Yoga Vidya Journal Nr. 8, Herbst 2002
Die Geschichte von König Shikidwaja
und Königin Chudalaichte
- über Entsagung und Freiheit Frei nacherzählt von Sukadev
Bretz -
Es waren einmal ein König namens Shikidwaja und eine Königin
namens Chudala. Der König war ein rechtschaffener König, ein
guter König, ein gerechter König, aber doch ein König,
der es auch liebte, im Luxus zu leben und berühmt zu
sein. Als der größte aller Könige wollte er in die Geschichte
eingehen. Chudala, seine Frau, war eine große Yogini, also eine
selbstverwirklichte Yogameisterin. Sie wusste kraft ihrer yogischen
Kräfte, dass der König spirituelle Samskaras, Eindrücke
aus früheren Leben hatte, die im Unterbewusstsein gespeichert waren.
Es heißt, wenn man in diesem Leben ernsthaft den spirituellen
Weg geht, dann ist das ein Zeichen dafür, dass man sich im früheren
Leben schon einmal etwas weniger tief auf dem spirituellen Weg befunden
hat. Und es heißt auch, dass große Meister oder Meisterinnen
diese Vergangenheit
in den Schülern erkennen können.
Von Rama Krishna, einem der größten Meister des 19. Jahrhunderts,
wird eine solche Geschichte erzählt. Zu ihm kam eines Tages ein
junger Student namens Naren, der spätere Swami Vivekananda. Als
der Student ankam, hielt Rama
Krishna gerade einen Vortrag. Er sah ihn von weitem und rief: „Endlich
bist du gekommen! Warum hast du mich so lange warten lassen?”
Der junge Naren war gar nicht erbaut davon, dass ein Fremder ihn derart
freudestrahlend begrüßte,
aber auf dem Weg der Selbstverwirklichung schritt er dann schnell voran.
So wusste die Königin, der König wäre eigentlich bereit
für tiefe Yogapraxis und sagte: „O König, das Königreich
zu regieren ist nicht alles, du musst auch
für deine spirituelle Praxis etwas tun.“
Nun, Männer hören selten auf Frauen, insbesondere nicht auf
die eigenen und früher mag das noch weniger der Fall gewesen sein
als heute. „Ach, lass mich mit diesem Unsinn in Ruhe“, erwiderte
der König. „Ich praktiziere,
ein rechtschaffener König zu sein, um berühmt zu werden, und
das genügt.
Du kannst ja machen, was du willst.“ Was blieb der Königin
anderes übrig, als eine kleine List zu ersinnen?
Einige Wochen später sagte sie zum König: „O König,
die edelsten Pferde hast du und die gelehrigsten Elefanten und neben
vielen anderen schönen Gebäuden in deinem Königreich
den herrlichsten Palast und die besten Krankenhäuser,
eines aber eines fehlt dir noch...“ „Und was soll das sein?“
„Die großartigste Debatte der berühmtesten Gelehrten.“
Im alten Indien, wo das Wissen hoch geschätzt wurde, war es üblich,
Meinungsverschiedenheiten
durch Debatten auszutragen, die wochen- und monatelang dauern konnten.
Es galt, den oder die Gegner von den eigenen Ansichten zu überzeugen.
Ein neutraler Schiedsrichter verkündete am Schluss den Sieger.
Gut, das klingt banal, wie aber wurden damals in Europa überwiegend
grundlegende Meinungsverschiedenheiten ausgetragen? Auf dem Schlachtfeld.
Derjenige, der die spitzeren Waffen, das stärkere Heer besaß,
auf dessen Seite
war dann auch das Recht. Der König sagte: „Ja, das stimmt,
das fehlt noch. Du kennst dich doch mit diesen intellektuellen Sachen
gut aus, such doch du die Leute aus, die kommen sollen. Ich setze den
höchsten Preis aus, der jemals dem Gewinner einer Debatte gezahlt
wurde: ein paar Tausend Goldmünzen und ein paar Hundert..., nein,
was sage ich, ein paar Tausend Kühe.“
Chudala sagte: „Gern richte ich die Debatte aus. Die weisesten
Leute aller Königreiche in weitem Umfeld werde ich einladen und
ich werde auch das Thema bestimmen.“
Sie wählte als Thema Vairagya. Vairagya heißt auf Deutsch:
Verhaftungslosigkeit, Leidenschaftslosigkeit, Entsagung.
