosen Humor ist ja immer ein willkommener Anlass, sich erst recht zurück zu ziehen und die innere Stille zu suchen.

Aus diesem Anlass könnte man eigentlich gleich mal das drohende Karnevals-Wochenende im nächsten Februar für ein Yoga Seminar oder Stille Retreat vormerken. Die Inder haben’s gut. Die brauchen diesen Anreiz erst gar nicht. Karneval scheint doch eher ein Phänomen der westlichen Welt zu sein.

Schaut man ein bisschen tiefer hinter den ganzen Trubel, dann tun sich in der wilden Narretei auf einmal ganz nützliche Anregungen auf. War der Narr nicht auch einer, der althergebrachte Wahrheiten anzweifelte? Und der unverfroren nach der Wahrheit hinter den Dingen suchte? Dem es egal war, was die Leute von ihm hielten? Womöglich waren die Narren am Hofe in Wahrheit die ersten Yogis des Westens? Und ihre Respektlosigkeit gegenüber den Herrschenden ein Vorbild für alle, die nach Wahrheit streben?

Der Narr hat ja nicht nur wahllosen Schabernack betrieben. Meistens hat er darin ziemlich herbe Kritik und den sprichwörtlichen Finger in der Wunder gut verpackt. Der Narr beherrscht die große Kunst, die Wahrheit so originell und unterhaltsam ans Licht zu bringen, dass er mit ein bisschen Glück immer heil aus der Geschichte hervorging. Und falls nicht – was soll’s? Dem Narren ist es um sein Leben offensichtlich nicht allzu bange. Ganz zu schweigen von seinem guten Ruf. Wo wir also alle so dringend nach der Wahrheit hinter den Dingen suchen: Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, von Zeit zu Zeit diese Weisheit des Narren selbst anzuwenden und echten Karneval zu feiern: Alle Glaubenssätze einzureißen und mal zu sehen, welche davon sich als standhaft erweisen.
Das birgt natürlich die Gefahr, dass wir auf einmal nicht mehr die reibungslose Rolle des freundlichen, liebenswürdigen und verständnisvollen reinen Menschen spielen. Dieses verrückte närrische Benehmen ist ja, wie man weiß, nicht jedermanns Sache und kann das herrschende System schon mal empfindlich treffen. Aber was soll’s, dafür ist Karneval schließlich da. Und wenn wir uns dabei nicht stumpf und trunken unseren niederen Trieben überlassen, können wir daraus ja vielleicht auch die eine oder andere nützliche Erkenntnis gewinnen. Wer oder was sich am Ende als Narr entpuppt, das weiß man manchmal eben erst hinterher.

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Dietlind Arndt lebte und schrieb 2010 bis 2011 bei Yoga Vidya in Bad Meinberg.

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