Als aufmerksamer Leser wirst du sofort erkannt haben, dass eine derartige
Debatte und ein solches Thema ein Widerspruch in sich war, denn einerseits
sollten sich die Schriftgelehrten um Leidenschaftslosigkeit und Entsagung
streiten,
andererseits würde der Sieger der Redeschlacht Tausende Goldmünzen
und Kühe erhalten und sich außerdem mit dem zweifelhaften
Ruhm schmücken, der weiseste Mensch aus mehreren Königreichen
zu sein. Das ist eben der Unterschied zwischen einem Schriftgelehrten
und einem Yogi, der ein praktizierender Meister ist. Gut, prunkvoll
reisten die Pandits, die Schriftgelehrten, aus der weiten Umgebung an.
Chudala sagte zu ihrem Mann: „Du selbst musst während der
Veranstaltung anwesend sein, sonst ist das eine Beleidigung für
alle.“ Er entgegnete: „Reicht es nicht, wenn du gegenwärtig
bist, du bist doch die Königin.“
Sie sagte: „Nein, das ist nicht ausreichend, die Leute erwarten
dich.“ „Gut“, seufzte er. Was tut man nicht alles
für den Ruhm des Königreiches und für den eigenen!
Als Erster trat ein Pandit auf, der sprach: „O König, alles
Leben ist Leiden. Geboren zu werden, ist Leiden, denn kein Kind kommt
lachend auf die Welt, sondern ein jedes schreit mit den ersten Atemzügen.
Hilflos sind die Kinder
danach für Jahre, die ihnen endlos erscheinen. Als ältere
Kinder sodann wollen sie schnellstens erwachsen werden. Erinnere dich,
o König, eine der schlimmsten Drohungen aus der Kindheit ist: Dann
wirst du nicht groß. Und auch die
Jugendlichen wollen schnellstens selbständig und erwachsen sein,
aber zäh verrinnen die Jahre. So voller Emotionen sind die Heranwachsenden,
dass sie nicht wissen, was mit ihnen geschieht. Der Erwachsene verbringt
das ganze
Leben in der Familie und im Beruf. Und der alte Mensch schließlich
bedauert, dass er in seinem Leben nicht das gemacht hat, was er eigentlich
hätte machen sollen. Eine Krankheit nach der anderen befällt
ihn und zum Schluss...,
Atemstillstand..., aus das Leben! O König, alles Leben ist Leiden.“
Nach ihm ergriff der nächste Schriftgelehrte das Wort: „O
König“, sagte er, „alle Wünsche führen zum
Leiden. Es gibt nämlich drei Möglichkeiten: Entweder,
man will etwas und bekommt es nicht – die Konsequenz ist: Leiden.
Oder man will etwas und bekommt es und dann verliert man es wieder –
die Konsequenz ist: noch mehr Leiden. Und das Dritte ist, man will etwas
und man bekommt
es und es bleibt mit einem – Konsequenz ist: es mag ein paar Tage
Freude bereiten, aber dann ist doch wieder Leiden, denn man erkennt,
man wird nicht so glücklich damit, wie man es sich eigentlich vorgestellt
hat.“
Und ein nächster Gelehrter trat auf: „O König, alle
Menschen denken, dass andere glücklicher sind als sie selbst. Die
Menschen auf dem Lande denken, dass die Menschen in der Stadt glücklicher
sind. Die Menschen in der Stadt
denken, dass die Reichen glücklicher sind. Die Reichen denken,
dass die Mächtigen glücklicher sind. Die Mächtigen denken,
dass du, o König, am glücklichsten bist. Aber ich glaube nicht,
dass du glücklich bist, o König; keiner ist glücklich
auf dieser Welt.“
Kurz und gut, in dieser Art wurde die Debatte weitergeführt. Schließlich
aber betrat ein Weiser den Saal, stellte sich vor den König und
sagte: „Om na karmana na prajaya dhanena tyagenaike amritatwa
manusuh.“ Alles klar ?
„Om na karmana na prajaya dhanena tyagenaike amritatwa manusuh.“
Jetzt klar ?
„Nicht durch irgendwelche Werke, nicht durch irgendwelche Praktiken,
nicht durch irgendwelche Rituale wird Unsterblichkeit erreicht, sondern
allein durch Entsagung.“
Der König versank in Gedanken. Irgendwie hatte all dieses, was
gesagt worden war, einen Nerv in ihm getroffen. Er war zwar noch körperlich
anwesend, aber er hörte dem Gespräch gar nicht mehr zu. Schließlich
sagte er zu seiner Frau:
„Sag schon, wer gewonnen hat. Gib ihm den Preis.“ Die ganze
Nacht konnte er nicht schlafen. Er überlegte und dachte nach und
am nächsten Morgen war sein Entschluss gefasst: Er wollte allem
entsagen und das Königreich verlassen.
Er sagte zu seiner Frau: „Liebling, danke, dass du zu dieser Debatte
eingeladen und sie ausgerichtet hast, mir sind die Augen geöffnet
worden, ich werde jetzt allem entsagen und das Königreich verlassen.“
Sie rief: „Aber das ist nicht der Sinn des spirituellen Lebens!
Bleibe im Königreich, regiere, erfülle deine Pflichten und
erkenne, dass sich hinter allem noch
etwas anderes verbirgt. Wer wegläuft, erreicht nicht die Selbstverwirklichung.“
Hörte der König jetzt auf seine Frau?
Natürlich nicht. „Weißt du“, sagte er, „du
bist noch nicht so weit. Ich übergebe dir das Königreich,
regiere es, und wenn du auch so weit gekommen bist wie ich, dann entsage
ebenfalls.“
Eine kleine Bitte an den Leser, sag niemals irgendeinem Menschen: „Du
bist noch nicht so weit!“, es sei denn, du willst in deiner Partnerschaft
eine große Krise erzeugen oder jemand so vor den Kopf stoßen,
dass er nie wieder mit dir
spricht. Dieser Ausspruch ist die höchste Form von Arroganz, die
es gibt. Niemand weiß, wie weit jemand ist oder nicht ist. Vieles
kann Illusion sein. Der König sagte also zu seiner Frau: „Du
bist noch nicht so weit, ich verlasse jetzt das Königreich.“
Und er tat, war er angekündigt hatte. An der Grenze der Stadt ließ
er seine Kleider fallen, nackt betrat er den Urwald. Viele, viele, viele
Kilometer wanderte er, um sich schließlich mitten im Urwald an
einer Stelle, wo er wusste, dass
dort Bananen, Mangos und andere Früchte wuchsen, eine Hütte
zu bauen. Damals gehörte zur Ausbildung eines Kindes survival Training.
Mühselig errichtete er sich aus umgestürzten Bäumen mit
Hilfe von Lianen und Bast eine
notdürftige Hütte. Aus Bast fertigte er sich auch Kleider.
Gut, jetzt war er angekommen, hatte sich eingerichtet, und es war gar
nicht so unangenehm, im Wald zu leben: Keiner, der ihn ständig
etwas fragte, keinen, den er beeindrucken musste. Ab und zu hatte er
vielleicht für ein paar Tage nichts zu essen, weil keine Mango
und keine Bananenstaude reif waren, aber
insgesamt war das Leben durchaus angenehm.
Das unendliche Glück jedoch, die Unsterblichkeit ließen auf
sich warten; in seinem Bewusstseinszustand konnte er keine grundlegende
Veränderung erkennen. Irgendetwas, so dachte er , muss ich jetzt
tun und so begann er zu meditieren.
Als Kind hatte er das ein wenig gelernt. Später, als Jugendlicher,
hatte er es aufgegeben und als Erwachsener kaum noch daran gedacht.
Nun meditierte er also wieder. Er erinnerte sich an ein Mantra und notdürftig
klabusterte er sich
ein paar Atemübungen und Asanas zusammen. Er bekam zwar schöne
Energieerfahrungen, aber die Unsterblichkeit ließ weiter auf sich
warten.
Schließlich begriff er, allein käme er nicht ans Ziel, sondern
einen Guru, einen spirituellen Lehrer bräuchte er. Tief aus dem
Innersten betete er: „Oh, Gott, ich weiß nicht, was ich
machen soll, denn so komme ich auf meinem Weg nicht
weiter, ich brauche einen Guru, ich brauche einen spirituellen Lehrer.“
Eine alte Aussage besagt: Ist der Schüler bereit, ist der Lehrer
nicht weit. Chudala, mit ihrem geistigen Auge – es heißt,
dass große Meister und Meisterinnen
große telepathische und sonstige Fähigkeiten haben, und gleich
werdet ihr von noch wunderbareren hören - , Chudala hatte mit ihrem
geistigen Auge den Fortschritt ihres Mannes verfolgt. Sie wusste, jetzt
ist er bereit. Aber da
sie erfahren hatte, von ihr würde er keine Ratschläge annehmen,
ersann sie eine weitere List.
Zu ihren Ministern sagte sie: Bitte stört mich während der
nächsten Stunden nicht, ich werde jetzt meditieren. Unter keinen
Umständen, hört ihr, dürft ihr mich stören. Und
sie verschloss ihre Kammer, ging in tiefe Meditation und
verließ mit ihrem Astralkörper ihren physischen Körper.
So reiste sie zu König Shikidwaja und manifestierte sich als Swami
Kumbha in orangenen Gewändern, mit einem langen, wallenden, weißen
Bart, einen Meter schwebend über den Boden.
So einen Guru bräuchte man oder...? Gut, der König betete
gerade: „Bitte, lieber Gott, schick mir einen Guru, einen
Meister, ich komme allein nicht weiter!“ Als er die Augen öffnete,
sah er, wie aus fünfzig Meter Entfernung ein Guru, in orangenen
Gewändern, mit langem, weißem Bart im vollen Lotussitz auf
ihn zu schwebte. Zwei Meter vor ihm hielt
der Guru an, immer noch schwebend. Der Guru schaute sehr ernst, hob
den Zeigefinger und sagte: „Om na karmana na prajaya dhanena tyagenaike
amritatwa manusuh!“ Weder gegrüßt hatte er noch sich
eingeführt. „Nicht
durch irgendwelche Werke, nicht durch irgendwelche Praktiken, nicht
durch irgendwelche Rituale wird Unsterblichkeit erreicht, sondern allein
durch Entsagung.“
Der König verneigte sich. „Ehrwürdiger Swami, ich habe
allem entsagt: meinem Königreich habe ich entsagt, nackt habe ich
diesen Urwald betreten, trotzdem merke nichts von irgendeiner Unsterblichkeit.“
Swami Kumba sprach: „Deinem Königreich hast du entsagt?“
„Ja, meinem Königreich!“ „Wieso deinem Königreich?”
„Ich hatte es geerbt.“
„Du hattest das Königreich geerbt und nanntest es dann dein!
Hast du die
Bäume in deinem Königreich gepflanzt?“ „Nein.“
„Hast du die Menschen in deinem Königreich geschaffen?“
„Nein.“
„Hast du die Häuser in deinem Königreich gebaut?“
„Nein.“ „Hast du die Felder in deinem Königreich
angelegt und bestellt?“
„Nein.“ „Hat sich das Königreich aufgelöst,
nachdem du ihm entsagt hast?“ „Nein.“
„Geht es den Menschen in deinem Königreich sehr viel schlechter,
weil du ihm entsagt hast?“ „Vielleicht, aber meine Frau
ist klug, vermutlich nicht.“ „O König, dein Reich hattest
du als eine bestimmte Aufgabe geerbt, nie hat es
dir gehört, nie hattest du die Kontrolle über ein einziges
Blatt in ihm, und was dir nicht gehört hat, dem konntest du auch
nicht entsagen.“ „Ich habe meinem Palast entsagt.“
„Deinem Palast?“
„Ja, ich habe ihn gebaut.“ „Allein?“ „Nein,
natürlich nicht, ich habe ihn bauen lassen.“ „Aha,
bauen lassen!“
„Ja, aber ich habe gesagt, wie groß er sein, wie er aussehen
soll.“ „O König, woraus ist der Palast gebaut?“
„Aus Marmor, Gold, Diamanten, Edelsteinen...“ „Und
woher stammt der Marmor, das Gold...?“
„Aus meinem Königreich.“ „Wir haben doch soeben
festgestellt, nicht aus d e i n e m Königreich. Du hast
also Marmor und Diamanten aus der Natur geholt, die dir nicht gehört.
Und wer hat den Palast errichtet.“
„Alle möglichen Arbeiter.“ „Die dir gehörten?“
„Ja, es waren meine Untertanen.“
„Deine Untertanen? Du hast sie geschaffen? Könntest du auch
nur einen Finger mehr an ihnen wachsen lassen, wenn du wolltest? O König,
kein Mensch war jemals dein Untertan. Du hattest eine bestimmte Aufgabe
zu erfüllen, von
der du letztlich davongelaufen bist und das ist keine Entsagung. Nichts
hast du entsagt!“
„Ich habe meiner Frau entsagt.“ „Deiner Frau?“
„Ja, wessen denn sonst?“ „O König, deiner Frau!!?
Hat sie dir jemals gehört? War sie dein Besitz?“ Wenn zwei
Menschen in Indien heiraten, dann heißt es, dass jeder eine Ardha,
eine Hälfte ist; der Eine ist die Hälfte des Anderen.„O
König, deine Frau hat dir niemals gehört. Deine Frau hat sehr
wohl vor dir gelebt und sie lebt sehr gut auch jetzt, nachdem du sie
verlassen hast; sie hat ihre eigene Persönlichkeit.
Nur dadurch, dass ihr einen Bund der Ehe eingegangen seid, war sie noch
lange nicht deine Frau. O König, da deine Frau dir nie gehört
hatte, konntest du ihr auch niemals entsagen. Was oder wem hast du also
entsagt?“ „Ich habe meinen Kindern entsagt.“ „Deinen
Kindern?“ „Ja, ich habe sie gezeugt.“ „Allein?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Woher stammen die Seelen dieser Kinder? ... Weißt du es
nicht? O König, uralt sind ihre Seelen und durch dich haben sie
sich nur neu manifestiert, inkarniert, nicht einmal zur Hälfte
hast du ihre Seelen geschaffen. Und ihr Körper, wie ist ihr Körper
gewachsen?“ „Ja, zuerst im Mutterleib.“ „Von
dir?“ „Nein, nein, natürlich von meiner Frau.“
„Und wie hat deine Frau die Embryos ernährt?“
„Ja, sie hat gegessen und die Embryos so mit ernährt und
später hat sie die Kinder gestillt.“„Und wodurch sind
die Kinder danach gewachsen?“ „Ja, indem sie gegessen haben.“
„Was haben sie gegessen? „“ „Reis und Dal, also
Hülsenfrüchte, Gemüse und Tschapati und manchmal auch
gute Nachspeisen.“
„Und woher stammten die?“ „Aus meinem König...,
Entschuldigung, von den Äckern in dem Königreich, das
ich früher als mein bezeichnet habe.“ „O König,
du siehst, die Seelen deiner Kinder haben sich nur neu manifestiert,
ihre Körper sind gewachsen dank der Nahrung aus der Natur, sie
haben sich nicht in Nichts aufgelöst dadurch, dass du ihnen entsagt
hast; o König, deine wunderbaren Kinder haben dir niemals gehört.
Als Vater hattest du bestimmte
Aufgaben zu erledigen, nichts weiter.“ Swami Kumbha schaute wieder
ganz streng und wiederholte: „Om na karmana
na prajaya dhanena tyagenaike amritatwa manusuh! In einer Woche komme
ich wieder. Ich will, dass du dann etwas entsagt hast.“ Über
dieses Gespräch dachte der König während der nächsten
Woche nach
und plötzlich sah er die Natur mit ganz anderen Augen. Er sah die
Schönheit des Waldes, er sah das Wunder eines einzelnen Blattes,
und wenn er auf dem Boden Blätter beiseite schob, dann sah er die
vielen unterschiedlichen Insekten,
die dort lebten. „Ach, wie arrogant war ich“, rief er, „und
ich hatte gedacht, das alles gehört mir!“
„O König, aus einem Wald, der dir nie gehörte, hattest
du also, ohne jemanden zu fragen, Stämme herbeigeholt, hattest
aus ihnen eine Hütte gebaut, die Hütte dann verbrannt, Kleintiere
getötet und die Umwelt verräuchert und das
nennst du Entsagung? O König, du hast noch immer nicht verstanden.“
„Ich habe meinem Essgeschirr entsagt.“
“D e i n e m..., deinem Essgeschirr? “ „Ja, ja, ich
weiß ja schon. Und mit meinem Bastrock wird es das Gleiche sein.“
Shikidwaja war niedergeschlagen. Wieder schaute ihn Swami Kumbha streng
an. „Om na karmana..!“, rezitierte er
seinen Vers. „In einer Woche kehre ich zurück, dann will
ich, dass du etwas entsagt hast.“
Obwohl der König ratlos war, schätzte er nun die Natur, in
der er lebte, noch höher. Und wenn er sich ein Banane pflückte
oder Kräuter sammelte, dann spürte er eine neue Beziehung
zu all den Pflanzen und Dingen um sich herum.
Dankbar bereitete er sich abends ein Lager aus trockenen Blättern.
Seine Meditation wurde ruhiger, tiefer, sie bekam eine ganz neue Qualität.
Der Tag nahte, an dem Swami Kumbha zurückkehren würde. Der
König zermarterte
sich den Kopf, denn endlich wollte er etwas entsagen, was wirklich ihm
gehörte. Meiner Hütte, meiner Kleidung und meinem Essgeschirr
werde ich entsagen, beschloss er, und dies gehört nun wirklich
mir, denn ich habe es mit
meinen eigenen Händen angefertigt. Gedacht, getan: Er verbrannte
die Dinge. Indessen sagte Chudala wieder zu ihren Ministern: „Bitte
stört mich während der nächsten Stunden nicht, denn ich
werde mich wiederum in eine tiefe Meditation
begeben.“
Sie betrat ihr Zimmer, schloss sich ein, ging in die Meditation, verließ
mit ihrem Astralkörper den physischen Körper, manifestierte
sich als Swami Kumbha im Lotussitz in orangenen Gewändern mit wallendem,
weißem Bart und erschien
einen Meter über dem Boden schwebend vor Shikidwaja.
Gewohnt streng schaute er dem König in die Augen und sagte: „Om
na karmana na prajaya dhanena...! Was hast du entsagt?“
Stolz erwiderte der König: „Ich habe meiner Hütte entsagt.“
„Deiner Hütte?“ „Ja, mit meinen eigenen Händen
hatte ich sie gebaut und nun habe ich sie verbrannt; ich habe ihr entsagt.“
„Woraus hattest du die Hütte gebaut?“
„Aus Bäumen, die umgestürzt auf dem Boden lagen.“
„Und woher stammten diese Bäume?“
„Ja, hier aus dem Wald. „ „Und dieser Wald hat dir
gehört?“ „Nein, erstens entsagte ich ihm ja schon und
zweitens hatte er mir nie gehört.“ Der König hatte also
bereits etwas gelernt.
Zum Glück war gerade keine Monsunzeit und es regnete kaum. Doch
die Frage blieb, wem oder was konnte er entsagen? Was war sein?Als Swami
Kumbha eine Woche später erneut herbeischwebte, fand er Shikidwaja
nicht an der
gewohnten Stelle. Er musste eine zweite geistige Vision einschalten
- Telepathie
– ,und da sah er, dass Shikidwaja auf einem hohen Felsen stand.
Eilends glitt er zu diesem Felsen, hielt über dem Abgrund inne
und rief: „König, was willst du entsagen?“ „Ich
will meinem Körper entsagen!“ Und schon lief Schikidwaja
los, um sich
hinunter in die Schlucht zu stürzen. Aber Swami Kumbha war bereits
neben ihm, hielt ihn an der Schulter zurück
und sagte: „Moment, deinem Körper willst du entsagen?“
„Ja.“
„Wieso d e i n e m Körper?“ „Ja, wessen denn
nun sonst?“ „Woher stammt dieser Körper?“ „Ja...,
Mutter und Vater hatten etwas damit zu tun gehabt.“ Und wie ist
der Körper dann gewachsen?“ „Ja, das hatten wir schon
einmal besprochen, als es um meine Kinder ging. Durch alles mögliche:
Getränke, Nahrung...“ „Gut und wenn du nun dem Körper
entsagst, was geschieht dann mit ihm?“ „Die Geier und die
Tiger werden ihn fressen.“ „Könntest du deinen Körper
auf ewig erhalten?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Wenn du wolltest, könntest du dir eine zweite Nase wachsen
lassen.“ (Ach, wer das könnte!) „Natürlich nicht.“
„Könntest du dir deine Haare plötzlich grün wachsen
lassen?“ (Ja, färben können wir sie ohne Zweifel, aber
grün wachsen lassen...!!?) Shikidwaja blieb stumm. „O König,
dieser Körper ist ein großartiges Geschenk von Mutter Natur,
er ist
ein großartiges Wunder: jeder Atemzug, jeder Blick, jede Wahrnehmung
eines Geräusches. Nicht einmal erklären könntest du,
wie ein Fingernagel wächst! Du kennst nichts und beherrschst nichts,
du sammelst Früchte und Kräuter aus
der Natur, stärkst auf diese Weise deinen Körper, nennst diesen
Körper dann dein und jetzt willst du dieses großartige Geschenk
zerstören? Das nennst du
Entsagung? O König, nichts hast du verstanden. In einer Woche kehre
ich zurück.“ Den Zustand des Königs kannst du dir sicher
vorstellen! Und doch hatte er auch wieder etwas gelernt: Tatsächlich,
jeder Atemzug, jeder Schritt, jede
Pore seiner Haut, jedes Haar war ein Wunder!
Nur das Entsagen bereitete ihm Kopfzerbrechen. Denke ich falsch? Vielleicht
sollte ich meinen Wünschen entsagen? Und dann dachte er: „Ich
werde meinen Gedanken entsagen.“ Gut, wie gewohnt erschien Swami
Kumbha eine Woche später. „Was, König,
willst du entsagen?“„Ich will meinen Gedanken entsagen.“
„D e i n e n Gedanken? Ah, deinen Gedanken! Du hast also deine
Gedanken im Zaum? Du kannst sie steuern, vollständig?“ Nun,
wer kann seine Gedanken
vollständig steuern?
Es heißt zwar, Yogis könnten das, aber doch nur höchstens
während der Meditation. Niemand kann seine Gedanken ständig
steuern. Man stelle sich vor, jeden einzelnen Gedanken müsste man
hervorrufen oder nicht hervorrufen.
Swami Kumbha sagte: „O König, zeitweise wirst du deine Gedanken
vielleicht zur Ruhe bringen, doch nicht für immer. Deine Gedanken
kommen und gehen, du kannst ihnen nicht entsagen. Überlege aber,
was ist die Ursache der Gedanken?
In einer Woche werde ich wieder erscheinen.“ Während der
König in der folgenden Woche meditierte, beobachtete er das
Spiel seiner Gedanken und er musste zuweilen lächeln. Was für
abstruse Wortgedanken
tauchten da auf, was für eigenartige Bilder, Erinnerungen, Pläne!
Er erkannte, dass seine Wünsche die Ursache seiner Gedanken waren.
Und so sagte er zu Swami Kumbha, als dieser nach einer weiteren Woche
erschien: „Vielleicht, o Herr, sollte ich meinen Wünschen
entsagen.“ Swami Kumbha erwiderte: „O König, auch deine
Wünsche sind nicht wirklich
dir. Weder hast du sie willkürlich geschaffen, noch kannst du sie
willkürlich ändern. O König, auch diese Wünsche
sind einfach nur da. In einer Woche werde ich dich erneut besuchen.“
Der König meditierte während der nächsten Woche darüber
und erkannte, wie die Wünsche in seine Gedanken hineingelangten.
Tatsächlich stiegen oft die
verschiedensten Wünsche in ihm auf: mal nach einer guten Mango,
mal nach einer reife Banane, und dann dachte er an seinen Schimmelhengst,
auf dem er früher so gern geritten war, an seine Elefanten und
er dachte an seine Frau. Er
stellte fest, die Wünsche tauchten zwar auf, aber sie gehörten
ihm nicht. Er konnte ihnen auch nicht einfach so entsagen. Erfreut beobachtete
er, wenn er sich nicht mit ihnen identifizierte, dann wurden sie schwächer.
Und dann entdeckte
er, dass es etwas gab, was die Wünsche zusammenhielt: das Ego.
Das Ego hielt die Wünsche zusammen.
Demütig sagte er zu Swami Kumbha, als dieser herbeischwebte: „Vielleicht
sollte ich meinem Ego entsagen“.
Der Heilige lächelte. „Was ist das Ego ohne Wünsche,
ohne Verhaftung und ohne Identifikation?“, fragte er und verschwand.
In tiefer Meditation kam der König während der nächsten
Woche zu dem Schluss, das Ego sei so etwas wie eine Zwiebel, denn wenn
man von einer Zwiebel alle Schalen entfernt, was bleibt dann übrig?
Nichts! Und wenn man vom Ego alle
Wünsche und Identifikationen entfernt, dann bleibt ebenfalls nichts
übrig, nichts, was man als Ego bezeichnen könnte.
Das erzählte der König dem Swami Kumbha, als dieser nach einer
Woche wieder schwebend im Lotussitz vor ihm saß.
Swami Kumbha sagte: „Nun, dann versuche noch zu erfahren, was
ist jenseits von den Wünschen und Gedanken, von dem Ego und Mein?“
Der König meditierte über diese Frage. Er hatte sich inzwischen
lösen können vom Körper, von Gedanken, Wünschen,
Emotionen und äußeren Besitzidentifikationen. Er erfuhr,
dass es jenseits von all dem viel Licht und Wonne,
Weisheit und Intuition gab.
Am Ende der Woche berichtete er das dem Swami Kumbha. Dieser schaute
ihn nur kurz an und sagte: „Tat twam asi, das bist du.“
Der König fiel in tiefe Meditation.
Chudala rief nach einer weiteren Woche ihre Minister zusammen und diesmal
befahl sie, dass alle Minister und der gesamte Hofstaat mit allen Pferden
und Elefanten sich bereit machen sollten zu einem Ausflug. Auch der
Schimmelhengst
des Königs sollte gesattelt mitgeführt werden.
Und so zogen sie dann hinaus in den Urwald, Chudala auf einem weißen
Elefanten. Der König befand sich noch immer im überbewussten
Zustand, in Samadhi. Er hatte verwirklicht: Aham brahma asmi, ich bin
Brahman, ich bin das unendliche
Bewusstsein, ich bin eins mit dem Unendlichen. Alle Verhaftungen, Identifikationen
und Wünsche hatte er transzendiert und seine wahre Natur erkannt.
Chudala trat vor den König. Mit dem Mantra „ooooooommm“
holte sie ihn aus
der tiefen Meditation in das Normalbewusstsein zurück. Er erkannte,
dass er selbstverwirklicht war und dass Chudala vorher als Swami Kumbha
sein Meister gewesen war. Er verneigte sich vor ihr und sagte: „Oh,
Liebling, danke, dass du mich auf meinem Weg begleitet und mich belehrt
hast; du bist mein Guru. Nun habe ich die Unsterblichkeit erreicht,
nichts mehr
gibt es zu tun.“
Lächelnd erwiderte Chudala: „Lieber, wieder irrst du, dein
Karma ist noch nicht zu Ende. Kehre zurück mit mir, zusammen wollen
wir das Königreich regieren und uns um unsere Kinder kümmern.
Dieser Aufgabe können wir uns nun in
dem vollen Bewusstsein stellen, dass unsere wahre Natur Brahman ist,
dass die Natur hinter allem Brahman ist, dass die ganze Welt eine Manifestation
Brahmans, des Göttlichen, ist.“ Der König nickte. Dann
fragte er: „Was eigentlich war zu entsagen?“ Die Königin
lächelte nur. |
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